JudikaturJustiz13R47/07w

13R47/07w – LG Eisenstadt Entscheidung

Entscheidung
24. April 2007

Kopf

Das Landesgericht Eisenstadt als Rekursgericht hat durch die Richter Mag. Manfred Zechmeister (Vorsitzender), Dr. Jürgen Rassi und Mag. Alexander Pertmayr in der Rechtssache der Einschreiterin Jagdgesellschaft *****, vertreten durch A***** F*****, Jagdleiter, 7302 Nikitsch, *****, dieser vertreten durch die Dax Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, wegen EUR 11.195,73 (Wildschadensangelegenheit), über die Rekurse der Einschreiterin gegen die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Oberpullendorf vom 26.2.2007, GZ 1 Nc 1/07p-5, und vom 20.3.2007, GZ 1 Nc 1/07p-7, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Das Landesgericht Eisenstadt stellt beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art 89 Abs 2 B-VG und Art 140 Abs 1 B-VG den Antrag, § 119 Abs 5 Bgld Jagdgesetz 2004 Bgld LGBl 11/2005 als verfassungswidrig aufzuheben.

Mit der Fortführung des Verfahrens wird gemäß § 62 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes innegehalten.

Text

Begründung:

Bisheriger Verfahrensgang:

Vor der Bezirksschiedskommission für Jagd- und Wildschäden bei der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf war ein Verfahren zwischen R***** H*****, 7302 Nikitsch, *****, und den Jagdberechtigten des Genossenschaftsjagdgebiets ***** wegen einer Entschädigung aufgrund Wildschadens anhängig. Nachdem ein Schlichtungsverfahren scheiterte, hat die Bezirksschiedskommission für Jagd- und Wildschäden bei der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf gemäß § 119 Abs 1 Bgld Jagdgesetz 2004 iVm § 101 Bgld Jagdverordnung mit Bescheid vom 19.12.2006 zu OP-09-03-110-9 der Jagdgesellschaft ***** als Jagdausübungsberechtigte den Ersatz des Wildschadens mit EUR 11.195,73 auferlegt und ihr auch den Ersatz der Verfahrenskosten von EUR 321,36 aufgetragen. Diese Entscheidung wurde der Rechtsvertreterin der Jagdgesellschaft ***** am 4.1.2007 zugestellt. Mit dem am 22.1.2007 zur Post gegebenen und am 24.1.2007 eingelangten Schriftsatz beantragte die Einschreiterin beim Bezirksgericht Oberpullendorf „die Sache bei Gericht anhängig zu machen". Vom Bezirksgericht Oberpullendorf wurde daraufhin zu 1 Nc 1/07p ein Akt angelegt. Mit Beschluss vom 30.1.2007 (ON 2) wurde der Schriftsatz der Einschreiterin zur Verbesserung binnen 14 Tagen durch Formulierung eines konkreten entscheidungsfähigen, zur geschäftsordnungsgemäßen Behandlung geeigneten Antrages zurückgestellt. Dieser Beschluss wurde der Einschreiterin am 1.2.2007 zugestellt. Im am 16.2.2007 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz ON 4 vom 14.2.2007 wird von der Einschreiterin darauf hingewiesen, dass ein weitergehender Sachantrag nicht gestellt werde, weil es nach den Verfahrensbestimmungen keine konkreten Regeln gebe, auf welchem Weg die erste Partei (gemeint R***** H*****) nunmehr eine weitergehende Entscheidung herbeizuführen hätte. Der gegenständliche Antrag habe lediglich in exakter Folge des Bgld Jagdgesetzes den Zweck, die Entscheidung der Bezirksschiedskommission außer Kraft zu setzen. Ob das Gericht entsprechend den Bestimmungen des MRG den Akt der Bezirksschiedskommission selbständig abzufordern habe und infolge Anrufung des Gerichtes den dortigen Sachantrag als Klage zu übernehmen habe, entziehe sich der Beurteilung mangels einer konkreten Regelung im Bgld Jagdgesetz.

Mit dem Beschluss vom 26.2.2007 (ON 5) hat das Bezirksgericht Oberpullendorf den Antrag der Jagdgesellschaft ***** vom 19.1.2007 (ON 1) als zur geschäftsordnungsgemäßen Behandlung nicht geeignet zurückgewiesen. Das Bezirksgericht Oberpullendorf wies darauf hin, dass diejenige Partei, die sich durch eine Entscheidung der Bezirksschiedskommission beschwert erachte, nicht bloß das Gericht anzurufen habe, um die Entscheidung der Bezirksschiedskommission außer Kraft zu setzen, sondern bei Gericht einen „Antrag auf Entscheidung" zu stellen habe, der selbstverständlich zu einer geschäftsordnungsgemäßen Behandlung geeignet sein müsse. Da ein solcher Antrag nicht vorliege und die einschreitende Partei dem Verbesserungsauftrag keine Folge geleistet habe, sei ihr Antrag zurückzuweisen.

In der Folge beantragte die Einschreiterin mit Schriftsatz ON 6 (eingelangt beim Erstgericht am 9.3.2007), ihr die Wiedereinsetzung in die Frist zur Verbesserung des Antrages zu gewähren. Gleichzeitig wurde der Antrag gestellt festzustellen, dass die Ersatzpflicht für Wildschäden im Betrag von EUR 497,73 sowie eine Ersatzpflicht für zu treffende Schutzmaßnahmen in der Höhe von EUR 10.951,70 nicht bestehe. Im gleichen Schriftsatz wurde hilfsweise ein Rekurs gegen den Beschluss ON 5 gestellt.

Dieser Wiedereinsetzungsantrag wurde vom Bezirksgericht Oberpullendorf mit Beschluss vom 20.3.2007 (ON 7) abgewiesen und darauf hingewiesen, dass sich kein Wiedereinsetzungsgrund im Sinne des § 146 ZPO ergebe.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich ein weiterer Rekurs der Einschreiterin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Erstgericht allenfalls nach Formulierung eines konkret abgefassten Verbesserungsauftrages die Verhandlung in der Sache selbst aufzutragen. Gegenstand der Anfechtung und Anfechtungsumfang:

Nach § 119 Abs 1 Bgld Jagdgesetz 2004 hat nach Scheitern eines Vergleiches die örtlich zuständige Bezirksschiedskommission über den Anspruch auf Ersatz der Jagd- und Wildschäden zwischen der geschädigten Person und der oder dem Jagdausübungsberechtigten zu entscheiden. Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel zulässig (§ 119 Abs 4 Bgld Jagdgesetz 2004).

§ 119 Abs 5 Bgld Jagdgesetz 2004 lautet wie folgt:

„Jede Partei, die sich durch die Entscheidung der Bezirksschiedskommission beschwert erachtet, kann innerhalb von vier Wochen nach Zustellung der Entscheidung der Kommission die Sache bei Gericht anhängig machen. Durch die Anrufung des Gerichtes tritt die Entscheidung außer Kraft. Sie tritt jedoch wieder in Kraft, wenn der Antrag auf Entscheidung des Gerichtes zurückgezogen wird."

Aus den unten angeführten Gründen wird § 119 Abs 5 Bgld Jagdgesetz 2004 wegen Verfassungswidrigkeit angefochten. Dem Landesgericht Eisenstadt erscheint es im Hinblick auf den engen inhaltlichen Zusammenhang der Regelung nicht geboten, etwa nur einen Teil der Regelung (zB den Satzteil „bei Gericht" in § 119 Abs 5 Satz 1 Bgld Jagdgesetz 2004) anzufechten, weshalb der gesamte Absatz 5 leg cit angefochten wird. Kommt es zu einer Aufhebung durch den VfGH von Teilen der Regelung, gibt es für den restlichen Regelungsinhalt keine sinnvollen Anwendungsbereich. Selbst wenn man sich dem nicht anschließt und man Teile der Regelung als verfassungskonform betrachtet, wäre jedenfalls die unbestimmte Anordnung der Anrufungsmöglichkeit durch die Wortfolge „bei Gericht" in § 119 Abs 5 Satz 1 Bgld Jagdgesetz 2004 als verfassungswidrig aufzuheben.

Zur Präjudizialität der angefochtenen Bestimmung:

Das Landesgericht Eisenstadt als Rekursgericht hat bei der Entscheidung über die gegenständlichen Rekurse die angefochtene Bestimmung des § 119 Abs 5 Bgld Jagdgesetz 2004 anzuwenden. Diese Bestimmung ist nun insoweit präjudiziell als die unten aufgeworfenen Fragen nach dem streitigen oder außerstreitigen Rechtsweg bzw nach der Zuständigkeit und die daran anknüpfenden Rechtsfragen sich in erster Linie nach § 119 Abs 5 Bgld Jagdgesetz zu richten haben. In dieser Bestimmung ist die Zuständigkeit (allgemein) „des Gerichtes" angeordnet. Aus einer anderen Bestimmung kann die Zuständigkeit des angerufenen Bezirksgerichtes Oberpullendorf bzw. des Rekursgerichtes, in sukzessiver Zuständigkeit über zunächst bei der Bezirksschiedskommission anhängig gemachten Streitigkeiten zu entscheiden nicht unmittelbar oder indirekt abgeleitet werden. Einerseits ist es nun für das weitere Rekursverfahren entscheidend, ob die Rechtssache hier im streitigen Verfahren (=Zivilprozess) oder im Verfahren außer Streitsachen nach dem AußStrG zu entscheiden ist. Davon hängt nämlich die Verfahrensführung des Rekursverfahrens selbst ab. So muss gegenständlich etwa geprüft werden, ob der Rekurs zweiseitig ist (was vom Erstgericht nicht angenommen wurde). Auch ein allfälliger Wert- bzw. ein Zulässigkeitsausspruch betreffend den weiteren Rechtszug an den OGH hängt von der konkreten Verfahrensordnung ab. Die entsprechenden Regelungen in der ZPO bzw im AußStrG sind diesbezüglich nicht ident.

Weiters ist die Frage, ob hier der außerstreitige oder der streitige Rechtsweg zu wählen ist, auch für die Beurteilung der angefochtenen Entscheidung maßgeblich. Bejaht man hier den streitigen Rechtsweg, sind an das Klagebegehren strengere Maßstäbe zu setzen (vgl § 226 ZPO) als dies nach dem AußStrG der Fall ist (vgl § 9 AußStrG). Auch das Institut der Wiedereinsetzung ist im AußStrG nicht exakt wie in der ZPO geregelt, weil im AußStrG die Bestimmung des § 154 ZPO ausgeschlossen ist (vgl § 21 AußStrG). Schließlich ist es für die Regelung der (örtlichen und sachlichen) Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes entscheidend, ob hier das außerstreitige oder das streitige Verfahren zur Anwendung kommt. Die Präjudizialität ist schon deshalb zu bejahen, weil die angefochtene Bestimmung die Grundlage für die Anrufung des Gerichtes setzt.

Der Vollständigkeit halber wird auch darauf hingewiesen, dass die Einschreiterin die in der angefochtenen Bestimmung angeordnete Vierwochenfrist eingehalten hat, was sich aus dem angeschlossenen Akt der Bezirksschiedskommission für Jagd- und Wildschäden bei der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf ergibt. Die Entscheidung der Bezirksschiedskommission ist somit noch nicht in Rechtskraft erwachsen, weshalb insofern die Präjudizialität nicht zu verneinen ist.

Zur Verfassungswidrigkeit:

Allgemeines:

§ 119 Bgld Jagdgesetz 2004 erscheint dem Landesgericht Eisenstadt als Rekursgericht mit dem österreichischen Verfassungsrecht insbesondere aus nachstehenden Gründen nicht vereinbar zu sein, weshalb es sich zur Stellung des oben genannten Antrages veranlasst sieht:

Art 83 Abs 2 B-VG bestimmt: „Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden". In ähnliche Richtung geht Art 6 Abs 1 EMRK, wo bestimmt ist, dass in Zivil- und Strafsachen ein „auf Gesetz beruhendes Gericht" zu entscheiden hat. Die Regelungen der Jagdgesetze der einzelnen Bundesländer über den Ersatz von Jagd- und Wildschäden haben zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen im Sinne des Art 6 Abs 1 EMRK zum Gegenstand. Über solche Ansprüche ist von einem Tribunal im Sinne des Art 6 Abs 1 EMRK zu entscheiden (1 Ob 506/95 = ÖJZ-LSK 1995/175; VfGH G 129, 205, 210, 232/87 = JBl 1988, 309). Hatte der VfGH in seiner früheren Judikatur (VfSlg 2470) die Auffassung vertreten, dass sich das Recht auf den gesetzlichen Richter nur auf den Bereich der Vollziehung erstrecke und „durch ein Gesetz nicht verletzt werden kann" (vgl ähnlich VfSlg 3085, 4127, 4347), so hat er erstmals im Jahre 1972 (VfSlg 6675) entschieden, „dass die sachliche Zuständigkeit einer Behörde ... aus dem Gesetz festzustellen sein muss". Ist die Behördenzuständigkeit im Gesetz nicht exakt festgelegt, ist das Gesetz nach Auffassung des VfGH wegen Verstoßes gegen Art 18 iVm Art 83 Abs 2 B-VG aufzuheben (vgl VfSlg 9937, 10.311, 12.788; Walter/Mayer, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts9 Rz 1406). Dabei wird nicht unterschieden, ob es sich um ein Bundesgesetz (vgl VfSlg 12.788) oder um ein Landesgesetz handelt (VfSlg 10.311).

An diese Rechtsprechung anknüpfend erweist sich die angefochtene Bestimmung wegen Verstoßes gegen das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nach Art 83 Abs 2 B-VG, Art 6 Abs 1 EMRK bzw. gegen das sich aus Art 18 B-VG allgemein ergebende Gebot von ausreichend bestimmten Gesetzen als verfassungswidrig. Das Recht auf den gesetzlichen Richter (und die entsprechende Bestimmung der EMRK) ist nicht nur dann verletzt, wenn die konkret einzuschreitende Behörde sich nicht aus dem Gesetz ergibt (wie das gegenständlich auch mangels Festlegung der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit der Fall ist, vgl unten). Vielmehr liegt ein Verstoß gegen Art 83 Abs 2 B-VG, Art 6 Abs 1 EMRK unter anderem auch schon dann vor, wenn von vornherein nicht feststeht, welche konkrete Verfahrensart vorgesehen ist (vgl Bajons, Die Beweisführung durch Handelsbücher, NZ 1991 [FN 40]; Rassi, Verfahrensrechtliche Fragen der Bucheinsicht, ÖJZ 1997, 891).

Daneben erscheint dem Rekurssenat auch bei isolierter Betrachtung des Art 18 B-VG die allgemeine Anordnung in § 119 Abs 5 Bgld Jagdgesetz 2004, wonach die Sache „bei Gericht" anhängig gemacht werden könne, ohne dass das Verfahren näher geregelt wäre, als zu unbestimmt.

Dazu im Einzelnen:

Der Gesetzgeber des Bgld Jagdgesetzes 2004 bedient sich der Figur der sukzessiven Zuständigkeit. Dabei wird das (Zivil )Gericht nach der Entscheidung einer Verwaltungsbehörde angerufen. Da mit der Anrufung des Gerichtes der Bescheid außer Kraft tritt, wird die gerichtliche Entscheidung als nicht nachprüfend angesehen und deshalb vom VfGH für verfassungskonform erklärt (VfSlg 6537, 10.452). Anwendungsfälle sind die sukzessive Kompetenz der Arbeits- und Sozialgerichte für die in § 65 ASGG genannten Sozialrechtssachen (§§ 67 ff ASGG), jene der Bezirksgerichte in Mieterschutzverfahren über die in § 37 MRG genannten Angelegenheiten (§ 40 MRG) und im Enteignungsverfahren (Killmann, Die Festsetzung der Enteignungsentschädigung im Verfahren mit sukzessiver Kompetenz nach Bundes- und nach steirischem Landesrecht [1998] 33 ff; vgl dazu auch Rechberger/Simotta, Zivilprozessrecht6 Rz 28).

Die Aufzählung dokumentiert, dass das Gericht bei der sukzessiven Kompetenz nicht zwingend im streitigen Verfahren (wie in Sozialrechtssachen) oder im außerstreitigen Verfahren (wie im Mieterschutzverfahren) zu entscheiden hat. Aus der neutralen Formulierung in der angefochtenen Bestimmung ist nun nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu erschließen, ob hier das Gericht im Zivilprozess oder im Außerstreitverfahren anzurufen ist. Es gibt zahlreiche Argumente für die eine, ebenso wie für die andere Lösung. Dafür, dass hier das Außerstreitverfahren zur Anwendung kommt, spricht der Umstand, dass der Bgld Landesgesetzgeber im Jahr 2004 zahlreiche Landes- oder Bundesgesetze betreffend Entschädigungsansprüche (iwS) vorfand, die zunächst im Verwaltungsverfahren und anschließend im gerichtlichen Verfahren geltend zu machen sind. Diesen Gesetzen ist gemein, dass entweder ausdrücklich auf das Außerstreitverfahren verwiesen wird, oder zumindest an das Eisenbahn-Entschädigungsgesetz (EisbEG) angeknüpft wird, das wiederum eine sukzessive Kompetenz des Gerichtes im Verfahren außer Streitsachen kennt.

Zur ersten Gruppe (ausdrücklicher Verweis) gehören etwa folgende (Landes )Gesetze:

Sbg ROG 1988 (§ 25 Abs 4); Krnt KHG (§ 8 Abs 5); Stm Katastrophenschutzgesetz (§ 15 Abs 2); Oö Statistikgesetz (§ 6 Abs 3); Tir Höfegesetz (§ 23 Abs 4); Wr Statistikgesetz (§ 6 Abs 5); Bgld Forstausführungsgesetz (§ 17 Abs 6); Bgld Kathastrophenhilfegesetz (§ 29 Abs 3).

Zur zweiten Gruppe (Verweisung auf das EisbEG) gehören folgende Gesetzbestimmungen:

Bgld Forstausführungsgesetz (§ 7 Abs 7); Oö Jagdgesetz (§ 13 Abs 3, 24 Abs 4, 33 Abs 5, 53 Abs 3, 54 Abs 1, 66 Abs 1, 77 Abs 1); Oö NSchG 2001 (§ 37 Abs 4); Vbg Rettungsgesetz (§ 11 Abs 1); Vbg Straßengesetz (§ 47 Abs 3); Vbg Abfallwirtschaftsgesetz (§ 11 Abs 3); Nö Forstausführungsgesetz (§ 11 Abs 5); Sbg Landesstraßengesetz (§ 15 Abs 1); Sbg Jagdgesetz (§ 108d).

Das bereits erwähnte EisbEG gilt gewissermaßen als der „Prototyp" der Enteignungsentschädigungsgesetze (vgl Mayer/Fucik, Das neue Verfahren außer Streitsachen3 Rz 283). Bis zum 31.12.2006 galt zudem Art 13 VEG, wonach bei der Durchführung der Enteignung und bei der Festsetzung der Entschädigung das EisbEG sinngemäß Anwendung findet. Das EisbEG wurde im Rahmen des Außerstreit-Begleitgesetz (BGBl I Nr. 112/2003) dahin geändert, dass nunmehr das mit der Ausführung der Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen betraute Landesgericht zuständig ist, in dessen Sprengel der Gegenstand der Enteignung liegt (§ 18 Abs 2 EisbEG).

Für die Anwendung des Außerstreitverfahrens im gegenständlichen Verfahren spricht nun der Umstand, dass der Gesetzgeber des Bgld Jagdgesetzes 2004 die zahlreich erwähnten landesgesetzlichen Bestimmungen (es existieren auch ähnliche bundesgesetzliche Bestimmungen), Art 13 VEG und das EisbEG vorgefunden hat (vgl dazu aber unten).

Als weiteres Argument, dass die gegenständliche Rechtssache im Verfahren außer Streitsachen zu behandeln wäre, kann die Verwendung der Formulierung im letzten Satz der angefochtenen Bestimmung gesehen werden, wonach die Entscheidung der Bezirksschiedskommission wieder in Kraft tritt, wenn der Antrag auf Entscheidung des Gerichtes zurückgezogen wird. Dieser Ausdruck nimmt eher auf einen außerstreitigen Antrag als auf eine Klage im Zivilprozess Bezug. Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass § 119 Abs 5 des Bgld Jagdgesetzes 2004 vom Wortlaut stark an § 40 MRG erinnert. Vor allem aus der Bezugnahme auf die Anhängigmachung und die Anrufung bei Gericht könnte geschlossen werden, dass auch der Landesgesetzgeber an das Verfahren außer Streitsachen anknüpfen wollte. Davon unterscheiden sich etwa die oben angeführten Bestimmungen des ASGG, die ausdrücklich davon sprechen, dass der Versicherte eine Klage zu erheben hat (vgl § 67 ff ASGG).

All diesen Argumenten können jedoch zahlreiche Gegenargumente entgegengehalten werden, die durchaus im gleichen Ausmaß auch die Notwendigkeit einer Klagserhebung rechtfertigen würden. Zunächst ist auf die Zweifelsregelung des § 1 Abs 2 AußStrG hinzuweisen, wonach das Außerstreitverfahren nur in denjenigen bürgerlichen Rechtssachen anzuwenden ist, für die dies im Gesetz angeordnet ist. Diese Anordnung muss allerdings nicht ausdrücklich erfolgen, auch eine unzweifelhaft schlüssige (vgl Fucik/Rechberger in Rechberger3 Art I EGZPO Rz 6; 9 Ob 106/01f; 1 Ob 219/01f; 1 Ob 202/00p; 7 Ob 97/00s; 5 Ob 61/98a) bzw aus dem inneren Zusammenhang des geltend gemachten Anspruches unmissverständliche (Fasching, Lehrbuch2 Rz 112; SZ 60/18) Zuweisung ist nach überwiegender Auffassung ausreichend (Rechberger in Rechberger § 1 AußStrG; krit Mayr/Fucik aaO Rz 35). Für den gegenständlichen Fall muss festgehalten werden, dass § 1 AußStrG wohl ein Grund ist, im Zweifel die Zuständigkeit des streitigen Rechtsweges anzunehmen. Aus der angefochtenen Bestimmung geht jedoch nicht mit hinreichender Sicherheit hervor, ob das Außerstreitverfahren angeordnet wird. § 1 Abs 2 AußStrG setzt aber die Nichtanordnung voraus, sodass diese Norm die zu wählende Verfahrensnorm nicht hinreichend absteckt.

Die für die Auslegung der unklaren Bestimmung heranzuziehenden Materialien der angefochtenen Entscheidung können diese Frage ebenfalls nicht restlos klären, wenngleich daraus eine deutliche Tendenz zum streitigen Rechtsweg erkennbar ist. So ist etwa in den Materialien zu den Erläuterungen zu §§ 117 bis 121 des Bgld Jagdgesetzes 2004 von einem Prozessrisiko mit seinen Verfahrenskosten die Rede. Der Ausdruck Prozess gilt als Synonym für den streitigen Rechtsweg. Auch die Verwendung des Wortes Rechtsweg ohne weiteren Zusatz spricht eher für den streitigen Rechtsweg. Schließlich qualifiziert der Landesgesetzgeber den Abspruch über Jagd- und Wildschäden „als Teil des Schadenersatzrechtes". Damit verlieren die oben dargelegten Argumente zur Enteignungsentschädigungsgesetzgebung an Bedeutung. Wenn oben mit dem VEG und dem EisbEG argumentiert wurde, ist festzuhalten, dass hier das Außerstreitverfahren nicht mit der in Art 18 B-VG geforderten Bestimmtheit angenommen werden kann, zumal der gegenständliche „Entschädigungsbetrag" vom Rekurssenat nicht als Enteignungsentschädigung (ieS) qualifiziert wird. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass Art 13 VEG ebenso wie das EisbEG nicht auf Landesgesetze direkt angewendet werden kann, zumal in der angefochtenen Bestimmung (anders als in vielen ähnlichen Landesgesetzen) nicht an das EisbEG angeknüpft wird. Weiters kann im Kontrast zum oben gebrauchten Argument des ähnlichen Rechtsbestandes auf Bundes- und Landesebene in vertretbarer Weise ein Umkehrschluss ins Treffen geführt werden. Es erscheint nämlich nicht undenkbar, dass es der Landesgesetzgeber in Kenntnis der zahlreichen bundes- und landesgesetzlichen Regelungen im Entschädigungs- bzw. Enteignungsbereich bewusst unterlassen hat, im Gesetz auf das AußStrG zu verweisen, weil er damit (in Kombination mit der Qualifikation des Anspruches als Schadenersatzanspruch) den streitigen Rechtsweg eröffnen wollte.

Als Zwischenergebnis ist deshalb festzuhalten, dass es zahlreiche Gründe für und gegen die Annahme eines außerstreitigen Verfahrens gibt. Nach Ansicht des Landesgerichtes Eisenstadt als Rekursgericht kann dies nicht mit den Mitteln der Auslegung gelöst werden, sodass die Bestimmung des § 119 Abs 5 Bgld Jagdgesetz 2004 wegen Unbestimmtheit (Art 18 B-VG) bzw. wegen Verletzung des Rechtes auf den gesetzlichen Richter (Art 83 Abs 2 B-VG) und wegen Verstoßes gegen Art 6 EMRK als verfassungswidrig anzufechten war. Wenn man sich dieser Auffassung nicht anschließt und hier das Verfahren außer Streitsachen bejaht, wäre die angezogene Verfassungswidrigkeit auch darin gelegen, dass weder die örtliche noch die sachliche Zuständigkeit hinreichend geregelt ist. Betreffend die sachliche Zuständigkeit wird auf die oben angeführten Änderungen des EisbEG hingewiesen. Diese zentrale Norm im Bereich der sukzessiven Zuständigkeit erklärt nunmehr das Landesgericht als sachlich für zuständig. Im Hinblick auf die oben aufgezeigte Anknüpfung zahlreicher Landesgesetze und die Bestimmungen des EisbEG ist (schon im Hinblick auf die zeitliche Nähe des Gesetzwerdungsprozesses) nicht auszuschließen, dass auch das angefochtene Gesetz (ohne dies ausdrücklich auszusprechen) eine derartige Regel schaffen wollte, sodass die Anwendung der einschlägigen Bestimmung des § 104a JN, wonach in Geschäften außer Streitsachen die Bezirksgerichte sachlich zuständig sind, soweit nichts anderes bestimmt ist, fraglich erscheint.

Wesentlich deutlicher stellt sich jedoch die Unsicherheit im Bereich der örtlichen Zuständigkeit dar. Im Verfahren außer Streitsachen ist die örtliche Zuständigkeit entweder in den §§ 105 ff JN oder in den Sondergesetzen geregelt (vgl Mayr/Fucik aaO). Im für die außerstreitige Gerichtsbarkeit entsprechenden Teil der JN (§§ 105 ff) kann für die gegenständliche Rechtssache keine Zuständigkeit abgeleitet werden. Eine Regelung über die örtliche Zuständigkeit findet sich auch nicht in der angefochtenen Norm, sodass auch aus diesem Grund die aufgezeigte Verfassungswidrigkeit vorliegt. Es bleibt unklar, ob hier das angefochtene Gesetz an den Gerichtsstand des Berechtigten oder des Verpflichteten anknüpft oder ob sonstige Anknüpfungspunkte relevant sind (etwa Eintritt des Schadens). Zusammengefasst ist deshalb festzuhalten, dass im Hinblick auf die unklare Regelung in der angefochtenen Norm, die sowohl die einzuschlagende Verfahrensart als auch die Zuständigkeit des anzurufenden Gerichtes offen lässt, ein Verfahren nach Art 140 B-VG beim Verfassungsgerichtshof einzuleiten war.

Landesgericht Eisenstadt

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