JudikaturJustiz22Bs111/24w

22Bs111/24w – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
23. April 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Mag. Mathes als Vorsitzende sowie die Richter Mag. Hahn und Mag. Gruber als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus Freiheitsstrafen über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems a.d. Donau vom 21. März 2024, GZ 57 BE 1/24h-12, nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der am ** geborene A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Stein die über ihn mit Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 10. Februar 2022, AZ 37 Hv 94/21f, wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 2 und Abs 4 Z 3 SMG, des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2 und Abs 4 Z 3 SMG sowie des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster Satz erster und zweiter Fall SMG verhängte Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten und des Landesgerichts Linz vom 3. November 2022, AZ 12 Hv 30/22m, wegen jeweils eines Vergehens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 StGB und der Begünstigung nach §§ 15, 299 Abs 1 StGB verhängte Freiheitsstrafe von sieben Monaten.

Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 26. Mai 2027, die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG werden am 11. Mai 2024 erfüllt sein, jene nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG am 16. Mai 2025 vorliegen.

Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Krems a.d. Donau als zuständiges Vollzugsgericht die bedingte Entlassung des Strafgefangenen wegen raschen Rückfalls und der Schwere der ersten Anlasstat aus spezial-, zur Abschreckung potenzieller Suchtgifthändler auch aus generalpräventiven Gründen ab.

Dagegen richtet sich die unmittelbar nach Entscheidungskundmachung erhobene (ON 13), in weiterer Folge schriftlich ausgeführte Beschwerde, mit der er unter Hinweis auf seine geordneten sozialen Verhältnisse, sein Verhalten während der Strafhaft und eine erstmalig über ihn vollzogene Freiheitsstrafe einen verkürzten Strafvollzug einfordert (ON 14).

Rechtliche Beurteilung

Dem Rechtsmittel kommt keine Berechtigung zu.

Gemäß § 46 Abs 1 StGB ist einem Verurteilten nach Verbüßung der Hälfte der im Urteil verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird.

Hat ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel einer Freiheitsstrafe verbüßt, so ist er nach Abs 2 leg cit trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs 1 solange nicht bedingt zu entlassen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs der Strafe bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.

Dem Strafvollzug liegt vor allem zugrunde, dass A* in ** und andernorts teils als Mitglied einer kriminellen Vereinigung vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich insgesamt zumindest 7.384,6 Gramm Kokain (davon 4.483 Gramm enthaltend durchschnittlich 23,2% Cocain, 1.500 Gramm enthaltend 67,63% Cocain und 1.401,6 Gramm enthaltend 55,2% Cocain) teils als Bestimmungs- und teils als Beitragstäter aus dem Ausland aus- und nach Österreich einführte (wobei es teilweise beim Versuch blieb), in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge gewinnbringend an teils bekannte und an zahlreiche unbekannte Abnehmer zumindest 7.033 Gramm Kokain (davon 4.000 Gramm enthaltend 40% Cocain, 180 Gramm enthaltend 55,9% Cocain und 2.853 Gramm enthaltend durchschnittlich 23,2% Cocain) überließ sowie in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz erwarb und besaß, dass es in Verkehr gesetzt werde, indem er am 26. April 2021 insgesamt 467,7 Gramm Kokain (enthaltend durchschnittlich 23,2% Cocain) zum Zweck des Weiterverkaufs in seiner Wohnung aufbewahrte.

Schon der wohl organisierte und trotz der allgemein bekannten verheerenden Wirkung des Konsums von Kokain auf Leben und Gesundheit vorwiegend noch junger Menschen aus reinem Gewinnstreben motivierte Suchtgifthandel erfordert die Fortsetzung des Strafvollzugs aus besonderen spezialpräventiven Gründen. Aber auch die weitere Verurteilung vom Landesgericht Linz aufgrund eines nicht einmal zwei Monate nach obangeführter Aburteilung erfolgten Tatgeschehens, indem er vor dem Landesgericht Linz als Zeuge bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache falsch ausgesagt und dadurch B* der Verfolgung absichtlich ganz oder zum Teil zu entziehen versucht hatte, zeigt deutlich die geringe Hemmschwelle des Beschwerdeführers gegenüber rechtlich geschützten Werten, was massiv gegen die Annahme streitet, dass der Strafgefangene nunmehr in Verbindung mit Weisungen oder der Anordnung von Bewährungshilfe nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird.

Da aber zudem infolge möglichen Einreiseverbots (vgl. ON 7) die Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit fraglich sind, kann die auf entsprechende Arbeitsleistung und Fehlen von Ordnungswidrigkeiten gestützte Stellungnahme des Leiters der Justizanstalt Stein (ON 7) das zutreffende Kalkül gebotener Vollzugsfortsetzung nicht erschüttern.

Am Ausschluss des verkürzten Strafvollzugs im Sinne des § 46 Abs 1 StGB vermögen auch die im Rahmen der Erklärung für eine eventuelle bedingte Entlassung erfolgten Läuterungsbekundungen des Insassen samt seines Hinweises auf eine Arbeitsmöglichkeit (ON 2), deren Argumente im Rechtsmittel teils wiederholt werden, keine Änderung herbeizuführen, weil dem verkürzten Strafvollzug zum frühestmöglichen Zeitpunkt auch allgemein-prohibitive Gründe entgegenstehen. Bei der Prüfung einer solchen zwischen der Hälfte und zwei Dritteln der Strafe sind nach § 46 Abs 2 StGB generalpräventive Aspekte zu berücksichtigen, und zwar auch nur dann, wenn es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise (auch) des weiteren Vollzugs der Strafe bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Gewichtige Umstände, welche sich aus Sicht der Allgemeinheit von den regelmäßig vorkommenden Begleiterscheinungen strafbaren Verhaltens auffallend abheben, müssen ein Absehen von der vorzeitigen Entlassung unumgänglich erscheinen lassen (Jerabek/Ropper in WK 2 § 46 Rz 16).

Gerade die Eingliederung in eine kriminelle Vereinigung, das 7,5 bzw. 6,3-fache Überschreiten der Qualifikationsgrenze des § 28 Abs 4 Z 3 SMG, das Agieren aus reinem Gewinnstreben sowie die Vielzahl an Angriffen innerhalb eines langen Tatzeitraums (vgl. ON 10.2, 3) samt der Beteiligung an grenzüberschreitenden Transporten (Spanien, Italien, Dominikanische Republik) stellen jene Begleitumstände, die sich aus Sicht der Allgemeinheit von regelmäßig vorkommenden – weniger organisiert durchgeführten – Suchtgifttransporten auffallend abheben, und sohin als einem verkürzten Strafvollzug entgegenstehendes generalpräventives Hindernis dar.

Die aufgezeigte Schwere der Taten des Strafgefangenen gebieten die Fortsetzung des Vollzugs der verhängten Freiheitsstrafen über die Hälfte der zu verbüßenden Strafzeit hinaus. Nur dadurch entsteht einigermaßen realistisch die Möglichkeit, potenzielle Straftäter davon abzuhalten, gleichartige strafbare Handlungen zu setzen und dieser Kriminalitätsform entgegenwirken zu können.

Der angefochtene Beschluss entspricht daher der Sach- und Rechtslage, weshalb der Beschwerde ein Erfolg zu versagen war.

Gegen die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).

Rechtssätze
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