JudikaturJustiz2Ob254/23a

2Ob254/23a – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. April 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende sowie die Hofräte MMag. Sloboda, Dr. Thunhart, Dr. Kikinger und die Hofrätin Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*, vertreten durch Gottgeisl Leinsmer Weber Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei T*, Estland, vertreten durch Stadler Völkel Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 92.700 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 15. November 2023, GZ 4 R 193/23v 20, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

I. Der Antrag auf Unterbrechung des Revisionsverfahrens bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs zu A Z Ro 2021/17/0013 wird abgewiesen.

II. Der Antrag, der Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird zurückgewiesen.

III. Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Zu I.:

Rechtliche Beurteilung

[1] Ein Unterbrechungsantrag ist zwar grundsätzlich auch im Revisionsverfahren zulässig (RS0036801), setzt aber Präjudizialität voraus. Der Regelung des § 190 ZPO liegt nämlich ein verfahrensökonomischer Gedanke zugrunde, der darauf abstellt, dass die Entscheidung der präjudiziellen Vorfrage in einem anderen Verfahren als Hauptfrage bei Parteienidentität nach der Rechtskraftlehre Bindungswirkung im Folgeprozess hat (4 Ob 103/20f Pkt I.). Nach ständiger Rechtsprechung umfasst die Bindung der Zivilgerichte an rechtskräftige Bescheide der Verwaltungsbehörden nur den Spruch über den Bescheidgegenstand (7 Ob 188/23g Rz 12 mwN). Nach dem Revisionsvorbringen betrifft das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof einen gegen die Beklagte erlassenen Strafbescheid nach dem GSpG. Die im Verwaltungsverfahren als Hauptfrage zu beurteilende verwaltungsrechtliche Strafbarkeit stellt aber keine Vorfrage im vorliegenden Zivilverfahren dar. Allfällige Überlegung des Verwaltungsgerichtshofs zur Verfassungs- und/oder Unionsrechtskonformität des Konzessionssystems könnten keine Bindungswirkung entfalten. Eine Unterbrechung des Revisionsverfahrens kommt daher schon mangels Präjudizialität der im Verwaltungsverfahren zu beurteilenden Hauptfrage nicht in Frage.

Zu II.:

[2] Die Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung für eine außerordentliche Revision sieht die ZPO nicht vor. Der darauf gerichtete Antrag ist daher zurückzuweisen (1 Ob 195/23t mwN).

Zu III.:

[3] 1. Zur unionsrechtlichen Zulässigkeit eines Glücksspielmonopols sowie der dadurch bewirkten Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit liegt bereits umfangreiche Rechtsprechung des EuGH vor (vgl die Hinweise in 5 Ob 30/21d). Davon ausgehend geht der Oberste Gerichtshof – im Einklang mit der Rechtsprechung der beiden anderen österreichischen Höchstgerichte – in ständiger Judikatur davon aus, dass das österreichische System der Glücksspiel-Konzessionen bei gesamthafter Würdigung sämtlicher damit verbundener Auswirkungen auf dem Glücksspielmarkt allen vom EuGH aufgezeigten Vorgaben des Unionsrechts entspricht ( RS0130636 [T7]) und nicht gegen Unionsrecht verstößt (etwa 7 Ob 198/23b Rz 6). Daran ist festzuhalten. Die Beurteilung des Berufungsgerichts entspricht dieser Rechtsprechung.

[4] 2. Soweit die Revision ihren Ausschluss vom Erwerb einer österreichischen Konzession, einen Verstoß gegen den maltesischen ordre public, eine Verletzung des verfassungsrechtlich gezogenen Regelungsrahmen im Zusammenhang mit der Erlassung des § 14 GSpG , eine Unbestimmtheit der Konzessionsbedingungen, einen Verstoß des österreichischen Konzessionssystems gegen das unionsrechtliche Beihilfenverbot des Art 107 Abs 1 AEUV und einen Missbrauch der marktbeherrschende Stellung durch den Konzessionär behauptet, hat der Oberste Gerichtshof bereits in seiner – ebenfalls die Beklagte betreffenden – Entscheidung 1 Ob 195/23t dargelegt, dass diese Ausführungen nicht geeignet sind, eine Rechtsfrage der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

[5] Die hier auch angezweifelte kompetenzrechtliche Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers zur „Monopolisierungsbefugnis“ in Bezug auf Sportwetten vermag schon deshalb keine entscheidungserhebliche Rechtsfrage aufzuwerfen, weil die Beklagte auch Glücksspiele anbietet und die vom Kläger zurückgeforderten Spielverluste ausschließlich aus solchen resultieren.

[6] 3. Eine neuerliche Befassung des EuGH ist nicht erforderlich, weil die unionsrechtlichen Rechtsgrundsätze hinreichend geklärt sind (1 Ob 195/23t).

Rechtssätze
0

Keine verknüpften Rechtssätze zu diesem Paragrafen