JudikaturJustiz10Bs218/19p

10Bs218/19p – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
05. August 2019

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat durch Dr. Sutter als Einzelrichter in der Strafsache gegen J***** S***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2 StGB iVm § 161 StGB über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 8.Juli 2019, GZ 120 Hv 37/18f-63, den

BESCHLUSS

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluss aufgehoben und dem Verurteilten die Zahlung der mit EUR 36.352,00 bestimmten Gebühren der Sachverständigen beginnend mit 15.September 2019 in zwölf Raten zu je EUR 3.029,34 mit der Maßgabe bewilligt, dass sobald eine Rate nicht oder verspätet bezahlt wird, die Stundung wirkungslos ist.

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.

Text

begründung:

Der am ***** geborene J***** S***** wurde mit dem rechtskräftigen Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 8.Mai 2019, GZ 120 Hv 37/18f-57, wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2 StGB iVm § 161 StGB zu einer im Sinn des § 43a Abs 2 StGB teilbedingten Freiheitsstrafe und – soweit hier relevant – gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Verfahrens verurteilt.

Der Geldstrafe wurde zugrunde gelegt, dass J***** S***** monatlich einen Betrag von EUR 3.205,00 ins Verdienen bringt, einen Privatkredit von EUR 100.000,00 zu bedienen und Sorgepflichten für ein minderjähriges Kind hat (Seite 4 der ON 57).

Dem Strafverfahren war ein Sachverständiger beigezogen worden. Dessen Gebühren wurden mit (insgesamt) EUR 36.352,00 bestimmt (AS 13 der ON 59) und im Sinn des § 381 Abs 1 Z 2 StPO dem Verurteilten zur Zahlung vorgeschrieben. Die Zustellung des bezüglichen Beschlusses erfolgte am 20.Mai 2019, dessen Rechtskraft am 3.Juni 2019.

Mit Eingabe vom 21.Juni 2019 beantragte der Verurteilte hinsichtlich der Gebühren des Sachverständigen ihm deren Bezahlung ab 15.September 2019 in zwölf Raten zu gewähren.

Diesen Antrag wies der Erstrichter mit dem angefochtenen Beschluss ab.

Die dagegen erhobene Beschwerde ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 9 Abs 5 zweiter Satz GEG entscheidet über Stundung, Nachlass und Uneinbringlichkeit der in § 1 Z 2 leg.cit angeführten Beträge das Gericht, das das Grundverfahren geführt hat. Gegenstand des § 1 Z 2 GEG sind ausschließlich Geldstrafen und Geldbußen, nicht jedoch Kosten des Strafverfahrens (diese werden in § 1 Z 4 GEG behandelt). Mit Blick auf diese Gesetzeslage und die Nichtannahme einer planwidrigen Gesetzeslücke geht das Oberlandesgericht Graz seit 4.April 2016 (8 Bs 422/15t mit eingehender Begründung) in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass eine Stundung (im Sinn des in § 9 Abs 1 GEG) von Kosten bzw Gebühren des Strafverfahrens nicht vorgesehen ist und solcherart nicht gewährt werden kann (vgl zuletzt 9 Bs 88/19p mwN).

Zutreffend legte der Erstrichter der bekämpften Entscheidung die ständige Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Graz zugrunde. Diese erscheint – gerade auch vor dem Hintergrund wiederholter Novellierungen des § 9 GEG – nach wie vor dogmatisch zutreffend. Das Rechtsmittelgericht verkennt aber nicht, dass die gegenteilige Ansicht der Oberlandesgerichte Linz (8 Bs 236/15k) und Innsbruck (7 Bs 311/15s), und diesen folgend Lendl (in WK-StPO, § 391 Rz 15) sowie zuletzt Dokalik und Seeber-Grimm (in ÖJZ 2019/77) zumindest vertretbar ist. Angesichts des Ziels einer möglichst einhelligen österreichweiten Rechtsprechung, der Verbreitung der Ansicht des Vorliegens einer planwidrigen Gesetzeslücke, die mittels analoger Anwendung des § 409a StPO geschlossen werden kann und des Umstands, dass eine solche Vorgangsweise eine wünschenswerte Bedachtnahme auf die finanzielle und wirtschaftliche Situation von Verurteilten auch in Gebührensachen erlaubt, wird hier nicht (mehr) an der bisherigen Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Graz festgehalten und die Möglichkeit einer analogen Anwendung des § 409a Abs 1 StPO eingeräumt. Bei einer solchen wiederum bleibt unklar, welche Maximalfristen (Abs 2 leg.cit) zum Tragen kommen. Die größere Ähnlichkeit mit dem in der Z 3 des § 409a Abs 2 StPO angeführten Angelegenheiten und die auch bereits in der zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Innsbruck angesprochene Fünfjahresfrist des § 8 Abs 1 GEG sprechen für eine maximale Aufschubsfrist von fünf Jahren.

Diese – geänderte – Rechtsansicht und das im Ratenzahlungsantrag nachvollziehbar behauptete monatliche Nettoeinkommen von EUR 5.000,00 zugrundelegend, kann die begehrte Ratenzahlung, die im beantragten Ausmaß auch angemessen erscheint, gewährt werden.

Der Ausschluss einer weiteren Rechtsmittelmöglichkeit ergibt sich aus § 89 Abs 6 StPO.

Oberlandesgericht Graz, Abteilung 10

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