JudikaturJustiz22R159/23x

22R159/23x – LG Korneuburg Entscheidung

Entscheidung
05. September 2023

Kopf

Im Namen der Republik

Das

Landesgericht Korneuburg

als Berufungsgericht hat durch die Richter Mag. Iglseder als Vorsitzenden sowie Mag. Jarec, LL.M. und Mag. Mühleder in der Rechtssache der klagenden Partei G***** P***** , vertreten durch Skribe Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei A***** A***** AG , vertreten durch Brenner Klemm, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 250,-- s.A. infolge Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Schwechat vom 24.04.2023, 27 C 201/22v-9, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 211,63 (darin EUR 35,27 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung binnen 14 Tagen zu Handen der Klagevertreterin zu ersetzen.

Die Revision ist jedenfalls unzulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger verfügte über eine bestätigte Buchung für die von der Beklagten durchzuführenden Flüge OS 569 am 14.03.2022 von Wien nach Zürich und

– OS 474 ab Basel 22.03.2022, 19:45 Uhr, an Wien 22.03.2022, 21:10 Uhr.

Am 10.03.2022 annullierte die Beklagte den Flug OS 474 und buchte den Kläger zunächst auf den Flug OS 474 von Basel nach Wien am Folgetag um. Der Kläger begab sich am 14.03.2022 zu einem Schalter der Beklagten und ersuchte, seinen Rückflug nach Wien auf den Flug OS 566 von Zürich nach Wien am 22.03.2022 mit dem geplanten Zeiten 19:45 Uhr bis 21:15 Uhr umzubuchen. Er erreichte sein Endziel am 22.03.2022 um 21:15 Uhr. Eine Ersatzbeförderung für die Strecke Basel – Zürich bot die Beklagte dem Kläger nicht an. Die Entfernung zwischen Start- und Zielflughafen beträgt nicht mehr als 1.500 km.

Mit der beim Erstgericht am 19.07.2022 eingebrachten Klage begehrte der Kläger den Zuspruch von EUR 250,-- samt 4 % Zinsen zuletzt ab 26.07.2022 und brachte vor, er sei am 10.03.2022 mittels E-Mail informiert worden, dass der Flug gestrichen worden sei. Er sei nicht auf eigenen Wunsch hin umgebucht worden. Der Abflug des Ersatzfluges sei ab Zürich gewesen, weshalb diesem zwangsläufig ein Transport von Basel nach Zürich vorangegangen sei. Er habe den Zug um 16:43 Uhr von Basel nach Zürich genommen, sohin mehr als drei Stunden vor der geplanten Abflugzeit. Der nach dem Vorbringen der Beklagten angebotene Ersatzflug für den nächsten Tag liege außerhalb der Zeitgrenzen des Art 5 Abs 1 lit c EU-FluggastVO. Ihm stehe ein Anspruch auf Ausgleichsleistung nach Art 5 iVm Art 7 Abs 2 (richtig: Abs 1) EU-FluggastVO von EUR 250,-- zu.

Die Beklagte stellte den Beginn des Zinsenlaufes außer Streit, bestritt im Übrigen dem Grund und der Höhe nach, beantragte die Abweisung der Klage und brachte vor, sie habe den Kläger vorerst auf die nächstmögliche gleichwertige Verbindung, nämlich OS 474 von Basel nach Wien am 23.03.2022, umgebucht. Der Kläger sei über eigenen Wunsch am 14.03.2022 auf den Flug OS 566 von Zürich nach Wien am 22.03.2022 umgebucht worden. Es liege keine anspruchsbegründende Verspätung am Endziel vor; der Kläger habe sein Endziel Wien um 21:10 Uhr erreicht, wie er es auch mit dem ursprünglich gebuchten Flug OS 474 am 22.03.2022 getan hätte. Der Ersatzflug sei nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abgeflogen und nicht mehr als zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit angekommen. Nach Art 5 Abs 1 lit c Nr iii EU-FluggastVO stehe kein Anspruch auf Ausgleichsleistung zu.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht den Klagebegehren statt und folgerte aus dem unstrittigen Sachverhalt, das nach Art 5 Abs 1 lit c iVm Art 7 Abs 1 lit a EU-FluggastVO bei Annullierung eines Fluges über eine Entfernung von 1.500 km oder weniger eine Ausgleichszahlung von EUR 250,-- gebühre. Diese müsse nach Art 5 Abs 1 lit c EU-FluggastVO dann nicht erbracht werden, wenn das ausführende Luftfahrtunternehmen […] über die Annullierung weniger als sieben Tage vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichte, und die Fluggäste ein Angebot zur anderweitigen Beförderung erhalten, das es ihnen ermögliche, nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen. Die von der Beklagten zunächst angebotene Ersatzbeförderung mit dem Flug OS 474 von Basel nach Wien am Folgetag liege unstrittig außerhalb des in dieser Bestimmung genannten Zeitfensters. Die über Ersuchen des Klägers erfolgte neuerliche Umbuchung auf den Flug OS 566 stelle keine anderweitige Beförderung dar, weil der Flug von einem anderen als dem gebuchten Startflughafen erfolgt sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten aus den Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass das Klagebegehren abgewiesen werde, hilfsweise wird ein Auf- hebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Das Erstgericht hat zutreffend erkannt (§ 500a ZPO), dass die Beklagte dem Kläger nach der Annullierung keine dem Art 5 Abs 1 lit c Nr iii EU-FluggastVO entsprechende Ersatzbeförderung angeboten hat.

Im vorliegenden Fall ist allein die Umbuchung im Sinne einer Ersatzbeförderung nach Art 5 Abs 1 lit c Nr iii EU-FluggastVO gegenständlich. Die von der Berufungswerberin vorgenommene Berufung auf diese allfällige Zustimmung des Klägers zur Umbuchung ist nur vor dem Hintergrund des Art 8 Abs 1 lit c EU-FluggastVO von Bedeutung. Diese Norm behandelt aber den Anspruch des Fluggastes auf eine (näher umschriebene) Unterstützungsleistung; hingegen regelt die hier anzuwendende Norm eine den Anspruch auf Ausgleichsleistung vernichtende Obliegenheit. Diese beiden unterschiedlichen Normen mögen zwar jeweils als „Umbuchung“ bezeichnet werden, sehen aber völlig unterschiedliche Rechtsfolgen vor. Schließlich ist der Begriff der Umbuchung, verstanden als eine der zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung der unerwünschten Folgen der Annullierung (bzw einer großen Verspätung) für den einzelnen Fluggast (RKO0000014; RKO0000041; RKO0000015), von den in der VO geregelten Ersatzbeförderungen abzugrenzen.

Die zunächst angebotene Ersatzbeförderung lag außerhalb der zeitlichen Schranken im Sinne der genannten Bestimmung der Verordnung, dies wird von der Berufungswerberin auch nicht in Frage gestellt. Die sodann (auf wessen Wunsch auch immer) angebotene Ersatzbeförderung mit dem Flug OS 566 von Zürich nach Wien lag zwar innerhalb der oben geschilderten zeitlichen Anforderungen der Entlastung vom Ausgleichsanspruch, beförderte den Kläger jedoch nicht von der ursprünglichen gebuchten Strecke von Basel nach Wien, sondern von Zürich nach Wien. Wie der erkennende Senat bereits mehrfach ausgesprochen hat, ist an die Ersatzbeförderung die Anforderung zu stellen, dass der selbe Abflugort und der selbe Ankunftsort wie der annullierte Flug vorliegt (RKO0000051). Dass die zweite angebotene Ersatzbeförderung mit Zustimmung des Fluggastes oder über sein Betreiben angeboten wurde, ändert nichts daran, dass die Beförderung auf einer anderen Flugstrecke vorgenommen wurde und somit keine Ersatzbeförderung nach Art 5 Abs 1 lit c Nr iii EU-FluggastVO darstellt.

Der unbegründeten Berufung war der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.

Die Revision ist nach § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig.

Rechtssätze
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