JudikaturJustiz22Bs314/23x

22Bs314/23x – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
06. Februar 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A* wegen §§ 127, 129 Abs 1 Z 3 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Berufung der Staatsanwaltschaft Wien wegen Nichtigkeit und Strafe gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 12. Juli 2023, GZ 34 Hv 12/23s-29.2, nach der am 6. Februar 2024 unter dem Vorsitz der Senatspräsidentin Mag. Mathes, im Beisein der Richter Mag. Hahn und Mag. Gruber als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Mag. Wallenschewski sowie in Anwesenheit des Angeklagten und seines Verteidigers Mag. Witt durchgeführten Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wegen Nichtigkeit wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung der Tat unter die §§ 127, 129 Abs 1 Z 3 StGB sowie im Ausspruch, keine Zusatzstrafe zu verhängen, aufgehoben und in der Sache selbst erkannt:

Der Angeklagte hat das Vergehen des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs nach § 148a Abs 1 und Abs 3 StGB begangen und wird hiefür gemäß § 31 Abs 1 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 17. Februar 2023, GZ 34 Hv 12/23s-14, in der Fassung des Urteils des Oberlandesgerichts Wien vom 23. Mai 2023, AZ 22 Bs 85/23w, gemäß § 40 StGB von einer Zusatzstrafe abgesehen.

Mit ihrer Berufung wegen Strafe wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene A* des Vergehens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Abs 1 Z 3 StGB schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung der §§ 28 Abs 1, 39 Abs 1 StGB „im Hinblick auf die zu 22 Bs 85/23w ergangene Teilentscheidung des Oberlandesgerichts Wien vom 23. Mai 2023 nach § 129 Abs 1 StGB keine Zusatzstrafe verhängt“.

Der Schuldspruch erfolgte, weil A* am 31. Oktober 2022 in ** mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, einen anderen, nämlich Verfügungsberechtigte des die Karte ausstellenden Bankinstituts am Vermögen schädigte, indem er unter Verwendung der zuvor entfremdeten Bankomatkarte der B* mittels NFC-Funktion Treibstoff bei einer C*-Tankstelle in Höhe von EUR 29,99 bezahlte und dadurch das Ergebnis einer automationsunterstützten Datenverarbeitung durch (richtig) unrechtmäßige (vgl US 3) Eingabe beeinflusste.

Nach den für das Rechtsmittelverfahren wesentlichen Feststellungen des Erstgerichts fuhr der Angeklagte am 31. Oktober 2022, nachdem er der in seinem Taxi chauffierten B* beim Aussteigen ihre Geldbörse mit EUR 350,-- Bargeld und Bankomatkarte weggenommen hatte, zu einer Tankstelle in **. Dort betankte er sein Fahrzeug und bezahlte anschließend EUR 29,99 für den getankten Treibstoff unter Verwendung der NFC-Funktion dieser weggenommenen Bankomatkarte.

Dabei war ihm bewusst und er fand sich damit ab, dass er durch die Verwendung dieser Bankomatkarte und deren Anhalten an den Zahlungsautomaten eine kontaktlose Transaktion auslöste, durch die die Daten der Bankomatkarte der B* erfasst wurden, und auf diesem Weg die Datenverarbeitung so beeinflusst wurde, dass die Zahlung durchgeführt und scheinbar von B* autorisiert wurde. Er handelte dabei mit dem Vorsatz, sich unrechtmäßig zu bereichern und B* am Vermögen zu schädigen, zumal er wusste und auch wollte, dass der Zahlungsbetrag für die Betankung ohne entsprechende Autorisierung durch die Berechtigte vom Bankkonto abgebucht wurde, wodurch er sich den Rechnungsbetrag ersparte und B* diesen zahlen musste, ohne dafür eine Leistung erhalten zu haben.

Zu diesen Feststellungen gelangte die Erstrichterin aufgrund der in objektiver und subjektiver Hinsicht geständigen Verantwortung des Angeklagten.

Bei der Strafbemessung waren die einschlägigen Vorstrafen sowie das Zusammentreffen dreier Vergehen erschwerend, mildernd das reumütige Geständnis sowie die teilweise Schadensgutmachung und das Erstgericht sah die bereits verhängte 14-monatige Sanktion als unrechts- und schuldangemessen an, wobei die Verwendung der zuvor entfremdeten Bankomatkarte vom Schuldgehalt her nur ein untergeordnetes Folgeverhalten der ursprünglichen Tat darstelle, sodass mit Blick auf eine weitere Bedachtnahme eine zusätzliche Freiheitsstrafe nicht mehr zu verhängen gewesen sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die rechtzeitig wegen Nichtigkeit und Strafe angemeldete (ON 28) und fristgerecht in diesen Punkten (§ 281 Abs 1 Z 10, Z 11 [erster Fall] StPO) ausgeführte Berufung der Staatsanwaltschaft, mit der sie „unter Ausschaltung einer bedingten Strafnachsicht eine tat- und schuldangemessene Erhöhung der Freiheitsstrafe“ begehrt (ON 31).

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsberufung ist berechtigt.

Der festgestellte Sachverhalt wurde zu Unrecht unter den Tatbestand der §§ 127, 129 Abs 1 Z 3 StGB subsumiert. Vielmehr ist dieser nach den erstgerichtlichen Konstatierungen § 148a Abs 1 und Abs 3 StGB zu unterstellen (zur angezogenen Qualifikation infolge fehlender Erlaubnis der befugten Person [US 3] vgl. Fabrizy/Michel-Kwapinski/Oshidari, StGB 14 § 148a Rz 3/1; zum Schadenseintritt beim Bankinstitut vgl. 13 Os 80/12g).

Dass in den Entscheidungsgründen auf einen Irrtum bei der Subsumtion hingewiesen wird, ist der Gegenausführung zuwider unerheblich. Eine Erwähnung bloß in den Gründen ist einem Schuldspruch nicht gleichzuhalten (Lendl, WK StPO § 260 Rz 27).

Das Urteil war demgemäß aufzuheben und spruchgemäß in der Sache selbst zu erkennen.

Zutreffend zeigt die Staatsanwaltschaft weiters auf, dass der Strafausspruch mit Nichtigkeit gemäß § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO behaftet ist, weil das Erstgericht bei Sanktionsfindung unter Anwendung des § 39 Abs 1 StGB ausdrücklich von einem Strafrahmen von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe ausging (US 5). Unter Heranziehung des fallbezogen anzuwendenden § 39 Abs 1 StGB war nach § 148a Abs 3 StGB jedoch von einem Strafrahmen von bis zu viereinhalb Jahren Freiheitsstrafe auszugehen.

Bei der durch die Aufhebung des Strafausspruchs samt rechtsrichtiger Subsumtion notwendigen Strafneubemessung waren sechs einschlägige, die Anwendung des § 39 Abs 1 StGB bedingende Vorstrafen, der rasche Rückfall während anhängigen Berufungsverfahrens und – infolge Bedachtnahme auf das weitere Urteil - das Zusammentreffen von drei Vergehen erschwerend, mildernd das teilweise reumütige Geständnis und die teilweise Schadensgutmachung. In Anbetracht der dargestellten Strafzumessungsgründe ist trotz des zum obangeführten Urteil des Oberlandesgerichts Wien erhöhten Strafrahmens von der Verhängung einer Zusatzstrafe mit Blick darauf, dass der dort abgeurteilten Sachwegnahme die primäre Bedeutung zukommt, und durchaus bedeutende Milderungsgründe vorliegen, abzusehen. Generalpräventive Erwägungen stehen dieser Einschätzung ebensowenig entgegen.

Bleibt anzumerken, dass der erstgerichtlichen Ansicht zuwider auf kein weiteres Urteil Bedacht zu nehmen gewesen wäre (vgl. RIS-Justiz RS0113612).

Der Berufung wegen Nichtigkeit war sohin Folge zu geben und unter anderem die Straffrage neu zu beurteilen, sodass ein Eingehen auf die überdies geltend gemachte Strafberufung nicht erforderlich war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
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