JudikaturJustiz2R177/02y

2R177/02y – LG Feldkirch Entscheidung

Entscheidung
11. Juni 2002

Kopf

Beschluss

Das Landesgericht Feldkirch als Rekursgericht hat durch den Richter Hofrat Dr. Mähr als Vorsitzenden und die Richter Dr. Müller und Hofrat Dr. Künz als weitere Senatsmitglieder in der Rechtssache der klagenden Partei WOHNUNGSEIGENTÜMERGEMEINSCHAFT *****, vertreten durch Dr. Bertram Grass und Mag. Christoph Dorner, Rechtsanwälte in Bregenz, gegen die beklagte Partei Heinz U*****, vertreten durch Dr. Bernhard Ess und Mag. Daniela Weiss, Rechtsanwälte in Feldkirch, wegen Besitzstörung, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den (End )Beschluss des Bezirksgerichtes Bregenz vom 8.4.2002, 3 C 332/02 d-6, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird keine Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 166,66 (hievon USt EUR 27,78) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Am 21.1.2002 ist der Beklagte mit seinem PKW von der A***** in B***** kommend in die Einfahrt zu den Häusern A***** eingefahren und hat dort auch die aufgestellte Tafel "Bei Nichtbeachtung der Parkordnung erfolgt Besitzstörungsklage" gelesen. Die Tafel war im Einfahrtsbereich an der Hausfront des Hauses A***** angebracht. Im Hause A***** wollte seine mitfahrende Ehegattin ein Rezept des dort ordinierenden Arztes Dr. M***** abholen, weshalb er das Fahrzeug vor dem Gebäude auf einer nicht markierten Parkfläche abgestellt hat. Während seine Ehegattin das Rezept holte - sie benötigte hiefür ca fünf Minuten - blieb der Beklagte in seinem Fahrzeug sitzen. In dieser Zeit kam auch eine Angestellte der Firma ***** GmbH, welche Miteigentümerin des Gebäudes ist und fotographierte das Fahrzeug des Beklagten, ohne diesen aufzufordern, es wegzustellen. Nach der Rückkehr seiner Ehegattin fuhr der Beklagte wieder weg. Die klagende Partei begehrte nun die Erlassung eines konkret angeführten Endbeschlusses mit der wesentlichen Behauptung, dass sie durch das Verhalten des Beklagten in ihrem ruhigen Besitz gestört gewesen sei.

Der Beklagte hat Klagsabweisung beantragt und eingewendet, dass er lediglich ca fünf Minuten sein Fahrzeug abgestellt habe, wobei dieses Abstellen nicht widerrechtlich gewesen sei. Es habe nämlich an einem entsprechenden Hinweis gefehlt.

Außerdem sei die klagende Partei nicht aktiv legitimiert. Dieser Einwand wurde von der klagenden Partei mit dem Hinweis bestritten, dass der Eingriff unmittelbar die gemeinsame Sache betroffen habe und dass es sich um eine Angelegenheit der Verwaltung der Liegenschaft handle. Sie sei daher aktiv legitimiert.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht das Klagebegehren abgewiesen und den bereits wiedergegebenen Sachverhalt festgestellt. Rechtlich vertrat es die Ansicht, dass die klagende Partei zwar aktiv legitimiert sei (die Entscheidung zu MietSlg 50.583 betreffe einen anderen Sachverhalt), dass aber der klagenden Partei kein Nachteil entstanden sei, da der Beklagte das Fahrzeug lediglich fünf Minuten abgestellt gehabt habe.

Diesen Beschluss bekämpft die klagende Partei mit Rekurs. Sie beantragt die Abänderung des Beschlusses dahin, dass der Besitzstörungsklage stattgegeben wird. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragte, dem Rekurs keine Folge zu geben und verzeichnete Kosten von EUR 166,66.

Der Rekurs ist (im Ergebnis) nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Ansicht des Erstgerichtes, dass das Abstellen eines Fahrzeuges während der Dauer von fünf Minuten kein Nachteil und somit keine Besitzstörung begründe, wird vom Rekursgericht nicht geteilt. Wie bereits in der vom Erstgericht zitierten Entscheidung des Landesgerichtes Feldkirch zu 2 R 59/96 h ausgesprochen wurde, liegt ein "Nachteil" beim Abstellen eines Fahrzeuges auf fremdem Grund immer vor, sodass in diesem Falle eine Verhinderung oder Erschwerung der Zufahrt zu den Parkplätzen oder Garagen nicht zu prüfen ist (Hinweis auf Mohr, Zur Störung des Besitzes samt Privatparkplätzen und Hauseinfahrten in ZVR 1988, S 10). Die Frage eines Nachteils hat nur insofern eine Bedeutung, als ohne Vorliegen irgend eines auch möglichen Nachteiles von einer Störung nicht gesprochen werden kann (Kodek, Besitzstörung, S 270).

Eine Störung (ein "Nachteil") wird dann verneint, wenn ein Fahrzeug nur ganz kurzfristig auf fremdem Grund abgestellt wird, da in diesem Falle kein vernünftiger Mensch einen Nachteil empfindet. Ein Zeitraum von etwa fünf Minuten stellt jedoch nicht nur ein ganz kurzfristiger Eingriff in fremden Besitz dar, sondern handelt es sich vielmehr um einen wesentlichen Eingriff im Sinne einer Besitzstörung (vgl aaO, S 271, insb FN 499, S 296 f, MietSlg 27.023, 27.025, Klang² II, 105 f u.v.a.).

Die Ansicht des Rekursgegners, dass das Abstellen seines Fahrzeuges deshalb nicht widerrechtlich gewesen sei, weil kein eigener Hinweis auf eine Besitzstörungsklage angebracht gewesen sei, ist schon deshalb unrichtig, weil für ihn jedenfalls erkennbar war, dass er sein Fahrzeug auf fremdem Grund abstellt (vgl Mohr, aaO, S 10.2.4.). Im Übrigen vertritt Kodek (aaO, insbesonders S 280) die Ansicht, dass für den Begriff der Störung eine bestimmte Bewusstseinslage des Eingreifers nicht erforderlich ist, dass es also nicht davon abhängt, ob der Störer gewusst hat oder schuldhaft nicht wusste, dass er in fremden Besitz eingreift. Maßgebend ist vielmehr, ob dies tatsächlich der Fall war.

Für die Frage, ob der Beklagte eine Besitzstörung zu verantworten hat ist es auch unerheblich, ob er bei entsprechender Aufforderung weggefahren wäre. Den Besitzwillen hat der Beklagte schon dadurch dokumentiert, dass er sein Fahrzeug auf fremdem Grund abgestellt und insofern auf fremden Besitz eingewirkt hat. Abgesehen davon, dass eine Mitarbeiterin eines Miteigentümers weder rechtswirksam eine Einwilligung noch einen Verzicht abgeben könnte, kann weder das eine noch das andere darin erblickt werden, dass der Beklagte nicht aufgefordert wurde, wegzufahren.

Das Rekursgericht kommt daher zur Ansicht, dass grundsätzlich die Voraussetzungen für eine Besitzstörung vorlagen, sodass insofern der Rekurs berechtigt wäre.

Allerdings kommt ihm deshalb keine Berechtigung zu, weil die klagende Partei nicht aktiv legitimiert ist.

Eine allfällige Berichtigung der Parteienbezeichnung (5 Ob 201/00 w bzw RIS-Justiz RS0103216) kommt deshalb nicht in Betracht, weil die klagende Partei eine solche insofern abgelehnt hat, als sie nach wie vor den Standpunkt vertritt, dass sie aktiv legitimiert ist (5 Ob 9/95; immolex 2000 S 339 f).

Zu einer Besitzstörungsklage ist nur derjenige legitimiert, der tatsächlich Besitz erwerben kann. Die Wohnungseigentumsgemeinschaft kann jedoch an einer Liegenschaft oder an den Miteigentumsanteilen keinen Besitz erwerben, da der Besitzerwerb nicht zu den Angelegenheiten der Verwaltung gehört (MietSlg 50.593, 5 Ob 236/98 m). Der Erwerb dinglicher Rechte an einer Liegenschaft stellt grundsätzlich keine Verwaltungshandlung dar (5 Ob 116/01 x, 5 Ob 214/01 h ua). Da auch Besitzrechte dingliche Sachenrechte sind (§ 308 ABGB), handelt es sich beim geltend gemachten Recht nicht um Verwaltungsmaßnahmen im Sinne des § 13 c WEG. Die Aktivlegitimation der Wohnungseigentümergemeinschaft ist jedoch auf Verwaltungsmaßnahmen beschränkt (vgl Prader, Neues zur Wohnungseigentümergemeinschaft in RdW 1999, 644 ff, wonach die Einbringung von Besitzstörungsklagen nicht zum Verwalterbegriff zählt).

So wie die Einbringung einer Eigentumsfreiheitsklage nicht zu den Angelegenheiten der Verwaltung (der Wohnungseigentümergemeinschaft) gehört (5 Ob 230/97 b) ist die Wohnungseigentumsgemeinschaft auch nicht zur Abwehr unzulässiger Immissionen (LG Feldkirch zu 1 R 499/97 h) und auch nicht zur Geltendmachung von Besitzstörungsansprüchen legitimiert (Kodek, aaO S 399; Illedits, Die Wohnungseigentümergemeinschaft in wobl 2000, S 77, Glosse von Call zu 5 Ob 230/97 b in wobl 1998/201).

Das Erstgericht hat daher im Ergebnis zu Recht das Klagebegehren abgewiesen, sodass dem Rekurs ein Erfolg zu versagen war. Der Kostenspruch stützt sich auf §§ 41 und 50 ZPO.

Landesgericht Feldkirch

Rechtssätze
0

Keine verknüpften Rechtssätze zu diesem Paragrafen