JudikaturJustiz2R191/99z

2R191/99z – LG Feldkirch Entscheidung

Entscheidung
30. Juni 1999

Kopf

Beschluss

Das Landesgericht Feldkirch als Rekursgericht hat durch den Richter Hofrat Dr. Mähr als Vorsitzenden sowie die Richter Dr. Künz und Dr. Müller als weitere Senatsmitglieder in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Hans-Jörg V***** gegen die beklagte Partei Cornelia B***** wegen Unterlassung (Streitwert ATS 8.000,--), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Bludenz vom 10.5.1999, 4 C 416/99 z-2, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs, dessen Kosten der Rekurswerber selbst zu tragen hat, wird keine Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt nicht ATS 52.000,--.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Der Kläger brachte vor, er sei ausschließlicher Mieter des äußerst linksseitig gelegenen, zum Haus ***** gehörenden Parkplatzes. Diesem Objekt zugehörig seien weitere Parkplätze vor dem Eingang, welche deutlich und für jedermann erkennbar zu sehen und gekennzeichnet seien. Die Beklagte habe am 8.4.1999 ihren PKW über einen längeren Zeitraum widerrechtlich auf dem vorerwähnten Parkplatz abgestellt, sodass dessen Benützung für den Kläger und die Mitarbeiter seiner Kanzlei nicht möglich gewesen sei. Eine Wiederholungsgefahr sei nicht auszuschließen.

In der an das Bezirksgericht Bludenz gerichteten Klage stellt der Kläger das Begehren, die Beklagte sei schuldig, das Abstellen und/oder Parken von Fahrzeugen auf den vom Kläger gemieteten Parkplätzen vor bzw im Objekt ***** zu unterlassen.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht die Klage unter Hinweis auf § 81 JN wegen örtlicher Unzuständigkeit zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens aufzutragen.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 81 Abs 1 JN gehören Klagen, durch welche ein dingliches Recht auf ein unbewegliches Gut, die Freiheit von einem solchen Recht oder die Aufhebung desselben geltend gemacht wird, Teilungs-, Grenzberichtigungs- und Besitzstörungsklagen vor das Gericht, in dessen Sprengel das unbewegliche Gut gelegen ist. Damit wurde ein ausschließlicher örtlicher Gerichtsstand für Streitigkeiten um unbewegliches Gut, ein dinglicher Gerichtsstand, geschaffen. Die Bestimmung bezweckt für unbewegliche Sachen eine Konzentration der Rechtsstreite bei dem Gericht, in dessen Sprengel die unbewegliche Sache gelegen ist.

Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 14.3.1995, 10 Ob 506/95 (RdU 1996, 93) ua folgendes ausgeführt:

"Dem nunmehr zur Entscheidung berufenen Senat erscheint eine Trennung zwischen der materiell-rechtlichen Einordnung einer Unterlassungsklage und deren Einordnung in die prozessuale Zuständigkeitsordnung nicht sinnvoll. Auszugehen ist von der herrschenden Ansicht, dass die Eigentumsfreiheitsklage nach § 523 ABGB nicht nur gegen die Anmaßung einer Servitut, sondern gegen jeden unberechtigten Eingriff in fremdes Eigentum gewährt wird. Die Klage nach § 523 ABGB steht also gegenüber jedem zu, der unbefugterweise eingreift, mag er nun irgendein Recht hiezu behaupten oder nicht. Wenn nun schon § 81 JN im Falle der Unterlassungsklage gegen einen titellosen Störer nicht unmittelbar anwendbar erscheint, so doch im Wege der teleologischen Extension. Die bisherigen Stellungnahmen zu dem Problem haben nämlich offenbar nicht berücksichtigt, dass unter den in § 81 Abs 1 JN aufgezählten Klagen auch ausdrücklich Besitzstörungsklagen genannt sind. Kein Zweifel besteht auch daran, dass sich die Besitzstörungsklage gegen einen titellosen Störer richten kann, also nicht voraussetzt, dass der Beklagte seine Störungshandlung aus einem dinglichen Recht ableitet. Sind aber die im § 81 Abs 1 JN ausdrücklich genannten Besitzstörungsklagen (...) dem Gerichtsstand der gelegenen Sache unterstellt, dann ist kein Grund ersichtlich, der für eine Unterlassungsklage eine unterschiedliche Zuständigkeitsregelung erklären könnte, liegt doch im Allgemeinen einer infolge unbefugten Betretens oder Befahrens einer Liegenschaft erhobenen Besitzstörungsklage ein gleicher Sachverhalt zugrunde wie einer entsprechenden, nicht im Besitzstörungsverfahren eingebrachten Unterlassungsklage (Petitorium). Es würde zu einem nicht verständlichen Wertungswiderspruch führen, dass etwa im vorliegenden Fall die Klägerin gegen den Beklagten in Österreich wohl eine Besitzstörungsklage einbringen könnte, nicht aber eine auf demselben Sachverhalt beruhende petitorische Unterlassungsklage. Der Senat ist daher der Auffassung, dass Klagen, mit denen die Unterlassung von gegen Besitz und Eigentum an Liegenschaften gerichteten Störungen begehrt wird, dem Gerichtsstand des § 81 JN unterliegen, ohne dass es darauf ankommt, ob der Beklagte die Störungshandlung durch die Behauptung eines dinglichen Rechtes zu begründen versucht oder keinen Rechtstitel für seine Störungshandlung angibt".

Im hier zu beurteilenden Fall ergibt sich aus den Klagsangaben, dass der Kläger Mieter der vom Unterlassungsbegehren betroffenen Parkfläche(n) ist und nicht aus behaupteten Eigentum am gestörten Gut das Unterlassungsbegehren ableitet. Als Mieter ist der Kläger aber Rechtsbesitzer, weshalb eine - auf dem gleichen Sachverhalt beruhende - Besitzstörungsklage dem Gerichtsstand des § 81 JN unterläge. Im Lichte der Ausführungen des Höchstgerichtes in der vorerwähnten Entscheidung ist die Anwendbarkeit des § 81 JN auf den gegenständlichen Fall im Wege der teleologischen Extension zu bejahen. Es handelt sich nämlich hier um eine Klage, mit welcher die Unterlassung einer gegen den Besitz an einem unbeweglichen Gut gerichteten Störung begehrt wird. Diese Ansicht des Rekursgerichtes wird durch folgende Überlegung bestärkt:

Zur Lückenfüllung und zur Gewichtung einzelner Tatbestandselemente sowie zur Bestimmung der Lösungstendenzen können auch Regelungen in Völkerrechtsverträgen, wie dem Lugano-Übereinkommen, herangezogen werden (WBl 1995, 165). Art 16 Z 1 lit a LGVÜ sieht eine ausschließliche Zuständigkeit des Gerichtes des Vertragsstaates, in dem die unbewegliche Sache gelegen ist, für Klagen vor, welche dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen sowie Miete oder Pacht von unbeweglichen Sachen zum Gegenstand haben. Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 10.1.1990 ausgesprochen, nach der autonomen Auslegung des Art 16 Z 1 lit a LGVÜ umfasse der Gerichtsstand nur diejenigen Klagen, die dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen zum Gegenstand hätten, die in den Anwendungsbereich des Brüsseler Übereinkommens (dieses stimmt mit dem LGVÜ überein) fielen und darauf gerichtet seien, Umfang oder Bestand einer unbeweglichen Sache, das Eigentum, den Besitz oder das Bestehen anderer dinglicher Rechte hieran zu bestimmen und den Inhabern dieser Rechte den Schutz der mit ihrer Rechtsstellung verbundenen Vorrechte zu sichern (RdW 1998, 338 mwN). Es entspricht sohin die erweiterte Anwendung des § 81 JN im oben aufgezeigten Sinn dem Erfordernis einer LGVÜ-konformen Interpretation dieser Zuständigkeitsbestimmung.

Aus diesen Überlegungen konnte dem Rekurs, dessen Kosten der Rekurswerber gemäß §§ 50, 40 ZPO selbst zu tragen hat, kein Erfolg beschieden sein.

Da kein Anlass besteht, den Wert des Entscheidungsgegenstandes mit einem über ATS 52.000,-- liegenden Betrag festzusetzen, war auszusprechen, dass der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig ist.

Rechtssätze
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