JudikaturJustiz15R177/97y

15R177/97y – LG Linz Entscheidung

Entscheidung
04. Februar 1998

Kopf

Das Landesgericht Linz als Rekursgericht hat durch Dr. Franz Hammer als Vorsitzenden sowie Mag. Doris Langwieser und Dr. Barbara Kepplinger als Richter in der Rechtssache der Klägerin C***** GesmbH, *****- vertreten durch Dr. Winfried Sattlegger, Dr. Klaus Dorninger, Dr. Klaus Steiner und Mag. Marcus Bumberger, Rechtsanwälte in Linz, wider die Beklagte Ing. August L GesmbH Co.KG, ***** vertreten durch Dr. Ludwig Pramer und Dr. Peter Lindinger, Rechtsanwälte in Linz, wegen S 15.295,20 s.A., über den Rekurs des gerichtlichen Sachverständigen Dipl.Ing. Rudolf *****H, ***** gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 30.6.1997, 11 C 1817/95g-27, in nichtöffentlicher Sitzung den

B e s c h l u ß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Der Sachverständige wurde in einem Gewährleistungsprozeß beauftragt, ein Gutachten zu erstatten. Bei einem Streitwert von S 15.295,20 war ein Kostenvorschuß von S 10.000,-- erlegt.

Der Sachverständige gab dem Gericht bekannt, daß die Kosten für das Gutachten voraussichtlich S 15.000,-- bis S 20.000,-- betragen würden. Nach Rücksprache mit der Klägerin teilte das Erstgericht dem Sachverständigen mit, das Gutachten werde trotz der hohen Kosten eingeholt.

Der Sachverständige bestätigte nochmals die voraussichtlich geschätzten Kosten mit S 15.000,-- bis S 20.000,--. Die Klägerin erlegte über Auftrag einen weiteren Kostenvorschuß von S 10.000,--.

Für das Gutachten machte der Sachverständige dann aber eine Gebühr in Höhe von S 54.278,34 geltend. Er begründete die Überschreitung seiner Kostenschätzung damit, daß ein wesentlich höherer Erhebungsaufwand notwendig gewesen sei, unter anderem, weil unmittelbare Beweisstücke nicht mehr vorhanden gewesen wären. Erst durch umfangreiche Recherchen seien wesentliche Erkenntnisse gewonnen worden.

Die Klägerin sprach sich gegen die Höhe der Sachverständigengebühren aus. Der Sachverständige hätte darauf hinweisen müssen, daß die Gutachtenskosten in keiner wirtschaftlichen Relation mehr zum Streitwert stünden.

Mit dem angefochtenen Beschluß bestimmte das Erstgericht die Gebühr des Sachverständigen mit S 20.000,--. Der Sachverständige habe die voraussichtlichen Kosten mit S 15.000,-- bis S 20.000,-- beziffert und dann keine Mitteilung über die höheren tatsächlichen Kosten gemacht. Er habe daher seine Warnpflicht verletzt, weswegen ihm lediglich S 20.000,-- zustehen würden.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der rechtzeitige Rekurs des Sachverständigen mit dem ersichtlichen Antrag, den Beschluß dahingehend abzuändern, daß die Gebühr mit insgesamt S 54.278,34 bestimmt werde.

Der Rekurswerber meint, er habe bei erster Durchsicht des Aktes festgestellt, daß die voraussichtlichen Kosten über dem Streitwert liegen würden. Er habe das Erstgericht deshalb informiert, daß die Kosten voraussichtlich S 15.000,-- bis S 20.000,-- betragen und somit den Streitwert übersteigen würden. Es sei ihm mitgeteilt worden, das Gutachten sei auch dann zu erstatten, wenn die Kosten den Streitwert überstiegen. Aufgrund dieser Mitteilung sei das Gutachten ohne weitere Bekanntgabe der Kostenentwicklung erstellt worden.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Ist zu erwarten oder stellt sich bei der Sachverständigentätigkeit heraus, daß die tatsächlich entstehende Gebühr des Sachverständigen den Wert des Streitgegenstandes oder erheblich die Höhe eines erlegten Kostenvorschusses übersteigen wird, so hat der Sachverständige das Gericht darauf hinzuweisen. Unterläßt der Sachverständige dies, so hat er gemäß § 25 Abs. 1 GebAG für seine Leistungen insoweit keinen Gebührenanspruch. Mit der durch die GebAG-Novelle 1994 (BGBl. 1994/623) neu gefaßten Bestimmung des § 25 Abs. 1 GebAG wurde die bereits von der Rechtsprechung entwickelte Warnpflicht des Sachverständigen im Gesetz ausdrücklich normiert. Diese Warnpflicht ist vom Gutachter bei erheblicher Überschreitung des erlegten Kostenvorschusses oder aber bei jedem Überschreiten des Streitwertes wahrzunehmen (Bericht des Justizausschusses, 1724 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XVIII. GP). Der Gesetzgeber hat erkannt, daß gewährleistet werden muß, daß jede Partei eines Zivilprozesses wissen soll, was die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes kostet. Die Warnpflicht betont den betriebswirtschaftlichen Aspekt des Institutes "Zivilprozeß". Dieser Aspekt ist so wichtig, weil die Partei, aber auch der Richter oft den mit einem Sachverständigenbeweis verbundenen Kostenaufwand schlecht abschätzen kann (Krammer, Zur GebAG-Nov. 1994 in SV 1995/3, 11).

Um seiner Warnpflicht zu entsprechen, hat der Sachverständige auf die erwartete, tatsächlich entstehende Gebühr hinzuweisen. Damit können sich Parteien und Gericht ein Bild machen, ob und wie sinnvoll der Gutachtensaufwand ist.

Stellt sich bei der Sachverständigentätigkeit heraus, daß die tatsächlich entstehende Gebühr den in der Kostenschätzung des Sachverständigen genannten Betrag übersteigt, so löst dies eine weitere Warnpflicht des Sachverständigen aus.

Die Verletzung der Warnpflicht hat zur Folge, daß der Sachverständige insoweit keinen Gebührenanspruch hat.

Kommt der Sachverständige seiner Warnpflicht nicht nach, dann verliert er seinen Honoraranspruch, soweit der Wert des Streitgegenstandes (ohne Toleranzgrenze) oder der erlegte Kostenvorschuß erheblich überschritten wird. Die Grenze liegt hier nach der Rechtsprechung etwa im Bereich des Doppelten der Kostenvorschüsse (vgl. OLG Linz, 6 R 242/95 = SV 1996/2, 20 mwN; OLG Wien, 13 R 227/96i = SV 1997/1, 30 mwN).

Im vorliegenden Fall stellt sich die Frage, ob und ab welcher Höhe der Sachverständige seinen Gebührenanspruch verliert, wenn er seine eigene Kostenschätzung überschreitet.

Es erscheint nicht sachgerecht, diesen Fall ähnlich wie die Überschreitung des Kostenvorschusses zu beurteilen. Das Gericht muß in der Regel die Höhe des Kostenvorschusses nach laienhaften Gesichtspunkten festlegen. Wirtschaftliche Erwägungen führen häufig dazu, im Zweifel eher geringere Kosten anzunehmen, eben weil sich Gericht und Parteien oft über das wahre Ausmaß des Gutachtensaufwandes nicht im klaren sind. Um aber nicht bei jeder geringfügigen Überschreitung des Kostenvorschusses sogleich eine Warnpflicht auszulösen, normiert das Gesetz eine Erheblichkeitsschwelle. Anders verhält es sich aber, wenn der Sachverständige die voraussichtlichen Kosten bekanntzugeben hat. Er allein ist auch in der Lage, die voraussichtlichen Kosten tatsächlich abzuschätzen. Außerdem haben sich Gericht und Partei durch die Bekanntgabe der Kosten auch schon ein Bild verschaffen können, wie wirtschaftlich sinnvoll die Einholung des Gutachtens ist.

Um den Intentionen des Gesetzgebers Rechnung zu tragen, bessere Wirtschaftlichkeitsargumente in den Zivilprozeß einzuführen, ist nicht einzusehen, warum der Sachverständige nicht an seine Kostenschätzung gebunden sein soll. Er verliert also wegen Verletzung der Warnpflicht den seine eigene Kostenschätzung übersteigenden

Gebührenanspruch (a.A OLG Wien, 11 R 73/94 = SV 1994/3, 43 und 13 R

227/96i = SV 1997/1, 30, worin die Grenze der Erheblichkeit erst bei

einer Verdoppelung der eigenen Kostenschätzung erblickt wurde und somit der Sachverständige durch das Unterlassen der Warnung nur jenen Teil des Gebührenanspruches verliert, der das Doppelte der eigenen Kostenschätzung übersteigt). Die Frage, ob geringe Überschreitungen des in der Kostenschätzung genannten Betrages ebenfalls schon zu einem diesbezüglichen Verlust des Gebührenanspruches führen, stellt sich aufgrund der Höhe der Überschreitung der Kostenschätzung um mehr als 180 % im vorliegenden Fall nicht.

Das Erstgericht hat daher die Gebühr des Sachverständigen zu Recht mit S 20.000,-- bestimmt.

Dem Rekurs konnte daher keine Folge gegeben werden. Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs. 2 Z 5 ZPO nicht zulässig.

Rechtssätze
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