JudikaturJustiz2R195/15i

2R195/15i – LG Feldkirch Entscheidung

Entscheidung
14. Juli 2015

Kopf

Das Landesgericht Feldkirch als Berufungsgericht hat durch den Richter Hofrat Dr. Höfle als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Dr. Mayrhofer und Hofrätin Dr. Ciresa als weitere Senatsmitglieder in der Rechtssache der klagenden Partei S *****, vertreten durch Dr. Martin Morscher, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, gegen die beklagten Parteien 1. A***** F *****, 2. F***** F *****, 3. A***** M *****, sämtliche vertreten durch Summer Schertler Stieger Kaufmann Droop Rechtsanwälte GmbH in Bregenz, wegen EUR 2.977,50 sA, über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Bezau vom 11. Mai 2015, 3 C 36/15f-10, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien je ein Drittel der mit insgesamt EUR 544,13 (darin enthalten EUR 90,69 an USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen.

Die Revision ist jedenfalls unzulässig.

Entscheidungsgründe:

Text

Die klagende Partei vertreibt und montiert Lifte in verschiedenen Modellen, darunter das Modell „A 5000“ in sieben verschiedenen lieferbaren Größen mit bauseitigen Kundenleistungen.

Auf Anfrage von M***** F***** erstattete die klagende Partei das Angebot vom 13.6.2014 für einen Plattformlift Ö***** „A 5*****“ mit drei Halteebenen mit einer Liftboden-Grundfläche von 1250 x 800 mm um den Preis von EUR 34.500,00. Als Optionen wurden eine Schachtverglasung mit Sicherheitsglas und ein Schutzdach über den Lift-Türen angeboten. Das Angebot an M***** F***** entsprach einer der Liftgrößen, wie sie im Prospekt der klagenden Partei Seite 13 dargestellt werden. Die klagende Partei bestellt die Lifte bei einer schwedischen Firma mit einer Lieferzeit von ca 8 Wochen zu einem Preis von EUR 15.623,00 (ohne USt).

Der Auftrag an die klagende Partei wurde am 27.8.2014 im Haus der M***** F***** in Sch***** zwischen dieser als Bestellerin und dem Verkäufer der klagenden Partei abgeschlossen und unterfertigt. Als Bestellinhalt ist im Auftrag unter anderem angeführt: „... 1 “Ö*****“ - Plattformlift Modell “A 5*****“ - Privathaus-Lift, - „Sonderanfertigung“, Laut Angebot vom 13. Juni 2014...“ . Über das Angebot hinausgehende Kundenspezifikationen gab es nicht. Separat wurde M***** F***** am selben Tag die Widerrufsbelehrung gemäß Anhang I FAGG ausgehändigt, wobei deren Kenntnisnahme von M***** F***** unterschriftlich bestätigt wurde.

M***** F*****, die Verbraucherin war, ist am 9.9.2014 verstorben. Am 10.11.2014 gaben die Beklagten auf Grund des Gesetzes zu einem Drittel zur Verlassenschaft die bedingte Erbantrittserklärung ab. Die Summe der reinen Verlassenschaft überstieg die Klagsforderung. Mit Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichtes Bezau vom 3.12.2014 wurde die Verlassenschaft zur Zahl 2 A 162/14x den Beklagten zu je einem Drittel eingeantwortet. Ein Verlassenschaftskurator wurde während des gesamten Verlassenschaftsverfahrens nicht bestellt.

Mit ihrer Mahnklage vom 4.3.2015 begehrte die klagende Partei von den Beklagten EUR 2.977,50 samt 4 % Zinsen seit 13.12.2014 mit der Behauptung, sie würden als Erben jeweils nach Maßgabe ihrer Erbquote, sohin jeder für EUR 992,50, für den Anspruch der klagenden Partei haften, welcher daraus resultiere, dass sich die Verlassenschaft nach M***** F***** bzw die Beklagten hinsichtlich des Auftrages vom 27.8.2014 im Annahmeverzug befinden würden. Laut Vertrag sei ausdrücklich vereinbart worden, dass für die Bestellung bzw den Auftrag eine Abnahmeverpflichtung seitens des Auftraggebers bestehe, sodass eine Abbestellung des Werkes oder Teile desselben nicht möglich sei. Ein auf die Bestimmungen des FAGG gestützter Rücktritt sei gegenständlich nicht zulässig, da es sich beim Lift um eine Sonderanfertigung handle. Der Vertrag sei durch den Tod der Bestellerin nicht aufgelöst worden. Mit Rechnung vom 12.12.2014 sei ohne rechtliche Verpflichtung der klagenden Partei unter analoger Anwendung der Bestimmung des § 1168 ABGB ein Betrag von lediglich EUR 2.977,50 in Rechnung gestellt worden. Bei Berechnung der Ersparnis iSd § 1168 ABGB könnte die klagende Partei rund die Hälfte des vertraglich vereinbarten Kaufpreises in Rechnung stellen, sie behalte sich die diesbezügliche Ausdehnung des Klagsbetrages vor. Ihr stehe gemäß § 1168 Abs 1 ABGB grundsätzlich das vereinbarte Entgelt, also der gesamte Werklohn von EUR 34.500,00 zu, wobei sie sich anrechnen lassen müsse, was sie infolge Unterbleibens der Arbeit erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt habe. Der Besteller beziehungsweise seine Erben hätten zu behaupten und zu beweisen, was sich der Unternehmer anrechnen lassen müsse. Sie hätte den Lift um den Betrag von EUR 15.623,00 ankaufen müssen, die Ersparnisse entspreche diesem Betrag. Der Entfall von Arbeitsleistungen (Montageleistungen) sei nicht als Ersparnis zu werten. Die klagende Partei mache ohnehin lediglich einen Bruchteil ihrer Entschädigungsansprüche gemäß § 1168 Abs 1 ABGB geltend, welcher mit Rechnung vom 12.12.2014 ohne USt, da die Lieferung und Leistung bislang nicht ausgeführt worden sei, begehrt werde.

In der Tagsatzung vom 27.4.2015 präzisierte die klagende Partei ihr Klagebegehren dahingehend, dass die Beklagten schuldig seien, der klagenden Partei je EUR 992,50 samt 4 % Zinsen aus EUR 992,50 seit 1.1.2015 zu bezahlen und die Prozesskosten zu ersetzen.

Die Beklagten haben bestritten und ihre mangelnde Passivlegitimation eingewendet. Auftraggeberin sei die Verstorbene M***** F***** gewesen. Von dem von dieser am 27.8.2014 geschlossenen Vertrag sei die Verbraucherin, als die die Erblasserin anzusehen sei, gemäß § 11 FAGG fristgerecht innerhalb von 14 Tagen zurückgetreten. Überdies sei durch den Tod der Auftraggeberin der Wegfall der Geschäftsgrundlage eingetreten, weshalb die Beklagten nicht mehr länger an den Vertrag gebunden seien. Hilfsweise werde auch die Anwendung des § 3a Abs 1 iVm Abs 2 Z 3 KSchG eingewendet, wonach der Verbraucher vom Vertrag zurücktreten könne, wenn ohne seine Veranlassung für seine Einwilligung maßgebliche Umstände nicht oder nur in erheblich geringerem Ausmaße eintreten würden. Beim Tod der Bestellerin handle es sich ohne Zweifel um einen maßgeblichen Umstand iSd Abs 1 leg cit. Durch den plötzlichen Tod der M***** F***** sei während der Vertragsverhandlungen noch nicht erkennbar gewesen, dass der maßgebliche Umstand nicht oder nur in erheblich geringem Ausmaß eintreten würde. Aufgrund des Widerrufs der Bestellung könne auch noch keine Spezifizierung stattgefunden haben und auch von keiner Sonderanfertigung gesprochen werden. Beim bestellten Lift handle es sich um ein Modell, welches aus einzelnen Bausätzen bestehe, die angefertigt würden. Schon deshalb könne es zu keiner Anwendung des § 18 FAGG kommen. Es könne auch keine Rede davon sein, dass der Lift in einer anderen Baulichkeit nicht Verwendung gefunden hätte. Mit Rechnung vom 12.12.2014 sei lediglich ein „Schadenersatz“ in Rechnung gestellt worden. Die Klagsforderung sei nicht ausreichend spezifiziert worden, weshalb die Klagsforderung nicht fällig und die Klage schon aus diesem Grund abzuweisen sei.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Erstgericht das Klagebegehren abgewiesen und die klagende Partei zum Kostenersatz an die Beklagten verpflichtet. Es hat neben dem eingangs angeführten Sachverhalt auf den Seiten 3 bis 5 des Urteils weitere Feststellungen getroffen, auf welche gemäß § 500a ZPO verwiesen wird.

In der rechtlichen Beurteilung gelangt der Erstrichter zum Ergebnis, dass der verfahrensgegenständliche Vertrag über die Bestellung eines Plattformliftes grundsätzlich vom Anwendungsbereich des FAGG umfasst sei, ohne dass es darauf ankomme, ob er als Kauf- oder als Werkvertrag zu qualifizieren sei. Vom Vertrag sei wirksam durch Erklärung der Drittbeklagten am 9.9.2014 zurückgetreten worden. Selbst wenn zu diesem Zeitpunkt keine Vertretungsmacht der Drittbeklagten, für den Nachlass zu handeln, vorgelegen habe, könne ein Vollmachtsmangel nachträglich saniert werden, was zu den gleichen Folgen wie beim Handeln mit ausreichender Vertretungsmacht führe, wobei die Genehmigung der Handlung eines Vertreters ohne Vertretungsmacht zurückwirke. Eine derartige nachträgliche Genehmigung der Rücktrittserklärung durch die Drittbeklagte nach der Einantwortung sei offensichtlich. Hinsichtlich des Erst- und Zweitbeklagten sei von einer schlüssigen Vorteilsannahme auszugehen, da sie durch die Rücktrittserklärung der Drittbeklagten von erheblichen Verbindlichkeiten als Erben befreit worden seien. Eine Vorteilszuwendung sei eine Willensbetätigung, bei der das Bewusstsein nötig sei, dass der konkrete Vorteil aus einem in seinem Namen ohne ausreichende Vollmacht geschlossenen Geschäft stamme. Diese Voraussetzung sei spätestens mit der Bevollmächtigung des Rechtsvertreters des Erst- und Zweitbeklagten unter Bestreitung der Klagsforderung gegeben gewesen.

Die in § 18 FAGG normierten Ausnahmen vom Rücktrittsrecht, insbesondere Zahl 3, wonach das Rücktrittsrecht nicht zustehe, wenn Waren, die nach Kundenspezifikationen angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten seien, würden hier nicht zutreffen, da der bestellte Lift weit überwiegend ein vorgefertigtes Modell sei und keine über die Auswahl an angebotenen Typen und Größen sowie die Montage hinausgehende Kundenspezifikationen erblickt werden könnten. Eine auf die persönlichen Bedürfnisse der Bestellerin zugeschnittene Gestaltung des Liftes sei nicht ersichtlich. Es sei somit von einem wirksamen Rücktritt vom Vertrag auszugehen. Die in § 15 Abs 5 FAGG angeführten Zahlungen würden auf die Klagsforderung nicht zutreffen, weil keine Ware geliefert worden sei. Andere Lasten dürften gemäß § 15 Abs 5 FAGG dem Verbraucher wegen seines Rücktritts nicht auferlegt werden. Da die Klagsforderung nicht zu Recht bestehe, könne dahingestellt bleiben, ob es sich beim Vertrag um einen Kauf- oder einen Werkvertrag handle, die klagende Partei ihren Pflichten nach § 27a KSchG durch die erst in der Verhandlung gegebenen Erläuterungen bzw vorgelegten Urkunden in ausreichendem Maße nachgekommen sei und die Fälligkeit des Anspruchs nach § 1168 ABGB bei Schluss der Verhandlung bestanden habe. Die Kostenentscheidung wurde auf § 41 ZPO gestützt.

Gegen die Entscheidung richtet sich die Berufung der klagenden Partei aus den Berufungsgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung beziehungsweise unrichtigen Beweiswürdigung, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, der Klage stattzugeben. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagten haben in ihrer Berufungsbeantwortung beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Die Berufung erweist sich als unbegründet.

Rechtliche Beurteilung

1. Hat das Erstgericht über einen Streitgegenstand entschieden, der an Geld oder Geldeswert EUR 2.700,00 nicht übersteigt, so kann das Urteil nur wegen Nichtigkeit und wegen einer ihm zu Grunde liegenden unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache angefochten werden (§ 501 Abs 1 ZPO). Bei der Beurteilung der Frage, ob bei Anwendung des § 501 ZPO iVm § 55 Abs 4 JN ein tatsächlicher oder rechtlicher Zusammenhang zwischen mehreren Forderungen des Klägers besteht, ist ausschließlich vom Vorbringen des Klägers auszugehen ( Kodek in Rechberger 4 § 501 ZPO Rz 1). Mehrere in einer Klage geltend gemachten Ansprüche sind nach § 55 Abs 1 JN zusammenzurechnen, wenn sie 1. von einer einzelnen Partei gegen eine einzelne Partei erhoben werden (objektive Klagenhäufung) und in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen, oder 2. von mehreren Parteien oder gegen mehrere Parteien erhoben werden (subjektiven Klagenhäufung), die Streitgenossen nach § 11 Z 1 ZPO sind. Nach § 11 Z 1 ZPO liegt eine materielle Streitgenossenschaft vor, wenn mehrere Kläger oder Beklagte in Ansehung des Streitgegenstandes in Rechtsgemeinschaft stehen oder aus demselben tatsächlichen Grund oder solidarisch berechtigt oder verpflichtet sind. In Rechtsgemeinschaft stehen Miterben nur bei unbedingter Erbserklärung, nach § 821 ABGB haften bedingt erbserklärte Miterben nur anteilig entsprechend ihren Erbquoten; allerdings liegt für sie ein einheitlicher rechtserzeugender Sachverhalt vor, sodass auch Miterben, die als Quotenschuldner infolge bedingter Erbserklärung geklagt werden, eine materielle Streitgenossenschaft bilden (7 Ob 220/08s mwN = NZ 2009, 299 = ZIK 2010,113).

Demnach sind die gegenüber den drei Beklagten erhobenen Forderungen zusammenzurechnen, weshalb die Bestimmung des § 501 Abs 1 ZPO im Berufungsverfahren keine Anwendung findet.

2. Als Mangelhaftigkeit des Verfahrens macht die klagende Partei geltend, für die erstinstanzliche Feststellung (Seite 5 oben des Ersturteils), „die klagende Partei machte gegenüber den Beklagten vor der Verhandlung keine Angaben darüber, aus welchen Gründen sie sich infolge Unterbleibens der Arbeit weder etwas erspart noch durch andere Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hatte“, würde keine erstgerichtliche Beweiswürdigung vorliegen. Der Verfahrensmangel sei iSd § 272 Abs 3 ZPO insoweit relevant, als der klagenden Partei ein Verstoß gegen die Bestimmung des § 27a KSchG zur Last gelegt werden könnte, der für sich zur Abweisung des Klagebegehrens führen könnte. Der Vollständigkeit halber sei darauf hinzuweisen, dass im Antwortschreiben des Klagsvertreters an die Arbeiterkammer Vorarlberg (Beilage ./G) sehr wohl auf die Entschädigung iSd § 1168 ABGB der Höhe nach eingegangen worden sei.

Ein Urteil muss nicht nur die erforderlichen Tatsachenfeststellungen klar und zweifelsfrei erkennen lassen, sondern auch die Begründung dafür, warum der Richter die festgestellten Tatsachen als erwiesen und andere behauptete Tatsachen als nicht erwiesen angenommen hat. Der Mangel einer Begründung stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar ( Rechberger in Rechberger 4 § 272 ZPO Rz 3 mwN). Das Erstgericht hat eingangs seiner Beweiswürdigung darauf hingewiesen, dass es über weite Bereiche keine widersprüchlichen Beweisergebnisse gegeben habe. Die Beweismittel, auf welche sich das Gericht gestützt habe, seien bei den jeweiligen Feststellungen in Klammer angegeben, wobei die jeweils angeführten Urkunden keinen Anlass, an ihrer Richtigkeit zu zweifeln, bieten würden.

Dass es außer den beiden Telefonaten zwischen der Drittbeklagten und dem Geschäftsführer der klagenden Partei C***** M***** am 9.9.2014 und 10.12.2014 zwischen diesen Personen weitere Kontakte gegeben hätte, dazu fehlen jegliche Beweisergebnisse. Die an die Beklagten ausgefertigten Rechnungen vom 20.4.2015 wurden den Beklagten nicht zugestellt, wie sich aus der Aussage des Geschäftsführers der klagenden Partei ergibt, auf welche im Urteil vom Erstgericht auch verwiesen wird. Schließlich muss der Hinweis auf das Schreiben des Klagsvertreters an die Arbeiterkammer V***** vom 14.1.2015 (Beilage ./F) versagen, weil dessen Adressat nicht die Beklagten waren. Selbst wenn aber dieses Schreiben als den Beklagten zugekommen anzusehen wäre, könnte diese schriftliche Mitteilung gegenüber den Beklagten ein entsprechendes Vorbringen im Verfahren selbst nicht ersetzen. In der Tagsatzung vom 27.4.2015 wurde vom Erstrichter die Bestimmung des § 27a KSchG erörtert. Auch hat der Beklagtenvertreter ausdrücklich eingewendet, dass die Klagsforderung nicht ausreichend spezifiziert worden sei. Es wäre daher an der klagenden Partei gelegen gewesen, ihre Ansprüche detailliert darzulegen, wobei es im Hinblick auf die Erörterung in der Tagsatzung und das Vorbringen der Beklagten keiner weiteren Anleitung der anwaltlich vertretenen Partei bedurfte.

Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens ist jedenfalls nicht zu erkennen.

3. Im Rahmen der Rechtsrüge macht die klagende Partei ausschließlich noch geltend, dass das Erstgericht zu Unrecht das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes des § 18 Abs 1 Z 3 FAGG verneint habe. In diesem Zusammenhang wird auch ein sekundärer Feststellungsmangel dahingehend geltend gemacht, vom Erstgericht hätte auf Grund der Aussage des Geschäftsführer der klagenden Partei festgestellt werden müssen, dass der Lift für andere Baulichkeiten auf Grund seiner Individualität keine Verwendung finden könnte und im Ergebnis eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Rückabwicklung für den Verkäufer vorliege.

Das Rücktrittsrecht des Verbrauchers ist in den §§ 11 bis 18 des Fern- und Auswärtsgeschäft-Gesetzes (FAGG) geregelt, dessen grundsätzliche Anwendbarkeit von beiden Parteien nicht in Zweifel gezogen wird. § 18 FAGG enthält die Regelung über Ausnahmen vom Rücktrittsrecht. Nach § 18 Abs 1 Z 3 FAGG hat der Verbraucher - in Umsetzung des Art 16 c) der VerbraucherrechteRL (RL 2011/83/EU) - kein Rücktrittsrecht bei Fernabsatz- oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen über Waren, die nach Kundenspezifikationen angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Nach dem Erwägungsgrund 49 der Richtlinie soll dies beispielsweise auf nach Maß gefertigte Vorhänge Anwendung finden. § 18 Abs 1 Z 3 FAGG fand sich inhaltlich mit etwas anderen Worten bereits in der Bestimmung des § 5f Abs 1 Z 3 KSchG.

Anfertigung nach Kundenspezifikation setzt voraus, dass Herstellung geschuldet ist, sodass vorgefertigte Waren nicht unter Z 3 fallen; sie schließt das Rücktrittsrecht aus, wenn sich die Ware dadurch von Standardprodukten erheblich unterscheidet. Bloß individuelle Auswahl, Zusammenstellung oder Entscheidung reicht nach dem Normzweck bei vorgefertigten Serienbauteilen nicht aus, zB Möbel mit Standardmaßen, wo der Kunde nur unter mehreren Varianten auswählt ( Kolba/Leupold, Das neue Verbraucherrecht (2014) Rz 396 mwN; Hammerl in Kosesnik-Wehrle, KSchG 4 (2015) Rz 11). Die Beweislast für das Vorliegen einer Ausnahme nach § 18 FAGG trifft den Unternehmer ( Hammerl aaO Rz 2).

Nach der deutschen Rechtsprechung zu § 312d Abs 4 Nr. 1 dBGB (in Umsetzung der früheren Fernabsatzrichtlinie; jetzt: § 312g Abs 2 Nr. 1 dBGB) liegt eine Anfertigung nach Kundenspezifikation vor, wenn die Angaben des Verbrauchers, nach denen die Ware angefertigt wird, die Sache so individualisieren, dass diese für den Unternehmer im Falle ihrer Rücknahme wirtschaftlich wertlos ist, weil er sie wegen ihrer vom Verbraucher veranlassten besonderen Gestalt anderweitig nicht mehr oder allenfalls noch unter erhöhten Schwierigkeiten und mit erheblichem Preisnachlass absetzen kann. Für einen eindeutigen Zuschnitt auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers reicht es aus, dass die bereits auf Vorrat hergestellte Sache auf Grund der Bestellung des Verbrauchers weiter in einer Weise bearbeitet wird, wie sie von anderen Verbrauchern zumindest nicht regelmäßig nachgefragt wird. Es ist nicht entscheidend, ob die Sache in ihrem besonderen Zuschnitt nur für den konkreten Besteller (Beispiel: eingravierter Name) oder noch für eine gewisse Zahl von Verbrauchern (Beispiel: Sonderlackierung) verwendbar ist (MünchKommBGB 5 / Wendehorst § 312d RdNr. 23, 24).

§ 18 FAGG ist richtlinienkonform auszulegen (vgl 4 Ob 204/12x; 4 Ob 5/14k). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist der Grundsatz anerkannt, dass Ausnahmebestimmungen eng auszulegen sind (etwa EuGH, Urteil vom 5.3.2015, C-553/13, Rn 39; Kehrer, Rücktrittsausschluss bei Vermischung - § 18 Abs 1 Z 6 FAGG, VbR 2015/4, 8; Hammerl aaO Rz 3).

Den Ausnahmen vom Grundsatz der Widerrufbarkeit einer Willenserklärung, die ein Verbraucher in einem Fernabsatz-Geschäft abgegeben hat, ist im Großen und Ganzen gemeinsam, dass sie Fälle der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit für den Unternehmer typisieren. Zweck der Regelung ist den Unternehmer davor zu schützen, dass der Verbraucher zurücktritt, obwohl der Unternehmer durch die Rücknahme der auf die nach den individuellen Wünschen und Anforderungen des Verbrauchers angefertigten Ware erhebliche wirtschaftliche Nachteile erleidet. Insgesamt soll dem Unternehmer nicht abverlangt werden, dass er seinen gewohnten Geschäftsbetrieb in „unzumutbarem“ Ausmaß umgestaltet, nur um zurückgegebene Ware wiederverwerten zu können. In diesen Fällen empfindet der Gesetzgeber die Gewährung des Rücktrittsrechts als übergebührliche Belastungen des Unternehmers. Denn hier hätte der Unternehmer das Risiko zu tragen, dass bereits begonnene Arbeiten frustriert oder die vom Verbraucher erworbenen Waren zu einer Weiterverwertung durch den Unternehmer kaum brauchbar oder unbrauchbar würden ( Kehrer aaO 10; Kolba/Leupold aaO Rz 395; Krejci in Rummel ABGB 3 § 5i KSchG Rz 36).

Nach den insoweit unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes vertreibt und montiert die klagende Partei Lifte in verschiedenen Modellen bzw verschiedenen lieferbaren Größen, die sie bei einer schwedischen Firma bestellt. Die klagende Partei verweist in der Berufung im Zusammenhang mit der Kundenspezifikation lediglich auf die zeichnerische Darstellung der Einbauhöhen, der Geschosshöhen sowie der Befestigungspunkte. Ob dadurch der Lift bereits derart durch die Wünsche der Bestellerin individualisiert wird, dass er für die klagende Partei im Falle seiner Rücknahme (wirtschaftlich) wertlos bzw nur noch mit finanziellen Einbussen absetzbar wäre, kann allerdings aus folgendem Grund dahingestellt bleiben:

Es ist unstrittig, dass die Bestellung des Liftes durch die klagende Partei beim schwedischen Lieferanten gar nicht erfolgt ist und somit von der klagenden Unternehmerin insoweit keine Erfüllungshandlung gesetzt wurde. Es bedarf in diesem Fall unter Berücksichtigung der Zielsetzung der VerbraucherrechteRL einer teleologischen Reduktion der Bestimmung (vgl Wendehorst aaO RdNr. 25), weil die klagende Partei durch den bereits vor dem Anfertigen der Ware erfolgten Rücktritt keinen entsprechend zu berücksichtigenden wirtschaftlichen Nachteil erlitten haben kann, der den Ausschluss des Rücktrittsrechts der Verbraucherin rechtfertigen könnte. Der von der klagenden Partei gemachte sekundäre Feststellungsmangel kann damit nicht zum Tragen kommen.

Dies gilt gleichermaßen für die Beweisrüge. In diesem Zusammenhang bekämpft die klagende Partei die Feststellung des Erstgerichtes, (a) „Über das Angebot hinausgehende Kundenspezifikationen gab es nicht.“ sowie die im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung „verborgene“ Feststellung, (b) „Lediglich die Zahl der Halteebenen, die ebenfalls auswählbaren Topmodelle und deren Anordnung an den Liftseiten sowie die Farbe RAL 9041, wobei die Farbe ebenfalls zur Wahl gestellt wird, sind individuell bestimmbar“. Stattdessen begehrt sie folgende Feststellungen:

(a, b) „Die Zahl der Halteebenen, die ebenfalls auswählbaren Tormodelle und deren Anordnung an den Liftseiten sowie die Farbe RAL 9041 sind individuell bestimmbar. Der Lift ist jedoch insbesondere an die baulichen Eigenheiten und Gegebenheiten, insbesondere auf Grund unterschiedlicher Geschosshöhen, anzupassen.“

Die klagende Partei ist der Ansicht, dass sich aus diesen Feststellungen ableiten ließe, dass der bestellte Lift nach Kundenspezifikation anzufertigen gewesen sei, da der Lift hinsichtlich seiner Länge und Anpassung an die baulichen Gegebenheiten anzupassen gewesen sei und keine bloßen Standardmaße aufgewiesen habe und aufweisen könne.

Das Erstgericht hat sich im Übrigen mit den Angaben des Geschäftsführers der klagenden Partei sowie der Bezeichnung „Sonderanfertigung“ auf dem Bestellformular ausführlich auseinandergesetzt. Soweit Teile des Liftes vom Erstgericht als individuell bestimmbar erachtet wurden, wird dies in der Berufung sogar bestätigt. Selbst wenn die Länge des Liftes an die Geschosshöhen beziehungsweise die konkreten Ein- und Austrittsmöglichkeiten jeweils den Örtlichkeiten anzupassen wäre, wie in der Berufung ausgeführt wird, die in diesem Zusammenhang auf die Aussage des Geschäftsführers der klagenden Partei verweist, fehlt es im hier zu beurteilenden Fall gerade an Letzterem, nämlich an der bereits begonnenen Anfertigung eines ausschließlich auf die konkrete Örtlichkeit angepassten Liftes, und damit auch an der möglichen Relevanz der von der klagenden Partei gewünschten Ersatzfeststellungen für die rechtliche Beurteilung.

Gegen die Rechtsansicht des Erstgerichtes, der Widerruf durch die Beklagten als Rechtsnachfolgerin der Bestellerin sei wirksam und rechtzeitig erfolgt, wendet sich die Berufung nicht, weshalb sich eine diesbezügliche Prüfung durch das Berufungsgericht erübrigt.

Der Berufung ist kein Erfolg beschieden.

Die Kostenentscheidung im Berufungsverfahren gründet auf den §§ 41, 46, 50 ZPO. Es ist davon auszugehen, dass der Beklagtenvertreter nach Kopfteilen von den Beklagten entlohnt wird, weshalb die Beklagten nur anteilig ihre Vertretungskosten verlangen können ( Klauser/Kodek, ZPO 17 § 46 ZPO E 2).

Gemäß § 502 Abs 2 ZPO ist die Revision jedenfalls unzulässig.

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