JudikaturJustiz113Ds2/18d

113Ds2/18d – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
14. Juni 2018

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz als Disziplinargericht für Richter und Staatsanwälte hat durch den Senatspräsidenten Dr. Bergmayr als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten Dr. Greslehner und die Senatspräsidentin Dr. Henhofer in der Disziplinarsache gegen Mag. ***** , Richter des Bezirksgerichtes *****, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Mag. ***** hat als Richter des Bezirksgerichtes ***** die ihn gemäß § 57 Abs 1 RStDG treffende Pflicht, unter anderem die in der Republik Österreich geltende Rechtsordnung unverbrüchlich zu beachten und die Pflichten seines Amtes gewissenhaft zu erfüllen, dadurch verletzt, dass er als für das Verfahren ***** Ub ***** des Bezirksgerichtes ***** zuständiger Richter nach dem am 9. November 2016 erfolgten Schluss der mündlichen Verhandlung den Beschluss über die Zulässigkeit der Unterbringung der Betroffenen, datiert mit 2. Oktober 2017, am 16. November 2017 und somit erst rund ein Jahr nach Schluss der Verhandlung abfertigte und die Zustellung des dagegen von der Patientenanwaltschaft am 1. Dezember 2017 erhobenen Rekurses an die Verfahrensparteien erst nach mehr als fünf Wochen, nämlich am 8. Jänner 2018, verfügte.

Er hat hiedurch ein Dienstvergehen nach § 101 Abs 1 RStDG begangen.

Gemäß § 104 Abs 1 lit a RStDG wird über Mag. ***** die Disziplinarstrafe des Verweises verhängt.

Das Disziplinarverfahren wird in diesem Umfang gemäß § 130 Abs 1 zweiter Fall RStDG eingestellt.

Text

Begründung:

Der am ***** geborene Mag. ***** wurde mit Wirksamkeit vom ***** auf die Planstelle eines Richters des Landesgerichtes ***** und mit Wirksamkeit vom ***** auf die Planstelle eines Richters des Bezirksgerichtes ***** ernannt. Er leitet dort seit vielen Jahren die Gerichtsabteilung *****. Sein Geschäftskreis umfasst Verlassenschafts-, Sachwalterschafts-, Unterbringungs- und Heimaufenthaltssachen sowie Todeserklärungen.

Die Gesamtbeurteilung von Mag. ***** gemäß § 54 Abs 3 RStDG lautet auf „ausgezeichnet“. Der Personalsenat des Landesgerichtes ***** führte in der am 11. März 2003 beschlossenen Dienstbeschreibung zur Frage A.3. Fleiß, Ausdauer, Gewissenhaftigkeit, Verlässlichkeit, Entschlusskraft und Zielstrebigkeit wie folgt aus: Im überdurchschnittlichen Ausmaß vorhanden; arbeitet nunmehr rückstandsfrei und zielstrebig.

In den Regelrevisionsberichten des Bezirksgerichtes ***** aus den Jahren 2003, 2008 und 2014 wird jeweils von einer effizienten bzw routinierten Arbeitsweise des Mag. ***** berichtet. Im Regelrevisionsbericht 2014 wurde ausgeführt: Er bewältigt seine Aufgaben sehr effizient.

Am 16. Februar 2018 erstattete der Präsident des Oberlandesgerichtes ***** Disziplinaranzeige gegen Mag. ***** wegen Verfahrensverzögerungen im Unterbringungsverfahren ***** Ub ***** des Bezirksgerichtes *****.

Im Rahmen von Vorerhebungen gemäß § 122 RStDG wurde Mag. ***** ersucht, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen (ON 8). Mit Schreiben vom 23. April 2018 erklärte er, die in der Aufforderung zitierten Vorwürfe seien richtig. Zudem merkte er an, dass es sich bei dem Verfahren um eine Überprüfung einer Unterbringung im Zeitraum 13. bis 18. März 2011 handle, wobei die Betroffene einen Tag nach Aufhebung der Unterbringung verstorben sei, somit habe sie durch die lange Verfahrensdauer keinen Nachteil erlitten und scheine die Endentscheidung lediglich von akademischem Interesse (ON 9).

Daraufhin beantragte der Disziplinaranwalt am 7. Mai 2018 ein Vorgehen gemäß § 110 Abs 2 RStDG und die Verhängung der Disziplinarstrafe des Verweises gemäß § 104 Abs 1 lit a RStDG (ON 11). Diesen Ausführungen des Disziplinaranwalts ist Mag. ***** nicht entgegengetreten (ON 13).

Aus dem bezughabenden Unterbringungsakt werden folgende Feststellungen getroffen:

Mit Beschluss vom 5. November 2015 hat das Landesgericht ***** als Rekursgericht dem Rekurs der Patientenanwaltschaft Folge gegeben, den angefochtenen Beschluss vom 8. Juni 2015 in seinen Punkten 4. und 5. aufgehoben und die Unterbringungssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung in diesem Umfang zurückverwiesen (ON 91). Am 9. November 2016 fand die abschließende Tagsatzung statt, in der mit dem Sachverständigen das Gutachten erörtert und der Schluss der Verhandlung verkündet wurde (ON 120). Der Beschluss über die Zulässigkeit der Unterbringung datiert vom 2. Oktober 2017 und wurde am 16. November 2017 abgefertigt (ON 124). Die Patientenanwaltschaft hat am 1. Dezember 2017 Rekurs gegen diese Entscheidung eingebracht (ON 127). Mag. ***** verfügte die Zustellung dieses Rekurses an den Abteilungsleiter des Landeskrankenhauses ***** und Rechtsanwalt Dr. ***** zur allfälligen Gegenäußerung erst am 8. Jänner 2018 (ON 128).

§ 27 UbG, wonach das Gericht den Beschluss innerhalb von sieben Tagen schriftlich auszufertigen hat, gelangte nicht zur Anwendung, weil die Unterbringung in diesem Zeitraum nicht mehr andauerte (die Unterbringung wurde am 18. März 2011 aufgehoben und die Patientin verstarb am 19. März 2011). Nach § 110 Abs 1 GeO ist für die Ausfertigung von Beschlüssen eine Frist von acht Tagen vorgesehen.

Rechtliche Beurteilung

§ 57 Abs 1 RStDG verpflichtet Richter und Staatsanwälte zur unverbrüchlichen Beachtung der österreichischen Rechtsordnung und fordert, sich mit voller Kraft und Eifer dem Dienst zu widmen, sich fortzubilden, ihre Amtspflichten gewissenhaft, unparteiisch und uneigennützig zu erfüllen und die ihnen übertragenen Amtsgeschäfte so rasch wie möglich zu erledigen.

Die Verzögerungen bis zur Aus- und Abfertigung des Beschlusses mehr als ein Jahr nach Schluss der Verhandlung sowie bis zur Zustellung des erhobenen Rekurses an die Verfahrensparteien sind Pflichtverletzungen, die ein Dienstvergehen gemäß § 101 Abs 1 RStDG darstellen.

Bei der Strafzumessung ist mildernd, dass die Erledigung der Amtsgeschäfte durch den knapp *****-jährigen Disziplinarbeschuldigten ansonsten keinen Anlass zur Kritik bietet und dieser das Dienstvergehen auch unumwunden einräumte, erschwerend die insgesamt beträchtliche Dauer der Verzögerungen. Nach den Umständen des Falles und der Persönlichkeit des Disziplinarbeschuldigten kann mit der mindestschweren Sanktion des Verweises (§104 Abs 1 lit a RstDG) das Auslangen gefunden werden.

Erachtet der Disziplinarsenat, dass nur die Disziplinarstrafe des Verweises zu verhängen ist, so kann dies gemäß § 110 Abs 2 RStDG ohne Verhandlung durch Beschluss erfolgen. War zu diesem Zeitpunkt das Disziplinarverfahren bereits eingeleitet, setzt der Ausspruch nach § 110 Abs 2 RStDG die zugleich erfolgende beschlussmäßige Einstellung des eingeleiteten Disziplinarverfahrens voraus (vgl Fellner/Nogratnig , RStDG-GOG 4 , § 110 Anm 1).

Da gemäß § 137 Abs 2 RStDG ein Kostenersatz durch den Disziplinarbeschuldigten nur im Falle der Verhängung einer Disziplinarstrafe durch nach mündlicher Verhandlung gefälltes Erkenntnis in Betracht kommt, entfällt eine Kostenersatzpflicht des Disziplinarbeschuldigten.

RECHTSMITTELBELEHRUNG:

Gegen diesen Beschluss können der Disziplinaranwalt und der Beschuldigte Beschwerde erheben (§ 110 Abs 3 RStDG), die binnen zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung beim Oberlandesgericht einzubringen ist (§ 164 Abs 1 RStDG).

Rechtssätze
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