JudikaturJustiz11R162/97p

11R162/97p – LG Linz Entscheidung

Entscheidung
08. Januar 1998

Kopf

Das Landesgericht Linz als Rekursgericht hat durch die Richter Dr. Walter Engelberger als Vorsitzenden sowie Mag. Gerhard Hasibeder und Mag. Jutta Dorfner-Zohner als Beisitzer in der Rechtssache der klagenden Partei W*****gesmbH, ***** *****, vertreten durch Dr. Johannes Grund, Dr. Wolf D. Polte, Rechtsanwälte in 4010 Linz, gegen die beklagte Partei Herbert G*****, Angestellter, *****, wegen S 5.153,-- s.A., über den Kostenrekurs der klagenden Partei gegen den Zahlungsbefehl des Bezirksgerichtes Linz vom 18.11.1997, 13 C 1805/97k-2, in nichtöffentlicher Sitzung den

B e s c h l u ß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat ihre Rekurskosten selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Mit der am 13.11.1997 im elektronischen Rechtsverkehr eingebrachten Mahnklage begehrte die klagende Partei vom Beklagten S 5.153,-- s.N. an Kaufpreis. An Kosten begehrte sie Normalkosten nach TP 2 RAT, vorprozessuale Inkassospesen für Bearbeitungsgebühr, drei Mahnschreiben, Evidenzhaltungsgebühr, Inkassoversuch und Adressenerhebung im Gesamtbetrag von S 3.504,-- sowie Kosten eines anwaltlichen Mahnschreibens in Höhe von S 313,--. Die klagende Partei habe aufgrund des Zahlungsverzuges des Beklagten ein Inkassoinstitut mit der Einbringung der Forderung beauftragt, dessen notwendige Tätigkeiten im Rahmen der Verordnung der Höchstsätze der Inkassoinstituten gebührenden Vergütungen (BGBl. 1996/141) verrechnet worden seien. Der einschreitende Parteienvertreter erkläre, daß ihm diese Kostenvorschreibung vorliege und sie über gerichtliche Aufforderung vorgelegt werden könne.

Das Erstgericht erließ am 18.11.1997 den Zahlungsbefehl laut Klage und sprach Kosten lediglich nach TP 2 RAT (S 1.710,--) zu.

Gegen diese Kostenentscheidung richtet sich der rechtzeitige Rekurs der klagenden Partei mit dem Abänderungsantrag, die Inkassospesen von S 3.817,-- als weitere Prozeßkosten bzw. die Kosten der Mahnklage mit insgesamt S 5.527,-- zu bestimmen.

Der Kostenrekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurswerberin vertritt die Ansicht, daß die Tätigkeit von Inkassobüros in der Wirtschaft gerechtfertigt und notwendig sei, sodaß die Kosten auch zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich seien. Aus der genauen Aufstellung der Inkassospesen gehe auch eindeutig hervor, daß diese entsprechend der Verordnung der Höchstsätze der Inkassoinstituten gebührenden Vergütungen verrechnet worden seien. Das OLG Wien habe in seiner Entscheidung 1 R 119/97w ausgesprochen, daß solche Kosten als Hauptforderung geltend zu machen und durchaus berechtigt seien.

Im vorliegenden Fall wurden die vorprozessualen Inkasso- bzw. Mahnspesen allerdings nicht neben der eigentlichen Hauptforderung, sondern im Kostenverzeichnis geltend gemacht. Damit sind aber nach ständiger Judikatur des Rekursgerichtes nicht die materiell-rechtlichen Grundsätze anzuwenden, sondern ist der Anspruch anhand der §§ 40ff ZPO zu prüfen.

Gemäß § 41 Abs. 1 ZPO hat die in einem Rechtsstreit vollständig unterliegende Partei ihrem Gegner alle durch die Prozeßführung verursachten, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Kosten zu ersetzen. Welche Kosten als notwendig anzusehen sind, hat das Gericht bei Feststellung des Kostenbetrages ohne Beweisverfahren nach seinem von sorgfältiger Würdigung aller Umstände geleiteten Ermessen zu bestimmen. Zu den Kosten, die als Teil der Prozeßkosten zuzusprechen sind, gehören auch die vorprozessualen Kosten, wenn sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren und nicht schon durch den Einheitssatz gedeckt sind.

Zur Frage der Ersatzfähigkeit vorprozessualer Kosten, insbesondere der Kosten eines Inkassoinstitutes, vertritt die Rechtsprechung grundsätzlich eine restriktive Linie. So entschied das Handelsgericht Wien, daß die Kosten für die Inanspruchnahme eines Kreditschutzverbandes oder eines Inkassobüros nicht als notwendige Kosten im Sinn des § 41 ZPO anzusehen sind (AnwBl 1982/1639). In die gleiche Richtung tendieren die Entscheidungen des OLG Wien in JBl 1982, 326 und in REDOK 1188 sowie des LGZ Wien in WR 3. Dieser Judikatur liegt die Auffassung zugrunde, daß ein Kaufmann in der Lage sein muß, eingehende Zahlungen zu überwachen und allfällig notwendige Mahnschreiben an den Schuldner selbst zu verfassen oder damit einen Rechtsanwalt zu betrauen, der für den Fall der Erfolglosigkeit der Mahnung sogleich die weitere Rechtsverfolgung aufnehmen kann, wobei diesfalls die Kosten eines derartigen Mahnschreibens im Einheitssatz nach § 23 RATG gedeckt sind.

Die Entscheidung des OLG Innsbruck, EvBl 1985/17, in der zwischen persönlichen Eintreibungsmaßnahmen durch Aufsuchen des Schuldners und der Verfassung von Mahnschreiben differenziert wird, ist bislang vereinzelt geblieben und wurde vom Rekursgericht schon in den Entscheidungen 18 R 794/94 und 12 R 54/96m abgelehnt. Als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig ist nur anzuerkennen, was mit einem Minimum an Aufwand ein Maximum an Erfolgsmöglichkeiten in sich birgt (AnwBl 1992, 136; LG Linz 15 R 7/97y). Das Rekursgericht schließt sich der Ansicht der herrschenden Rechtsprechung an, daß es einem Kaufmann möglich und zumutbar ist, die vom Inkassoinstitut in Rechnung gestellten Tätigkeiten selbst durchzuführen, insbesondere Mahnschreiben an den Schuldner abzufassen oder aber damit einen Rechtsanwalt zu betrauen, dessen Mahnschreiben entgegen der Kostenverzeichnung in der Mahnklage nach einhelliger Judikatur zu § 23 RATG, weil in der Regel einen erheblichen Aufwand an Zeit und Mühe nicht verursachend, im Einheitssatz für Nebenleistungen zur Mahnklage Deckung gefunden hätte bzw. findet.

Der Umstand, daß der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten gemäß § 69 Abs. 2 Z 5 GewO eine Verordnung über die Höchstsätze der Inkassoinstituten gebührenden Vegütungen erlassen hat (BGBl 1996/141), besagt nichts darüber aus, welche vom Gläubiger aufgewendeten Inkassokosten unter welchen Voraussetzungen vom Schuldner zu ersetzen sind. Diese Verordnung legt lediglich Standesregeln, also Verhaltensweisen, die bei der Ausübung eines bestimmten Gewerbes einzuhalten sind, fest. Die Ersatzpflicht für vorprozessuale Kosten bestimmt sich dagegen ausschließlich, sofern nicht eine Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner vorliegt, nach den verfahrensrechtlichen und daher öffentlich-rechtlichen Kostentragungsregeln der Zivilprozeßordnung.

Die im Rekurs zitierte Entscheidung des OLG Wien vom 30.7.1997, 1 R 119/97w, teilweise veröffentlicht in AnwBl 1997/7444, 950, betrifft insoferne einen anderen Fall, als dort die Kosten des Inkassobüros, gestützt auf Vereinbarung, als Hauptforderung geltend gemacht wurden. Im vorliegenden Fall bilden die Inkassospesen aber eine Kostenforderung, sodaß die einschlägigen Bestimmungen der §§ 40ff ZPO anzuwenden sind. Soweit das OLG Wien vermeint, die in § 41 ZPO genannten Kritierien seien für Inkassokosten nur beschränkt brauchbar, kann sich dies nur auf den Fall beziehen, daß diese Kosten zulässigerweise, insbesondere wenn sie durch Vereinbarung ihres öffentlich-rechtlichen Charakters entkleidet wurden, als Hauptforderung geltend gemacht werden.

Da schon aus diesen Gründen die durch die Einschaltung eines Inkassobüros aufgelaufenen Kosten nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige vorprozessuale Aufwendungen anzusehen sind (im gleichen Sinn LG Linz 18 R 794/94, 12 R 54/96m, 14 R 151/96s, 15 R 7/97y; LG Ried 6 R 314/96k; LG Salzburg 54 R 329/97i) - das geltend gemachte anwaltliche Mahnschreiben ist ohnehin im Einheitssatz gedeckt -, war auf die Problematik der Bescheinigung der vorprozessualen Kosten bei einer im elektronischen Rechtsverkehr eingebrachten Klage nicht mehr einzugehen.

Dem Kostenrekurs mußte daher insgesamt ein Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Rekurskosten gründet sich auf die §§ 50, 40

ZPO.

Gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO ist ein Revisionsrekurs bei Entscheidungen über den Kostenpunkt jedenfalls ausgeschlossen.

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