JudikaturJustiz13R60/07g

13R60/07g – LG Eisenstadt Entscheidung

Entscheidung
02. Mai 2007

Kopf

Das Landesgericht Eisenstadt als Rekursgericht hat durch die Richter Mag. Manfred Zechmeister (Vorsitzender), Dr. Jürgen Rassi und Mag. Alexander Pertmayr in der Exekutionssache der betreibenden Partei R***** reg GenmbH, 7501 Unterwart, *****, vertreten durch Mag. Christoph Hatvagner, Rechtsanwalt in 7400 Oberwart, gegen die verpflichtete Partei M***** N*****, g*****, 7501 Rotenturm an der Pinka, *****, wegen Euro 320,90 s. A., über den Kostenrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Oberwart vom 16.03.2007, GZ 4 E 3445/06p-11 (Rekursinteresse: EUR 109,66), in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass der zweite Satz im Spruch der angefochtenen Entscheidung ersatzlos zu entfallen hat.

Die verpflichtete Partei ist schuldig, der betreibenden Partei deren mit EUR 89,09 (darin EUR 14,85 an USt) bestimmten Rekurskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Der betreibenden Partei wurde gegen den Verpflichteten zur Hereinbringung von Euro 320,90 s.A. aufgrund des vollstreckbaren Zahlungsbefehls des Bezirksgerichtes Oberwart vom 10.06.2005, AZ 2 C 877/05v, mit Beschluss des Erstgerichtes vom 02.8.2005 zu 4 E 3827/05p die Fahrnis- und Forderungsexekution (§ 294a EO) bewilligt. Als Ergebnis der Drittschuldneranfrage schien in diesem Verfahren die Bgld Gebietskrankenkasse und das AMS Oberwart auf.

Mit Beschluss vom 24.07.2006 wurde im gegenständlichen Exekutionsverfahren der betreibenden Partei neuerlich aufgrund des identen Exekutionstitels gegen die verpflichtete Partei zur Hereinbringung der identen Forderung (samt der im Verfahren 4 E 3827/05p aufgelaufenen Exekutionskosten) die Forderungsexekution nach § 294a EO bewilligt (ON 2). Die Exekutionskosten wurden mit EUR 109,66 bestimmt. Im Exekutionsantrag wurde vorgebracht, dass der Verpflichtete die bisherigen Bezugsverhältnisse beendet hätte. Das Ergebnis der Drittschuldneranfrage beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger am 20.7.2006 fiel leer aus (AS 5). Auch eine neuerliche Anfrage am 27.10.2006 blieb erfolglos. Auf neuerlichen Antrag der betreibenden Partei führte das Erstgericht am 30.01.2007 eine weitere Drittschuldneranfrage durch. Daraus ergibt sich wiederum das AMS Oberwart als möglicher Drittschuldner (ON 8). Das AMS Oberwart gab keine Drittschuldererklärung ab, sondern verwies im Schreiben ON 9 darauf, dass das Pfandrecht im Verfahren 4 E 3827/05p noch wirksam sei.

Mit Beschluss vom 07.02.2007 (ON 10) wurde die betreibende Partei davon verständigt, dass eine Anzeige gemäß § 294 Abs 4 EO gemacht worden sei und das Gericht beabsichtige, die Exekution nach § 39 Abs 2 Satz 2 EO einzustellen. Die betreibende Partei wurde aufgefordert, sich dazu binnen 14 Tagen nach der Zustellung dieses Beschlusses zu äußern. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass von der Zustimmung ausgegangen werde, wenn innerhalb der Frist keine Äußerung erfolgt.

Mit dem lediglich im Kostenpunkt angefochtenen Beschluss ON 11 stellte das Erstgericht die Exekution gemäß § 39 Abs. 2 Satz 2 EO ein und aberkannte der betreibenden Partei die Kosten des Exekutionsverfahrens, nämlich die Kosten der Exekutionsbewilligung in Höhe von Euro 109,66. Im Wesentlichen begründete das Erstgericht die Kostenentscheidung unter Bezugnahme auf § 75 EO.

Insoweit der betreibenden Partei Kosten aberkannt wurden, richtet sich der Kostenrekurs der betreibenden Partei mit dem Antrag, die angefochtene Kostenentscheidung dahin abzuändern, dass die Kosten für das bisherige Exekutionsverfahren nicht aberkannt werden. Die verpflichtete Partei hat sich am Rekursverfahren nicht beteiligt. Der Rekurs ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 294 Abs 4 EO kann der Drittschuldner das Zahlungsverbot mit Rekurs anfechten oder dem Exekutionsgericht anzeigen, dass die Exekutionsführung nach den darüber bestehenden Vorschriften unzulässig sei. Zeigt der Drittschuldner dem Exekutionsgericht die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung an, so ist das als Antrag auf Exekutionseinstellung nach § 39 Abs 2 Satz 2 EO anzusehen (vgl. Zechner, Forderungsexekution 235). Gegenständlich hat das Erstgericht die Exekution antragsgemäß nach § 39 Abs 2 Satz 2 EO eingestellt, was auch in Rechtskraft erwuchs.

Kommt es zur Einstellung des Exekutionsverfahrens, hängt die Aberkennung der Kosten der betreibenden Partei davon ab, ob einer der Tatbestände des § 75 EO erfüllt ist. § 75 EO kennt zwei Gruppen von Einstellungsgründen. Erfolgt die Einstellung der Exekution aus einem der in dieser Gesetzesstelle namentlich genannten Einstellungsgründen, bedarf es für die Aberkennung von Kosten keines Verschuldens des betreibenden Gläubigers (vgl. Jakusch in Angst, EO Rz 5 zu § 75). Die Einstellung der gegenständlichen Exekution erfolgte vorliegend nicht aus den in § 75 EO explizit genannten Einstellungsgründen, sodass dem betreibenden Gläubiger die Kosten gegenständlich nur dann abzuerkennen sind, wenn ihn an der Einleitung oder Fortsetzung der Exekution insofern ein Verschulden getroffen hat, als er den bereits existenten Einstellungsgrund kannte und dennoch auf der Einleitung bzw. Fortsetzung der Exekution beharrte. Der positiven Kenntnis des Einstellungsgrundes ist es gleichzusetzen, wenn der betreibende Gläubiger bei der Anwendung der gebotenen Sorgfalt davon hätte Kenntnis haben müssen (Heller/Berger/Stix I 752), ihn also große Fahrlässigkeit trifft (vgl. Jakusch in Angst aaO Rz 5).

Im Gegensatz zur Ansicht des Erstgerichtes kann nun der betreibenden Partei gegenständlich jedoch keine Kenntnis des Einstellungsgrundes oder grobe Fahrlässigkeit im Zeitpunkt der Exekutionsantragstellung unterstellt werden. Allein der Umstand, dass es gegenständlich bereits ein Forderungsexekutionsverfahren gegen die verpflichtete Partei gibt, von dem evidentermaßen auch die betreibende Partei Kenntnis hat, reicht noch nicht hin, um hier die Voraussetzung des § 75 EO zu bejahen. Im Zeitpunkt des zweiten Exekutionsantrages war das Bezugsverhältnis zum AMS Oberwart bereits beendet, was auch aktenkundig war. Darauf wurde auch ausdrücklich von der betreibenden Partei in ihrem Exekutionsantrag hingewiesen. Die betreibende Partei konnte durchaus davon ausgehen, dass der Verpflichtete wiederum eine neue Arbeitsstelle angetreten hat.

Theoretisch besteht nach einer Beendigung eines Dienstverhältnisses auch die Möglichkeit, dass der Dienstnehmer (nach einer Unterbrechung) wiederum beim ursprünglichen Drittschuldner arbeitet und es zu einer Pfandrechtserstreckung im Sinne des § 299 EO kommt. In der zuletzt genannten Konstellation hat die Rechtsprechung und Lehre Grundsätze entwickelt, die durchaus auch auf die hier vorliegende Konstellation anzuwenden ist. Nach der von der Lehre gebilligten Ansicht des Rekursgerichts zu § 299 EO steht dem betreibenden Gläubiger die Möglichkeit zu, einen neuerlichen Exekutionsantrag zu stellen, selbst wenn sich aufgrund der Auskunft des Hauptverbandes herausstellt, dass der Verpflichtete wieder beim alten Drittschuldner beschäftigt ist (vgl. LG Eisenstadt RpflE 1996/106; LGZ Wien RpflE 2002/39; Oberhammer in Angst, EO, § 299 Rz 4; Zechner aaO 268) und der Antrag ex-post betrachtet im Hinblick auf die Pfandrechtserstreckung iSd § 299 EO überflüssig war. Dieser Ansicht liegt unter anderem die Überlegung zugrunde, dass die betreibende Partei nach Kenntnisnahme der Beendigung eines Dienstverhältnisses gar nicht die Möglichkeit hat, selbst zu eruieren, ob sich der Verpflichtete wieder in einem Arbeitsverhältnis befindet, zumal die Auskunftspflichten des Drittschuldners in § 301 EO umfassend geregelt sind und darüber hinaus keine Auskünfte erteilt werden müssen.

Dieser Ansicht hat sich jüngst auch das Rekursgericht angeschlossen (vgl hg 13 R 138/06a). Es besteht kein Anlass davon abzuweichen, zumal die hier vorliegende Konstellation zusätzlich auch davon geprägt ist, dass im Zeitpunkt der Exekutionsantragstellung und der Exekutionsbewilligung der Verpflichtete vom AMS keinen Bezug bezog. Die hier zu beurteilende zweite Fallgruppe des § 75 EO knüpft nun auf den Zeitpunkt des Exekutionsantrages an und geht von einer ex-ante Betrachtung aus. Gegenständlich war zum Zeitpunkt des Exekutionsantrages für die betreibende Partei jedenfalls noch nicht klar, ob sich der letztlich herangezogene Einstellungsgrund in der weiteren Folge dadurch verwirklichen wird, dass der Verpflichtete wieder beim AMS bezugsberechtigt wird und auf das im Vorverfahren erworbene Pfandrecht nach § 299 EO gegriffen werden kann. Aus diesen Erwägungen kann hier der betreibenden Partei kein Verschulden angelastet werden, sodass nicht mit einer Aberkennung der Kosten im Sinne des § 75 EO vorgegangen werden kann.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 Abs. 1, 50 ZPO iVm §§ 74, 78 EO iVm § 11 RATG idF BGBl. I Nr. 113/2003.

Der Ausspruch, dass der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig ist, gründet sich auf §§ 78 EO iVm §§ 528 Abs. 2 Z 1 und 3 ZPO, was gemäß § 78 EO iVm §§ 526 Abs. 3, 500 Abs. 2 Z 2 ZPO auszusprechen war. Landesgericht Eisenstadt

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