JudikaturJustiz1R27/12h

1R27/12h – LG Klagenfurt Entscheidung

Entscheidung
10. Februar 2012

Kopf

Das Landesgericht Klagenfurt hat als Rekursgericht durch die Richter Dr. Joham (Vorsitz), Dr. Steflitsch und Dr. Mikulan in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. *****, 2. *****, 3. *****, 4. *****, 5. ***** , 6. ***** , 7. ***** , 8. ***** , 9. ***** , 10. ***** , 11. ***** , 12. ***** , 13. ***** , 14. ***** , und 15. ***** , alle vertreten durch EHRLICH-ROGNER SCHLÖGL Rechtsanwalts-Partnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei *****, vertreten durch Mayrhofer und Rainer Rechtsanwälte OG in Wien, wegen € 2.472,44 sA (hier: Anmerkung der Klage gemäß § 27 WEG), über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 22. Dezember 2011, 14 C 949/11z-5, in nichtöffentlicher Sitzung den

B e s c h l u s s

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der Antrag auf Anmerkung der Klage gemäß § 27 WEG an den Anteilen der beklagten Partei B-LNr 10, 14 und 43 an der EZ ***** Grundbuch ***** abgewiesen wird.

Die Anordnung des Vollzuges obliegt dem Erstgericht.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei zu Handen deren Vertreterin binnen 14 Tagen die mit € 466,67 (darin € 77,78 Umsatzsteuer) bestimmten Rekurskosten zu ersetzen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt übersteigt nicht € 30.000,--.

Der ordentliche Revisionsrekurs gemäß § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG ist nicht zulässig.

Text

B e g r ü n d u n g :

Alle Streitteile sind (zusammen zur Gänze) schlichte Miteigentümer der EZ ***** Grundbuch *****, der Beklagte zu B-LNr 10, 14 und 43. Auch eine Zusage der Einräumung des Wohnungseigentums ( § 40 Abs 2 WEG ) ist nicht angemerkt.

Mit ihrer Mahnklage vom 7. Dezember 2011 begehrten die Kläger vom Beklagten die Bezahlung rückständiger Betriebskosten für die Zeit von August bis Dezember 2011 in Höhe von € 2.472,44 sA. Gleichzeitig beantragten sie die Anmerkung dieser Klage gemäß § 27 WEG zur Sicherung ihrer Ansprüche und Geltendmachung des im § 27 WEG eingeräumten Vorzugspfandrechtes in der EZ ***** an den Miteigentumsanteilen des Beklagten.

Mit dem angefochtenen Beschluss erließ das Erstgericht den beantragten Zahlungsbefehl und bewilligte die beantragte Klagsanmerkung. Über Ersuchen des Erstgerichtes vollzog das Bezirksgericht Hernals die Anmerkung der Klage (TZ 7201/2011).

Nur gegen die bewilligte Klagsanmerkung richtet sich der Rekurs des Beklagten mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung iS einer Abweisung des Antrages ab-, hilfsweise zurückzuweisen. Die Klagsanmerkung scheitere daran, dass an der EZ ***** weder Wohnungseigentum begründet noch die Zusage gemäß § 40 WEG angemerkt ist. Für seinen Rekurs verzeichnete der Beklagte Kosten nach TP 3B in Höhe von € 466,67.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

A. Vorweg ist festzuhalten, dass über einen Antrag auf Bewilligung der Streitanmerkung auch dann, wenn er - wie hier - im Zuge eines Rechtsstreits beim Prozessgericht gestellt wird, nach den Vorschriften des GBG zu entscheiden ist.

Eine Rechtsmittelbeantwortung ist unzulässig (RIS-Justiz RS0060516), weil das Verfahren nach den §§ 124 und 126 Abs 2 GBG einseitig ist.

B. Zum Antrag auf Anmerkung der Klage nach § 27 WEG :

1. Nach § 27 Abs 1 WEG besteht für bestimmte Forderungen der Eigentümergemeinschaft und einzelner Wohnungseigentumswerber an jedem (mit Wohnungseigentum verbundenen) Miteigentumsanteil ein Vorzugspfandrecht, zu dessen Effektuierung der Forderungsberechtigte binnen sechs Monaten seine Forderung mit Klage geltend machen und die Anmerkung der Klage im Grundbuch beim Miteigentumsanteil des Beklagten beantragen muss (vgl Würth/Zingher/Kovany, Miet- und Wohnrecht II22 § 27 Rz 1 und 10 mwN). Die Klagsanmerkung kann auch gegen den vorgemerkten Eigentümer erwirkt werden (RIS-Justiz RS0114465). Das über den Antrag auf Klageanmerkung entscheidende Gericht hat zu prüfen, ob eine Forderung geltend gemacht wird, für die das gesetzliche Vorzugspfandrecht überhaupt in Anspruch genommen werden kann (RIS-Justiz RS0114276).

2. Im vorliegenden Fall kommt keinem der Streitteile Wohnungseigentum zu; es besteht auch keine Anmerkung der Zusage nach § 40 Abs 2 WEG. Daher machen die Kläger keine Forderung geltend, für die sie das nur im WEG vorgesehene gesetzliche Vorzugspfand in Anspruch nehmen können.

Daran muss eine Klagsanmerkung nach § 27 WEG scheitern.

Es war daher dem Rekurs des Beklagten Folge zu geben und der angefochtene Beschluss iS einer Abweisung des Antrages auf Klagsanmerkung gemäß § 27 WEG abzuändern.

C. Zu den Rekurskosten :

1. Nach § 75 Abs 2 GBG entscheidet das Grundbuchsgericht in Angelegenheiten nach diesem Bundesgesetz im Verfahren außer Streitsachen. Die Vorschriften über das Verfahren außer Streitsachen sind, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt wird, ergänzend heranzuziehen. § 78 Abs 2 AußStrG lautet: „Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Kosten sind einer Partei zu ersetzen, soweit sie mit ihrer Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung ge genüber anderen Parteien, die entgegengesetzte Interessen verfolgt haben, Erfolg hatte .“ Diese Norm will grundsätzlich Kostenersatz statuieren (1 Ob 56/10g). In den EB (abgedruckt etwa bei Fucik/Kloiber, AußStrG, 265 f) wird zudem betont, dass die widerstreitenden Interessen nicht einmal in Verfahrenshandlungen ihren Niederschlag finden müssen: Durch die Formulierung „entgegengesetzte Interessen verfolgt haben“ sei die Regelung nicht nur brauchbar, wenn die Gegenseite verfahrensintern entgegengesetzte Anträge gestellt habe, sondern auch dann, wenn sie außergerichtlich den Anspruch gefährdete, und sei es auch durch bloße Nichterfüllung. Im Ergebnis sei Kostenersatz in nahezu allen Verfahren möglich, soweit er dort nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt werde.

2. Zur Frage, ob einer Partei, die sich im Rechtsmittelweg erfolgreich gegen die zu ihren Lasten erfolgte Grundbuchseintragung zur Wehr setzt, gemäß § 78 Abs 2 AußStrG ein Kostenersatzanspruch gegenüber dem Antragsteller zusteht, sind die Auffassungen in Lehre und Rechtsprechung geteilt. Fucik/Kloiber (AußStrG § 78 Rz 33) vertreten die Auffassung, es werde im Allgemeinen in Grundbuchs- und Firmenbuchsachen an einer kontradiktorischen Situation fehlen, soweit nicht der (bisher) Berechtigte gegen die Eintragung Rekurs erhebt (oder einem Löschungsantrag widersprochen wird). Dieser Auffassung schloss sich Klicka (in Rechberger, § 78 AußStrG Rz 7) an. Hoyer (Anm zu 5 Ob 101/08a in NZ 2009, 62) wendet sich gegen die Ablehnung eines Kostenersatzes nach § 78 Abs 2 AußStrG im Grundbuchsverfahren, weil dazu die gesetzliche Grundlage fehle. Zufolge § 75 Abs 2 Satz 2 GBG seien im Grundbuchsverfahren die Bestimmungen des Verfahrens außer Streitsachen ergänzend heranzuziehen, womit an der Anwendung des § 78 Abs 2 AußStrG auch im Grundbuchsverfahren kein Weg vorbeiführe. Freilich sei darauf zu achten, dass nur in Verfahren, in denen widerstreitende Interessen der Parteien geltend gemacht und zu entscheiden seien, die Voraussetzungen für einen Kostenersatz vorlägen. Die Einseitigkeit des Rechtsmittelverfahrens sage allerdings nichts darüber aus, ob widerstreitende Parteiinteressen aufeinander treffen, und könne daher kein maßgebliches Kriterium sein. Auch Kodek (in Kodek, Grundbuchsrecht, § 95 Rz 34 f), der der einen Kostenersatzanspruch im Grundbuchsverfahren ablehnenden (und noch darzustellenden) Rechtsprechung im Regelfall zustimmt, unterstellt den Fall, wo die Parteien im Verfahren ausnahmsweise gegenläufige Interessen verfolgen, etwa wenn der (frühere) Eigentümer die Abweisung eines Einverleibungsbegehrens oder der Eintragungswerber nach Abweisung seines Begehrens durch das Rekursgericht aufgrund eines Rekurses des Gegners erst im Revisionsrekursverfahren obsiegt, dem § 78 Abs 2 AußStrG. Die Einseitigkeit des Rekursverfahrens sage in diesen Fällen über das Vorliegen oder Fehlen eines Interessengegensatzes nichts aus. Auch im Streitverfahren seien einseitige Rechtsmittel nicht vom Kostenersatz ausgenommen. Demgegenüber ist Obermaier (Das Kostenhandbuch Rz 698) der Auffassung, im Rechtsmittelverfahren könnte sich zwar ein Verfolgen entgegengesetzter Interessen iSd § 78 Abs 2 AußStrG ergeben, wenn eine vom erstinstanzlichen Antragsteller verschiedene Person gegen eine antragsgemäße Entscheidung rekurriert und dadurch diese entgegengesetzte Interessensituation auslöst. Das Grundbuchsverfahren kenne jedoch - abgesehen von wenigen Sonderfällen - keine „zivilprozessähnliche Situation“ und sei in der Regel ein einseitiges Antragsverfahren, weil es von vornherein an einem Antragsgegner fehle, der bestreiten könnte. Im einseitigen Grundbuchsverfahren und im weiterhin einseitigen Rechtsmittelverfahren finde daher weiterhin kein Kostenersatz statt, und zwar auch dann nicht, wenn eine rechtsmittellegitimierte Partei gegen eine sie beschwerende Eintragung ein Rechtsmittel ergreift.

Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs lehnt die Anwendung des § 78 Abs 2 GBG auf das Grundbuchsverfahren jedoch ab. Im Grundbuchsverfahren bestehe daher – ebenso wie nach der bisherigen Rechtslage (dazu zB 6 Ob 609/83; 8 Ob 637/92 ua) – kein Kostenersatzanspruch ( 5 Ob 135/05x; 5 Ob 169/05x; 5 Ob 197/05i; 5 Ob 198/05m; 5 Ob 242/05g; 5 Ob 94/06v; 5 Ob 279/05y und 5 Ob 130/10v , je als obiter dictum; RIS-Justiz RS00035961 ). Das Grundbuchsverfahren sei nämlich schon aufgrund der Einseitigkeit des Rechtsmittelverfahrens nicht zur Durchsetzung oder Abwehr widerstreitender Parteiinteressen konzipiert, weshalb die in § 78 AußStrG vorausgesetzte Basis für eine Kostenersatzpflicht fehle ( 5 Ob 135/05x; 5 Ob 197/05i; 5 Ob 198/05m; 5 Ob 253/06a ua).

Erstmals mit seiner Entscheidung 1 Ob 56/10g (= RIS-Justiz RS0126117) vertrat der Oberste Gerichtshof, den Entscheidungen 5 Ob 135/05x und 5 Ob 141/07g entgegentretend, die Auffassung, im Rechtsmittelverfahren über den Antrag auf Streitanmerkung bestehe seit Inkrafttreten des neuen AußStrG ein Kostenersatzanspruch; er schließe sich jedenfalls für die Fälle der Streitanmerkung jener Auffassung an, die eine Verfolgung „entgegengesetzter Interessen“ auch in Konstellationen annimmt, in denen diese erst im Rechtsmittelverfahren zutage treten, weil der durch eine Bewilligung des Antrags belastete Antragsgegner am (einseitigen) Verfahren erster Instanz nicht beteiligt war. Könnten sich nun nach den Vorstellungen des Gesetzgebers „entgegengesetzte Interessen“ sogar durch bloß außerprozessuales Verhalten manifestieren, müsse dies umso mehr für eine Verfahrenskonstellation gelten, in der eine Verfahrenspartei durch einen (vom Gericht bewilligten) Antrag in die Rechtssphäre der anderen eingegriffen und letztere sich dagegen im Rechtsmittelweg zur Wehr gesetzt habe. Sei sie mit dieser Rechtsverteidigungsmaßnahme erfolgreich, solle ihr der Verfahrensgegner, der die Rechtsmittelkosten durch seine ungerechtfertigte Antragstellung verursacht hat, diese auch ersetzen. In seiner jüngsten Entscheidung ( 3 Ob 72/11a ), in welcher über den Revisionsrekurs des Klägers in Abänderung der Beschlüsse der beiden Vorinstanzen die Anmerkung der Teilungsklage bewilligt wurde, sprach der Oberste Gerichtshof aus, dass der erfolgreiche Revisionsrekurswerber die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen habe. Die Beklagte war bislang am Verfahren über den Antrag auf Klagsanmerkung noch gar nicht beteiligt, weshalb von einer Verfolgung entgegengesetzter Interessen durch diese noch keine Rede sein könne.

Im – ebenfalls einseitigen – Firmenbuchverfahren judizierte der Oberste Gerichtshof ( 6 Ob 243/08s ), dass der Antragsteller gemäß § 78 AußStrG (iVm § 15 Abs 1 FBG) kostenersatzpflichtig werde, wenn eine antragsgemäß bewilligte Eintragung im Rekurs weg beseitigt werde.

3. Unter Anwendung der gesetzlichen Bestimmung des § 78 Abs 2 AußStrG (iVm § 75 Abs 2 GBG) sowie der dieser Rechnung tragenden Lehre (Fucik/Kloiber, Hoyer und Kodek) und jüngsten Rsp des Obersten Gerichtshofes (1 Ob 56/10g) gelangt der erkennende Senat zur Auffassung, dass im hier vorliegenden Fall einer Klagsanmerkung die Kläger dem sich im Rechtsmittelweg gegen die ungerechtfertigte Antragstellung erfolgreich zur Wehr setzenden Beklagten die Kosten seines Rekurses ersetzen müssen.

D. Im Hinblick auf die Höhe der geltend gemachten Forderung war auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt € 30.000,-- nicht übersteigt.

Fragen von der in § 62 Abs 1 AußStrG genannten Bedeutung waren hier schon im Hinblick auf die eindeutige Gesetzeslage nicht zu lösen, weshalb der ordentliche Revisionsrekurs nicht zuzulassen war.

Landesgericht Klagenfurt, Abteilung 1

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