JudikaturJustiz1R439/02d

1R439/02d – LG Leoben Entscheidung

Entscheidung
21. November 2002

Kopf

Das Landesgericht Leoben hat als Rekursgericht durch die Richter Dr. Gustav Krempl (Vorsitz), Dr. Heimo Unger und Dr. Alfred Weixelbaumer in der Rechtssache der klagenden Partei C*****GmbH, *****vertreten durch Dr. Günther Quass, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei M*****wegen EUR 521,56 s.A., über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss (Zahlungsbefehl) des Bezirksgerichtes Schladming vom 5.9.2002, 1 C 516/02g-2, beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird t e i l w e i s e Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss, der in Ansehung der Zurückweisung der Klage im Umfang von EUR 55,87 (Forderungsschreiben des Klagsvertreters) ausdrücklich bestätigt wird, wird im Übrigen (Zurückweisung des Klagebegehrens von EUR 222,17) behoben. Dem Erstgericht wird aufgetragen, auch hinsichtlich des zurückgewiesenen Teilbetrages von EUR 222,17 s.A. das gesetzmäßige Verfahren unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund einzuleiten und fortzusetzen.

Die klagende Partei hat EUR 22,27 (davon EUR 3,71 USt) ihrer Rekurskosten selbst zu tragen. Die übrigen Rekurskosten (EUR 89,09, davon EUR 14,85 USt) sind weitere Verfahrenskosten. Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Begründung:

Text

Mit ihrer am 29.8.2002 eingebrachten Mahnklage begehrte die Klägerin vom Beklagten die Zahlung eines Betrages von insgesamt EUR 521,56 s. A. Davon würden EUR 243,52 aus einer Rechnung für ONE/Handybenutzung, EUR 222,17 aus - im Einzelnen aufgegliederten - vorprozessualen Inkassokosten und EUR 55,87 aus Kosten eines Forderungsschreibens des Klagsvertreters resultieren. Auf Grund der Allgemeinen Geschäftsbedingungen seien diese Kosten, die durch die Säumigkeit des Beklagten entstanden seien, von diesem zu bezahlen. Die geltend gemachten Kosten seien tatsächlich angefallen. Mit dem angefochtenen Beschluss (Zahlungsbefehl) trug das Erstgericht dem Belkagten auf, den Betrag von EUR 243,52 samt 13 % Zinsen ab 11.6.2001 und mit EUR 93,71 bestimmte Verfahrenskosten zu bezahlen. Hinsichtlich der darüber hinausgehenden Beträge von EUR 222,17 und EUR 55,87 wies es die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück.

Gegen diese Zurückweisung richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass dem gesamten Klagebegeheren zur Gänze stattgegeben werde; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Rekurs ist teilweise begründet.

Rechtliche Beurteilung

Mit dem Zinsenrechts-Änderungsgesetz (ZinsRÄG; BGBl I 118/02) wurde die Bestimmung des § 1333 ABGB mit Wirksamkeit per 1.8.2002 neu gefasst. Gemäß Abs 3 leg.cit. kann der Gläubiger außer den gesetzlichen Zinsen auch den Ersatz anderer, vom Schuldner verschuldeter und ihm erwachsener Schäden geltend machen, insbesondere die notwendigen Kosten zweckentsprechender außergerichtlicher Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen, soweit diese in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen. Mit dieser Bestimmung hat der Gesetzgeber die bislang in Lehre und Rechtsprechung äußerst kontrovers beurteilte Frage der Ersatzfähigkeit außergerichtlicher Betreibungs- und Einbringungskosten nunmehr grundsätzlich dahingehend geregelt, dass diese Kosten als Schadenersatzanspruch zu behandeln sind. Sie sollen auf dem ordentlichen Rechtsweg (wenn auch als Nebenforderungen iS des § 54 Abs 2 JN) und nicht als (vorprozessuale) Prozesskosten geltend gemacht werden können. Es wird also jetzt von einem materiell-rechtlichen und nicht von einem prozessualen Ansatz ausgegangen. Der Betreibungsaufwand wird als ein Schaden behandelt, den der Schuldner durch seine Säumigkeit dem Gläubiger zugefügt hat (vgl die RV 1167 der Beilagen zum ZinsRÄG).

Der nunmehrige materiell-rechtliche Ansatz ändert jedoch nichts an der Obliegenheit des Gläubigers, nur die zur zweckentsprechenden Betreibung notwendigen Kosten aufzuwenden und unnötige oder unzweckmäßige Betreibungsschritte zu unterlassen. Diesbezüglich ist aber zu beachten, dass es dem Gericht vor Erhebung eines Einspruchs gegen einen Zahlungsbefehl, mit dem außergerichtlcihe Betreibungs- und Einbringungskosten zuerkannt worden sind, verwehrt ist, die Berechtigung der betreffenden Forderung inhaltlich zu überprüfen. Nur wenn sich die Vermutung ergibt, ein Zahlungsbefehl solle mit unrichtigen oder unvollständigen Angaben verwirkt werden, könnte der Kläger gemäß § 448a Abs 2 ZPO zur Aufklärung über seine Klagsangaben aufgefordert werden, wobei dann nur im Falle eines Zuwiderhandelns die Klage zurückzuweisen wäre (§ 448a Abs 3 ZPO).

Letzteres ist hier aber nicht der Fall. Nach nunmehr geltender Rechtslage besteht daher kein Anlass mehr, die Klage in Ansehung des darin enthaltenen Betrarges für Inkassokosten in Höhe von EUR 222,17 wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückzuweisen. Die bisher vom Rekursgericht zu dieser Frage vertretene Rechtsansicht (siehe zuletzt etwa LG Leoben 1 R 31/02d, 1 R 126/02z) ist auf Grund der Neufassung des § 1333 ABGB zumindest hinsichtlich außergerichtlicher Betreibungs- und Einbringungsmaßnahmen, die nicht durch einen Rechtsanwalt erfolgen, obsolet geworden.

Anders verhält es sich jedoch hinsichtlich der ebenfalls im Punktum begehrten Kosten des Forderungsschreibens des Klagsvertreters vom 8.5.2002, bei dem es sich offensichtlich um ein Mahnschreiben handelt. Ein solches Schreiben ist nach herrschender Rechtsprechung (KRES 10/56, EvBl 1985/17) nahc TP 5 RAT zu honorieren, im Prozessfall aber gemäß § 23 Abs 1 RATG durch den - von der Klägerin hier auch angesprochenen Einheitssatz (vgl die Verzeichnung von Normalkosten nach TP 2 RAT in ihrer Klage) - abgegolten. Der Einheitssatz umfasst nämlich nur solche Nebenleistungen im Zug außergerichtlicher mündlicher oder schriftlicher Verhandlungen nicht, die vor oder während eines gerichtlichen Verfahrens zur Vermeidung eines Rechtsstreites oder zur Herbeiführung eines Vergleiches vorgenommen worden sind, falls sie einen erheblichen Aufwand an Zeit und Mühe verursacht haben (§ 23 Abs 4 RATG). Dass die Verfassung des strittigen Forderungsschreibens des Klagsvertreters einen derartigen Aufwand verursacht haben sollte, wurde nicht behauptet und kann auch nicht angenommen werden.

Durch das ZinsRÄG wurden aber die Bestimmungen des RATG nicht geändert. Diesem Aspekt hat das Rekursgericht bislang nicht ausreichend Rechnung getragen, wenn es in vereinzelten der wenigen seit dem Inkrafttreten der neu gefassten Bestimmung des § 1333 ABGB zur streitgegenständlichen Problematik ergangenen Entscheidungen (siehe etwa 1 R 332/02v, welcher Entscheidung ebenfalls eine Klage der C*****GmbH zugrunde gelegen ist), gestützt auf den reinen Gesetzeswortlaut des § 1333 Abs 3 ABGB, auch für den Ersatz der Kosten eines anwaltlichen Forderungsschreibens die Zulässigkeit des ordentlichen Rechtsweges bejaht hat. Diese Rechtsansicht wird nach nochmaliger eingehender Prüfung der bestehenden Gesetzeslage nicht mehr aufrecht erhalten. Auf Grund der unveränderten Weitergeltung der Bestimmungen des RATG ist vielmehr davon auszugehen, dass sich an der Verweisung der Geltendmachung von anwaltlichen Leistungen gegenüber dem Prozessgegner in das Kostenrcht und damit an der Rechtswegunzulässigkeit bei aufrechter Akzessorietät zum Hauptanspruch nichts geändert hat. Den durch das ZinsRÄG neu geschaffenen Besteimmungen kann nämlich keineswegs die Intention entnommen werden, die Partei habe es nunmehr in der Hand, vom Prozessgegner zu ersezende Rechtsanwaltsleistungen wahlweise in der Kostennote oder als Schadenersatz im Punktum zu begehren (vgl LG Wiener Neustadt 30.9.2002, 18 R 221/02g). Umso weniger kann aber angenommen werden, dem Gläubiger sollte die Möglichkeit eröffnet werden, die von seinem rechtsfreundlichen Vertreter gesetzten außergerichtlichen Betreibungs- und Einbringungsmaßnahmen sowohl als Kosten (im Rahmen des Einheitssatzes) als auch im Punktum geltend zu machen, zumal dies - wie im vorliegenden Fall - zu einer völlig ungerechtfertigten Mehrfachbelastung des Schuldners für ein und dieselbe Betreibungsmaßnahme des Gläubigers führen würde. In Ansehung der für das Forderungsschreiben des Klagsvertreters geltend gemachten Kosten von EUR 55,87 ist daher - wie schon bisher - weiterhin von der Unzulässigkeit des Rechtsweges auszugehen. Diesbezüglich kann auf die der Rekurswerberin bekannten Entscheidungen des Rechtsmittelgerichtes verwiesen werden. Dem Rekurse war auf Grund dieser Erwägungen teilweise Folge zu geben. Der Ausspruch über die Rekurskosten stützt sich hinsichtlich des bestätigenden Teiles der Entscheidung auf §§ 40, 50 ZPO. Die Klägerin unterliegt im Rekursverfahren (Streitwert: EUR 278,04) mit EUR 55,87, das sind rund 20 %, sodass Rekurskosten in diesem Umfang (EUR 22,27 inclusive USt) bereits endgültig von ihr zu tragen sind. Der Kostenvorbehalt gemäß § 52 Abs 1 ZPO bezieht sich daher nur mehr auf die restlichen rund 80 % der Rekurskosten (EUR 89,09 inclusive USt). Der Revisionsrekurs gegen diese Entscheidung ist jedenfalls unzulässig (§ 528 Abs 2 Z 1 ZPO).

Landesgericht Leoben

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