JudikaturJustiz2R132/23d

2R132/23d – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
20. September 2023

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch die Richter Mag. Bernhard Telfser als Vorsitzenden sowie Mag. Christine Mayrhofer und Dr. Werner Gratzl in der Rechtssache des Klägers B* , vertreten durch die Summereder Pichler Wächter Rechtsanwälte GmbH in 4060 Leonding, gegen den Beklagten C*, vertreten durch Dr. Haimo Modelhart, Rechtsanwalt in 4020 Linz, wegen EUR 226.989,98 s.A. (hier: wegen Zulassung einer Nebenintervention), über den Rekurs der Beitrittswerber gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 28. Juni 2023, 45 Cg 78/22t-28, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Beitrittswerber haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

begründung:

Text

Der Kläger nimmt den beklagten Steuerberater auf Schadenersatz und Feststellung der Haftung aus einer sorgfaltswidrig durchgeführten Umgründung in Anspruch. Der Beklagte stellte sein Verschulden außer Streit, beantragte die Abweisung der Klage und wendete insbesondere die Verjährung der Ansprüche ein. Mit Schriftsatz vom 29. März 2023 verkündete er Dr. D* -, Dr. E* und Dr. I* den Streit und brachte vor, die ersten Beiden würden ihm als Erben nach dem Notar Dr. E* solidarisch mit dem Notar Dr. I* für den Fall, dass er in diesem Verfahren unterliegen sollte, haften. Er hafte mit diesen Personen gegenüber dem Kläger solidarisch, wenn die Ansprüche des Klägers wegen der fehlerhaften Umgründung und im Zusammenhang mit dem KESt-Schaden berechtigt wären. Aus dem Solidarschuldverhältnis stünde ihm daher ein Regressanspruch zu.

Mit Schriftsatz vom ** erklärten die Beitrittswerber, diesem Rechtsstreit als Nebenintervenienten auf Seiten des Beklagten beizutreten. Der Beklagte habe ihnen den Streit verkündet und sie aufgefordert, dem Verfahren auf seiner Seite beizutreten, und zwar im Wesentlichen mit der Behauptung, er selbst habe als Steuerberater gemeinsam mit dem Notariat Dr. E* die Einbringung der Anteile des Klägers und eines weiteren Gesellschafters an der -L* B* OEG in die M* GmbH gemäß Einbringungsvertrag vom ** durchgeführt, indem er die Einbringungsbilanz, die Kfz-Liste der geleasten Fahrzeuge und die Schlussbilanz erstellt habe, das Notariat hingegen den Gesellschaftsvertrag zur Gründung der GmbH, den Einbringungsvertrag und die Firmenbucheingaben. Für den Fall, dass der Beklagte in diesem Verfahren unterliegen sollte, behaupte er Regressansprüche gegen die Erben des Notars Dr. E* und gegen Notar Dr. I*. Die streitverkündeten Parteien hätten daher ein rechtliches Interesse am Obsiegen des Beklagten, weil ihnen gegenüber im Falle ihres Unterliegens in diesem Verfahren das Bestehen eines Regressanspruchs behauptet werde.

Im Übrigen bestritten sie die Haftung schon deshalb, weil weder Dr. E* noch Dr. I* den Einbringungsvertrag errichtet oder an dessen Errichtung mitgewirkt hätten.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht die Nebenintervention zurück. Zwar sei das Nebeninterventionsinteresse für einen Regresspflichtigen zu bejahen, was insbesondere dann gelte, wenn durch die im Hauptverfahren ausgedehnte Tatbestandswirkung eine tatsächliche Voraussetzung für einen Regressanspruch geschaffen werden könnte, doch müsse der Nebenintervenient einen zu befürchtenden Rückgriff plausibel darstellen und es dürfe die Zulässigkeit der Nebenintervention nicht aus anderen als den vom Nebenintervenienten vorgebrachten Tatsachen abgeleitet werden. Aus den vorgebrachten Tatsachen sei kein rechtliches Interesse abzuleiten, weil sich daraus kein Anhaltspunkt für einen möglichen Regressanspruch ergebe. Ein Verbesserungsversuch sei nicht vorzunehmen, hätten doch die Streitverkündeten gerade ein Tatsachenvorbringen erstattet, aus dem sie selbst ableiteten, dass keine Solidarhaftung und keine Regressbeziehung bestehe. Da die vorgebrachten Tatsachen abstrakt nicht geeignet seien, ein rechtliches Interesse zu begründen, sei die Nebenintervention schon von Amts wegen im Rahmen des Vorprüfungsverfahrens zurückzuweisen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Beitrittswerber offensichtlich aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss in eine Zulassung der Nebenintervention abzuändern.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Beitrittswerber kritisieren, das Erstgericht habe bei seiner Beurteilung das im Streitbeitritt wiedergegebene Vorbringen des Beklagten außer Acht gelassen, nach dem das Notariat den Einbringungsvertrag errichtet habe, sodass ihm Regressansprüche zustehen könnten. Für die Prüfung des rechtlichen Interesses am Streitbeitritt könne die Frage, ob Dr. E* oder Dr. I* an der Errichtung des Einbringungsvertrags beteiligt gewesen seien, dahingestellt bleiben. Deren rechtliches Interesse ergebe sich vielmehr aus der Behauptung des Beklagten, sie hätten daran mitgewirkt, sodass ihm im Fall des Unterliegens im gegenständlichen Verfahren Regressansprüche zustünden. Die denkbaren rechtlichen Schritte in einem drohenden Regressprozess seien vom Nebenintervenienten nicht im Einzelnen konkret darzustellen. Ein rechtliches Interesse sei insbesondere im Fall drohender Regressansprüche in einem Folgeprozess nach dem Prozessverlust der streitverkündenden Partei im Hauptprozess zu bejahen, vor allem dann, wenn dem Beitretenden die Geltendmachung solcher Ansprüche bereits in Aussicht gestellt worden sei. Der Sachverhalt unterscheide sich von jenen, die der OGH in den vom Erstgericht zitierten Entscheidungen 7 Ob 20/07b und 1 Ob 45/15x zu beurteilen gehabt habe. Dort sei das rechtliche Interesse verneint worden, weil selbst unter Zugrundelegung des Vorbringens der jeweils streitverkündenden Partei im Fall ihres Unterliegens ein Regressanspruch gegen die Nebenintervenientin nicht in Betracht gekommen sei. Hier hingegen wäre ein Regress des streitverkündenden Beklagten aber selbst unter Berücksichtigung des von ihm außer Streit gestellten Verschuldens an der missglückten Umgründung gegen den (nach den Behauptungen des Beklagten) Errichter des Umgründungsvertrags gerade nicht ausgeschlossen.

Das Rekursgericht vermag sich dieser Kritik nicht anzuschließen.

Die Zulässigkeit der Nebenintervention darf nicht aus anderen als den von der Nebenintervenientin zum Beitritt vorgebrachten Tatsachen abgeleitet werden (RIS-Justiz RS0035678 [T1]). Nicht zulässig ist es, über die Erklärung des Nebenintervenienten hinausgehende Tatsachen und Rechtsüberlegungen der Entscheidung zugrunde zu legen (3 Ob 7/19d, 3 Ob 197/19w, RS0035678 [T3], 6 Ob 41/21d). Grundlage der vorzunehmenden Prüfung ist daher allein die beim Beitritt gegebene Begründung des Interventionsinteresses der Nebenintervenienten.

Nach ganz gefestigter Judikatur und Lehre gehört die Schlüssigkeit des behaupteten Interventionsinteresses zu den formellen Beitrittsvoraussetzungen. Die bei Einlangen des Beitrittschriftsatzes vom Gericht durchzuführende amtswegige Vorprüfung der Zulässigkeit der Nebenintervention umfasst daher auch die Frage, ob ein Interventionsinteresse schlüssig behauptet wurde (RIS-Justiz RS0111787; 3 Ob 45/11f; 4 Ob 193/09z; uva). Die Nebenintervention ist zurückzuweisen, wenn schon aus dem vorgebrachten Tatsachen kein rechtliches Interesse zu erkennen ist (RIS-Justiz RS0035638 [T6]). In diesem Sinn hat der Beitretende sein rechtliches Interesse iSd § 18 Abs 1 ZPO zu spezifizieren, insbesondere auch dahingehend, dass es am Obsiegen derjenigen Prozesspartei besteht, auf deren Seite der Nebenintervenient beitritt.

Zwar ist bei der Beurteilung, ob die Nebenintervention zulässig ist, kein strenger Maßstab anzulegen und liegt das rechtliche Interesse etwa dann vor, wenn dem Dritten in einem Folgeprozess Regressansprüche als Folge des Prozessverlusts der Partei im Hauptprozess drohen. Das bloße Interesse an einer bestimmten Beweislage berührt demgegenüber nur wirtschaftliche Interessen und rechtfertigt nicht eine Nebenintervention (RIS-Justiz RS0106173 [T2]), RS0035565). Der Nebenintervenient muss nicht die denkbaren rechtlichen Schritte in einem drohenden Regressprozess im Einzelnen konkret darstellen, es reicht aus, wann der Nebenintervenient einen zu befürchtenden Rückgriff plausibel darstellen kann (6 Ob 140/12z). Die bloße Möglichkeit, dass die Entscheidung die Rechtsspähre des Nebenintervenienten berühren könnte, reicht demnach nicht aus. Der Nebenintervenient hat vielmehr sein rechtliches Interesse konkret darzustellen und zu bescheinigen (3 Ob 7/19d; 8 Ob 113/20f).

Die Beitrittswerber haben aber keinen zu befürchtenden Rückgriff dargestellt, sondern lediglich die Behauptung des Beklagten in der Streitverkündung wiederholt und diese Behauptung, die im relevanten Teil bestritten wurde, zur Begründung des rechtlichen Interesses herangezogen. Damit wird ein solches aber nicht plausibel dargelegt. Die bloße, wenngleich zutreffende Behauptung, die streitverkündende Partei habe den Beitrittswerber in der Streitverkündung für den Fall ihres Unterliegens im Hauptverfahren einen Regressanspruch angekündigt , vermag ein Interventionsinteresse noch nicht schlüssig zu begründen, wenn nicht zugleich ein zumindest drohender Rückgriff auch tatsächlich plausibel gemacht wird. Dass eine Verfahrenspartei angekündigt hat, einen Dritten im Falle des Prozessverlustes (regressweise) in Anspruch nehmen zu wollen und ihr den Streit verkündet hat, begründet noch keine Auswirkung der Entscheidung auf die privat- oder öffentlich-rechtlichen Verhältnisse des Dritten, weil damit noch nichts darüber ausgesagt ist, ob dem Dritten auch tatsächlich Regressansprüche drohen. Dies bedeutet entgegen den Rekurswerbern nicht, dass eine Regressbeziehung oder gar ein Regressanspruch vom Beitrittswerber zugestanden werden müsste. Der Beitretende hat aber sein rechtliches Interesse iSd § 18 Abs 1 ZPO zu spezifizieren und genügt dieser Verpflichtung nicht dadurch, dass er erklärt, der Streitverkündende habe erklärt, gegen ihn vorgehen zu wollen. Zu prüfen ist auch nicht die Plausibilität der Streitverkündung (des Regressanspruches anhand der Streitverkündung), sondern der Beitretende hat sein Interventionsinteresse darzustellen, dass freilich darin bestehen kann, dass ihm bestimmte Regressansprüche mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit (plausibel) drohen. Dies unterlassen die Beitrittswerber, indem sie allein auf das Vorbringen des streitverkündenden Beklagten abstellen, ohne selbst darzustellen, dass tatsächlich Regressansprüche drohen könnten (und nicht bloß deren Behauptung). Insoweit unterscheidet sich der Sachverhalt auch von dem der Entscheidung 6 Ob 140/12z zugrundeliegenden: Dort wurden nicht nur Regressansprüche angekündigt, sondern es drohte auch nach dem Vorbringen der Beitrittswerberin die Anfechtung eines von ihr mit der Streitverkündenden abgeschlossenen Vergleichs. Deren Erfolgsaussichten mussten nicht geprüft werden; das Vorbringen, die Anfechtung des Vergleichs drohe, machte das rechtliche Interesse plausibel. Die Begründung der Beitrittswerber hingegen, die lediglich von ihnen bestrittene Behauptungen des Streitverkündenden wiedergibt, reicht daher nicht aus. Damit war dem Rekurs nicht zu folgen und die angefochtene Entscheidung zu bestätigen.

Der Ausspruch über die Rekurskosten gründet auf den §§ 40, 50 Abs 1 ZPO.

Der Revisionsrekurs ist unzulässig nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO.

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