JudikaturBvwgL506 2290232-1

L506 2290232-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
23. April 2024

Spruch

L506 2290232-1/4Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. GABRIEL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Pakistan, vertreten durch die XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX :

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend BF) wurde am XXXX von Polizeibeamten aufgrund des dringenden Tatverdachts der Schlepperei vorläufig festgenommen und in die JA Eisenstadt verbracht. Im weiteren wurde mit Beschluss des LG XXXX vom XXXX , GZ XXXX die Untersuchungshaft verhängt.

2. Am 21.09.2023 wurde seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (nachfolgend BFA) gegen den BF ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet.

3. Am 16.10.2023 wurde der BF seitens eines Beamten des BFA niederschriftlich einvernommen und dem BF zur Kenntnis gebracht, dass im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung aufgrund seines Verhaltens eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot zu erlassen, nach Haftende bzw. rechtskräftiger Verurteilung eine Sicherungsmaßnahme anzuordnen und ihn in den Herkunftsstaat abzuschieben.

Der BF gab an, am Tag der Festnahme in das Bundesgebiet eingereist und festgenommen worden zu sein. Er habe während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet nirgends Unterkunft genommen, sei zuvor nie in Österreich gewesen, habe hier keine Anknüpfungspunkte und beabsichtige nicht, dauerhaft hier zu bleiben, da er nach der Haftentlassung nach Spanien zurückkehren wolle, da er dort einen Aufenthaltstitel (E25809081, gültig von 07.08.2023-13.04.2024) habe.

4. Am 22.11.2023 wurde der BF mit Urteil des LG XXXX GZ XXXX wegen des Verbrechens der Schlepperei nach §§ 114 (a9, 114 (3) Z2, 114 (4) 1. Fall FPG zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt; das Urteil erwuchs mit 28.11.2023 in Rechtskraft.

5. Am 13.02.2024 wurde hinsichtlich der Herzerkrankung und der vom BF benötigten Medikamente eine Anfrage an die Staatendokumentation gerichtet und langte am 20.02.2024 eine Anfragebeantwortung, wonach die benötigten Medikamente in Pakistan erhältlich seien, ein.

6. Mit dem nunmehr angefochten Bescheid des BFA vom XXXX wurde ein Aufenthaltstitel besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.). Gem. § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF gem. § 46 nach…(Anmerkung: kein Staat enthalten) zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. (Spruchpunkt IV.) Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt. (Spruchpunkt V.) und wurde einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gem. § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.)

Es wurde festgestellt, dass der BF verheiratet sei und eine Tochter habe, die Angehörigen leben in Spanien. In Spanien verfüge der BF über einen Aufenthaltstitel und sein einer Arbeit als Koch nachgegangen. Die seitens des BF aufgrund seiner Herzerkrankung benötigten Medikamente seien in Pakistan erhältlich. Der BF erfülle weder die Kriterien für einen Aufenthaltstitel in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen noch eines solchen wegen Vorliegens eines besonderen Schutzes, noch habe er einen dahingehenden Antrag gestellt. Der BF sei während seines Aufenthaltes in Österreich straffällig geworden und verfüge über keine gültigen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet. In Österreich habe er weder in privater noch familiärer Hinsicht Anknüpfungspunkte und würden die Anbindungen des BF im Herkunftsstaat, wo seine Mutter und Schwester leben, überwiegen. Er spreche nicht Deutsch, sondern Punjabi.

Am 22.11.2023 wurde der BF mit Urteil des LG XXXX GZ XXXX wegen des Verbrechens der Schlepperei nach §§ 114 (a9, 114 (3) Z2, 114 (4) 1. Fall FPG zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt; das Urteil erwuchs mit 28.11.2023 in Rechtskraft.

Das vom BF gesetzte Verhalten berühre ein Grundinteresse der Gesellschaft an Ordnung und Sicherheit und gehe von ihm eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus.

Die sofortige Ausreise des BF sei im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dringend geboten, weshalb der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt werde.

Zur Bewegungsfreiheit, Rückkehr, medizinischen Versorgung und Erhältlichkeit der vom BF benötigten Medikamente wurden Feststellungen getroffen.

7. Gegen den oa. Bescheid des BFA erhob der BF durch seine rechtsfreundliche Vertretung fristgerecht mit Schriftsatz vom XXXX Beschwerde wegen Mangelhaftigkeit der Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Das BFA habe im Zuge der erlassenen Rückkehrentscheidung die öffentlichen Interessen den privaten Interessen des BF gegenübergestellt, dabei entscheidungsrelevante Tatsachen jedoch nicht berücksichtigt.

Auch sei die aktuelle Situation im Herkunftsstaat zu berücksichtigen, um eine Verletzung nach Art 2 und 3 EMRK auszuschließen; aus den offiziellen Länderberichten gehe hervor, dass eine solche Verletzung nicht ausgeschlossen werden könne, da sich der BF seit 20 Jahren in Spanien aufhalte und sein Gesundheitszustande einen Langstreckenflug ohne Gefährdung seines Lebens nicht zulasse, sodass die Abschiebung in den Herkunftsstaat des BF für unzulässig zu erklären gewesen wäre. Auch in Anbetracht dessen, dass die Lebensgefährtin des BF mit er gemeinsamen 13jährigen Tochter in Spanien lebe und dem BF grundsätzlich ein Recht auf persönlichen Kontakt zukomme, habe die Entscheidung den BF und seine Kinder in Ihrem Recht auf Achtung des Familienlebens verletzt.

Letztlich wurde angeregt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Es wurde beantragt, das BVwG möge:

-) eine mündliche Beschwerdeverhandlung zur erneuten Einvernahme des BF anberaumen; -) den angefochtenen Bescheid vollumfänglich und ersatzlos zu beheben;

-) der Beschwrede die Aufschiebende Wirkung zuzuerkennen

-) nicht geltend gemachte Rechtswidrigkeiten amtswegig aufzugreifen

-) die Rückkehrentscheidung und die damit verbundenen Spruchpunkte zu beheben und diese sowie das Einreiseverbot aufzuheben, die Rückkehrentscheidung für Dauer unzulässig zu erklären und dem BF die Anordnung zur Außerlandesbringung (Italien) anordnen -) in eventu das Einreiseverbot gänzlich zu beheben/ auf eine angemessene Dauer herabzusetzen

-) in eventu den Bescheid zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückzuverweisen

-) die ordentliche Revision zuzulassen

7. Gegenständliche Beschwerde langte samt bezug habenden Verwaltungsakt am XXXX in der hg. Gerichtsabteilung ein.

8. Hinsichtlich des Verfahrensgangs und des Parteivorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

9. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in die Akten der vorherigen Verfahren, in den gegenständlichen Verwaltungsakt unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben des BF, des Bescheidinhaltes sowie des Inhaltes der gegen den Bescheid des BFA erhobenen Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung

§ 18 BFA-VG lautet:

(1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1.

der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2.

schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3.

der Asylwerber das Bundesamt durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Verschweigen wichtiger Informationen oder durch Zurückhalten von Dokumenten über seine Identität oder seine Staatsangehörigkeit zu täuschen versucht hat,

4.

der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5.

das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6.

gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7.

der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn

1.

die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,

2.

der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder

3.

Fluchtgefahr besteht.

(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar.

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich hierbei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung – von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben des Beschwerdeführers als ‚vertretbare Behauptungen‘ zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.

Mit dem angefochtenen Bescheid erließ das BFA gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und ein befristetes Einreiseverbot. Der Verwaltungsgerichtshof betont dazu in seiner Rechtsprechung, dass es grundsätzlich immer Aufgabe des Verwaltungsgerichtes ist, sich vor Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme im Rahmen einer mündlichen Verhandlung selbst einen persönlichen Eindruck vom Fremden zu verschaffen, sofern nicht ausnahmsweise ein eindeutiger Fall gegeben ist (VwGH 15.03.2018, Ra 2018/21/0007 mwN). Bei der Verhängung eines Einreiseverbotes, das fallbezogen befristet ausgesprochen wurde, kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks bei der zur Prüfung eines Einreiseverbotes anzustellende Gefährdungsprognose besondere Bedeutung zu (VwGH 25.06.2019, Ra 2019/19/0130). Auch ist auf die rezente höchstgerichtliche Judikatur zu verweisen, wonach im Falle eines wegen Schlepperei verurteilten Fremden das Höchstgericht auf die besondere Bedeutung des persönlichen Eindrucks bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen verwies und das BVwG nicht von einem geklärten Sachverhalt hätte ausgehen dürfen (VwGH 23.05.2023, Ra 2021/22/0008).

Der angefochtene Bescheid enthält trotz festgestellter Zulässigkeit der Abschiebung des BF keine Feststellungen zur aktuellen Sicherheitslage in Pakistan, welche aber in das Verfahren zu integrieren sind (VwGH 02.03.2006, 2004/20/0240).

Im vorliegenden Fall kann aufgrund der derzeitigen Aktenlage ohne nähere Prüfung des Sachverhaltes innerhalb der relativ kurzen Frist des § 18 Abs 5 BFA-VG nicht mit der erforderlichen Sicherheit prognostiziert werden, dass die Effektuierung der Rückkehrentscheidung in den in Aussicht genommenen Zielstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Bestimmungen der EMRK bedeuten würde.

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 6a BFA - VG entfallen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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