JudikaturJustiz2R125/06g

2R125/06g – LG Feldkirch Entscheidung

Entscheidung
18. Mai 2006

Kopf

Beschluss

Das Landesgericht Feldkirch als Rekursgericht hat durch die Richter des Landesgerichtes Dr. Höfle als Vorsitzenden sowie Dr. Müller und Dr. Flatz als weitere Senatsmitglieder in der Sachwalterschaftssache des Betroffenen H***** über den Rekurs des Sachwalters T***** gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Bregenz vom 23. März 2006, 7 P 137/05 h-16, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluss aufgehoben und die Sachwalterschaftssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Nach Einlangen des psychiatrischen Gutachtens ON 9, in dem die Notwendigkeit der Bestellung eines Sachwalters bejaht wurde, befragte das Erstgericht am 27.1.2006 den Sohn des Betroffenen, T*****, zu den Lebensverhältnissen des Betroffenen (ON 12). In diesem Zusammenhang gab T***** an, wenn es möglich sei, sollte für seinen Vater ein Sachwalter bestellt werden, der nicht aus dem Kreise der Familie sei. Er habe jedenfalls mit dem Betroffenen die größten Schwierigkeiten, wenn er ihn in gewissen finanziellen Angelegenheiten einschränken müsse (AS 55). Der Betroffene wurde am 15.3.2006 befragt. Dabei gab er an, er habe zu seinem Sohn T***** ein gutes Verhältnis. Er sei auch immer wieder bei ihm auf Besuch, insbesonders wegen der beiden Enkelkinder. Er sei damit einverstanden, dass sein Sohn das Amt des Sachwalters für die wesentlichen finanziellen Angelegenheiten, nämlich jene über das monatliche Pensionseinkommen, übernehme, sowie für die Verwaltung des Vermögens (AS 63).

Mit dem angefochtenen Beschluss bestellte das Erstgericht T***** zum Sachwalter für den Betroffenen zur Besorgung der Vertretung in finanziellen Angelegenheiten, die über die des täglichen Lebens hinausgehen, zur Vertretung vor Ämtern, Behörden, Gerichten und Sozialversicherungsträgern sowie zur Verwaltung des Vermögens. Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des bestellten Sachwalters mit dem erkennbaren Antrag auf Abänderung dahin, dass eine andere Person an seiner Stelle zum Sachwalter bestellt werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist im Sinne einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung berechtigt.

Gemäß § 189 Abs 2 ABGB kann eine besonders geeignete Person die Betrauung mit der Obsorge nur ablehnen, wenn ihr diese unzumutbar wäre. Diese Bestimmung ist im Sachwalterrecht gemäß § 282 Abs 1 ABGB entsprechend anzuwenden (7 Ob 323/01 b; 7 Ob 81/02 s; Schauer, NZ 2001, 275 ff, insb 283). Aus § 189 Abs 2 ABGB ist im Zusammenhang mit der Aufhebung der §§ 195, 200, 201 und 203 ABGB und den §§ 187, 188 und 213 ABGB abzuleiten, dass nach der durch das KindRÄG 2001, BGBl I 2000/135, geänderten Rechtslage nicht für jede zur Betrauung mit der Obsorge geeignete andere Person die Verpflichtung zur Übernahme der Obsorge besteht, sondern nur für „besonders geeignete Personen“. Der Begriff „besonders geeignete Person“ ist im Gesetz nicht definiert. In den EB RV 296 BlgNR 21. GP 72 heißt es, niemand solle gegen seinen Willen auch nur mit Teilen der Obsorge betraut werden. Dieser Grundsatz gelte aber dann nicht, wenn für die Übernahme eines bestimmten Teils der Obsorge besondere fachliche Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich seien und die zu betrauende Person Kraft ihrer beruflichen Stellung besonderen berufsrechtlichen Verpflichtungen unterliegt. Nicht definiert ist, welche Personen als „besonders geeignet“ anzusehen sind. Wie § 281 Abs 3 ABGB zeigt, wird sich im Recht der Sachwalterschaft die „besondere Eignung“ regelmäßig in Bezug auf die Art der zu besorgenden Angelegenheiten bestimmen lassen (7 Ob 323/01 b; 7 Ob 81/02 s). Der OGH hat auch schon ausgesprochen, dass etwa ein Rechtsanwalt als Sachwalter nicht nur dann „besonders geeignet“ iSd § 189 Abs 2 ABGB ist, wenn die Bestellungsvoraussetzungen nach § 281 Abs 3 ABGB vorliegen, sondern auch dann, wenn andere Personen für die Funktion des Sachwalters nicht auffindbar oder verfügbar sind (7 Ob 323/01 b; 7 Ob 81/02 s). Gemäß § 281 Abs 1 ABGB ist grundsätzlich einer behinderten Person, wenn ihr Wohl nicht anderes erfordert, eine ihr nahestehende Person zum Sachwalter zu bestellen. Allerdings muss auch diese Person zur Übernahme bereit sein (JBl 2003, 306; 7 Ob 323/01 b; 7 Ob 81/02 s; EF 100.476, 104.565; Hopf in KBB, § 189 Rz 2, § 281 Rz 3; Stabentheiner in Rummel2, ErgBd §§ 188, 189 Rz 1; aA: Weitzenböck in Schwimann, ABGB³ I, § 189 Rz 2).

Im vorliegenden Fall hat der Rekurswerber gegenüber dem Erstgericht am 27.1.2006 wohl Bedenken gegen seine Bestellung geäußert, aber nicht klar zum Ausdruck gebracht, dass er die Übernahme der Sachwalterfunktion ablehne. Aufgrund des Rekursvorbringens hat das Rekursgericht mit dem Rekurswerber Kontakt aufgenommen. Dabei erklärte dieser, dass er unter keinen Umständen bereit sei, sich als Sachwalter bestellen zu lassen. Der Vater sei Alkoholiker und nach wie vor sehr aggressiv. Vor allem, wenn es um Einschränkungen in finanziellen Angelegenheiten gehe, befürchte er sogar Tätlichkeiten des Betroffenen gegenüber ihm und seiner Familie (AS 74). Bei dieser Ausgangslage ist von einer Weigerung des Rekurswerbers auszugehen, sich als Sachwalter für seinen Vater bestellen zu lassen, sodass es auch nicht dem Wohl des Betroffenen entspräche, den Rekurswerber zu zwingen, für seinen Vater tätig zu werden, zumal ein gewisses Vertrauensverhältnis notwendig ist, um eine Sachwalterschaft sinnvoll führen zu können.

Deshalb ist dem Rekurs des bestellten Sachwalters Folge zu geben und der angefochtene Beschluss zur Verfahrensergänzung aufzuheben. Landesgericht Feldkirch

Rechtssätze
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