JudikaturJustiz10Bs34/24m

10Bs34/24m – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
15. Februar 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richter Dr. Sutter (Vorsitz), Mag. a Tröster und Dr. in Steindl-Neumayr in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe nach § 46 StGB über die Beschwerden des Strafgefangenen und der B* gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht vom 2. Jänner 2024, GZ 13 BE 261/23p-9, in nichtöffentlicher Sitzung den

BESCHLUSS

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde des A* wird nicht Folge gegeben.

Die Beschwerde der B* wird zurückgewiesen .

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.

Text

BEGRÜNDUNG:

Der am ** geborene A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Graz-Karlau die im Verfahren AZ 410 Hv 4/07f des Landesgerichts für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über ihn verhängte lebenslange Freiheitsstrafe sowie die im Verfahren AZ 90 Hv 22/22k des Landesgerichts für Strafsachen Graz wegen des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 und Z 3 StGB über ihn verhängte Freiheitsstrafe von 20 Monaten.

Hinsichtlich der diesen Verurteilungen zugrunde liegenden Sachverhalte wird auf die im Akt erliegenden Urteilsausfertigungen verwiesen ( Beilagen ).

Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach Verbüßung einer Strafzeit von 15 Jahren gemäß § 46 Abs 6 StGB liegen seit 16. Juli 2022 vor (ON 3, AS 3).

Nachdem die bedingte Entlassung des Strafgefangenen nach Verbüßung von (mehr als) 15 Jahren mehrfach rechtskräftig aus spezialpräventiven Gründen abgelehnt worden war ( Beilagen ), beantragte er am 20. November 2023 erneut seine bedingte Entlassung (ON 2).

Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Erstgericht entsprechend den Stellungnahmen des Leiters der Justizanstalt (ON 6.2, AS 3) und der Staatsanwaltschaft (ON 1.2) den Antrag des Strafgefangenen nach seiner persönlichen Anhörung (ON 8) aus spezialpräventiven Gründen ab (ON 9).

Dagegen erhob der Strafgefangene unmittelbar im Anschluss an die Verkündung des Beschlusses Beschwerde (ON 8, AS 2), die er inhaltlich nicht ausführte. B*, die (auch) im Namen des Verurteilten schriftlich „Widerspruch“ gegen die Ablehnung der bedingten Entlassung erhob (ON 14), kommt keine Vertretungsbefugnis zur Ausführung der Beschwerde des Strafgefangenen zu. Das Rechtsmittelgericht ist jedoch infolge der mangelnden Bezeichnungspflicht des Beschwerdeführers ohnehin zur umfassenden Prüfung des angefochtenen Beschlusses verpflichtet ( Kirchbacher , StPO 15 § 89 Rz 4, Tipold in WK StPO § 89 Rz 16).

Darüber hinaus erklärte B* im eigenen Namen ihren Widerspruch gegen die bedingte Entlassung (ON 13, auch ON 12), der seinem wesentlichen Inhalt nach als Beschwerde gegen die Ablehnung der bedingten Entlassung zu werten ist (RIS-Justiz RS0099951).

Die Oberstaatsanwaltschaft äußerte sich inhaltlich nicht.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde des A* ist nicht berechtigt, jene der B* ist nicht zulässig.

Das Erstgericht hat im bekämpften Beschluss die Anlassverurteilungen, die Stellungnahmen des Strafgefangenen, des Anstaltsleiters und der Staatsanwaltschaft sowie die anzuwendende Norm, somit die Sach- und Rechtslage, zutreffend dargestellt, weshalb darauf identifizierend verwiesen wird (zur Zulässigkeit vgl RIS-Justiz RS0115236 [T1], RS0119090 [T4]).

Auch das erstgerichtliche Prognosekalkül ist nicht korrekturbedürftig.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung liegen mangels positiver Annahme künftiger Deliktsfreiheit (§ 46 Abs 6 StGB) nicht vor (zu den Kriterien Jerabek/Ropper in WK 2 StGB § 46 Rz 20). Die Person des Rechtsbrechers, sein Vorleben, sein Verhalten nach der Tat, sein privates Umfeld und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit sind maßgebliche Beurteilungsgrundlage der das künftige Verhalten betreffenden Prognoseentscheidung ( Jerabek/Ropper in WK² StGB § 46 Rz 15/1, Jerabek/Ropper in WK² StGB § 43 Rz 21).

Auch wenn der Verurteilte von 19. April 2017 bis 27. September 2017 in der Justizanstalt Garsten am psychologischen Behandlungsprogramm für Gewalttäter teilgenommen und dieses positiv abgeschlossen hat (ON 6.2, AS 2), lässt die beim Verurteilten zu beobachtende massive Aggressionsdelinquenz, selbst unter Haftbedingungen (vgl Verurteilung zu AZ 90 Hv 22/22k des Landesgerichts für Strafsachen Graz betreffend den Vorfall vom 29. April 2021 zum Nachteil eines Mithäftlings), unverändert auf eine ausgeprägte Tatbegehungsneigung und Sanktionsresistenz schließen. Soweit der Strafgefangene die (vollzugsgegenständlichen) Taten in Abrede stellt (ON 8, AS 2), ist er auf die rechtskräftigen Verurteilungen zu verweisen. Anhängige, nicht rechtskräftig abgeschlossene Verfahren (vgl Hinweis in ON 6.2, AS 1) sind im Hinblick auf die Unschuldsvermutung ohnehin nicht Gegenstand der Prognosebeurteilung (RIS-Jusitz RS0091815, RS0121255). Prognostisch ungünstig sind jedoch die zahlreichen in verschiedenen Justizanstalten gesetzten Ordnungswidrigkeiten im Vollzug (ON 6.4), unterstreichen diese doch zusätzlich, dass der Beschwerdeführer selbst unter Haftbedingungen nicht gewillt oder fähig ist, sich an Vorschriften zu halten. Unter weiterer Einbeziehung des unveränderten deliktsleugnenden Verhaltens (ON 8, AS 2; vgl auch ON 6.6, AS 7) und der von der Justizanstalt in ihrer Stellungnahme beschriebenen weiterhin gewaltorientierten Konfliktlösungsstrategien des Verurteilten (ON 6.2, AS 3) ist auch unter Berücksichtigung von Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB derzeit nicht anzunehmen, dass der Beschwerdeführer keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde.

Der Beschwerde des Strafgefangenen muss daher der Erfolg versagt bleiben.

Da Angehörigen (§ 72 StGB) keine eigene Rechtsmittellegitimation zukommt (vgl Pieber in WK² StVG § 152 Rz 6 und § 17 Rz 14), ist die Beschwerde der B* als unzulässig zurückzuweisen.

Der Rechtsmittelausschluss gründet auf § 17 Abs 1 Z 3 StVG iVm § 89 Abs 6 StPO.

Rechtssätze
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