JudikaturBvwgW166 2280213-1

W166 2280213-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
23. April 2024

Spruch

W166 2280213-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Ivona GRUBESIC sowie den fachkundigen Laienrichter Gerhard PALL als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 18.09.2023, betreffend den Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Grad der Behinderung weiterhin 50 v.H. beträgt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführerin wurde in einem Verfahren nach dem Bundesbehindertengesetz ein Grad der Behinderung von 50 v.H. zuerkannt. Am 17.07.2023 stellte sie den gegenständlichen Antrag auf Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten beim Sozialministeriumservice (im Folgenden: belangte Behörde).

In einer von der belangten Behörde eingeholten ärztlichen Stellungnahme (Sofortige Beantwortung) vom 20.07.2023 wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin in der Lage ist auf einem geschützten Arbeitsplatz zu arbeiten.

Mit Parteiengehör vom 20.07.2023 wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass über ihren gegenständlichen Antrag aufgrund des Umstandes, dass sie im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung im Ausmaß von 50 v.H. sei, positiv entschieden werde und sie die Möglichkeit habe binnen zwei Wochen eine schriftliche Stellungnahme einzubringen bzw. entsprechende neue Beweismittel vorzulegen.

Die Beschwerdeführerin legte einen neurologisch/psychiatrischen Kurzarztbrief vom Ambulatorium Liesing vom 04.09.2023 sowie eine Berufsdiagnostik vor.

Die belangte Behörde holte in der Folge ein Aktengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 05.09.2023 ein, in welchem Nachfolgendes ausgeführt wurde:

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe): BBRZ vom 25.08.2020 Aus arbeitsmedizinischer Sicht, nach fachärztlich psychiatrischer Begutachtung und nach Durchsicht der relevanten Befunde ist Frau XXXX unter Berücksichtigung der

Einschränkungen derzeit in ihrer Belastbarkeit teilweise eingeschränkt und daher nur im Ausmaß einer Teilzeitbeschäftigung einsetzbar. Eine Kursfähigkeit ist ebenso im Teilzeitausmaß bis zu einem Qualifizierungsniveau unter Lehrabschluss vorhanden. Empfehlungen: Zur Unterstützung bei der Integration in den Arbeitsmarkt wird eine Betreuung bei der Arbeitsassistenz WIN - Wienerintegrationsnetzwerk empfohlen. Psychotherapie Ergebnisse der Leistungsdiagnostik Logisches Denken: durchschnittlich Konzentrationsfähigkeit: unterdurchschnittlich Intelligenz: unterdurchschnittlich Deutsch: durchschnittlich Statusfestlegung Überblick

Berufliche Einsetzbarkeit aus arbeitsmedizinischer Sicht: eingeschränkt gegeben

Beruf erlernt: JA

Einsetzbarkeit im ausgebildeten Beruf als Buchbinderin: eingeschränkt gegeben Aufgrund der psychischen Einschränkungen ist nur eine Tätigkeit halbtags möglich. In Zusammenschau der Befunde und der arbeitsmedizinischen Untersuchung sowie nach einer psychiatrischen Begutachtung ho. ist ein Arbeitstraining bzw. ein 2. Arbeitsweg anzuraten. Ambulatorium Liesing der VKKJ vom 04.09.2023 Unterdurchschnittliche Intelligenz IQ80 Expressive und rezeptive Sprachstörung bei Zweisprachigkeit (Türkisch/ Deutsch) Stottern/ Stammeln Angststörung

weiters siehe auch FLAG vom 17.05.2023 Derzeitige Beschwerden: Sie spreche langsam, manchmal besser, manchmal schlechter, Im Alltag sei sie eigenständig, sie sei von Natur aus sehr schüchtern Psycho(patho)logischer Status: Freundlich, klar, orientiert, Kommunikation gut möglich, spricht langsam, Sprachstörung objektivierbar, jedoch gut verständlich, kooperativ und bemüht, im den ADLs selbstständig, Öffis werden eigenständig benutzt Es ist kein Grad der Behinderung zu ermitteln. Es kann Aufgrund der mangelnden Befundvorlage kein GdB festgelegt werden. Laut VGA besteht zwar eine Verhaltensstörung mit expressiver Sprachstörung dieses ist jedoch durch aktuelle Befunde nicht belegt. Verhaltensstörungen konnten im Rahmen der ho Untersuchung nicht objektiviert werden

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.

(…)

Frau XXXX kann trotz ihrer Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen:

 JA  NEIN.“

Mit Schreiben vom 07.09.2023 brachte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin unter Einräumung einer zweiwöchigen Frist zur Stellungnahme das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis. Es wurden keine Stellungnahmen eingebracht.

Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 18.09.2023 aufgrund des Antrages der Beschwerdeführerin vom 17.07.2023 festgestellt, dass sie ab 17.07.2023 mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. dem Kreis der begünstigten Behinderten angehört. Beweiswürdigend wurde dazu ausgeführt, dass sich aufgrund des eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens weiterhin ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 v.H. ergeben habe. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, die einen Bestandteil der Begründung bilde und mit dem Bescheid übermittelt worden sei, zu entnehmen (Aktengutachten vom 05.09.2023).

Gegen diesen Bescheid erhob die vertretene Beschwerdeführerin rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde und führte darin aus, dass sie einen neuen Befundbericht des Ambulatoriums Liesing vom 04.09.2023 habe.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht am 23.10.2023 vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist österreichische Staatsangehörige.

Am 17.07.2023 stellte sie den gegenständlichen Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten.

Bei der Beschwerdeführerin liegt aktuell folgende Funktionseinschränkung vor:

1 Kognitive Leistungseinschränkung, Intelligenzminderung mit Sprachstörung bei Zweisprachigkeit Pos.Nr. 03.01.03 GdB 50%

Bei der Beschwerdeführerin liegt ein Grad der Behinderung von 50 v.H. vor.

Die Beschwerdeführerin steht nicht in einem aufrechten sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis, ist aber infolge des Ausmaßes ihrer Funktionsbeeinträchtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb in der Lage.

2. Beweiswürdigung:

Die Staatsbürgerschaft der Beschwerdeführerin und die Feststellung zur Einbringung des Antrages auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen betreffend die aktuelle Funktionseinschränkung und den Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin ergeben sich aus dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Aktengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 05.09.2023.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin aktuell in keinem sozialversicherungsrechtlichen Dienstverhältnis steht, ergibt sich aus dem am 19.04.2024 eingeholten Auszug aus dem sozialversicherungsrechtlichen Auskunftsverfahren.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin infolge des Ausmaßes ihrer Funktionsbeeinträchtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb in der Lage ist, ergibt sich aus dem ärztlichen Sachverständigengutachten vom 05.09.2023 und der ärztlichen Stellungnahme (Sofortige Beantwortung) vom 20.07.2023, in welchen dieser Umstand bejaht wurde.

Zu dem mit der Beschwerde vorgelegten neurologisch/psychiatrischen Kurzarztbrief vom Ambulatorium Liesing vom 04.09.2023 ist festzuhalten, dass dieser von der Beschwerdeführerin bereits mit Antragstellung vorgelegt und von der ärztlichen Sachverständigen - im Gutachten vom 05.09.2023 unter „Zusammenfassung relevanter Befunde“ angeführt - bei der Einschätzung des vorliegenden Leidens berücksichtigt wurde.

Als Funktionseinschränkung wurde eine Kognitive Leistungseinschränkung, Intelligenzminderung mit Sprachstörung bei Zweisprachigkeit unter der Positionsnummer 03.01.03 der Anlage zur Einschätzungsverordnung mit dem unteren Rahmensatz, da „im Alltag weitgehend eigenständig“ mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. eingeschätzt. Eine Nachuntersuchung bei Verlaufskontrolle wurde für 08/2026 empfohlen.

Die Beschwerdeführerin hat in der Beschwerde keine Einwendungen erhoben, welche das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zu entkräften vermochten. Neue medizinische Beweismittel wurden nicht vorgelegt. Die Beschwerdeführerin ist dem ärztlichen Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, sie hat kein Sachverständigengutachten oder eine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen der befassten ärztlichen Sachverständigen unschlüssig oder unzutreffend seien.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 05.09.2023. Das Sachverständigengutachten wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 19b Abs. 1 BEinstG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten des § 14 Abs. 2 durch einen Senat, in welchem eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessensvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken hat.

Im gegenständlichen Fall liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Zu Spruchpunkt A) Abweisung der Beschwerde

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) lauten:

„Begünstigte Behinderte

§ 2. (1) Begünstigte Behinderte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind österreichische Staatsbürger mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. Österreichischen Staatsbürgern sind folgende Personen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. gleichgestellt:

1. Unionsbürger, Staatsbürger von Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, Schweizer Bürger und deren Familienangehörige,

2. Flüchtlinge, denen Asyl gewährt worden ist, solange sie zum dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind, 3. Drittstaatsangehörige, die berechtigt sind, sich in Österreich aufzuhalten und einer Beschäftigung nachzugehen, soweit diese Drittstaatsangehörigen hinsichtlich der Bedingungen einer Entlassung nach dem Recht der Europäischen Union österreichischen Staatsbürgern gleichzustellen sind. 4. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 72/2013) (2) Nicht als begünstigte Behinderte im Sinne des Abs. 1 gelten behinderte Personen, die

a) sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden oder

b) das 65. Lebensjahr überschritten haben und nicht in Beschäftigung stehen oder

c) nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften Geldleistungen wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit (dauernder Berufsunfähigkeit) bzw. Ruhegenüsse oder Pensionen aus dem Versicherungsfall des Alters beziehen und nicht in Beschäftigung stehen oder

d) nicht in einem aufrechten sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis stehen und infolge des Ausmaßes ihrer Funktionsbeeinträchtigungen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit auch auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (§ 11) nicht in der Lage sind.

(3) Die Ausschlussbestimmungen des Abs. 2 lit. a gelten nicht für behinderte Personen, die als Lehrlinge in Beschäftigung stehen, eine Ausbildung zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege absolvieren, an einer Hebammenakademie oder einer entsprechenden Fachhochschule ausgebildet werden oder zum Zwecke der vorgeschriebenen Ausbildung für den künftigen, eine abgeschlossene Hochschulausbildung erfordernden Beruf nach Abschluss dieser Hochschulausbildung beschäftigt werden und die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllen.

Behinderung

§ 3. Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Feststellung der Begünstigung

§ 14. (1) Als Nachweis für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten gilt die letzte rechtskräftige Entscheidung über die Einschätzung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit mindestens 50 v.H.

a) eines Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (der Schiedskommission) bzw. des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen oder der Bundesberufungskommission im Sinne des Bundesberufungskommissionsgesetzes, BGBl. I Nr. 150/2002, oder des Bundesverwaltungsgerichtes;

b) eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung bzw. das Urteil eines nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, zuständigen Gerichtes;

c) eines Landeshauptmannes (des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz) oder des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen in Verbindung mit der Amtsbescheinigung gemäß § 4 des Opferfürsorgegesetzes;

d) in Vollziehung der landesgesetzlichen Unfallfürsorge (§ 3 Z 2 Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 200/1967).

Die Feststellung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Nachweis gilt zugleich als Feststellung des Grades der Behinderung. Die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten (§ 2) auf Grund der in lit. a bis d genannten Nachweise erlischt mit Ablauf des dritten Monates, der dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung folgt, sofern nicht der begünstigte Behinderte innerhalb dieser Frist gegenüber dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen erklärt, weiterhin dem Personenkreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten angehören zu wollen.

(2) Liegt ein Nachweis im Sinne des Abs. 1 nicht vor, hat auf Antrag des Menschen mit Behinderung das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen den Grad der Behinderung nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) einzuschätzen und bei Zutreffen der im § 2 Abs. 1 angeführten sonstigen Voraussetzungen die Zugehörigkeit zum Kreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten (§ 2) sowie den Grad der Behinderung festzustellen. Hinsichtlich der ärztlichen Sachverständigen ist § 90 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, anzuwenden. Die Begünstigungen nach diesem Bundesgesetz werden mit dem Zutreffen der Voraussetzungen, frühestens mit dem Tag des Einlangens des Antrages beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen wirksam. Sie werden jedoch mit dem Ersten des Monates wirksam, in dem der Antrag eingelangt ist, wenn dieser unverzüglich nach dem Eintritt der Behinderung (Abs. 3) gestellt wird. Die Begünstigungen erlöschen mit Ablauf des Monates, der auf die Zustellung der Entscheidung folgt, mit dem der Wegfall der Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten rechtskräftig ausgesprochen wird.

Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012 (Einschätzungsverordnung), lauten auszugsweise:

„Behinderung

§ 1. Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht. Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Grundlage der Einschätzung

§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.“

Betreffend das bei der Beschwerdeführerin vorliegende Leiden ist der Anlage zur Einschätzungsverordnung zu entnehmen:

„03.01 Kognitive Leistungseinschränkung

Die Beurteilung der kognitiven Leistungsbreite erfolgt unabhängig der Ursachen (angeborene, posttraumatische, genetische, entzündliche oder toxisch bedingte Leistungsminderung) abhängig vom Ausmaß der Einschränkungen.

Auf kognitive Funktionsbehinderungen zurückgeführte Sprach – und Artikulationsstörungen bis hin zur Aphasie sind zu berücksichtigen.

03.01.03 Intelligenzminderung mit maßgeblichen Anpassungsstörungen 50 – 80 %

50-70 %:

Manifeste Probleme bei der Alltagsbewältigung

Ungelernte Arbeiten

Vollständige Unabhängigkeit eher selten“

Wie bereits in der Beweiswürdigung ausgeführt, wurde der bei der Beschwerdeführerin vorliegende Grad der Behinderung auf Grund des Sachverständigengutachtens einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 05.09.2023 entsprechend der Einschätzungsverordnung im gegenständlichen Verfahren - wie bereits in einem Vorverfahren nach dem Bundesbehindertengesetz - mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. eingeschätzt.

Dem eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten ist die Beschwerdeführerin nicht substantiiert entgegengetreten.

Hierzu ist auszuführen, dass es dem Antragsteller freisteht, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).

Aus den dargelegten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abzuweisen, dass der bei der Beschwerdeführerin vorliegende Grad der Behinderung weiterhin 50 v.H. beträgt.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

3. wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall wurde zur Klärung des Sachverhaltes ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Das Beschwerdevorbringen war - wie bereits unter Punkt 2. ausgeführt - nicht substantiiert und geeignet die sachverständigen Beurteilungen zu entkräften bzw. relevante Bedenken daran hervorzurufen. Für das Bundesverwaltungsgericht ergaben sich keine weiteren Fragen an die Beschwerdeführerin oder an die befasste Sachverständige. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigenbeweises geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht beantragt. Dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird (vgl. dazu die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 09.06.2017, Zl. E 1162/2017-5).

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Rechtssätze
0

Keine verknüpften Rechtssätze zu diesem Paragrafen