JudikaturJustiz25Bl46/21a

25Bl46/21a – LG für Strafsachen Graz Entscheidung

Entscheidung
13. August 2021

Kopf

Beschluss

Das Landesgericht für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht hat durch die Präs.d.LG Mag. a Caroline List als Vorsitzende und die weiteren Senatsmitglieder VPräs.d.LG HR Dr. Harald Friedrich (BE) und Brigadier Josef Adam, MMsc. in der Maßnahmenvollzugssache des G***** E*****, HNR: *****, über dessen Beschwerde vom 4. Juni 2021 (ON 2) gegen die Entscheidung des Leiters der Justizanstalt ***** vom ***** im Umlaufweg nach § 11 1. Covid-19-JuBG beschlossen:

Spruch

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen .

Text

RECHTSMITTELBELEHRUNG:

Gegen diesen Beschluss kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit an das Oberlandesgericht Wien erhoben werden. Sie ist nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit und Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, insbesondere wenn das Vollzugsgericht von der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung in Strafvollzugssachen abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist. Die Beschwerde ist schriftlich bei dem Gericht einzubringen, dessen Entscheidung bekämpft wird. Die Beschwerde hat den angefochtenen Beschluss zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und die Gründe für die Erhebung der Beschwerde, soweit sie nicht offenkundig sind, darzulegen.

BEGRÜNDUNG:

G***** E***** wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen ***** vom *****, *****, in Verbindung mit dem Urteil des Oberlandesgerichtes ***** vom *****, *****, wegen zweier Vergehen der Verleumdung nach § 297 Absatz 1 erster Fall StGB, eines Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Absatz 1 zweiter Fall StGB, zweier Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Absatz 1 StGB, mehrerer (teils ideell konkurrierender Vergehen) der gefährlichen Drohung nach § 107 Absatz 1 und Absatz 2 StGB sowie eines Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Absatz 1 StGB zu der Freiheitsstrafe von ***** und ***** verurteilt und gemäß § 21 Absatz 2 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Unter einem wurde mit Beschluss die zu ***** des Landesgerichtes für Strafsachen ***** am ***** ausgesprochene bedingte Entlassung aus dem Vollzug der zu ***** und ***** des Landesgerichtes für Strafsachen ***** verhängten Freiheitsstrafen (Strafrest: *****) widerrufen. Die daraus resultierende (Gesamt-)Strafzeit war am ***** durch Anrechnung des Maßnahmenvollzuges verbüßt (§ 24 Absatz 1 StGB). Seitdem stellt die Maßnahme, die derzeit in der Justizanstalt ***** vollzogen wird, den alleinigen Grund der Freiheitsentziehung dar.

Zuletzt wurde mit Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen ***** vom *****, *****, in Verbindung mit dem Beschluss des Oberlandesgerichtes ***** vom *****, *****, (implizit) ausgesprochen, dass die Unterbringung des G***** E***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 2 StGB weiterhin notwendig ist. Begründend führte das Oberlandesgericht aus, dass bei G***** E***** weiterhin eine geistige bzw. seelische Abartigkeit höheren Grades, und zwar eine schwere paranoide Persönlichkeitsstörung vorliegt, wobei nach Aufführung und Entwicklung des G***** E***** in der Anstalt, nach seiner Person, seinem Zustand und der Art der Tat nach wie vor mit hoher Wahrscheinlichkeit zu befürchten ist, dass er sonst unter dem Einfluss seiner geistigen oder seelischen Abartigkeit höheren Grades neuerlich Delikte, die den Anlassdelikten äquivalent sind, begeht und die Gefährlichkeit, gegen die sich die Maßnahme richtet, auch während der bisherigen Anhaltung im Maßnahmenvollzug noch nicht ausreichend gemindert worden ist (Strafregisterauskunft, IVV-Vollzugsinformation, Urteile des Landesgerichtes für Strafsachen ***** vom *****, *****, und des Oberlandesgerichts ***** vom *****, *****, Beschlüsse des Landesgerichtes für Strafsachen ***** vom *****, *****, und des Oberlandesgerichtes ***** vom *****, *****).

Am ***** stellte G***** E***** das Ansuchen ihm für nicht näher bezeichnete amtliche Zwecke drei Kopien des „Fristen/Postbuches vom *****“ auszufolgen und jeweils drei Kopien der unter einem vorgelegten Schriftstücke „Schriftsatz an Handelsgericht ***** *****“ und „Schriftsatz ***** *****“ sowie „RIS 92/03/0157 und *****“ zu erstellen. Mit der dem Leiter der Justizanstalt ***** zuzurechnenden Entscheidung vom ***** wurde die Herstellung von Kopien des Fristen/Postbuches auf Eigenkosten genehmigt, hingegen die Erstellung von Kopien der von G***** E***** vorgelegten Schriftstücke „Schriftsatz an Handelsgericht ***** *****, Schriftsatz ***** *****, RIS 92/03/0157“ unter Verweis darauf, dass diese Schriftstücke ohnedies dem Ansuchen beiliegen würden, Akteneinsicht gewährleistet sei und keine personellen Ressourcen vorhanden seien, abgelehnt. Hinsichtlich der Entscheidung ***** wurden zwei Kopien ausgefolgt. Diese Entscheidung wurde G***** E***** am ***** kundgemacht. Erkennbar gegen den abweisenden Teil dieser Entscheidung richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des G***** E***** vom ***** (ON 2), worin er einen Verstoß gegen § 52 Absatz 1 StPO behauptet und weiters die Qualität der Kopien des Fristen/Postbuches sowie seine Verpflichtung zum Kostenersatz kritisiert.

Mit seiner dem Beschwerdeführer zur allfälligen Gegenäußerung zugestellten Stellungnahme vom ***** (ON 6) verweist der Leiter der Justizanstalt ***** darauf, dass ein Recht auf Ausfolgung von Kopien nur in dem Umfang bestünde, als gemäß § 17 AVG ein Recht auf Akteneinsicht zukommen würde. Aus der Tatsache, dass die zu kopierenden Schriftstücke dem Ansuchen beigelegt worden seien, ergebe sich, dass dem Recht auf Einsicht bereits Rechnung getragen worden sei. Darüber hinaus würde es sich bei den beantragten Kopien von Schriftsätzen des Handelsgerichtes ***** und des Ausdruckes aus dem Rechtsinformationssystem des Bundes nicht um Aktenteile eines konkreten Verwaltungsverfahrens der Vollzugsbehörde handeln. Die Verpflichtung zum Ersatz der Kosten von Kopien ergebe ich aus § 17 Absatz 1 AVG, wobei eine sinngemäße Anwendung des § 92 Absatz 3 StVG nicht in Betracht kommen würde. Schließlich entspreche die Bildqualität der hergestellten Kopien den technischen Möglichkeiten. Die Herstellung von weiteren Kopien außerhalb des Rahmens der Akteneinsicht käme auf Grund der fehlenden Personalresourcen nicht in Betracht.

In seiner Gegenäußerung vom ***** (ON 8) bewertet der Beschwerdeführer die Ausführungen des Leiters der Justizanstalt ***** als reine Schutzbehauptungen und erblickt in fehlenden Personalresourcen keine Rechtfertigung für die Verweigerung von Kopien.

Rechtliche Beurteilung

Ausgehend von dem unstrittigen Sachverhalt, wonach mit der dem Leiter der Justizanstalt ***** zuzurechnenden Entscheidung vom ***** die Herstellung von jeweils drei Vervielfältigungen von vom Beschwerdeführer vorgelegten Schriftstücke und eines Ausdruckes aus dem Rechtsinformationssystem des Bundes abgelehnt wurde, ist rechtlich auszuführen, dass die §§ 120f StVG Strafgefangenen ein subjektiv-öffentliches Recht auf Beschwerde bei Behauptung der Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte gewähren. Gemäß § 167 Abs 1 StVG gilt dies mit den in §§ 164ff StVG genannten Abweichungen auch für gemäß § 21 Abs 1 und 2 StGB Untergebrachte. Zur Durchsetzung subjektiv-öffentlicher Rechte kann im Wege des gerichtlichen Beschwerdeverfahrens nach § 16 Abs 3 StVG das Vollzugsgericht am Sitz des Oberlandesgerichtes angerufen werden. Dieses trifft eine Entscheidungspflicht hinsichtlich Beschwerden über Verletzung subjektiver Rechte durch Entscheidungen oder Anordnungen eines Anstaltsleiters (Z 1), Verletzung subjektiver Rechte durch ein Verhalten des Anstaltsleiters (Z 2) und Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Anstaltsleiter (Z 3) [ Drexler/Weger , StVG 4 § 120 Rz 1 und 6f]. Über Beschwerden gegen Strafvollzugsbedienstete und deren Anordnungen hat der Anstaltsleiter zu entscheiden. Durch die Bestimmung des § 121a Abs 1 StVG erfährt die Zulässigkeit des gerichtlichen Beschwerdeverfahrens aber eine Einschränkung. Demnach ist zur Erhebung von Beschwerden im Sinne der § 120f StVG nur berechtigt, wer behauptet, in einem subjektiven Recht verletzt zu sein, das sich aus dem StVG ableitet.

§ 17 AVG, der vom Vollzugsgericht gemäß § 17 Absatz 2 StVG sinngemäß anzuwenden ist, gewährt Strafgefangenen und gemäß § 167 Absatz 1 StVG auch nach § 21 StGB Untergebrachten das subjektiv-öffentliche Recht, im Zuge eines konkreten Verwaltungsverfahrens in die ihre Sache betreffenden Akten Einsicht zu nehmen. Damit verbunden ist gemäß § 17 Absatz 1 AVG das Recht, sich von diesen Akten oder Aktenteilen an Ort und Stelle Abschriften selbst anzufertigen oder auf eigene Kosten Kopien oder Ausdrücke erstellen zu lassen. Soweit nunmehr der Beschwerdeführer bereits in seinen Händen befindliche Schriftstücke zur Vervielfältigung vorlegte, wurde somit erkennbar seinem Recht auf Einsicht in diese Aktenteile bzw Herstellung von Kopien bereits Rechnung getragen. Ein darüber hinausgehendes subjektiv-öffentliches Recht, von im Zuge der Akteneinsicht ausgefolgten Aktenkopien oder von in keinem Zusammenhang mit einer Akteneinsicht stehenden Schriftstücken Vervielfältigungen durch die Justizanstalt herstellen zu lassen, lässt sich dem Strafvollzugsgesetz nicht entnehmen. In diesem Sinn sieht auch der Erlass BMJ-VD50105/0001-VD5/2009 unter Punkt IX.2. vor, dass die Herstellung jeder einzelnen Kopie im Ermessen des Anstaltsleiters liegt, sofern nicht § 17 Absatz 1 AVG (Recht der Partei auf Herstellung von Aktenkopien) zum Tragen kommt. Um den Verwaltungsaufwand möglichst gering zu halten, ist hiebei nach diesem Erlass darauf zu achten, dass von den Insassen nur Ablichtungen im unbedingt erforderlichen Ausmaß hergestellt werden. Darüber hinaus findet jedes Strafgefangenen eingeräumte subjektiv-öffentliche Recht seine Grenze in der mit dem Strafvollzug wesensnotwendig verbundenen Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in den Anstalten ( Drexler/Weger , StVG 4 § 20 Rz 9). In diesem Sinne ist es aber auch durchaus gerechtfertigt, dass die Justizanstalt die Herstellung von Vervielfältigungen außerhalb des Rahmens der Akteneinsicht von den vorhandenen personellen Ressourcen abhängig macht. Dies auch im Interesse der gleichmäßigen Behandlung von anderen Strafgefangenen mit ihren Ersuchen um Vervielfältigungen. Dass der Beschwerdeführer die Ressourcen der Justizanstalt ***** übermäßig in Anspruch nimmt, ergibt sich nicht nur aus dem gegenständlichen Akt, sondern auch aus seinen von seiner paranoiden Persönlichkeitsstörung mit querulatorischen Zügen geprägten zahlreichen überwiegend redundanten Beschwerden (*****, *****, *****, *****, *****, *****, ***** u.a., je des Landesgerichtes für Strafsachen *****). In diesem Sinne weist auch eine Vj-Namensabfrage für den Beschwerdeführer ***** Gerichtsverfahren aus. Zutreffend hat daher der Leiter der Justizanstalt ***** nach seinem begründeten, vergeblichen Ersuchen vom ***** (*****), wonach der Beschwerdeführer das Ausmaß seiner Kopieersuchen reduzieren möge, diesem nunmehr nicht mehr entsprochen.

Dem Strafvollzugsgesetz lässt sich aber auch kein subjektiv-öffentliches Recht auf allerhöchste Bildqualität von Kopien entnehmen, sondern ist diese durch die technischen Möglichkeiten beschränkt. Erfahrungsgemäß weisen Kopien von gebundenen Werken eine schlechtere Qualität als jene von losen Blättern auf. Wenn nunmehr diesem Umstand dadurch Rechnung getragen wurde, dass das gebundene Fristenbuch abfotografiert und die Fotos ausgedruckt wurden, kann der Justizanstalt ***** besonderes Bemühen um qualitätsvolle Vervielfältigungen attestiert werden. Schließlich verpflichtet die allein maßgebliche Bestimmung des § 17 Absatz 1 AVG schon nach dem ausdrücklichen Wortlaut den Beschwerdeführer zum Ersatz der Kopierkosten. Daran vermag die vom Beschwerdeführer genannte Bestimmung des § 92 Absatz 3 StVG betreffend die Bestreitung von Postgebühren keine Änderung zu bewirken.

Mangels Verletzung in einem subjektiv-öffentlichen Recht war daher die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.

Rechtssätze
0

Keine verknüpften Rechtssätze zu diesem Paragrafen