JudikaturJustiz22R117/98g

22R117/98g – LG Wels Entscheidung

Entscheidung
08. April 1998

Kopf

Das Landesgericht Wels als Rekursgericht hat durch die Richter Dr. Sackmaier als Vorsitzenden sowie Dr. Pramendorfer und Dr. Lengauer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei G***** P*****, Kauffrau, *****, vertreten durch *****, Rechtsanwälte in 4050 Traun, *****, wider die verpflichtete Partei M***** S*****, Kaufmann, ***** vertreten durch *****, Rechtsanwalt in 4614 Marchtrenk, *****, wegen S 150.000,-- s.N. (hier: wegen Kosten von S 5.054,40), über den Rekurs (ON 7) der betreibenden Partei gegen die Kostenentscheidung im Beschluß des Bezirksgerichtes Wels vom 4.3.1998, 12 E 5897/97z-6, den

Spruch

B e s c h l u ß

gefaßt:

Dem Rekurs wird dahin Folge gegeben, daß die Aberkennung der der betreibenden Partei mit Beschluß vom 27.11.1997 (ON 2) bestimmten Kosten ihres Exekutionsantrages (von S 5.054,40) ersatzlos zu entfallen hat.

Die verpflichtete Partei ist schuldig, der betreibenden Partei binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution die mit S 1.626,24 (darin S 271,04 USt) bestimmten Rekurskosten zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist gemäß §§ 78 EO, 528 Abs. 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Mit Beschluß vom 27.11.1997 (ON 2) bewilligte das Erstgericht der betreibenden Partei zur Hereinbringung von S 150.000,-- s.N. aufgrund des (vollstreckbaren) Versäumungsurteiles des LG Wels vom 23.9.1997, 2 Cg 184/97d-2, die Fahrnisexekution und bestimmte ihr die Kosten ihres Exekutionsantrages (ON 1) mit S 5.054,40.

Aufgrund eines am 2.2.1998 gestellten Antrages bewilligte das Titelgericht der beklagten Partei die Wiedereinstzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung des Widerspruches gegen das o.a. Versäumungsurteil und hob die dem Versäumungsurteil (am 27.10.1997) erteilte Bestätigung der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit auf (LG Wels 2 Cg 184/97d-4).

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluß stellte das BG Wels (als Exekutionsgericht) das gegen den Verpflichteten (zu 12 E 5897/97) anhängige Exekutionsverfahren gemäß § 39 Abs. 1 Z 9 EO (unter Aufhebung aller bereits vollzogener Exekutionsakte) ein und sprach (gemäß § 75 EO) aus, daß der betreibenden Partei die ihr (zu ON 2) bereits bestimmten Exekutionskosten (ihres Exekutionsantrages) aberkannt würden.

Gegen diese Kostenaberkennung (gemäß § 75 EO) richtet sich der rechtzeitige Rekurs der betreibenden Partei mit dem Antrag auf Abänderung dahin, den angefochtenen Beschluß in Ansehung seiner Entscheidung hierüber ersatzlos zu beheben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Die Rekurswerberin führt im wesentlichen ins Treffen, daß dem Verpflichteten (als Wiedereinsetzungswerber) gemäß § 154 ZPO der Ersatz der Kosten des gesamten - infolge der bewilligten Wiedereinsetzung unwirksam geworden - Exekutionsverfahrens aufzuerlegen gewesen wäre. Diese Kosten (von S 5.054,40) habe die betreibende Partei auch bei sorgfältigstem Vorgehen nicht vermeiden können und sei deren Auflaufen ausschließlich auf Umstände in der Sphäre des Verpflichteten zurückzuführen. Die Belastung der betreibenden Partei mit den - infolge der bewilligten Wiedereinsetzung - aufgelaufenen Kosten des Exekutionsverfahrens sei aus diesen Gründen nicht gerechtfertigt.

Seitens des erkennenden Senates ist hiezu folgendes auszuführen:

Stellt sich infolge der Entscheidung über eine Klage nach § 35 oder 36 EO oder infolge eines Antrages auf Einstellung der Exekution im Sinne des § 39 Abs. 1 Z 1 oder 9 EO heraus, daß die Exekution auf einer anfechtbaren Grundlage geführt wird, so ist mit einer nach den angegebenen Bestimmungen ergehenden Entscheidung außer der Einstellung der Exekution die weitere Folge verbunden, daß der betreibende Gläubiger aller Kosten des eingestellten Exekutionsverfahrens ohne Rücksicht darauf, daß sie bereits rechtskräftig zugesprochen sind, verlustig geht (vgl. Heller-Berger-Stix Seite 751; EvBl. 1974/288; RPflSlgE 1980/131 und 149; MietSlg. 47.730; RPflSlgE 1995 Nr. 33 mwN).

Nach dem Wortlaut des § 75 EO führt die Einstellung der Exekution nach § 39 Abs. 1 Z 1, 9 EO daher jedenfalls zum Verlust des Kostenersatzanspruches des betreibenden Gläubigers, ohne daß es einer Prüfung bedürfte, ob der betreibende Gläubiger bei Stellung des Exekutionsantrages oder bei Beginn des Exekutionsvollzuges die zur Einstellung nach den genannten Gesetzesstellen führenden Gründen kannte oder kennen mußte. Lediglich bei einer Einstellung aus anderen, als den im § 75 EO taxativ aufgezählten Gründen ist für die Frage eines allfälligen Kostenersatzanspruches des betreibenden Gläubigers nach dem Wortlaut des § 75 EO auf die Frage abzustellen, ob der betreibende Gläubiger die zur Einstellung führenden Gründe aus seinem Verschulden mißachtete.

Nach § 75 EO tritt der Verlust des Kostenersatzanspruches im Falle der Eisntellung der Exekution nach § 39 Abs. 1 Z 1 EO auch bei Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein.

Diese Rechtsansicht ist in der Rechtsprechung herrschend (vgl. OLG Wien, 17 R 241/87 = Redok 12736; LGZ Wien MietSlg. 47.730, LG Linz zu RPflSlgE 1995 Nr. 33 und Redok 4321; LG Salzburg in RPflSlgE 1992/143 u. a.) und wurde zuletzt auch vom OGH (zu 3 Ob 47/93 in JBl. 1994, 480) geteilt.

In der Lehre ist die herrschende Ansicht zum Verlust des Kostenersatzanspruches der betreibenden Partei (bzw. sogar zu deren Kostenersatzpflicht für die Kosten eines Einstellungsantrages nach § 39 Abs. 1 Z 1 oder 9 EO - vgl. RPflSlgE 1991/23; 1988/90; 1979/160 und 174 u.a.) für den Fall der Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf Kritik gestoßen: Im Anschluß an Rechberger (vgl. Beiträge zum Zivilprozeßrecht IV., 1991 Seite 51 ff) haben M.Bydlinski (in: Kostenersatz im Zivilprozeß Seite 344) und Oberhammer (in WoBl. 1993 Seite 129 ff) die Ansicht vertreten, es sei unbillig, der betreibenden Partei ihren Kostenersatzanspruch abzuerkennen, wenn die Einstellung der Exekution aufgrund einer - alleine in der Sphäre der Verpflichteten liegenden - Versäumnis, die durch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beseitigt werde, beruhe. Auch Gitschthaler vertritt (in Rechberger, Kommentar zur ZPO, § 154 Anm. 4 mwN) die Ansicht, daß im Falle der Exekutionsführung aufgrund eines infolge einer Versäumung entstandenen und/oder rechtskräftig gewordenen Exekutionstitels bei Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand das Exekutionsverfahren zwar nach § 39 Abs. 1 Z 1 EO einzustellen sei, daß die Kostentitel des Gegners hiebei jedoch aufrecht bleiben würden. Zu diesem Ergebnis gelange man, weil a) aufgrund einer teleologischen Interpretation des § 75 EO, wonach diese Bestimmung bei bewilligter Wiedereinsetzung unanwendbar sei, oder b) nach § 78 EO eine direkte Anwendung des § 154 ZPO im Exekutionsverfahren stattfinde, zu welchem Ergebnis man c) auch aufgrund einer schadenersatzrechtlichen Betrachtungsweise komme.

Der erkennende Senat schließt sich - unter ausdrücklicher Abstandnahme von der bisher herrschenden, auch von ihm selbst vertretenen (vgl. z.B. hg. 22 R 47/95 u.a.) Rechtsprechung der neueren Lehre an und vertritt nunmehr den Standpunkt, daß die Einstellung des Exekutionsverfahrens nach § 39 Abs. 1 Z 1 EO infolge Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zum Verlust der bereits (im Exekutionsverfahren) geschaffenen Kostentitel des Gegners des Wiedereinsetzungswerbers führt, weil § 78 EO die allgemeinen Bestimmungen der Zivilprozeßordnung über das Verfahren (das sind die §§ 74 bis 170 ZPO) übernimmt und § 75 EO für den Fall der Einstellung der Exekution (nach § 39 Abs. 1 Z 1 bzw. Z 9 EO) infolge Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nichts anderes regelt. Selbst wenn § 58 Abs. 2 EO eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumnis einer Frist oder einer Tagsatzung - von den in § 58 Abs. 2 genannten Ausnahmen abgesehen - ausschließt, muß § 154 ZPO - betreffend den Ersatz der Kosten des infolge der Wiedereinsetzung unwirksam gewordenen Verfahrens durch den Wiedereinsetzungswerber - auch im Exekutionsverfahren angewendet werden, weil § 78 EO diese (an sich speziellere) Bestimmung übernimmt und § 75 EO ihr nicht entgegensteht. § 75 EO schließt daher die Anwendung des § 154 ZPO auf das Exekutionsverfahren (entgegen OLG Wien in 17 R 241/87 = Redok 12.736) nicht aus.

Der neueren Lehre (vgl. auch Fink, Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Zivilprozeßrecht, 1994, Seite 202) ist auch darin zuzustimmen, daß § 75 EO auch die Wertung des Gesetzgebers enthält, daß der betreibende Gläubiger seines Kostenersatzanspruches verlustig gehen solle, wenn er schon bei der Stellung seines Antrages auf Exekutionsbewilligung oder bei Beginn des Exekutionsvollzuges damit rechnen hätte müssen, daß die Exekution aus bestimmten Gründen wieder zur Einstellung kommen werde (vgl. Heller-Berger-Stix aaO, Seite 752). Diese Wertung stünde im krassen Gegensatz zu einer Aberkennung von Exekutionskosten aufgrund von Umständen, die alleine der Sphäre des Wiedereinsetzungswerbers (als Verpflichtetem) zuzuordnen sind. Auch dies läßt darauf schließen, daß § 75 EO den Fall der Aufhebung eines Exekutionstitels wegen der Bewilligung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht regelt, sodaß insoweit (infolge der Bestimmung des § 78 EO) § 154 ZPO anzuwenden ist.

In Stattgabe des Rekurses war daher der Ausspruch des Erstgerichts betreffend die Aufhebung der der betreibenden Partei zuerkannten Kosten ihres Exekutionsantrages (von S 5.054,40) ersatzlos zu beheben.

Die Entscheidung über die Rekurskosten gründet sich auf §§ 78 EO, 50, 41 ZPO. Entsprechend dem Rekursinteresse der betreibenden Partei waren der verpflichteten Partei daher deren Rekurskosten (nach TP 3a RAT auf der Basis von S 5.054,40) zum Ersatz aufzuerlegen..

Diese Kosten betragen tarifmäßig (inklusive S 271,04 USt) S 1.626,24.

Ein weiterer Rechtszug war gemäß §§ 78 EO, 528 Abs. 2 Z 3 ZPO jedenfalls ausgeschlossen, weil es sich um eine Entscheidung im Kostenpunkte handelte.

Landesgericht Wels, Abt. 22,

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