JudikaturJustiz2R19/06v

2R19/06v – LG Feldkirch Entscheidung

Entscheidung
23. Januar 2006

Kopf

Beschluss

Das Landesgericht Feldkirch als Rekursgericht hat durch die Richter des Landesgerichtes Dr. Höfle als Vorsitzenden sowie Dr. Müller und Dr. Flatz als weitere Senatsmitglieder in der Rechtssache der klagenden Partei M***** vertreten durch Dr. Karl Rümmele, Dr. Birgitt Breinbauer, Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen die beklagte Partei A***** vertreten durch Anwälte Achammer und Partner in Feldkirch, wegen EUR 3.780,-- sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 13. Dezember 2005, 6 C 1128/05 s-9, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird keine Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen zu Handen der Klagsvertreter die mit EUR 333,12 (darin enthalten an USt EUR 55,52) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Die klagende Partei, die im Fürstentum Liechtenstein registriert ist und dort ihren Sitz hat, begehrt beim Bezirksgericht Dornbirn vom Beklagten für die Vermittlung eines Außendienstmitarbeiters eine Provision und Inkassokosten.

Gegen den antragsgemäß erlassenen Zahlungsbefehl vom 04.10.2005 erhob der Beklagte Einspruch und bestritt das Klagebegehren. Mit Schriftsatz vom 03.11.2005, ON 6, stellte der Beklagte den Antrag, der klagenden Partei eine Sicherheitsleistung für Prozesskosten in Höhe von EUR 1.733,74 aufzuerlegen. Dazu brachte er vor, nach der Rechtsprechung im Fürstentum Liechtenstein bestehe keine staatsvertragliche Regelung zwischen Österreich und Liechtenstein, die Österreicher mit Wohnsitz oder Geschäftssitz in Österreich von der Kautionspflicht bei Rechtsstreitigkeiten in Liechtenstein ausnehmen würde. Dies führe dazu, dass klagenden Parteien mit Sitz in Österreich, die in Liechtenstein klagen, eine aktorische Kaution auferlegt werde; dies selbst dann, wenn die in Liechtenstein titulierte Kostenforderung mittels Exekutionsführung auch in Österreich einbringlich gemacht werden könnte. Um eine faktische Gleichbehandlung zu gewährleisten, müsse auch hier der klagenden Partei eine Prozesskostensicherheitsleistung auferlegt werden.

Die klagende Partei sprach sich dagegen aus und wendete ein, bestehende Staatsverträge zwischen Österreich und Liechtenstein würden die Bestimmung einer Sicherheitsleistung für die Prozesskosten ausschließen. Zudem seien Liechtenstein und Österreich Mitgliedstaaten des EWR. Es bestünden auch Vollstreckungsabkommen, nach denen österreichische Entscheidungen jederzeit in Liechtenstein vollstreckt werden könnten.

Das Erstgericht wies den Antrag des Beklagten auf Prozesskostensicherheit ab. Die mangelnde Kautionspflicht der klagenden Partei ergebe sich aus Art 10 des Rechtshilfevertrags, aus § 57 Abs 2 Z 1 a ZPO iVm den Bestimmungen des Vollstreckungsabkommens zwischen Österreich und Liechtenstein und aus dem Diskriminierungsverbot nach Art 12 EGV.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Beklagten mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass der klagenden Partei eine Prozesssicherheitsleistung in der geforderten Höhe auferlegt werde. Die klagende Partei hat eine Rekursbeantwortung mit dem Antrag eingebracht, dem Rekurs des Beklagten keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Dem Beklagten ist beizupflichten, dass nach ständiger Rechtsprechung der Zivilgerichte im Fürstentum Liechtenstein österreichischen Klägern mit Sitz in Österreich, wenn sie in Liechtenstein klagen, eine aktorische Kaution auferlegt wird (FL OGH 03.03.2005, 6 Cg 2003.188, veröffentlicht in LJZ 2005, 446 mit Hinweisen auf frühere Entscheidungen). Daraus lässt sich aber für den Standpunkt des Beklagten im vorliegenden Fall nichts gewinnen.

In § 57 Abs 1 ZPO wird zunächst allgemein angeordnet, dass ausländische Kläger auf Verlangen des Beklagten für die Prozesskosten Sicherheit zu leisten haben. Eine solche Verpflichtung besteht nicht, wenn dies in Staatsverträgen ausdrücklich vorgesehen ist (§ 57 Abs 1 ZPO), wenn der (ausländische) Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat (§ 57 Abs 2 Z 1 ZPO), wenn die Entscheidung über den Prozesskostenersatz an den obsiegenden Beklagten im Aufenthaltsstaat des Klägers vollstreckt werden kann (§ 57 Abs 2 Z 1a ZPO) und wenn andere, hier von vornherein nicht anzuwendende Ausnahmen nach § 57 Abs 2 Z 2 bis 4 ZPO vorliegen.

Die Bestimmung des § 57 Abs 2 Z 1a ZPO wurde durch die ZVN 1983 eingefügt und löste die als wenig zielführend erachtete Vorgängerbestimmung ab, wonach die Prozesskostensicherheit dann nicht zu erlegen war, wenn auch der Heimatstaat des Klägers Österreichern keine Prozesskostensicherheit auferlegte (Czernich, Die Äusländerprozesskostensicherheit nach § 57 ZPO, ÖJZ 1998, 251 ff insb 254). Die Vollstreckbarkeit inländischer Prozesskostenentscheidungen (zu Gunsten des Beklagten) in einem anderen Staat muss in einem entsprechenden Rechtsakt (völkerrechtlichen Vertrag oder Gemeinschaftsrechtsakt) vorgesehen sein. Zudem muss die Vollstreckung der inländischen Kostenentscheidung im Aufenthaltsstaat des Klägers gesichert sein (Brenn, Europäischer Zivilprozess Rz 209 mwN). Diesen Grundsatz hat im Übrigen auch der EuGH in seiner Entscheidung in der Rechtssache Saldanha, Rs C-122/96, bestätigt.

Beim hier maßgeblichen Vollstreckungsvertrag handelt es sich um das Abkommen vom 05. Juli 1973 zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Schiedssprüchen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden, BGBl. Nr. 114/1975. Nach Art 4 dieses Vollstreckungsabk Österreich-Liechtenstein können die von den Gerichten des einen der beiden Staaten gefällten Entscheidungen, die die in Art 1 vorgesehenen Voraussetzungen erfüllen, im anderen Staat vollstreckt werden, wenn sie im Staat, in dem sie gefällt wurden, vollstreckbar sind. Gemäß Art 1 Abs 2 Vollstreckungsabk Österreich-Liechtenstein ist es für die Anerkennung bzw Vollstreckung ohne Bedeutung, ob die Entscheidung als Urteil, Beschluss, Zahlungsauftrag, Zahlungsbefehl oder sonst wie bezeichnet ist. Es ist gerichtsbekannt, dass österreichische Kostenentscheidungen von liechtensteinischen Gerichten anerkannt und auch vollstreckt werden. Dies wurde vom Beklagten weder in erster Instanz noch im Rekurs in Zweifel gezogen.

Die Rechtslage in Liechtenstein ist gegenüber jener in Österreich insofern anders, als in § 57 der liechtensteinischen ZPO eine dem § 57 Abs 2 Z 1 a öZPO vergleichbare Bestimmung fehlt. Deshalb ist auf der Grundlage österreichischen Zivilprozessrechts die Auferlegung einer Prozesskostensicherheitsleistung an die klagende Partei hier ausgeschlossen, mag auch die innerstaatliche Rechtslage in Liechtenstein zu einer anderen Vorgangweise bei österreichischen Klägern führen.

Die im Rekurs zitierten Entscheidungen 4 Ob 513/80 und 4 Ob 314/81 stützen die Auffassung des Beklagten nicht, weil diese vor der Novellierung es § 57 Abs 2 ZPO durch die ZVN 1983 ergangen sind. Durch die erwähnte Gesetzesänderung wurde aber die vorher bestandene materielle Gegenseitigkeit aufgegeben.

Bei diesem Ergebnis ist es nicht erforderlich, auf das in Art 4 EWR-Abk normierte allgemeine Diskriminierungsverbot aus Gründen der Staatsangehörigkeit zurückzugreifen (vgl dazu ausführlich Schoibl in Fasching/Konecny² II/1 § 57 ZPO Rz 27 ff; Brenn, Europäischer Zivilprozess Rz 211 ff; RIS-Justiz RS0036200, RS0103750; 1 Ob 332/97 y). Deshalb bedarf es auch nicht der im Rekurs angeregten Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens beim EuGH (RIS-Justiz RS0082949). Somit ist dem Rekurs des Beklagten keine Folge zu geben, sodass er gemäß §§ 41, 50 ZPO verpflichtet ist, der klagenden Partei die tarifmäßig verzeichneten Kosten der Rekursbeantwortung zu ersetzen. Das Verfahren über die Bestellung einer Prozesskostensicherheitsleistung ist eine abgesondertes Zwischenverfahren außerhalb des Verfahrens in der Hauptsache. Deshalb ist die Kostenersatzpflicht nicht vom Ergebnis in der Hauptsache abhängig (Schoibl in Fasching/Konecny² II/1 § 59 ZPO Rz 17; RZ 1976/127). Nach der jüngeren Rechtsprechung des OGH ist das Rechtsmittelverfahren über die Auferlegung einer Prozesskostensicherheitsleistung entgegen der Ansicht des Beklagten zweiseitig ausgestaltet (1 Ob 189/02 d, 4 Ob 54/04 a; Oberste Rückstellungskommission beim OGH Rkv 1/01; Schoibl in Fasching/Konecny² II/1 § 59 ZPO Rz 30; aA Kodek, Zur Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens, ÖJZ 2004, 590).

Gemäß § 528 Abs 2 Z 2 1. Halbsatz ZPO ist wegen der Bestätigung des angefochtenen Beschlusses der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig (RIS-Justiz RS0112091, RS0112090, RS0107959).

Landesgericht Feldkirch

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