JudikaturJustiz1R503/98y

1R503/98y – LG Feldkirch Entscheidung

Entscheidung
17. November 1998

Kopf

Beschluss

Das Landesgericht Feldkirch als Rekursgericht hat durch den Vizepräsidenten des Landesgerichtes Dr. Dür als Vorsitzenden sowie die Richter Dr. Höfle und Dr. Fußenegger als weitere Senatsmitglieder in der Rechtssache der klagenden Partei SPARKASSE ***** vertreten durch Dr. Norbert Margreiter, Rechtsanwalt in 6870 Bezau, wider die beklagte Partei Hasan K***** vertreten durch Dr. Anton Tschann, Rechtsanwalt in 6700 Bludenz, wegen (restlich) Kosten, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen die im (End ) Urteil des Bezirksgerichtes Bludenz vom 18. September 1998, 12 C 474/98 m-9, enthaltene Kostenentscheidung (Rekursinteresse S 956,88) in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Kostenentscheidung wird dahin abgeändert, dass sie unter Einbeziehung des unangefochten gebliebenen Teiles lautet:

"Der Beklagte Hasan Kaya ist schuldig, binnen 14 Tagen der Klägerin zu Handen deren Vertreter die mit S 5.303,12 (hierin 20 % USt S 740,52, Barauslagen S 860,--) bestimmten Prozesskosten zu ersetzen."

Der Beklagte ist weiters schuldig, binnen 14 Tagen der Klägerin zu Handen deren Vertreter S 7,-- an Barauslagen ihres Rekurses zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrte mit der am 27.5.1998 beim Erstgericht eingebrachten Klage vom Beklagten die Bezahlung von S 3.765,-- samt Anhang.

Der Beklagte erhob zunächst Einspruch gegen den gemäß dem Antrag der Klägerin vom Erstgericht am 4.6.1998 erlassenen Zahlungsbefehl und beantragte die Abweisung des Klagebegehrens.

Zu Beginn der Tagsatzung vom 26.8.1998 anerkannte der Beklagte hinsichtlich des Klagebegehrens die Hauptsache, nicht jedoch die Zinsen in der begehrten Höhe von 14 % p.a. Zugleich stellte er den Beginn des Zinsenlaufes mit 1.1.1998 außer Streit.

Die Klägerin schränkte hierauf ihr Zinsenbegehren auf 4 % ein und beantragte die Fällung eines Anerkenntnisurteiles.

Gemäß diesem Antrag der Klägerin erließ das Erstgericht das (Teil-) Anerkenntnisurteil vom 26.8.1998, worin der Beklagte gegenüber der Klägerin zur Zahlung von S 3.765,-- samt 4 % Zinsen hieraus seit 1.1.1998 verpflichtet wurde.

Mit dem nun vorliegenden (End ) Urteil vom 18.9.1998 verpflichtete das Erstgericht den Beklagten gegenüber der Klägerin zum Ersatz der mit S 4.349,84 bestimmten Prozesskosten.

Das Erstgericht legte seiner Kostenentscheidung zugrunde, dass der Beklagte vollständig unterlegen sei und daher gemäß § 41 Abs 1 ZPO der Klägerin alle durch die Prozessführung verursachten und zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu ersetzen habe.

Zu der hier im Rekursverfahren allein strittigen Frage des Zuspruches des Einheitssatzes nach § 23 Abs 5 RATG im doppelten Ausmaß führte das Erstgericht aus, für die beiden Tagsatzungen vom 9.7. und 26.8.1998 habe der Klagsvertreter jeweils 120 % Einheitssatz geltend gemacht. An sich gebühre einem auswärtigen Anwalt der doppelte Einheitssatz. Mehrkosten aus der Wahl eines auswärtigen, nicht am Ort des Prozessgerichtes ansässigen Rechtsanwaltes seien jedoch dann nicht zu ersetzen, wenn es sich um eine einfache Rechtssache handle. Hier liege eine unkomplizierte Nichtrückzahlung einer Darlehensschuld mit geringem Streitwert vor. Es handle sich um eine einfache Rechtssache, die keinen Mehraufwand für auswärtige Rechtsvertreter rechtfertige. Es sei daher für beide Tagsatzungen der Einheitssatz lediglich mit 60 % zuzusprechen.

Auf dieser Basis nahm das Erstgericht folgende Berechnung der Kosten der Klägerin nach den Bestimmungen des RATG und des RAT vor:

26.5.1998 Klage TP 2 S 354,--

120 % Einheitssatz S 424,80

9.7.1998 Tagsatzung 2/2 Stunden TP 3 A S 706,--

60 % Einheitssatz S 423,60

26.8.1998 Tagsatzung 2/2 Stunden TP 3 A

(Streitwert eingeschränkt auf Kosten S 2.000,--)

S 623,--

60 % Einheitssatz S 373,80

S 2.908,20

20 % USt S 581,64

zuzüglich Barauslagen (Pauschalgebühren

und vorprozessuale Kosten) in dem im

Rekursverfahren unstrittingen Ausmaß von S 860,--

gesamt S 4.349,84.

Wird der bei dieser Berechnung des Erstgerichtes unterlaufene Additionsfehler berücksichtigt, würde sich nach dieser Berechnung ein Kostenzuspruch zugunsten der Klägerin von S 4.346,24 ergeben.

Gegen diese Kostenentscheidung richtet sich der fristgerecht erhobene Kostenrekurs der Klägerin. Sie beantragte die Abänderung der Kostenentscheidung dahin, dass der Beklagte der Klägerin an Prozesskosten S 5.306,72 zu ersetzen habe.

Der Rekurs ist teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs wendet sich allein gegen den Zuspruch nur des einfachen Einheitssatzes von 60 % für die beiden Tagsatzungen vom 9.7. und 26.8.1998. Die Klägerin begehrt insoweit den Zuspruch des doppelten Einheitssatzes nach § 23 Abs 5 RATG und macht hiezu geltend, dass die vom Erstgericht vertretene Auffassung unrichtig sei. Bei der Kanzlei des Klagsvertreters handle es sich um eine Rechtsanwaltskanzlei, die in großem Umfange "Inkassosachen" betreibe. So würden auch für die Klägerin in großem Umfange "Inkassosachen" betrieben. Beim Klagsvertreter handle es sich um einen Rechtsanwalt des besonderen Vertrauens, welcher noch dazu hinsichtlich der Organisation und Struktur seiner Kanzlei am kostengünstigsten für die Klägerin tätig werden könne. Gerichtsbekannt sei, dass nur ein geringer Prozentsatz von "Inkassosachen" streitig werde. Für die Klägerin bestehe hinsichtlich dieser Fälle keine Veranlassung dazu, in diesen Fällen einen Rechtsanwalt vor Ort zu beauftragen. Es gebühre damit dem Klagsvertreter für die beiden genannten Tagsatzungen der doppelte Einheitssatz im Ausmaß von 120 % statt wie vom Erstgericht zugesprochen nur der einfache Einheitssatz mit 60 %. Das Erstgericht hätte der Klägerin insgesamt daher S 5.306,72 zusprechen müssen.

Zu den durch die Beiziehung eines nicht am Sitz des Prozessgerichtes wohnenden Rechtsanwaltes entstehenden Mehrkosten wurden in der Vergangenheit bis zuletzt kontroversielle Auffassungen vertreten. So wird in der Rechtssprechung auch die Ansicht vertreten, dass der Zuspruch des doppelten Einheitssatzes nach § 23 Abs 5 RATG nur in Frage komme, wenn ein besonderes, zu behauptendes und zu bescheinigendes Vertrauensverhältnis zwischen der Partei und ihrem auswärtigen, nicht am Sitz des Prozessgerichtes wohnenden Rechtsanwalt bestehe (Jus Extra 2121, MietSlg 47.595, JBl 1978, 594, M. Bydlinski, Kostenersatz im Zivilprozess 19, AnwBl 1995/5050, 1 R 158/97, 4 R 73/96 je OLG Innsbruck, 13 R 131/86, 18 R 245/86, je OLG Wien) bzw eine besondere Vertrauenssituation in Bezug auf die Art des Rechtsstreites und die Höhe des Streitwertes vorliege oder die Zureise des auswärtigen Rechtsanwaltes sonst zweckmäßig sei (AnwBl 1995/5050, 18 R 245/86 OLG Wien).

Das Rekursgericht hat sich in seiner Entscheidung vom 29.3.1989, 1 a R 129/89, mit dieser Frage eingehend auseinandergesetzt und ist zum Ergebnis gelangt, dass die enge Betrachtungsweise, wie sie in der zuvor zitierten Rechtsprechung zur Frage der aus der Bestellung eines auswärtigen Rechtsanwaltes resultierenden Mehrkosten zum Ausdruck kommt, nicht mehr sach- und zeitgerecht erscheint und der für eine Partei im Zivilprozess einschreitende auswärtige Rechtsanwalt nach § 23 Abs 5 RATG Anspruch auf den doppelten Einheitssatz hat. Das Rekursgericht hat seit dieser Entscheidung aus den dort angeführten Gründen wiederholt die Ansicht vertreten, dass der doppelte Einheitssatz auch dann zuzusprechen ist, wenn ein auswärtiger Rechtsanwalt (auch ohne Bestehen eines besonderen Vertrauensverhältnisses) zugezogen wird. Diese Auffassung wird vom Rekursgericht im Hinblick auf die jeder Prozesspartei zustehende freie Auswahlmöglichkeit ihres Rechtsvertreters (Feil/Wenning, Anwaltsrecht, Rz 15 zu § 23 RATG) nach wie vor vertreten.

Bezogen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Klägerin hinsichtlich der Tagsatzungen vom 9.7. und 26.8.1998 nach § 23 Abs 5 RATG jeweils 120 % Einheitssatz zuzusprechen sind. Danach ergeben sich die berechtigten Kosten der Klägerin entsprechend der vom Erstgericht vorgenommenen Kostenberechnung, die vom Zuspruch des Einheitssatzes abgesehen im Rekursverfahren unbekämpft ist, nach den Ansätzen des RATG und des RAT wie folgt:

26.5.1998 Klage TP 2 S 354,--

120 % Einheitssatz S 424,80

9.7.1998 Tagsatzung 2/2 Stunden, TP 3 A S 706,--

120 % Einheitssatz S 847,20

26.8.1998 Tagsatzung 2/2 Stunden, TP 3 A

(Bemessungsgrundlage S 2.000,--) S 623,--

120 % Einheitssatz S 747,60

S 3.702,26

20 % USt S 740,52

S 4.443,12

Barauslagen (im Rekursverfahren unstrittig) S 860,--

gesamt S 5.303,12.

Der weitergehende, im Rekurs begehrte Kostenzuspruch von insgesamt S 5.306,72 beruht auf einem in der Kostenberechnung des Erstgerichtes unterlaufenen Additionsfehler. Das Erstgericht berechnet die Kosten der Klägerin mit S 4.349,84. Richtig würde diese Berechnung S 4.346,24 ergeben. Im Kostenrekurs der Klägerin wird zu dem vom Erstgericht ermittelten Kostenbetrag der doppelte Einheitssatz für die beiden Tagsatzungen vom 9.7. und 26.8.1998 hinzugerechnet, wodurch sich gegenüber den zuvor angeführten berechtigten Kosten der Klägerin ein geringfügiger, jedoch nicht berechtigter Mehrbetrag von S 3,60 ergibt.

Dem Rekurs war damit teilweise Folge zu geben und die angefochtene Kostenentscheidung wie im Spruch ausgeführt abzuändern.

Die Entscheidung über die Rekurskosten gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO, § 11 RATG. Von der Klägerin wurden zutreffend nur Barauslagen (Porto) im Ausmaß von S 7,-- verzeichnet.

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