JudikaturJustiz1R201/03f

1R201/03f – LG Leoben Entscheidung

Entscheidung
23. Mai 2003

Kopf

Das Landesgericht Leoben hat als Rekursgericht durch die Richter Dr. ***** K***** (Vorsitz), Dr. M***** R***** und Dr. R*****t W***** in der Rechtssache der klagenden Partei L*****, vertreten durch H*****, wider die beklagte Partei O***** S.L., *****, wegen EUR 1.420,-- s. A., über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes ***** vom 25.4.2003, 4 C *****, erkannt:

Spruch

Dem Rekurs wird F o l g e gegeben.

Der angefochtene Beschluss, der hinsichtlich der Zurückweisung der Klage b e h o b e n wird, wird im Übrigen, also in Ansehung der Zurückweisung des gemäß § 28 JN an den OGH gerichteten Antrages,

a u f g e h o b e n.

Dem Erstgericht wird die Vorlage des Ordinationsantrages samt beigegebener Klage an den Obersten Gerichtshof aufgetragen. Die Rekurskosten stellen weitere Verfahrenskosten dar. Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Gründe

Am 8.4.2003 brachte die Klägerin beim Bezirksgericht ***** einen Schriftsatz ein, in dem sie unter Punkt I. eine "Klage" formulierte und "gleichzeitig" unter Punkt II. einen "Antrag an den Obersten Gerichtshof gemäß § 28 JN" stellte, in dem sie begehrte, die Klage samt dem unter einem ausgeführten Ordinationsantrag dem Obersten Gerichtshof vorzulegen. Dieser wolle aus den sachlich zuständigen Gerichten eines bestimmen, welches für die gegenständliche Rechtssache als örtlich zuständig zu gelten habe, wobei um die Bestimmung des BG ***** gebeten werde.

Die Klägerin habe für die Beklagte einen den Bestimmungen des CMR (und den AÖSP) unterliegenden Transport von Spanien nach 8621 Thörl - dem Ort der Entladung - durchgeführt, woraus sie Frachtkosten von EUR 1.420,-- s.A. fordere. Die Klägerin berufe sich zur "Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes" auf Art 31 Abs 1 lit b CMR (Vorbringen zu Punkt I.). Nach österreichischem Recht sei das Bezirksgericht "*****" sachlich zuständig; die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichtes im Sinne der JN würden fehlen bzw. seien nicht zu ermitteln; die Beklagte habe ihren Sitz im Ausland. Es liege ein Fall des § 28 JN vor. Die Klägerin ersuchte den OGH, bei der Entscheidung zu berücksichtigen, dass örtliche Anknüpfungspunkte in 8621 Thörl gegeben seien (Vorbringen zu Punkt II.).

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht die Klage und den Antrag an den Obersten Gerichtshof zurück: Bereits bei der gemäß § 41 JN durchzuführenden Prüfung ergebe sich das Fehlen der örtlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes. Die Klägerin erkenne dies selbst, indem sie einen Antrag an den Obersten Gerichtshof gemäß § 28 JN stelle. Dies ändere aber nichts an der Tatsache, dass die beim BG ***** eingebrachte Klage wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit zurückzuweisen sei. Da für die Ordination nach § 28 JN der OGH zuständig sei und eine solche im streitigen Verfahren nur auf Antrag erfolge, sei der mit der Klage verbundene, beim OGH einzubringende Antrag nach § 28 JN zurückzuweisen. Das BG ***** sei zur Entscheidung über diesen Antrag nicht zuständig; eine dem § 44 JN vergleichbare Bestimmung betreffend die Überweisung einer Rechtssache an das zuständige Gericht fehle.

Dagegen richtet sich ein fristgerechter Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, die Zurückweisung der Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit aufzuheben oder die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Eventualiter stellt die Klägerin - erneut - einen Antrag an den Obersten Gerichtshof gemäß § 28 JN.

Rechtliche Beurteilung

Dem Rekurs kommt Berechtigung zu.

Wegen aller Streitigkeiten aus einer dem CMR (Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr) unterliegenden Beförderung kann ein Kläger nach Art 31 Z 1 lit b dieses Übereinkommens Gerichte eines Staates anrufen, auf dessen Gebiet der Ort der Übernahme des Gutes oder der für die Ablieferung vorgesehene Ort liegt (RIS-Justiz RS0113199, RS0113086). Da nach der, durch den vorgelegten CMR-Frachtbrief gestützten, Behauptung der Klägerin eine grenzüberschreitende Beförderung vorlag und die Entladestelle (Ort der Übernahme T*****) in Österreich liegt, ist die inländische Jurisdiktion gegeben (Matscher in Fasching² I, § 28 JN Rz 30).

Notwendige Voraussetzung jeder Ordination ist das vom Antragsteller zu behauptende Fehlen eines inländischen Gerichtsstandes. Ist bereits ein inländisches Gericht angerufen worden, so kann erst dann ordiniert werden, wenn dieses seine Zuständigkeit rechtskräftig verneint hat. Erst wenn also fest steht, dass eine inländische örtliche Zuständigkeit fehlt, kann ein Ordinationsantrag berechtigt gestellt werden (RS0046443: zB 6 Nd 501/02, 7 Nd 514/01, 8 Nd 503/01; ZfRV 1997/43; Matscher aaO Rz 11).

Wenn die Gestaltung des beim Bezirksgericht B***** eingebrachten Schriftsatzes - 1.) Klage, 2.) Antrag nach § 28 JN - auch prima facie darauf hindeutet, die Beklagte habe das Bezirksgericht B***** bereits als sachlich und örtlich zuständiges Gericht anrufen wollen, so wird dann doch aus dem Gesamtzusammenhang und ohne dass es der Einleitung eines Verbesserungsverfahrens bedurft hätte (Matscher aaO Rz 130) eindeutig, dass dies gerade nicht die Absicht der Klägerin war: Sie stellte vielmehr primär einen Antrag nach § 28 JN, dem - als regelmäßige Voraussetzung einer Ordination (RS0036093: zB 7 Nc 105/02d, 8 Nd 502/02, 3 Nd 514/94) - die Klage beigegeben wurde (Matscher aaO Rz 138,142; Mayr in Rechberger2 § 28 JN Rz 9, jeweils mit Judikaturbelegen). Die Klägerin lässt unzweifelhaft erkennen, zwar von einer inländischen Gerichtsbarkeit, doch auch davon auszugehen, es fehle an einem örtlich zuständigen Gericht, sodass sie ("gleichzeitig") den Ordinationsantrag, in dem sie den OGH - erst - um Bestimmung des BG B***** als örtlich zuständiges Gericht ersucht, stelle. Da die örtliche Zuständigkeit des Bezirksgerichtes B***** ja gerade nicht behauptet (wohl aber deren Bestimmung begehrt) wurde, kann das Begehren der Klägerin auch nicht als Eventualantrag (Matscher aaO, Rz 144) in dem Sinn aufgefasst werden, dass der Antrag erst nach rechtskräftiger Verneinung der Zuständigkeit dem OGH vorzulegen wäre.

Da das Bezirksgericht B***** somit noch gar nicht als sachlich und örtlich zuständiges Gericht angerufen wurde, ist bloß davon auszugehen, dass die Klägerin einen an den OGH gerichteten Ordinationsantrag mit beigegebener Klage nicht bei diesem, sondern - fälschlicherweise - beim Erstgericht einbrachte. Die a limine erfolgte Zurückweisung der Klage war somit als unberechtigt zu beheben.

Zutreffend verweist nun die Rekurswerberin darauf, ein bei einem zur Entgegennahme unzuständigen Gericht eingebrachter, an den OGH gerichteter Ordinationsantrag sei an diesen ungeachtet dessen weiterzuleiten, dass dies gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehen ist (4 Nd 505/94; Matscher aaO Rz 129, Mayr aaO).

Dem Rekurs war somit Folge zu geben, die angefochtene Entscheidung zu beheben bzw. aufzuheben und dem Erstgericht die Vorlage des Ordinationsantrages an den OGH aufzutragen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses gründet sich auf § 528 Abs 2 Z 1 ZPO.

Rechtssätze
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