JudikaturJustiz2R309/12z

2R309/12z – LG Feldkirch Entscheidung

Entscheidung
03. Dezember 2012

Kopf

Das Landesgericht Feldkirch als Rekursgericht hat durch den Richter Hofrat Dr. Höfle als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Dr. Ciresa und Dr. Mayrhofer als weitere Senatsmitglieder in der Schuldenregulierungssache der Schuldnerin ***** C *****, vertreten durch die IfS Schuldenberatung gemeinnützige GmbH, Mehrerauerstraße 3, 6900 Bregenz, diese vertreten durch Mag. Claudia Lecher-Tedeschi, Rechtsanwältin in Dornbirn, über den Rekurs des K*****, vertreten durch Dr. Paul Sutterlüty, Dr. Wilhelm Klagian, Dr. Claus Brändle, MMag. Josef R. Lercher, Rechtsanwälte-Partnerschaft in Dornbirn, gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Bregenz vom 10. Oktober 2012, 19 S 55/12b-15, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert , dass er lautet:

„Die Belohnung des K***** wird mit EUR 120,00 (darin enthalten an USt EUR 20,00) bestimmt.“

Die Auszahlungsanordnung bleibt dem Erstgericht vorbehalten.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Am 25. Juni 2012 beantragte die Schuldnerin die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens über ihr Vermögen und bot einen Zahlungsplan mit einer Quote von 37,16 % innerhalb von fünf Jahren (60 Monatsraten a EUR 330,00) bei angegebenen Gesamtverbindlichkeiten von EUR 53.287,29 an.

Mit Beschluss vom 18. Juli 2012 eröffnete das Erstgericht das Schuldenregulierungs-verfahren, wobei der Schuldnerin die Eigenverwaltung nicht entzogen wurde.

In der Tagsatzung vom 18. September 2012 vertrat der K***** (im Folgenden: K*****) die Gläubigerin B*****, die als einzige Gläubigerin eine Insolvenzforderung von EUR 46.498,29 angemeldet hatte. Diese angemeldete Forderung wurde anerkannt. Die Schuldnerin modifizierte ihren Zahlungsplanvorschlag dahin, dass sie eine Quote von 59,62 %, zahlbar in 14 halbjährlichen Teilquoten, anbot. Die durch den K***** vertretene Gläubigerin sprach sich gegen die Annahme des Zahlungsplans aus, der damit die erforderliche Mehrheit nicht erreichte. Über Antrag der Schuldnerin wurde sodann das Abschöpfungsverfahren eingeleitet.

Der K***** machte für seine Tätigkeit eine Belohnung von EUR 120,00 geltend, gegen deren Zuerkennung sich die Schuldnerin „unter Hinweis auf die Judikatur des Landesgerichtes Feldkirch“ aussprach.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht diesen Antrag des K***** auf Zuspruch einer Belohnung von EUR 120,00 ab. Sehe der Zahlungsplan eine Quote von mehr als 50 % vor, müsse der bevorrechtete Gläubigerschutzverband zur Sicherung seines Belohnungsanspruchs Anhaltspunkte dafür liefern, dass im Abschöpfungsverfahren zumindest die Chance bestehe, mehr als die im Zahlungsplan angebotene Quote zu erzielen. Das wäre nur denkbar, wenn das voraussichtlich abschöpfbare Vermögen des Schuldners während der ersten drei Jahre der Laufzeit der Abtretungserklärung ausreichen könnte, mehr als 50 % der Forderungen zu decken. Ein solches Vorbringen habe der K***** im gegenständlichen Fall nicht erstattet.

Dagegen richtet sich der rechtzeitige Rekurs des K***** mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass die Belohnung mit EUR 120,00 bestimmt werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Schuldnerin hat eine Rekursbeantwortung mit dem Antrag erstattet, dem Rekurs des K***** nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Der K***** vertritt zusammengefasst den Standpunkt, die Zahlungsplanrate entspreche nicht dem pfändbaren Einkommen der Schuldnerin. Der K***** habe im Interesse alle Gläubiger und zur Unterstützung des Gerichtes Tätigkeiten entfaltet, die im Einzelnen in der Kostennote angeführt worden seien.

Dem hielt die Schuldnerin in ihrer Rekursbeantwortung entgegen, die angebotene Quote richte sich nach ihrem pfändbaren Einkommen. Entscheidend sei eine Fünfjahresprognose. Pfändbar seien monatlich EUR 281,01. Dies entspreche auf fünf Jahre gerechnet einem abschöpfbaren Betrag von EUR 19.670,70. Durch die Ablehnung des Zahlungsplans habe der K*****, der überdies nur eine Gläubigerin vertreten habe, gegen die Interessen aller Gläubiger gehandelt. Die Schuldnerin könne im Abschöpfungsverfahren bereits dann eine Restschuldbefreiung erhalten, wenn sie 50 % der angemeldeten Forderung abgedeckt habe. Dies sei schon nach 5,9 Jahren der Fall. Durch die Ablehnung des Zahlungsplans entgehe den Gläubigern eine Quote von 9,62 % bzw EUR 4.473,13. Deshalb habe der K***** einen Verfahrenserfolg nicht gefördert, sondern sogar vereitelt.

Im Hinblick auf die uneinheitliche Judikatur erst- und zweitinstanzlicher Gerichte sowie die unterschiedlichen Auffassungen in der Lehre, ob und wann im Schuldenregulierungsverfahren ein Belohnungsanspruch eines Gläubigerschutzverbandes besteht, scheint es geboten, die bisherige Rechtsprechung auch des erkennenden Rekursgerichtes zu überdenken und einige Grundsätze festzuhalten.

Gemäß § 191 Abs 2 IO gilt für die Belohnung der bevorrechteten Gläubigerschutzverbände § 87a Abs 1 Satz 1 IO. Demnach haben die bevorrechteten Gläubigerschutzverbände für ihre Tätigkeit zur Unterstützung des Gerichtes sowie für die Vorbereitung eines Sanierungsplans beziehungsweise für die Ermittlung und Sicherung des Vermögens zum Vorteil aller Gläubiger einen Anspruch auf Belohnung zuzüglich Umsatzsteuer.

Zu den Aufgaben der Gläubigerschutzverbände gehört es, alle Gläubiger sachlich zu informieren und Strategien zur Schadensminimierung zu entwickeln, weiters die Vermögenslage und Leistungsfähigkeit des Schuldners zu ermitteln sowie die Angemessenheit und Erfüllbarkeit von Zahlungsplänen zu beurteilen. Die Höhe der Belohnung hängt vom getätigten konkreten Aufwand der Verbände, von der Schwierigkeit und Komplexität des Verfahrens sowie unter besonderen Umständen auch vom Verfahrensausgang ab.

Stets ist allerdings Voraussetzung, dass der Gläubigerschutzverband (auch) Handlungen im Interesse der gesamten Gläubigerschaft vorgenommen hat und eine Unterstützung des Gerichtes erfolgt ist. Eine reine Gläubigervertretung reicht dazu nicht aus. Die Belohnung stellt kein Entgelt für Vertretungsmaßnahmen für einzelne Gläubiger dar, sondern dient ausschließlich der Abdeckung jener Kosten, die die Gläubigerschutzverbände im gemeinsamen Interesse aller Gläubiger und zur Unterstützung der Gerichte erbringen. Hingegen ist das Einschreiten für mehrere Gläubiger bei der Tagsatzung keine notwendige Voraussetzung für die Begründung eines Belohnungsanspruchs, da auch bei Vertretung nur eines Gläubigers ein Tätigwerden zum Vorteil aller Gläubiger nicht ausgeschlossen werden kann. Jedenfalls ist aber die Teilnahme an der Zahlungsplantagsatzung eine Bedingung für die Bejahung eines Belohnungsanspruchs. Im Schuldenregulierungsverfahren wird die Belohnung der Gläubigerschutzverbände letztlich nach richterlichem Ermessen mit einem Pauschalbetrag festgesetzt (2 R 164/12a, 2 R 238/11g, 2 R 30/11v, 2 R 90/10s, 2 R 395/10v = ZIK 2011/158, 114, alle LG Feldkirch; Konecny/Riel, Entlohnung 216; Konecny/Riel, Die Belohnung der bevorrechteten Gläubigerschutzverbände, ZIK 1999, 151; Fink, Bemerkungen zum Anwendungsbereich des § 191 KO, ZIK 2003/153, 116; Schneider, Die Belohnung der Gläubigerschutzverbände im Schuldenregulierungsverfahren, ZIK 2010, 122/97; Kodek, Privatkonkurs Rz 777; Welte, Kriterien für die Annahme eines Zahlungsplans und den Belohnungsanspruch, ZIK 2011/125, 88).

Wie das Rekursgericht bereits mehrfach ausgesprochen hat (2 R 164/12a, 2 R 238/11g, 2 R 395/10v, 2 R 30/10v ua), ist den gesetzlichen Bestimmungen nicht zu entnehmen, dass den bevorrechteten Gläubigerschutzverbänden nur dann eine Belohnung gebührt, wenn der vom Schuldner vorgeschlagene Zahlungsplan angenommen wird (vgl Schneider aaO 99 mwN). So gilt gemäß § 191 Abs 2 IO für die Belohnung der bevorrechteten Gläubigerschutzverbände nur der Satz 1 des § 87a Abs 1 IO, während der in Satz 2 unter Z 2 leg cit erwähnte Fall der „Annahme eines Sanierungsplans“ (bezogen auf den Zahlungsplan) nicht in das Schuldenregulierungsverfahren übernommen wurde, sodass der Belohnungsanspruch grundsätzlich nicht erfolgsabhängig im Sinne einer Annahme des Zahlungsplans ist (Kodek aaO 778). Es gibt verschiedene Gründe und Überlegungen eines Gläubigers, einem Zahlungsplan zuzustimmen oder ihn abzulehnen (vgl Welte aaO). Zudem tritt ein bevorrechteter Gläubigerschutzverband bei der Abstimmung über einen angebotenen Zahlungsplan als Vertreter eines oder mehrerer Gläubiger auf. Auf Grund des Vollmachtsverhältnisses steht es nicht im Belieben des vertretenden Gläubigerschutzverbandes, dem Zahlungsplan zuzustimmen oder ihn abzulehnen.

Ob die Ablehnung eines Zahlungsplans als Erfolg für alle Gläubiger zu werten ist, kann bei Einleitung eines Abschöpfungsverfahrens, dessen Ausgang ungewiss ist, im Vorhinein in aller Regel nicht verlässlich beurteilt werden. Die Belohnung in diesen Fällen vom voraussichtlichen Ergebnis des Abschöpfungsverfahrens abhängig zu machen, hieße sie an Kriterien zu knüpfen, die nicht (oder erst viel später) überprüfbar sind. Dies würde bedeuten, dass die Festsetzung der Belohnung letztlich auf einer spekulativen, also unsachlichen Grundlage erfolgen würde. Nur wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Ablehnung des Zahlungsplans aus unsachlichen Motiven, also gleichsam rechtsmissbräuchlich, erfolgte, ist davon auszugehen, dass der Gläubigerschutzverband seines Belohnungsanspruchs verlustig geht. Ein solches „unsachliches Motiv“ ist aber nicht allein dann anzunehmen, wenn ein durch den Gläubigerschutzverband vertretener Gläubiger einen mit einer Quote von über 50 % angebotenen Zahlungsplan ablehnt, auch wenn möglicherweise im einzuleitenden Abschöpfungsverfahren eine vorzeitige Restschuldbefreiung gemäß § 213 Abs 1 Z 1 IO erwartet werden könnte. Deshalb ist es auch nicht notwendig, diesbezügliche „Vergleichsberechnungen“ anzustellen.

Entgegen der auch schon vertretenen Ansicht (etwa 2 R 90/10s LG Feldkirch) muss der bevorrechtete Gläubigerschutzverband zur Begründung seines Belohnungsanspruchs keine Anhaltspunkte dafür liefern und Vorbringen erstatten, dass im Abschöpfungsverfahren zumindest die Chance besteht, mehr als die im Zahlungsplan angebotene Quote zu erzielen. Dies gilt insbesondere auch nicht bei einem Zahlungsplan mit einer 50 % übersteigenden Quote. Vielmehr ist es Sache des Schuldners, konkretes Vorbringen zum Vorliegen „unsachlicher (rechtsmissbräuchlicher) Motive“ für die Ablehnung eines Zahlungsplans zu erstatten, das dann vom Insolvenzgericht zu überprüfen sein wird.

Die Gläubigerschutzverbände haben ihren Antrag gemäß § 127 Abs 1 IO iVm § 125 Abs 1 IO nachvollziehbar zu begründen und die maßgeblichen Umstände für die Belohnung anzugeben (ErläutRV 1168 BlgNR 22. GP 18; ZIK 2006/168, 133; Konecny/Riel, Entlohnung Rz 434; Schneider aaO 99). Wenngleich ein genaues Leistungsverzeichnis nicht erforderlich ist, ist aber jedenfalls darzulegen, ob und inwiefern die Voraussetzungen des § 87a Abs 1 Satz 1 IO erfüllt sind. Dabei genügt es zunächst, in einer vorzulegenden Aufstellung die entsprechenden Leistungen im oben angeführten Sinn anzugeben, da davon auszugehen ist, dass die Angaben des Gläubigerschutzverbandes wahr sind und die verzeichneten Tätigkeiten tatsächlich auch erbracht wurden. Wenn sich der Schuldner gegen den Belohnungsantrag ausspricht und bestimmte Leistungen des Gläubigerschutzverbandes bestreitet, hat das Insolvenzgericht die notwendigen Ermittlungen durchzuführen und der Gläubigerschutzverband hat sein erstattetes Vorbringen konkret zu bescheinigen. Beantragt der Gläubigerschutzverband lediglich eine Belohnung ohne entsprechende Darlegung, welche Tätigkeiten er verrichtet hat, hat das Insolvenzgericht keine Pflicht zur Überprüfung; der Antrag ist ohne weitere Erhebungen abzuweisen.

Ausgehend von diesen Überlegungen lassen sich zusammengefasst folgende Grundsätze aufstellen, die bei der Entscheidung über den Belohnungsanspruch eines Gläubigerschutzverbandes zu beachten sind:

Unter Heranziehung dieser Kriterien steht im vorliegenden Fall dem K***** die von ihm begehrte Belohnung zu. Nach dem maßgeblichen Leistungsverzeichnis AS 57 ff hat der K***** während des Insolvenzverfahrens verschiedene Leistungen, die er im Einzelnen angegeben hat, erbracht. Diese Aufstellung wurde von der Schuldnerin nicht konkret bestritten, sodass es auch keiner weiteren Bescheinigung bedurfte. Der Gläubigerschutzverband K***** hat an der Tagsatzung vom 18. September 2012 teilgenommen. Dass er als Vertreter der einzig anmeldenden Gläubigerin für diese den Zahlungsplan abgelehnt hat und es sodann zur Einleitung des Abschöpfungsverfahrens kam, hat keinen (schädlichen) Einfluss auf den Belohnungsanspruch. Unsachliche (rechtsmissbräuchliche) Motive hat die Schuldnerin nicht aufgezeigt. Ebenso wurden gegen die Höhe der angesprochenen Belohnung weder in erster noch in zweiter Instanz Einwendungen erhoben.

Deshalb ist dem Rekurs des K***** Folge zu geben und der erstinstanzliche Beschluss wie im Spruch ersichtlich abzuändern.

Gemäß § 252 IO iVm § 528 Abs 2 Z 3 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig.

Rechtssätze
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