JudikaturJustiz2Ob729/86

2Ob729/86 – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. Januar 1987

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Pflegschaftssache des Gerhard S***, geboren am 29.August 1967, des mj. Manfred S***, geboren am 13.Juli 1969, und des mj. Walter S***, geboren am 4. August 1974, infolge Revisionsrekurses der ehelichen Mutter Hilde S***, Hausfrau, Schlingerweg 9, 8790 Eisenerz, vertreten durch die Sachwalterin Dr. Sieglinde Lindmayr, Rechtsanwalt in Liezen, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Leoben als Rekursgerichtes vom 5. September 1986, GZ R 657/86-68 womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Liezen vom 27.März 1986, GZ P 32/86-48, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Eltern der Kinder schlossen anläßlich ihrer gemäß § 55 a EheG im Einvernehmen erfolgten Ehescheidung einen gerichtlichen Vergleich, nach dessen (pflegschaftsgerichtlich genehmigtem) Punkt 1. der Mutter die elterlichen Rechte und Pflichten hinsichtlich der drei Kinder allein zustehen. Die Punkte 5. und 6.

des Vergleiches betreffen das den Ehegatten je zur Hälfte gehörende Haus in Krumpental, und zwar wurde dem Mann das Recht eingeräumt, die Liegenschatshälfte der Frau abzulösen, die Frau verpflichtete sich, die Liegenschaft binnen sechs Wochen nach Erhalt des Ablösebetrages zu räumen.

Das Erstgericht wies den Antrag der Mutter, den Punkten 5. und 6. des Vergleiches die pflegschaftsbehördliche Genehmigung zu versagen, mit der Begründung ab, die Rechte der Kinder seien hiedurch nicht unmittelbar betroffen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Mutter keine Folge und bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes mit der Maßgabe, daß der Antrag der Mutter zurückgewiesen wird. Wenn, wie im vorliegenden Fall, durch die Punkte 5. und 6. des Vergleiches, nicht direkt in die Rechtssphäre der Kinder eingegriffen werde, sondern allenfalls mittelbar in ihre Interessenssphäre, bedürfe es keiner Genehmigung des Gerichtes. Die Kinder seien insofern nicht Beteiligte, eine pflegschaftsbehördliche Genehmigung sei nicht erforderlich, der Antrag der Mutter wäre daher zurückzuweisen gewesen. Dies habe das Erstgericht durch die Abweisung des Antrages ohnedies zum Ausdruck gebracht.

Die Mutter bekämpft den Beschluß des Rekursgerichtes, soweit er die beiden noch minderjährigen Kinder Manfred und Walter betrifft, mit Revisionsrekurs. Dieses Rechtsmittel ist jedoch nicht zulässig, weil kein Anfechtungsgrund im Sinne des § 16 AußStrG gegeben ist. Die Mutter macht offenbare Gesetzwidrigkeit geltend, weil die Kinder durch die im Punkt 6. des Vergleichs enthaltene Räumungsverpflichtung der Obdachlosigkeit preisgegeben wären, weshalb das Rekursgericht die Wahrung des Kindeswohles außer acht gelassen habe. Im Schutzbereich des § 187 AußStrG lägen nicht nur mit Minderjährigen abgeschlossene Verträge, sondern auch solche, die zu ihren Lasten - und damit in ihre Interessensphäre eingreifend - geschlossen worden seien.

Rechtliche Beurteilung

Richtig ist zwar, daß nach ständiger Rechtsprechung eine offenbare Gesetzwidrigkeit vorliegt, wenn das Wohl pflegebefohlener Kinder gänzlich außer acht gelassen wurde (EFSlg 44.648 u.v.a.). Das Pflegschaftsgericht hat jedoch keine Möglichkeit, ohne gesetzliche Grundlage aus Gründen des Wohls der minderjährigen Kinder in die Rechte dritter Personen einzugreifen. Die Eltern der Kinder waren berechtigt, über die in ihrem Eigentum stehende Liegenschaft Verfügungen zu treffen. Eine Norm, die dieses Recht im Interesse ihrer minderjährigen Kinder ausdrücklich einschränken würde, besteht nicht. Es ist daher nicht offenbar gesetzwidrig, daß es die Vorinstanzen ablehnten, den Punkten 5. und 6. des Vergleichs eine pflegschaftsbehördliche Genehmigung zu versagen, zumal sich aus § 187 AußStrG nicht ergibt, daß eine derartige Vereinbarung einer pflegschaftsbehördlichen Genehmigung bedürfte.

Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.