JudikaturJustiz192Bl59/20a

192Bl59/20a – LG für Strafsachen Wien Entscheidung

Entscheidung
13. Januar 2021

Kopf

Das Landesgericht für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht am Sitz des Oberlandesgerichtes Wien (§ 16 Abs 3 StVG) hat durch den Präsidenten Mag. Friedrich Forsthuber als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. Sylvia Primer und die fachkundige Laienrichterin Oberstleutnant Heidemarie Heinz als weitere Senatsmitglieder in der Vollzugssache des Mag. H***** B***** über dessen Beschwerde vom ***** gegen die Entscheidung der Anstaltsleitung der Justizanstalt ***** vom 7.8.2020 in nichtöffentlicher Sitzung am 13.1.2021 nachstehenden

B e s c h l u s s

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der in der Justizanstalt ***** gemäß § 21 Abs 1 und Abs 2 StGB untergebrachte Mag. H***** B***** stellte am ***** mittels StVG-Form Nr. 11 ein Ansuchen um Gewährung von „UdU für 14 Tage zur Erholung von der Isolationsfolter seit ***** (§ 125 StVG iVm § 312 StGB“). Dieses Ansuchen wurde mit Entscheidung der Anstaltsleitung der Justizanstalt ***** vom 7.8.2020 abgelehnt und Mag. B***** am ***** verkündet. Dagegen erhob er am ***** Beschwerde (ON 1).

Die Leitung der Justizanstalt ***** äußerte sich dazu mit Stellungnahme vom *****, eingelangt am ***** (ON 4).

Der Beschwerdeführer brachte eine am ***** eingelangte Stellungnahme (ON 6) ein.

Folgender Sachverhalt steht fest:

Mag. H***** B***** wurde mit Urteil des Landesgerichtes ***** vom *****, rechtskräftig seit *****, *****, wegen §§ 107 Abs 1 und 2, 107a Abs 1 und 2 Z 2 und 4, 15, 105 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von ***** verurteilt (ON 19 und 20). Gleichzeitig wurde die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 Abs 2 StGB angeordnet. In weiterer Folge wurde er mit Urteil des Landesgerichtes ***** vom *****, rechtskräftig seit *****, *****, wegen §§ 15, 269 Abs 1; 15, 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 4; 297 Abs 1, erster Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von ***** verurteilt (ON 17 und 18). Gleichzeitig wurde erneut die Einweisung in eine Anstalt für geistige abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 Abs 2 StGB angeordnet. Weiters wurde er mit Urteil des Landesgerichtes ***** a.d. Donau vom *****, rechtskräftig seit *****, *****, wegen § 107 Abs 1 und 2 (in 121 Fällen!); 15, 269 Abs 1 und 2; 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 Abs 1 StGB eingewiesen (ON 15). Außerdem wurde er mit Urteil des Landesgerichtes ***** vom *****, rechtskräftig seit *****, *****, wegen §§ 107 Abs 1 und 2; 15, 269 Abs 1 und 2 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 Abs 1 StGB eingewiesen (ON 14). Mit (nicht rechtskräftigem) Urteil des Landesgerichtes ***** vom *****, *****, wurde er erneut wegen § 107 Abs 1, Abs 2 erster und zweiter Fall; 15, 269 Abs 1 zweiter Fall, Abs 2 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 Abs 1 StGB eingewiesen (ON 13).

Mit Beschluss des Landesgerichtes ***** vom 15.5.2020, *****, wurde festgestellt, dass seine weitere Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher notwendig ist (ON 9 und ON 10) und begründend ausgeführt, dass laut der Stellungnahme der Anstaltsleitung vom ***** Mag. H***** B***** am ***** von der Justizanstalt ***** in die Justizanstalt ***** überstellt worden und auf einer Abteilung des geschlossenen Vollzugs untergebracht sei. An therapeutischen Maßnahmen habe er bislang absolviert: regelmäßige klinisch-psychologische Betreuung im Rahmen des kCM, regelmäßige psychiatrische Behandlung und regelmäßige Betreuung durch den sozialen Dienst. Nach der letzten Forensischen Stellungnahme gemäß § 25 Abs 3 StGB vom 18.2.2020 sei es innerhalb des Vollzuges in den vergangenen Jahren immer wieder zu neuerlichen Verurteilungen gekommen; dies in erster Linie aufgrund von Drohungen gegenüber Justizpersonal. Im Alltag sei eine ausgeprägte Neigung hinsichtlich des Verfassens von Beschwerden beobachtbar. Eine behandlerische Erreichbarkeit erscheine aufgrund seiner vorliegenden wahnhaften Störung erschwert. Seine Führung sei nicht gemäß der Hausordnung, im Beobachtungszeitraum sei es zu meldepflichtigem Verhalten gekommen. Der dagegen erhobenen Beschwerde des Mag. H***** B***** gab das Oberlandesgericht Wien mit Beschluss vom 23.9.2020, *****, nicht Folge und führte unter anderem aus, dass die letzte Begutachtung des Mag. H***** B***** im Zuge des Verfahrens zu AZ ***** des Landesgerichtes ***** am 27.7.2018, sohin lediglich unwesentlich länger als zwei Jahre zurückliege, sodass die Einholung einer neuen psychiatrischen Sachverständigenexpertise zur Frage der Notwendigkeit einer weiteren Unterbringung des Genannten (gerade noch) nicht geboten war. Da der gegenständliche Antrag des Mag. H***** B***** auf bedingte Entlassung lediglich einen Monat und zwei Tage nach der zitierten Entscheidung bei Gericht eingelangt ist und sich die Umstände die eine weitere Anhaltung des Genannten im Maßnahmenvollzug erfordern naturgemäß nicht in derart kurzer Zeit wesentlich ändern, was auch durch die Einholung einer neuen Stellungnahme der Anstaltsleitung untermauert wird, konnte die Einholung einer neuen psychiatrischen Sachverständigenexpertise zur Frage der Notwendigkeit einer weiteren Unterbringung des Mag. H***** B***** auch im gegenständlichen Verfahren unterbleiben. Somit liegen derzeit nach wie vor keine Anhaltspunkte vor, welche den Kriterien des § 47 Abs 2 StGB entsprechen könnten und determiniert die Beharrlichkeit des Untergebrachten seine Gefährlichkeit, gegen die sich die Maßnahme nach § 21 Abs 1 und 2 StGB richtet, welche bei ihm sicherlich noch nicht ausreichend abgebaut wurde, um eine bedingte Entlassung zu beschließen, weshalb – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft ***** – die weitere Anhaltung des genannten in der vorbeugenden Maßnahme gemäß § 21 Abs 1 StGB und § 21 Abs 2 StGB auszusprechen war.

Mit Beschluss des Landesgerichtes ***** vom 27.11.2020, *****, wurde festgestellt, dass seine weitere Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher notwendig ist (ON 11) und ausgeführt, dass sich nach der Stellungnahme der Anstaltsleitung vom ***** nach wie vor keine Anhaltspunkte ergeben, dass die einweisungsrelevante Gefährlichkeit in hinreichendem Ausmaß abgebaut sei. Es liege nach wie vor weder Störungs-, noch Deliktseinsicht vor. Der Untergebrachte verweigere nach wie vor konsequent ihm angebotene Einzelgespräche, verhalte sich überwiegend streitsüchtig, fallweise massiv drohend und sei unerreichbar und entsprechend der diagnostizierten wahnhaften Störung unkorrigierbar.

Mag. H***** B***** wurde am ***** von der Justizanstalt ***** in die Justizanstalt ***** überstellt, wobei er sich derzeit aufgrund eines Brandes in der Justizanstalt ***** vom ***** bis ***** in der Justizanstalt ***** als sogenannter Passant auf einer Abteilung des geschlossenen Vollzugs befand. Die Deliktarbeit mit ihm stellt sich als ausgesprochen schwierig dar, und die Kontaktaufnahme scheitert an seiner verhärteten, ablehnenden Haltung gegenüber der Justiz. Seine zahlreichen Delikte begründet er damit, dass seine Frau seine Kinder in die Schweiz entführt habe und er diese seit 20 Jahren nicht sehen dürfe. Durch seine Drohungen und Beschimpfungen würde er lediglich „Verbrecher Verbrecher nennen“. Hinsichtlich des Vollzugs- und Behandlungsverlaufes sind im Zeitraum zwischen dem ***** 2014 und dem ***** 2019 insgesamt 59 Meldungen gelegt worden und 55 Ordnungsstrafstrafverfahren dokumentiert. Anhand der Meldungen wird ein Muster verbal aggressiver Verhaltensweisen fassbar, das von derben Beschimpfungen bis hin zu Morddrohungen reicht. An therapeutischen Maßnahmen hat er bislang absolviert: Regelmäßige klinisch-psychologische Betreuung im Rahmen des kCM, regelmäßige psychiatrische Behandlung und regelmäßige Betreuung durch den sozialen Dienst. Von Seiten des Behandlungsteams wird berichtet, dass er bei der Besprechung alltäglicher Dinge gut erreichbar sei und sich klar und geordnet präsentiere. Sobald allerdings sein Fehlverhalten in Haft bzw. Inhalte thematisiert werden, die mit seiner Einweisung in Verbindung stehen, reagiere er misstrauisch bis aggressiv, streitsüchtig, rede sich in Rage, sei nicht mehr erreichbar sowie korrigierbar und präsentiere eine Realität, die für andere nicht nachvollziehbar sei. Als Diagnostik nach ICD-10 wird anhaltende wahnhafte Störungen/Querulantenwahn (Paraneua Querulanz) F 22.8 angegeben. Im psychiatrischen Verlauf besteht eine fast kontinuierliche Verweigerung einer Gesprächsaufnahme mit dem psychiatrischen Dienst, häufig in Kombination mit abwertenden beschimpfenden Äußerungen. In der Gesamteinschätzung zeichnet er sich durch ein hohes Maß an Egozentrik, dem deutlichen Wunsch nach Anerkennung und einem stark überhöhten Selbstwertgefühl aus. Im Verlauf der letzten Jahre hat sich seine Wahrnehmung zu einer offenbar unkorrigierbaren unbeweglichen Meinung, an der er mit absoluter Gewissheit festhält und die im deutlichen Widerspruch zur Wirklichkeit bzw. Wahrnehmung anderer beteiligter Personen steht, entwickelt. Er verweist fortwährend auf das ihm widerfahrene vermeintliche Unrecht. Insgesamt lässt sich über die letzten beiden Jahrzehnte eine zunehmende Progression seines psychopathologischen Krankheitsbildes beschreiben. Zwar ist die Diagnosestellung dadurch erschwert, dass sich Mag. H***** B***** jeglicher Begutachtung verweigert, jedoch auf Basis des umfangreichen Aktenmaterials, des gewonnenen klinischen Eindrucks, insbesondere nach seinem Auftreten im Rahmen einer Vollzugslockerungskonferenz, ist zum gegebenen Zeitpunkt eindeutig vom diagnostischen Vorhandensein einer wahnhaften Störung auszugehen. Er ist nicht störungseinsichtig und kann für therapeutische Maßnahmen nicht gewonnen werden (ON 21). Nach der Forensischen Stellungnahme gemäß § 25 Abs 3 StGB vom 18.2.2020 (ON 22) ist es innerhalb des Vollzuges in den vergangenen Jahren immer wieder zu neuerlichen Verurteilungen gekommen; dies in erster Linie aufgrund von Drohungen gegenüber Justizpersonal. Im Alltag ist eine ausgeprägte Neigung hinsichtlich des Verfassens von Beschwerden beobachtbar. Eine behandlerische Erreichbarkeit erscheint aufgrund seiner vorliegenden wahnhaften Störung erschwert. Seine Führung ist nicht gemäß der Hausordnung, im Beobachtungszeitraum ist es zu meldepflichtigem Verhalten gekommen.

Mag. H***** B***** stellte am ***** mittels StVG-Form Nr. 11 ein Ansuchen um Gewährung von „UdU für 14 Tage zur Erholung von der Isolationsfolter seit ***** (§ 125 StVG iVm § 312 StGB)“.

Mit Entscheidung der Leiterin der Justizanstalt ***** vom 7.8.2020, dem Beschwerdeführer verkündet am *****, wurde dem Ansuchen nicht stattgegeben und begründend ausgeführt, dass derzeit die Voraussetzungen für Vollzugslockerungen mit Freiheitsgewährung noch nicht gegeben sind (u.a. ausreichender Abbau der einweisungsrelevanten Gefährlichkeit, Verdacht des Missbrauchs der Lockerungen).

In seiner dagegen erhobenen Beschwerde führt Mag. B***** aus, dass die Verweigerung der UdU Mobbing und eine schwere Körperverletzung darstellt. Außerdem erhebt er den Vorwurf der Unterschlagung des Protokolls im Akt ***** des Landesgerichtes ***** durch den Vorsitzenden des Vollzugsgerichtes.

Die Leiterin der Justizanstalt ***** führt in ihrer Stellungnahme aus, dass die Voraussetzungen für eine Gewährung von Vollzugslockerungen im Sinne von freiheitsbezogenen Maßnahmen zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht gegeben waren.

In seiner Stellungnahme vom ***** stellt Mag. B***** zunächst einen Antrag auf Delegierung aller Strafvollzugsakten nach Innsbruck (OLG) und erhebt vor allem pauschale Vorwürfe („Lügen“, „Folter“) gegen die Anstaltsleitung und das Vollzugsgericht.

Zur Beweiswürdigung:

Die Feststellungen stützt das Vollzugsgericht auf die Einsichtnahme in die aktenmäßig erfassten Vorgänge, insbesondere die unbedenkliche Stellungnahme der Justizanstalt ***** sowie die aus dem Akt ***** des Landesgerichtes ***** und aus der VJ beigeschafften bei den Feststellungen angeführten Urteile und Beschlüsse.

Rechtliche Beurteilung

Rechtlich folgt:

Nach § 120 Abs 1 StVG können sich die Strafgefangenen gegen jede ihre Rechte betreffende Entscheidung oder Anordnung und über jedes ihrer Rechte betreffende Verhalten der Strafvollzugsbediensteten beschweren. Die Beschwerde hat die angefochtene Entscheidung, Anordnung oder das Verhalten zu bezeichnen und die Gründe für die Erhebung der Beschwerde, soweit sie nicht offenkundig sind, darzulegen und ist nach Abs 2 leg cit binnen 14 Tagen einzubringen. Gemäß § 120 Abs 2 StVG kann eine Beschwerde gegen eine Entscheidung spätestens am vierzehnten Tag nach jenem Tag erhoben werden, an welchem die Entscheidung dem Strafgefangenen verkündet oder zugestellt worden ist.

Nach § 121 Abs 1 StVG hat über Beschwerden gegen Strafvollzugsbedienstete oder deren Anordnungen der Anstaltsleiter zu entscheiden. Richtet sich eine Beschwerde gegen eine Entscheidung, Anordnung oder ein Verhalten des Anstaltsleiters oder gegen die Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Anstaltsleiter, und hilft er der Beschwerde nicht selbst ab, so hat darüber das Vollzugsgericht (§ 16 Abs 3 StVG) zu entscheiden.

Gemäß § 16 Abs 3 StVG entscheidet das Vollzugsgericht am Sitz des Oberlandesgerichts, in dessen Sprengel die Freiheitsstrafe vollzogen wird, über Beschwerden

Z 1 gegen eine Entscheidung oder Anordnung des Anstaltsleiters,

Z 2 wegen Verletzung eines subjektiven Rechts durch ein Verhalten des Anstaltsleiters,

Z 3 wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Anstaltsleiter.

Gemäß § 165 Abs 2 StVG iVm § 166 Z 2 StVG darf eine Unterbrechung der Unterbringung nur gewährt werden, wenn anzunehmen ist, dass der Untergebrachte während der Zeit der Unterbrechung keine gerichtlich strafbare Handlung begehen wird. Im Übrigen gilt hiefür § 99 StVG dem Sinne nach mit folgenden Maßgaben:

a)  Eine Unterbrechung im Sinne des § 99 Abs 1 Z 1 ist zulässig, sobald die voraussichtlich noch zu verbüßende Strafzeit drei Jahre nicht übersteigen würde, eine Unterbrechung im Sinne des § 99 Abs. 1 Z 2, sobald diese Strafzeit ein Jahr nicht übersteigen würde.

b)  Eine Unterbrechung darf auch gewährt werden, soweit dies zur Behandlung des Zustandes des Untergebrachten (Z 1) oder zur Vorbereitung auf das Leben in Freiheit notwendig oder zweckmäßig erscheint. In diesem Fall darf das zeitliche Ausmaß der Unterbrechung bis zu einem Monat betragen. Über eine Unterbrechung von mehr als vierzehn Tagen entscheidet das Vollzugsgericht.

Unterbrechungen der Unterbringung sind nur über Antrag zu bewilligen, was sich schon aus dem Verweis in Z 2 auf § 99 ergibt. Grundsätzlich obliegt die Entscheidung über eine Unterbrechung nach Z 2 dem Anstaltsleiter. Eine Gefahr der Begehung einer gerichtlich strafbaren Handlung ist dann nicht anzunehmen, wenn das Risiko der Begehung einer solchen lediglich in der nicht restlosen Vorhersagbarkeit menschlichen Verhaltens liegt und Risiken, die sich aus der konkreten Persönlichkeit des Rechtsbrechers, insbesondere seiner geistig-seelischen Abnormität ergeben, ausgeschlossen werden können. Aus der Zusammenschau von § 99 StVG , § 47 StGB ergibt sich, dass § 166 Z 2 StVG nicht verlangt, dass die Gefährlichkeit mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann; es genügt eine einfache Wahrscheinlichkeit. Auch für den Bereich des Maßnahmenvollzuges gilt die Rsp des EGMR, dass fahrlässige Gewährung von Freiheitsmaßnahmen einen Verstoß gegen Art 2 EMRK darstellt ( Drexler/Weger, StVG 4 § 166 Rz 2 (Stand 1.5.2018, rdb.at) mit weiteren Nachweisen).

Ist ein Strafgefangener nach der Art und dem Beweggrund der strafbaren Handlung, derentwegen er verurteilt worden ist, sowie nach seinem Lebenswandel vor der Anhaltung und seiner Aufführung während dieser weder für die Sicherheit des Staates, noch für die der Person oder des Eigentums besonders gefährlich, so ist ihm auf seinen Antrag eine Unterbrechung der Freiheitsstrafe gemäß § 99 StVG zu gewähren. Die Beurteilung der besonderen Gefährlichkeit iSd § 99 StVG ist bei Gesamtwürdigung aller Umstände, aus denen sich Schlüsse auf das künftige Verhalten des Verurteilten ziehen lassen, vorzunehmen, insbesondere auch Vorstrafenbelastung, rascher Rückfall, Tatbegehung während offener Probezeit, zu Gunsten des Verurteilten sind hingegen etwa geleistete Schadensgutmachung oder Versöhnung mit den Opfern zu berücksichtigen. Die besondere Gefährlichkeit kann sich konkret aus der Art oder dem Beweggrund der strafbaren Handlung ergeben, aber auch allgemein aus dem Lebenswandel. Bei der Art der strafbaren Handlung ist nicht eine bestimmte Deliktskategorie maßgeblich, sondern das historische Geschehen, auf dem das Ausmaß der durch die Tat herbeigeführten Rechtsgutbeeinträchtigung fußt, sowie den vom Gesetzgeber im Strafrahmen ausgedrückten Unrechtsgehalt des entsprechenden Deliktstypus. Das Tatmotiv kann besonders achtenswert aber auch besonders verwerflich sein und die Einstellung des Verurteilten gegenüber den rechtlich geschützten Werten widerspiegeln ( Pieber in WK² StVG § 5 Rz 28).

Bei der Gefährlichkeitsprognose handelt es sich um eine Ermessensentscheidung des Anstaltsleiters. Im vorliegenden Fall ist die massiv verfestigte Einstellung in gesteigerter Intensität gegenüber Mitgliedern der Justiz zu berücksichtigen, die in den genannten Urteilen Deckung findet und sich in den von ihm eingebrachten zahlreichen Schreiben an das Vollzugsgericht am Sitz des Oberlandesgerichtes Wien, welche teilweise auch derbe Beschimpfungen und Androhungen enthalten, manifestiert. Auch seine Weigerung, an den angebotenen Therapien teilzunehmen, zeigt, dass seine Gefährlichkeit, gegen die sich die Maßnahme nach § 21 Abs 1 und 2 StGB richtet, noch nicht ausreichend abgebaut wurde, um Vollzugslockerungen gewähren zu können. Vielmehr liegt beim Beschwerdeführer eine besondere Gefährlichkeit iSd § 99 StVG vor.

Gemäß § 78 Abs 5 GOG können alle Organe der Justizverwaltung Eingaben, die Beleidigungen enthalten oder aus verworrenen, unklaren, sinn- oder zwecklosen Ausführungen bestehen oder das Begehren nicht erkennen lassen oder sich in der Wiederholung bereits erledigter oder schon vorgebrachter Behauptungen erschöpfen, nach überblicksartiger Durchsicht und unter Verzicht auf eine ins Einzelne gehende Befassung und Bewertung zu den Akten nehmen, ohne sie weiter zu behandeln. Dies ist in einem Aktenvermerk festzuhalten. Gemäß § 97 GOG ist diese Bestimmung auch auf die Strafrechtspflege anwendbar. Auf die Stellungnahme vom ***** (ON 6) war daher inhaltlich nicht zu näher einzugehen. Zu dem bereits wiederholt gestellten Delegierungsantrag ist festzuhalten, dass im vorliegenden Fall die StPO nicht anzuwenden ist und infolge der Bestimmung des § 6 AVG (§ 17 Abs 2 Z 1 und Z 2 StVG) der Grundsatz der festen Zuständigkeitsverteilung gilt (OLG Wien 32 Bs 295/20x). Auch für den Vorwurf der Unterschlagung eines Protokolls durch den Vorsitzenden des Vollzugsgerichtes bestehen keinerlei Anhaltspunkte.

Da die Ablehnung der Antrags mit der angefochtenen Entscheidung der Leiterin der Justizanstalt ***** zu Recht erfolgte, war der Beschwerde nicht Folge zu geben.

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