JudikaturJustiz10Bs417/15x

10Bs417/15x – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
27. Januar 2016

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richter Dr. Sutter (Vorsitz), Mag. Redtenbacher und Mag a . Roßmann in der Strafsache gegen S***** K***** wegen des Verdachts der Vergehen pornografischer Darstellungen Minderjähriger nach § 207a Abs 1 Z 2 und Abs 4 Z 1 StGB über die Beschwerde des S***** K***** gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 13. Oktober 2015, GZ 3 HR 218/15p-4, in nichtöffentlicher Sitzung den

BESCHLUSS

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).

Text

begründung:

Die Staatsanwaltschaft Graz führt zu 13 St 141/15b ein Ermittlungsverfahren gegen S***** K***** wegen des Verdachts der Vergehen pornografischer Darstellungen Minderjähriger nach § 207a Abs 1 Z 2 und Abs 4 Z 1 StGB.

Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens beantragte die Staatsanwaltschaft Graz am 13. Oktober 2015 die Bewilligung der Durchsuchung der von S***** K***** benützten Räumlichkeiten samt der darin befindlichen Gegenständen samt allfälliger Neben- und Kellerräumlichkeiten in *****gasse *****, 8010 Graz, nach vorhandenen Datenträgern sowie weiteren Gegenständen, welche im Zusammenhang mit kinderpornografischen Inhalten stehen könnten, dies gemäß §§ 117 Z 2, 119 Abs 1, 120 Abs 1 erster Satz StPO. Begründet wurde der Antrag mit dem Anlassbericht des Landeskriminalamtes Steiermark vom 9. Oktober 2015, B6/72713/2015, demzufolge S***** K***** im Verdacht stehe, im Zeitraum von 28. Februar 2015 bis zum 1. März 2015 im Tor-Hidden-Service „P*****“ zahlreiche Dateien mit pornografischen Darstellungen unmündiger Minderjähriger hochgeladen sowie heruntergeladen und auf seinem PC gespeichert zu haben und nach wie vor im Besitz dieser Daten zu sein. Es sei daher davon auszugehen, dass sich in den Wohnräumen des S***** K***** Gegenstände und Spuren, nämlich Datenträger, Mobiltelefone und andere Beweisgegenstände befinden, die aus Beweisgründen sicherzustellen und auszuwerten sind.

Mit dem angefochtenen Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 13. Oktober 2015 bewilligte die Haft- und Rechtsschutzrichterin die Durchsuchung und befristete deren Durchführung mit 10. Dezember 2015. Noch am Tag der gerichtlichen Bewilligung – sohin am 13. Oktober 2015 – ordnete die Staatsanwaltschaft Graz die Durchführung der Ermittlungsmaßnahme an.

Die Durchsuchung wurde am 16. November 2015 von Beamten des Landeskriminalamtes durchgeführt und vor deren Beginn wurde S***** K***** die Anordnung der Durchsuchung samt gerichtlicher Bewilligung eigenhändig ausgefolgt.

Ebenfalls am 16. November 2015 wurde S***** K***** von den Beamten der Landespolizeidirektion Steiermark, EB Sexualdelikte, niederschriftlich zur Sache einvernommen. Anlässlich dieser Einvernahme erklärte er, dass er „gegen die Hausdurchsuchung einen Einspruch mache, da die Vorwürfe nicht stimmen und die Grundlage für eine Hausdurchsuchung nicht gegeben sei“. Mit dem Vorgehen der Beamten – so S***** K***** weiter – sei er aber einverstanden; die Durchsuchung sei an sich korrekt durchgeführt worden, er sei nur mit der „Anordnung“ an sich nicht einverstanden.

Der bezughabende Anlassbericht mit dem vom Beschwerdeführer unterzeichneten Einvernahmeprotokoll wurde der Staatsanwaltschaft Graz am 17. November 2015 übermittelt.

Die als „Einspruch“ bezeichnete Beschwerde bleibt erfolglos.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist festzuhalten, dass entgegen der ausdrücklichen Bezeichnung des erhobenen Rechtsmittels als „Einspruch“ der Sache nach eine Beschwerde gegen die gerichtliche Bewilligung der Durchsuchung erhoben werden sollte. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Inhalt der protokollierten Erklärung des S***** K*****, der im Wesentlichen angab, dass die Durchsuchung durch die Beamten an sich korrekt durchgeführt worden sei und er nur mit der Maßnahme der Durchsuchung nicht einverstanden sei. Das erhobene Rechtsmittel ist daher – entsprechend der klar zum Ausdruck kommenden Absicht des S***** K***** – als Beschwerde gegen die gerichtliche Bewilligung der Durchsuchung zu behandeln.

Eine Beschwerde gegen einen Beschluss, mit dem eine Anordnung der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren bewilligt wird, ist nach § 88 Abs 1 und Abs 2 StPO binnen 14 Tagen ab Bekanntmachung schriftlich oder auf elektronischem Weg bei der Staatsanwaltschaft einzubringen oder im Fall der mündlichen Verkündung zu Protokoll zu geben

( Tipold in Fuchs/Ratz , WK StPO § 88, RZ 9). Gegenständlich wurde S***** K***** die gerichtliche Bewilligung der Durchsuchung anlässlich deren Durchführung am 16. November 2015 eigenhändig (schriftlich) zugestellt und er erklärte im Zuge seiner polizeilichen Einvernahme am selben Tag protokollarisch (ON 5, AS 8) „Einspruch“, gemeint: Beschwerde, zu erheben und unterzeichnete (auch) diese Erklärung. Dieses Einvernahmeprotokoll wurde am 17. November 2015 an die Staatsanwaltschaft Graz übermittelt. Dem Formerfordernis der Schriftlichkeit der Beschwerde nach § 88 Abs 1 StPO wurde gegenständlich dadurch entsprochen, dass S***** K***** das Einvernahmeprotokoll, in welchem seine Rechtsmittelerklärung schriftlich festgehalten worden war, unterfertigte. Für die geforderte Schriftlichkeit spielt es in diesem Zusammenhang nämlich keine Rolle, dass ein Polizeibeamter im Zuge einer Amtshandlung die vom Beschuldigten eigenhändig unterschriebene Rechtsmittelerklärung zu Papier brachte.

Nachdem eine Beschwerdeerhebung vor der Polizei strafprozessual nicht vorgesehen ist, ist sie gleich zu beurteilen, wie der Fall eigenhändiger Beschwerdeverfassung bzw einer vom Beschwerdeführer bloß unterfertigten Verschriftlichung der Beschwerde durch eine beliebige dritte Person. Konsequenz dessen ist, dass der Beschwerdeführer selbst für die rechtzeitige Einbringung des Rechtsmittels Sorge zu tragen hat. Im Konkreten überließ S***** K***** dies der Polizei im Zuge deren Berichterstattung an die Staatsanwaltschaft. Da er die Berichterstattung nicht beeinflussen konnte, trug er ein erhebliches Risiko am rechtzeitigen Einlangen seiner Beschwerde bei einer nach § 88 Abs 2 oder Abs 4 StPO zuständigen Stelle. Die im Einvernahmeprotokoll festgehaltene Beschwerde langte (aber) bereits am 17. November 2015 – sohin einen Tag nach Bekanntmachung der Entscheidung – bei der Staatsanwaltschaft Graz ein, wodurch die 14-tägige Frist zur Einbringung der Beschwerde gewahrt wurde. Die – nicht ausführungsbedürftige – Beschwerde ist daher zulässig.

Gemäß § 119 Abs 1 StPO ist eine Durchsuchung von Orten und Gegenständen, somit auch das Durchsuchen von Räumlichkeiten, die durch das Hausrecht geschützt sind, zulässig, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sich dort Gegenstände oder Spuren befinden, die sicherzustellen oder auszuwerten sind. Es ist daher die auf bestimmten Tatsachen gegründete Wahrscheinlichkeit erforderlich, dass sich an dem zu untersuchenden Ort Gegenstände oder Spuren befinden, die aus Beweisgründen sicherzustellen oder auszuwerten wären.

Gegenständlich bestand zum Zeitpunkt der gerichtlichen Bewilligung der Durchsuchung ein derartiger konkreter Verdacht. Dieser gründete auf den unbedenklichen Berichten aus der Operation „P*****“ des FBI, welches den Administrator des einzig der sexuellen Ausbeutung von Kindern dienenden Tor-Hidden-Service „P*****“ ausforschen, den Server sicherstellen und auch die IP-Adressen der einzelnen Nutzer von „P*****“ ermitteln konnte. Entsprechend der erfolgten Auswertung der IP-Adressen war S***** K***** mit dem Benutzernamen „e*****“ und der E-Mail-Adresse ***** auf „P*****“ registriert und insgesamt 6 Stunden und 47 Minuten eingeloggt und online, wobei auf einer von ihm geladenen Datei ein unmündig minderjähriges Mädchen beim Vollzug des oralen Geschlechtsverkehrs an einem körperlich augenscheinlich erwachsenen Mann ersichtlich war. Aufgrund dieser Ermittlungsergebnisse bestand der konkrete Verdacht, dass S***** K***** insgesamt zahlreiche Dateien mit pornografischen Darstellungen unmündiger Minderjähriger (§ 207a Abs 4 Z 1 StGB) auf seinem PC gespeichert und von dort auf die Plattform „P*****“ hochgeladen und damit anderen zugänglich gemacht hat (§ 207a Abs 1 Z 2 StGB) und dass sich diese Daten nach wie vor in seinem Besitz, vermutlich in seinen (Wohn-)Räumlichkeiten, befinden. Es war sohin aufgrund dieser bestimmten Tatsachen wahrscheinlich, dass sich in den zu durchsuchenden Räumlichkeiten Gegenstände, nämlich Datenträger und gegebenenfalls andere Beweisgegenstände befinden, deren Sicherstellung die Täterschaft des S***** K***** belegen würde und die daher aus Beweisgründen sicherzustellen oder auszuwerten waren.

Die bewilligte Durchsuchung war auch verhältnismäßig, da sie zur Aufklärung von Sittlichkeitsdelikten mit einer Strafdrohung von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe erfolgte und keine andere zweckmäßige Möglichkeit bestand, den vorliegenden Verdacht aufzuklären. Dies, da bei einer bloßen Konfrontation des S***** K***** mit dem bestehenden Tatverdacht im Rahmen einer polizeilichen Einvernahme eine Löschung der Daten und damit eine Vernichtung von wesentlichem Beweismaterial zu befürchten war.

Oberlandesgericht Graz, Abteilung 10

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