JudikaturJustiz1R31/12t

1R31/12t – LG Klagenfurt Entscheidung

Entscheidung
21. Februar 2012

Kopf

Das Landesgericht Klagenfurt hat als Rekursgericht durch die Richter Dr. Joham (Vorsitz), Dr. Mikulan und Dr. Steflitsch in der Rechtssache der klagenden Partei *****, vertreten durch Ankershofen-Goess-Hinteregger, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei *****, vertreten durch Mag. Alexander Todor-Kostic, Rechtsanwalt in Velden/WS, wegen Besitzstörung, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Endbeschluss des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 30. November 2011, 16 C 550/11p 14, in nichtöffentlicher Sitzung den

BESCHLUSS

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat der Beklagten die mit EUR 188,02 bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin EUR 31,34 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

Das Rekursgericht hält die Rechtsmittelausführungen für nicht stichhältig, hingegen die Gründe der angefochtenen Entscheidung für zutreffend, sodass es grundsätzlich mit diesem Hinweis sein Bewenden hat (§ 500 a ZPO iVm § 526 Abs 3 ZPO).

Im Hinblick auf die Darlegungen der Rechtsmittelschriftsätze wird noch folgende Begründung beigefügt:

Die Besitzstörungsklägerin betreibt und besitzt ein Studentenheim. Im Rahmen von Werkverträgen erbrachte die Beklagte für die Klägerin an diesem Studentenheim verschiedene Bauleistungen. Den Werklohn klagte die Beklagte beim Handelsgericht Wien gegen die Klägerin ein. Die Klägerin (dort Beklagte) wandte schwerwiegende Sachmängel des Werkes der Beklagten (dort Klägerin) ein, und zwar unter anderem, dass die Beklagte die Füllungen des Oberteiles der Elemente mangelhaft durchgeführt habe sowie, dass die Funktionalität beim Öffnen der zweiflügeligen Türen eingeschränkt sei, wodurch das sichere und zügige Flüchten im Brandfall verhindert werde. Mit Schreiben vom 31. Mai 2011 forderte die Klägerin die Beklagte auf, binnen drei Tagen bekanntzugeben, ob die Klage vor dem Handelsgericht Wien zurückgenommen werde, ob die Beklagte die im Gutachten vom 26. April 2011 aufgezeigten Mängel anerkenne und ob die Beklagte zur fachgerechten Mängelbehebung bereit sei, und, wenn ja, zu welchem Zeitpunkt die Mängelbehebungen durchgeführt würden (Terminplan). Mit Schreiben vom 3. Juni 2011 teilte die Beklagte mit, sie anerkenne die gerügten Mängel. Bereits mit E-Mail vom 13. Mai 2011 habe sie ihre Bereitschaft zur sofortigen Aufnahme von Mängelbehebungsarbeiten nach Besichtigung vor Ort angeboten; ein konkreter Ablaufplan für die erforderlichen Arbeiten werde übermittelt.

Am 14. Juni 2011 begab sich der Geschäftsführer der Beklagten mit einem Mitarbeiter zum Studentenheim der Klägerin. Da die mit einem Standaschenbecher aufgespreizte Tür des Nebeneinganges offen war, betraten sie das Studentenheim mit einer Leiter und führten an einer oder an zwei Brandschutztüren im Gang Messarbeiten durch, die sie für die messtechnischen Unterlagen benötigten. Nach Beendigung der Messarbeiten verließen sie das Studentenheim.

Mit dem angefochtenen Endbeschluss hat das Erstgericht die Besitzstörungsklage abgewiesen, weil nicht davon ausgegangen werden könne, dass sich die Beklagte eigenmächtig Zutritt zum Studentenheim verschafft habe. Ein Betretungsverbot habe nicht bestanden.

Mit ihrem Rekurs begehrt die Klägerin die Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne der Klagsstattgebung.

Die Beklagte strebt mit ihrer Rekursbeantwortung die Bestätigung des Endbeschlusses an.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der erkennende Rekurssenat hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass die für eine Besitzstörung erforderliche Eigenmacht dann fehle, wenn besondere Verhältnisse den Störer zur Annahme berechtige, der Besitzer wolle dem Eingriff zustimmen (MietSlg 27.018 und 37.012; Landesgericht Klagenfurt 1 R 58/92 und 1 R 158/98z; Spielbüchler in Rummel ABGB³ Rz 5 zu § 339 mwN). Zutreffend hat das Erstgericht das Vorliegen gerade eines solchen Sachverhaltes bejaht. Wenn der Besteller den Werkunternehmer zur Behebung von Sachmängeln an dem hergestellten Werk (hier: Brandschutztüren) auffordert, wird er in aller Regel damit einverstanden sein, dass der Werkunternehmer das mangelhafte (und damit noch nicht fertig gestellte) Werk in Entsprechung der begehrten Mängelbehebung fertig stellt. Dass der Werkunternehmer zu diesem Behufe die (seinerzeitige) Baustelle betreten muss, liegt auf der Hand. Es leuchtet auch unmittelbar ein, dass sich der Werkunternehmer vor Beginn der Mängelbehebungsarbeiten über deren Ausmaß und Gestaltung einen Überblick verschafft. In dem Umstand, dass die Leute der Beklagten am 14. Juni 2011 mit einer Leiter das Studentenheim der Klägerin durch die offen stehende Tür des Nebeneinganges betraten und sich einen Überblick über die von der Klägerin verlangten Sanierungsarbeiten verschafften, hat das Erstgericht mit Recht keinen "unbefugten" oder "unberechtigten" Zutritt der Beklagten erblickt. Völlig richtig hat das Erstgericht demnach das Vorliegen von Eigenmacht verneint und die Besitzstörungsklage abgewiesen.

An dieser Sach- und Rechtslage ändert auch nichts, dass die Klägerin der Beklagten ein Beweissicherungsverfahren "angedroht" hat und tatsächlich am 14. Juni 2011 allerdings erst um 19.35 Uhr, wie sich aus der von der Klägerin vorgelegten Urkunde ./B ergibt - einen derartigen Antrag eingebracht. Dass sie der Beklagten gegenüber ein Betretungsverbot ausgesprochen und die Beklagte diesem zuwider gehandelt hätte, wird von der Klägerin nicht behauptet. Fragen zum sogenannten "Bewusstsein der Störung" oder zur "extremen Geringfügigkeit des Eingriffes" stellen sich im vorliegenden Fall demnach nicht mehr.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Landesgericht Klagenfurt, Abteilung 1

Rechtssätze
0

Keine verknüpften Rechtssätze zu diesem Paragrafen