JudikaturBvwgW175 2283530-1

W175 2283530-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
22. April 2024

Spruch

W175 2283530-1/6E W175 2283531-1/6E W175 2283532-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Neumann über die Beschwerden 1.) des XXXX , geboren am XXXX , 2.) der XXXX , geboren am XXXX , und 3.) der XXXX , geboren am XXXX , türkische Staatsangehörige, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.12.2023, zu den Zahlen: 1.) 1369552710-231861734, 2.) 1369554900-231861963 und 3.) 1369551506-231861599, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG und § 61 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG idgF nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Erstbeschwerdeführer (BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin (BF2), die leiblichen Eltern der Drittbeschwerdeführerin (BF3), stellten am 18.09.2023 nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet für sich und ihre Tochter die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF (AsylG).

Ein Eurodac-Abgleich der Fingerabdruckdaten des BF1 und der BF2 am Tag der Erstbefragung ergab, dass die BF von Kroatien am 12.09.2023 aufgrund illegalen Aufenthaltes und aufgrund einer Antragstellung auf internationalen Schutz erkennungsdienstlich behandelt worden waren.

I.2. Der BF1 gab am 18.09.2023 bei der Erstbefragung gegenüber der Sicherheitsbehörde an, dass sie türkische Staatsagehörige seien, die Pässe hätten ihnen die Schlepper abgenommen. Sie könnten keine Identitätsdokumente vorlegen.

Sie hätten die Türkei am 06.09.2023 verlassen und seien über den Kosovo, Montenegro, Bosnien-Herzegowina und ein weiteres unbekanntes Land nach Kroatien gereist, wo sie eine Nacht in Zagreb verbracht hätten. Über weitere unbekannte Länder seien sie nach Österreich gereist, wo sie die gegenständlichen Anträge gestellt hätten.

Asylanträge hätten sie in keinem der durchreisten Länder gestellt.

Ihr Ziel sei Österreich gewesen, da hier die Mutter des BF1 lebe. Wenn die Mutter nicht hier wäre, wären sie in Kroatien geblieben.

Die BF2 machte im Wesentlich dieselben Angaben. Sie meinte, dass es ihr in Kroatien gut gefallen habe, aber wegen der Schwiegermutter seien sie nach Österreich gekommen.

Die BF führten keine gesundheitlichen Probleme an.

I.3. Am 18.10.2023 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) aufgrund der vorliegenden Eurodac-Treffer Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b der VO (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) an Kroatien.

I.4. Mit Schreiben vom 01.11.2023 teilten die kroatischen Behörden ihre Zuständigkeit gemäß Art. 20 Abs. 5 Dublin III-VO für die Prüfung der Anträge der BF mit.

I.5. Am 15.11.2023 gaben die BF im Rahmen des Parteiengehörs vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) in Türkisch befragt an, dass sie in Kroatien keine Anträge auf internationalen Schutz gestellt hätten.

Der BF1 gab an, er sei vor den Augen der BF1 von einem Polizisten einmal geschlagen worden, die BF2 gab an, dass der BF1 dreimal von der Polizei geschlagen worden sei, der BF3 gehe es seitdem psychisch schlecht. Man habe sie hungern lassen, sie seien krank geworden.

Ärztliche Befunde oder ähnliches wurden nicht vorgelegt.

I.6. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit den beschwerdegegenständlichen Bescheiden vom 12.12.2023, zugestellt am 14.12.2023, die Anträge auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück und sprach aus, dass Kroatien für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 18 Abs. 1 lit b der Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Die Außerlandesbringung der BF wurde gemäß § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung der BF nach Kroatien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Dem Bescheid sind folgende Feststellungen zu Kroatien zu entnehmen:

„Allgemeines zum Asylverfahren

Letzte Änderung: 14.04.2023

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (AIDA 2 22.4.2022; USDOS 12.4.2022 für weitere Informationen siehe dieselben Quellen).

Im Jahr 2021 bestand die größte Herausforderung neben der anhaltenden Ausbreitung von COVID-19 weiterhin in einem strengen Grenzregime, das den Zugang zum Hoheitsgebiet und zum Verfahren für internationalen Schutz in Kroatien einschränkt und ernsthafte Bedenken hinsichtlich des Schutzes der Menschenrechte von Personen, die internationalen Schutz beantragen, aufkommen lässt (HPC 22.42022).

Im Jahr 2022 wurden laut Eurostat 12.750 Erstanträge gestellt (von insgesamt 12.870 Anträgen im Vergleich zu 2.930 Anträgen im Jahr 2021) (Eurostat 23.3.2023; vgl. MoI 1.2.2023). Die Zahl der mutmaßlich unbegleiteten Minderjährigen belief sich auf 128 Personen (Eurostat 9.3.2023). Russen stellen inzwischen die mit Abstand antragsstärkste Nationalität dar (VB 6.2.2023).

Quellen:

AIDA - Asylum Information Database (22.4.2022): National Country Report Croatia 2021, provided by Croatian Law Centre (HPC) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE), https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2022/04/AIDA-HR_2021update.pdf, Zugriff 24.1.2023

Eurostat (23.3.2023): Asylum and first time asylum applicants - annual aggregated data, https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/tps00191/default/table?lang=en, Zugriff 28.3.2023

Eurostat (9.3.2023): Asylum applications of unaccompanied minors withdrawn by citizenship, age, sex and type of withdrawal - annual aggregated data, https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/migr_asyumwita/default/table?lang=en, Zugriff 28.3.2023

HPC - Croatian Law Centre (22.4.2022): Access to the territory and push backs - Croatia, https://asylumineurope.org/reports/country/croatia/asylum-procedure/access-procedure-and-registration/access-territory-and-push-backs/, Zugriff 25.1.2023

MoI - Ministry of Interior [Kroatien] (1.2.2023): Statistische Indikatoren von Antragstellern auf internationalen Schutz gemStaatsbürgerschaft und Geschlecht für den Zeitraum 01.01.-31.12.2022, https://mup.gov.hr/UserDocsImages/OTVORENI%20PODACI/Tra%C5%BEitelji%20me%C4%91unarodne%20za%C5%A1tite/web%20statistike%202022%20Q4%20TMZ.pdf, Zugriff 17.2.2023

USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): Country Report on Human Rights Practices 2021 - Croatia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071254.html, Zugriff 24.1.2023

VB des BM.I Kroatien [Österreich] (6.2.2023): Bericht des VB, per E-Mail

Dublin-Rückkehrer

Letzte Änderung: 13.04.2023

Personen, die im Rahmen der Dublin-VO nach Kroatien zurückkehren (dies waren im Jahr 2021 insgesamt 54 Personen), haben prinzipiell vollen Zugang zum kroatischen Asylsystem. Allerdings müssen Personen, die Kroatien vor Abschluss des Verfahrens verlassen haben und deren Verfahren daher ausgesetzt wurde, nach ihrer Rückkehr nach Kroatien erneut ein Asylverfahren beantragen (wenn sie dies wünschen), und somit das ursprüngliche Verfahren wieder aufnehmen, wie es in Artikel 18 Absatz 2 der Dublin-III-Verordnung vorgesehen ist (AIDA 22.4.2022).

Andererseits gelten Personen, deren Antrag ausdrücklich zurückgezogen oder abgelehnt wurde, bevor sie Kroatien verlassen haben, als Folgeantragsteller, was im Widerspruch zur Dublin-Verordnung steht. Dublin Rückkehrer haben keine Schwierigkeiten beim Zugang zum Aufnahmesystem und zu den materiellen Aufnahmebedingungen (AIDA 22.4.2022).

Das kroatische Rote Kreuz (CRC) bietet Dublin-Rückkehrern, die in Aufnahmezentren für Antragsteller untergebracht sind, Unterstützung bei der Integration in die kroatische Gesellschaft an (IOM 30.3.2023).

Quellen:

AIDA - Asylum Information Database (22.4.2022): National Country Report Croatia 2021, provided by Croatian Law Centre (HPC) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE), https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2022/04/AIDA-HR_2021update.pdf, Zugriff 24.1.2023

IOM - International Organization for Migration (30.3.2023): Information on IOM activities and IOM supported initiatives for migrants in the Republic of Croatia, requested by the Austrian Federal Office for Immigration and Asylum, Dokument liegt bei der Staatendokumentation auf.

Unbegleitete minderjährige Asylwerber / Vulnerable

Letzte Änderung: 13.04.2023

Als vulnerabel gelten unmündige Personen, Minderjährige, unbegleitete Minderjährige, alte und gebrechliche Personen, ernsthaft Kranke, Behinderte, Schwangere, AlleinerzieherInnen mit minderjährigen Kindern, psychisch Kranke, Opfer von Menschenhandel, Folter, Vergewaltigung oder anderen Formen psychologischer, physischer und sexueller Gewalt. Für Vulnerable gibt es spezielle Verfahrens- und Unterbringungsgarantien. Im Hinblick auf ihre persönlichen Umstände ist ihnen geeignete – auch medizinische - Unterstützung zu bieten. Speziell geschulte Beamte sollen Vulnerable identifizieren; ein institutionalisiertes Früherkennungssystem gibt es nicht (AIDA 22.4.2022).

In Gesetz und Praxis wird die Identifizierung spezieller Bedürfnisse als kontinuierlicher Prozess während des Verfahrens gesehen. Die frühzeitige Erkennung von Vulnerabilität erfolgt durch speziell ausgebildete Polizeibeamte, die dann das Aufnahmezentrum für Asylwerber je nach Bedarf entsprechend informieren. Die weitere Ermittlung besonderer Schutzbedürftigkeit erfolgt in der Unterbringung durch Sozialarbeiter oder Mitarbeiter von NGOs in Kooperation mit dem Innenministerium. Weniger offensichtliche Vulnerabilität wie z. B. im Zusammenhang mit Traumatisierten oder Opfern von Folter oder Menschenhandel oder auch von LGBTI-Personen werden in der gegenwärtigen Praxis viel seltener erkannt. Das Rehabilitationszentrum für Stress und Trauma berichtete, dass es noch immer keinen geeigneten Mechanismus zur Identifizierung von Folteropfern gibt (AIDA 22.4.2022).

Als "unbegleitete Minderjährige" gelten Drittstaatsangehörige bzw. staatenlose Personen, die jünger als 18 Jahre alt sind und ohne Begleitung verantwortlicher erwachsener Personen in die Republik Kroatien eingereist sind, aber auch alle Minderjährigen, die nach der Einreise unbegleitet verbleiben (AIDA 22.4.2022)

Nach Angaben des Ministeriums für Arbeit, Rentensystem, Familie und Sozialpolitik haben unbegleitete Minderjährige nach wie vor Schwierigkeiten beim Zugang zum Bildungswesen und stoßen auf den Widerstand der lokalen Gemeinden gegen ihre Integration. Sie können nur kurzzeitig in Sozialhilfeeinrichtungen untergebracht werden. Weitere Schwierigkeiten betreffen den Mangel an Dolmetschern, die fehlende Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Abteilungen und die unzureichende Kooperation von Sondervormunden mit Unterbringungseinrichtungen für unbegleitete Minderjährige. Im Jahr 2021 erhielt das Büro der Ombudsperson für Minderjährige weiterhin Informationen über Fälle, in denen Behörden Kinder von Migranten und Asylwerbern monatelang von ihren Familien trennten. Die Medien berichteten auch über zwei Fälle der Trennung von Eltern und Kindern durch kroatische Grenzschutzbeamte an den Außengrenzen, ohne dass Informationen über den Verbleib der Eltern vorlagen. Der Jesuitische Flüchtlingsdienst berichtete von einer zunehmenden Zahl von Familien, die an der Grenze getrennt werden, wenn Mütter und Kinder einen Asylantrag stellen dürfen, während die Väter nach Bosnien und Herzegowina zurückgeschoben werden (AIDA 22.4.2022).

Die Ombudsperson für Minderjährige berichtete, dass im Jahr 2021 laut NGO-Angaben 256 Minderjährige zurückgeschoben wurden. Es gibt auch Berichte über physische und psychische Gewalt gegen Minderjährige und Verweigerung des Rechts auf internationalen Schutz (HPC 22.4.2022).

Am 1. Januar 2019 trat ein neues Pflegeelterngesetz in Kraft, das die Möglichkeit des Aufenthalts unbegleiteter Minderjähriger in einer Pflegefamilie vorsieht. 2020 gab es noch keine Minderjährigen in Pflegefamilien, im Jahr 2021 waren es drei (AIDA 22.4.2022).

Gemäß dem Protokoll über Verfahren für unbegleitete und von ihren Eltern getrennte Minderjährige muss der Polizeibeamte bei Feststellung, dass ein Kind unbegleitet oder von seinen Eltern getrennt ist, Maßnahmen zur Sicherstellung des Identifizierungsverfahrens ergreifen. Hierzu gehört unter anderem die Verpflichtung, einen Sozialarbeiter des Zentrums für soziale Wohlfahrt und - wenn das Kind kein Kroatisch versteht - einen Dolmetscher hinzuzuziehen, sowie ein Schreiben an das zuständige Zentrum für soziale Wohlfahrt zu senden, in dem die Bestellung eines besonderen Vormunds beantragt wird. Vormunde sind in der Regel Mitarbeiter des zuständigen Zentrums für soziale Wohlfahrt, üblicherweise Juristen, Sozialarbeiter oder Sozialpädagogen. Der Vormund hat im besten Interesse des Kindes alle notwendigen Abklärungen mit Behörden, NGOs, usw. zu treffen. Die Ombudsperson für Kinder berichtete, dass es im Jahr 2021 immer noch Probleme im Vormundschaftssystem gab. Einige spezielle Vormunde hatten keinen Kontakt zu ihren Mündeln, weshalb diese nicht ausreichend über ihre Rechte und Pflichten informiert wurden. Einige Vormunde sind Berichten zufolge auch nicht motiviert, was auf den Umfang der Arbeit zurückzuführen ist, die sie regelmäßig verrichten. Ist ein UMA über 16 Jahre alt und verheiratet, ist kein Vormund zu bestellen (AIDA 22.4.2022).

Bei Zweifeln am Alter einer Person sollen zuerst die vorhandenen Informationen, inklusive der Meinung der Experten, die mit dem Minderjährigen täglich arbeiten, bewertet werden. Wenn dies nicht genügt, ist mit schriftlichem Einverständnis des Minderjährigen und des Vormunds eine medizinische Altersfeststellung möglich. Diese besteht aus einer allgemeinen medizinischen Untersuchung und einem Röntgen der Zähne und/oder der Hand. Bei einem nicht eindeutigen Ergebnis ist im Zweifel Minderjährigkeit anzunehmen. Zuvor sind jedoch weitere Untersuchungen vorgesehen. Wird die Zustimmung zur Altersfeststellung verweigert, ist der Antragssteller als Erwachsener zu behandeln, der Antrag darf aber nicht ausschließlich deswegen abgelehnt werden. Im Zweifel wird zunächst eine zweite Meinung eingeholt, sofern die Zweifel fortbestehen, ist von der Minderjährigkeit auszugehen. Nach Angaben des Innenministeriums wurde das Altersfeststellungsverfahren in den Jahren 2017 und 2018 nicht durchgeführt. Für 2019 bis Ende 2021 liegen diesbezüglich keine Informationen vor (AIDA 22.4.2022).

Das kroatische Rote Kreuz (CRC) bietet besondere Betreuung für vulnerable Gruppen wie insbesondere unbegleitete und von ihren Eltern getrennte Minderjährige, Frauen, Menschen mit gesundheitlichen und psychischen Problemen sowie Überlebende von Folter und Traumata. Médecins du Monde (MdM) betreibt unter anderem ein Projekt zur Befähigung von Frauen und Minderjährigen zur Bekämpfung sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt. Der Jesuitische Flüchtlingsdienst (JRS) betreibt mit Unterstützung von UNICEF einen kinderfreundlichen Raum im Aufnahmezentrum für Asylbewerber in Zagreb, der Minderjährigen einen sicheren Aufenthaltsort bietet (MtC o.D.).

Bei der Unterbringung von Asylwerbern im Aufnahmezentrum werden insbesondere das Geschlecht, das Alter, die Stellung von schutzbedürftigen Personen, Asylwerbern mit besonderem Aufnahmebedarf und die Einheit der Familie berücksichtigt. Personen mit besonderen Aufnahmebedürfnissen können in einer geeigneten Einrichtung untergebracht oder zu einer Unterbringung nach den Vorschriften über die Sozialhilfe zugelassen werden, wenn eine ihren Bedürfnissen entsprechende Unterbringung in der Aufnahmeeinrichtung nicht möglich ist. Die Verordnung über die Verwirklichung der materiellen Aufnahmebedingungen schreibt vor, dass die Aufnahmebedingungen an die Bedürfnisse der Antragsteller angepasst werden, psychosoziale Unterstützung geleistet wird und Antragsteller mit besonderen Aufnahmebedürfnissen entsprechend spezialisiert betreut werden müssen. Der Prozess der Identifizierung von Personen mit besonderen Aufnahmebedürfnissen wird von Fachleuten durchgeführt, die im Aufnahmezentrum psychosoziale Unterstützung leisten, und bei Bedarf kann das zuständige Zentrum für soziale Wohlfahrt an der Bewertung teilnehmen. Das Zentrum für soziale Wohlfahrt unterrichtet das Aufnahmezentrum über alle getroffenen Maßnahmen und Aktionen. Antragstellern mit besonderen gesundheitlichen Bedürfnissen wird auf der Grundlage der Empfehlungen des Arztes eine spezielle Diät angeboten. Es gibt keinen Überwachungsmechanismus für die Maßnahmen zur Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse der in den Zentren untergebrachten Bewerber. Allerdings stehen Sozialarbeiter des Innenministeriums und des Kroatischen Roten Kreuzes täglich in den Aufnahmezentren zur Verfügung und können Unterstützung leisten. In der Praxis können die Mitarbeiter des Kroatischen Roten Kreuzes bei ihrer regelmäßigen Arbeit und Kommunikation mit den Asylwerbern sowie bei der Einzel- und Gruppenbetreuung die Bedürfnisse schutzbedürftiger Gruppen beobachten und dem Leiter des Aufnahmezentrums bei Bedarf Änderungen bei der Aufnahme bestimmter Asylwerber vorschlagen (AIDA 22.4.2022).

UMA unter 14 Jahren werden in Kinderheimen und jene über 14 Jahren in Jugendunterkünften untergebracht. Die Mitarbeiter dieser Unterkünfte sind jedoch nicht speziell auf den Umgang mit UMA vorbereitet. Verschiedene NGOs haben Bedenken insbesondere hinsichtlich der Unterbringung in Kinderbetreuungseinrichtungen geäußert, da dort hauptsächlich Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten betreut werden. Die Eignung dieser Einrichtungen für den Aufenthalt von UMA kann in Zweifel gezogen werden, insbesondere, wenn man die besonderen Bedürfnisse dieser Minderjährigen sowie die Nichtverfügbarkeit von Dolmetschern in diesen Einrichtungen berücksichtigt (AIDA 22.4.2022). Die Zahl der unbegleiteten Minderjährigen, die internationalen Schutz beantragten, stieg von 115 im Jahr 2020 auf 195 im Jahr 2021 (Eurostat 23.3.2023).

Quellen:

AIDA - Asylum Information Database (22.4.2022): National Country Report Croatia 2021, provided by Croatian Law Centre (HPC) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE), https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2022/04/AIDA-HR_2021update.pdf, Zugriff 24.1.2023

Eurostat (24.3.2023): Asylum applicants considered to be unaccompanied minors - annual data, https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/tps00194/default/table?lang=en, Zugriff 28.3.2023

HPC - Croatian Law Centre (22.4.2022): Access to the territory and push backs - Croatia, https://asylumineurope.org/reports/country/croatia/asylum-procedure/access-procedure-and-registration/access-territory-and-push-backs/, Zugriff 25.1.2023

MtC - Moving to Croatia (o.D.): Reception centers and other helpful services, https://movingtocroatia.com/asylum-in-croatia, Zugriff 26.1.2023

Non-Refoulement

Letzte Änderung: 13.04.2023

Seit 2016 gibt es eine Liste von zehn sicheren Herkunftsstaaten. Diese sind Albanien, Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien, Kosovo, Montenegro, Serbien, Marokko, Algerien, Tunesien und die Türkei. Auf die Türkei wird das Konzept des sicheren Herkunftsstaates in der Praxis allerdings nicht angewandt. Im Jahr 2018 wurde das Konzept in insgesamt 76 Fällen umgesetzt, die sich wie folgt verteilen: bei Algeriern (39), Marokkanern (13), Tunesiern (13), Kosovaren (5), Serben (4) und Bosniern (2). Entsprechende Zahlen für den Zeitraum ab 2019 liegen nicht vor. Laut Gesetz kann ein Land dann als sicherer Drittstaat eingestuft werden, wenn ein Antragsteller dort sicher ist vor Verfolgung oder dem Risiko, ernsten Schaden zu erleiden, wenn das Non-Refoulement-Prinzip beachtet und effektiver Zugang zum Asylverfahren gewährt wird. Ob die Voraussetzungen für die Anwendung des Konzepts des sicheren Drittstaats erfüllt sind, wird für jeden Antrag gesondert festgestellt. Hierzu wird geprüft, ob ein Land die oben genannten Bedingungen erfüllt und ob eine Verbindung zwischen diesem Land und dem Antragsteller besteht, aufgrund derer vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er dort internationalen Schutz beantragen könnte, wobei alle Fakten und Umstände seines Antrags zu berücksichtigen sind (AIDA 22.4.2022).

Wie in den Jahren zuvor wurde die Grenzpolizei auch noch 2021 in Berichten nationaler und internationaler NGOs gewaltsamer Pushbacks und der Misshandlung irregulärer Migranten beschuldigt (USDOS 12.4.2022; vgl. SFH 13.9.2022). Nach Angaben des Dänischen Flüchtlingsrats (DRC) wurden 2021 gemäß HPC 9.114 (HPC 22.4.2022) und gemäß USDOS 3.629 (USDOS 12.4.2022) Personen aus Kroatien nach Bosnien und Herzegowina (BiH) zurückgeschoben, darunter auch Vulnerable (UMA, Familien mit Kindern, Frauen), wobei es auch zu Kettenabschiebungen gekommen sein soll (HPC 22.4.2022). Ende 2021 hatte das Anti-Folter-Komitee des Europarates die Anwendung von Gewalt durch die kroatischen Behörden bei Pushbacks kritisiert (SFH 13.9.2022). In einem Bericht vom Mai 2022 stellte das Border Violence Monitoring Network fest, dass die kroatische Polizei in das Hoheitsgebiet von Bosnien und Herzegowina eindrang, während sie Menschen über die Grenze zurückdrängte (FH 2023).

Am 8.6.2021 schloss das Innenministerium eine Vereinbarung zur Einrichtung eines unabhängigen Mechanismus zur Überwachung des Verhaltens von Polizeibeamten des Innenministeriums im Bereich der illegalen Migration und des internationalen Schutzes. Der Mechanismus soll die Behandlung von irregulären Migranten und Personen, die internationalen Schutz suchen, durch angekündigte und unangekündigte Beobachtungen auf Polizeistationen, in Ausländerunterkünften und durch angekündigte Besuche an "anderen geeigneten Orten" wie der grünen Grenze zwischen Kroatien und Bosnien und Herzegowina überwachen. Einige NGOs kritisierten den Mechanismus wegen mangelnder öffentlicher Informationen über die Einzelheiten des Abkommens und unzureichender Überwachung an der grünen Grenze, wo ihrer Meinung nach die meisten Menschenrechtsverletzungen stattfanden (USDOS 12.4.2022).

Seit geraumer Zeit gibt es nun keine (VB 6.2.2023) bzw. weniger Berichte und Beschwerden über Pushbacks (FH 2023). Insbesondere seit der Zeit vor dem Beitritt Kroatiens zum Schengen-Raum am 1. Jänner 2023 hat es kaum mehr Berichte über Pushbacks gegeben (DF 1.2.2023).

Anfang April 2023 sind Kopien angeblicher polizei-interner WhatsApp-Chatverläufe aufgetaucht, welche nahelegen sollen, dass die Pushbacks systematisch und mit dem Wissen höherer kroatischer Stellen erfolgt sein könnten. Das kroatische Innenministerium bestätigt die berichteten Inhalte nicht und nennt Pushbacks weiterhin Einzelfälle (ORF 6.4.2023).

Quellen:

AIDA - Asylum Information Database (22.4.2022): National Country Report Croatia 2021, provided by Croatian Law Centre (HPC) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE), https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2022/04/AIDA-HR_2021update.pdf, Zugriff 26.1.2023

DF – Deutschlandfunk (1.2.2023): Sind Pushbacks jetzt Geschichte? https://www.deutschlandfunkkultur.de/kroatiens-grenzen-100.html, Zugriff 28.3.2023

FH - Freedom House: Freedom in the World (2023): Croatia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2088503.html, Zugriff 28.3.2023

HPC - Croatian Law Centre (22.4.2022): Access to the territory and push backs - Croatia, https://asylumineurope.org/reports/country/croatia/asylum-procedure/access-procedure-and-registration/access-territory-and-push-backs/, Zugriff 26.1.2023

ORF - Österreichischer Rundfunk (6.4.2023): Kroatien: Polizeichats erhärten Pushback-Vorwürfe, https://orf.at/stories/3311677/, Zugriff 13.4.2023

SFH - Schweizer Flüchtlingshilfe (13.9.2022): Polizeigewalt in Bulgarien und Kroatien: Konsequenzen für Dublin-Überstellungen, https://www.fluechtlingshilfe.ch/fileadmin/user_upload/Publikationen/Juristische_Themenpapiere/220913_Polizeigewalt_final.pdf, Zugriff 26.1.2023

USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): Country Report on Human Rights Practices 2021 - Croatia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071254.html, Zugriff 26.1.2023

VB des BM.I Kroatien [Österreich] (6.2.2023): Bericht des VB, per E-Mail

Versorgung

Letzte Änderung: 14.04.2023

Asylwerber in Kroatien haben das Recht auf materielle Versorgung während des Asylverfahrens. Dieses Recht gilt ab dem Zeitpunkt, wo sie den Willen zur Asylantragstellung erkennen lassen und umfasst Unterbringung in einem Aufnahmezentrum, Verpflegung, Kleidung und finanzielle Unterstützung sowie Refundierung der Fahrtkosten in öffentlichen Verkehrsmitteln (AIDA 22.4.2022). Das Innenministerium (MOI) betreibt die Aufnahmezentren für Asylwerber in Zagreb und Kutina und ist für die Erbringung von Leistungen durch NGOs verantwortlich. Derzeit hat das Innenministerium Verträge mit dem Kroatischen Roten Kreuz und Médecins du Monde (UNHCR o.D.).

Der Jesuitische Flüchtlingdienst (JRS Croatia) betreibt mit Unterstützung von UNICEF einen Bereich im Aufnahmezentrum für Asylsuchende in Zagreb, der Minderjährigen einen sicheren Ort zum Verweilen bietet (JRS o.D.).

Die monatliche finanzielle Unterstützung wird ab der Unterbringung in einem Aufnahmezentrum gewährt und beläuft sich per 31.12.2021 auf 100 Kuna (EUR 13,30) pro Person. Auch wenn sich der Betrag bei abhängigen Familienmitgliedern erhöht, gilt er als sehr gering bemessen. Asylwerber, deren Verfahren nach neun Monaten noch nicht entschieden ist, haben das Recht zu arbeiten und können auf freiwilliger Basis etwa auch innerhalb der Aufnahmezentren mitarbeiten. Auch können sie bei gemeinnützigen Tätigkeiten oder bei der Arbeit humanitärer Organisationen mitwirken. Die NGO Are You Syrious (AYS) berichtete, dass sie im Jahr 2021 Asylwerber über das Recht auf Arbeit informiert und bei der Arbeitssuche unterstützt hat (z.B. beim Verfassen von Lebensläufen und bei der Kontaktaufnahme mit Arbeitgebern). Als ein Manko der derzeitigen gesetzlichen Lösung wurde die neunmonatige Frist für die Umsetzung des Rechts auf Arbeit genannt, die eine frühzeitige Integration in den Arbeitsmarkt verhindert (AIDA 22.4.2022).

Begünstigte des IOM-Projekts "Voluntary Relocation from Italy to other EU Member and Associated States - RELITA", in dessen Rahmen Migranten aus Italien nach Kroatien umgesiedelt werden (bis März 2023 10 Personen), erhalten Unterstützung von IOM Kroatien. Diese Unterstützung umfasst u. a. Reiseunterstützung inkl. Flugticketbuchung. IOM Kroatien schließlich sorgt für den Empfang der Begünstigten des RELITA-Projekts am Flughafen (IOM 30.3.2023). Quellen:

AIDA - Asylum Information Database (22.4.2022): National Country Report Croatia 2021, provided by Croatian Law Centre (HPC) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE), https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2022/04/AIDA-HR_2021update.pdf, Zugriff 26.1.2023

IOM - International Organization for Migration (30.3.2023): Information on IOM activities and IOM supported initiatives for migrants in the Republic of Croatia, requested by the Austrian Federal Office for Immigration and Asylum, Dokument liegt bei der Staatendokumentation auf.

JRS – Jesuit Refugee Service (o.D.): Our work in Croatia, https://jrs.net/en/country/croatia/, Zugriff 31.3.2023

UNHCR – the UN-Refugee-Agency (o.D.): Reception centers and other helpful services, https://help.unhcr.org/croatia/reception-centers/, Zugriff 28.3.2023

Unterbringung

Letzte Änderung: 14.04.2023

Gemäß Asylgesetz haben Asylwerber während des Asylverfahrens das Recht auf Unterbringung in entsprechenden Aufnahmezentren. Auf Antrag können sie auf eigene Kosten außerhalb eines Zentrums wohnen. Kroatien verfügt über zwei offene Aufnahmezentren für Asylwerber, in Zagreb im „Hotel Porin“ (Kapazität: 500-600 Plätze) (AIDA 22.4.2022; vgl. VB 6.2.2023) und in Kutina, mit einer Kapazität von 100 (AIDA 22.4.2022) bis 200 Plätzen (VB 6.2.2023). Beide Zentren werden vom kroatischen Innenministerium geführt. Das Zentrum in Kutina ist für die Unterbringung vulnerabler Antragsteller gedacht, derzeit findet dort aber Renovierungsarbeiten statt (VB 6.2.2023; vgl. AIDA 22.4.2022).

Der Plan, in Mala Gorica ein neues Aufnahmezentrum zu bauen, wurde nach Protesten der lokalen Bevölkerung wieder verworfen und das veranschlagte Geld in die Renovierung der bestehenden Zentren investiert (AIDA 22.4.2022).

In Slavonski Brod/Bjeliš besteht ein angemietetes Objekt für eventuelle zukünftige Migrationswellen (VB 6.2.2023).

In den Zentren erhalten die Bewohner drei Mahlzeiten pro Tag und schwangere Frauen, Wöchnerinnen und Minderjährige bis 16 Jahre erhalten zusätzlich eine Nachmittagsjause. In vom Roten Kreuz ausgestatteten Küchen können sich die Asylwerber außerdem selbst Mahlzeiten zubereiten (AIDA 22.4.2022).

Für Familien mit Kindern stellt UNICEF die medizinische Versorgung von Müttern und Kindern sowie Unterstützung für schwangere und stillende Mütter bereit. Weiters organisiert UNICEF abgeschlossene Bereiche, in denen die Kinder spielen und informell lernen können (UNICEF o.D.).

Antragsteller können bis zum Ende ihres Verfahrens in den Unterbringungszentren bleiben. Wenn eine rechtskräftig negative Entscheidung vorliegt und die postulierte Frist zur freiwilligen Ausreise verstrichen ist, endet das Recht, sich dort aufzuhalten (AIDA 22.4.2022).

Kroatien verfügt zurzeit über drei Schubhaftzentren mit einer Gesamtkapazität von insgesamt 219 Plätzen: das geschlossene (Schubhaft-) Zentrum (Center for Foreigners) in Jezevo mit 95 Plätzen und die Transitzentren in Trilj und in Torvarnik mit jeweils 62 Plätzen (AIDA 22.4.2022, vgl. VB 6.2.2023).

Quellen:

AIDA - Asylum Information Database (22.4.2022): National Country Report Croatia 2021, provided by Croatian Law Centre (HPC) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE), https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2022/04/AIDA-HR_2021update.pdf, Zugriff 26.1.2023

UNICEF - Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (o.D.): Helping child refugees and migrants, https://www.unicef.org/croatia/en/helping-child-refugees-and-migrants, Zugriff 25.1.2023

VB des BM.I Kroatien [Österreich] (6.2.2023): Bericht des VB, per E-Mail

Medizinische Versorgung

Letzte Änderung: 14.04.2023

Asylwerber haben das Recht auf medizinische Notversorgung und notwendige medizinische und psychologische Behandlung (AIDA 4.2022; vgl. SRC 12.2021). Diese Behandlung ist in den Aufnahmezentren verfügbar. Darüber hinaus können die Antragsteller an örtliche Krankenhäuser verwiesen werden. Vulnerable Antragsteller, insbesondere Opfer von Folter, Vergewaltigung oder sonstigen schwerwiegenden Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt, sind entsprechend medizinisch zu behandeln. In der Praxis ist diese zusätzliche Gesundheitsversorgung jedoch nicht regelmäßig zugänglich (AIDA 22.4.2022).

Aufgrund restriktiver Vorschriften haben Asylwerber nur eingeschränkt Zugang zur regulären Gesundheitsversorgung: Nach dem Gesetz wird ihnen "medizinische Notbetreuung und notwendige Behandlung von Krankheiten und schweren psychischen Störungen" gewährt. Die psychiatrische und psychologische Behandlung von Asylwerbern ist daher nur bei medizinischer Notversorgung und notwendiger Behandlung von Krankheiten und schweren psychischen Störungen abgedeckt. Dies ist meist der Fall, wenn eine Person in ein Krankenhaus eingewiesen werden muss. Abgesehen davon gibt es keine klaren Kriterien für die Feststellung eines Notfalls. Um sicherzustellen, dass diese Bestimmungen des Gesetzes erfüllt werden, finanziert das kroatische Gesundheitsministerium zusammen mit dem Asyl- und Migrationsintegrationsfonds AMIF der Europäischen Union ein medizinisches Projekt, das von Médicins du Monde (MdM) durchgeführt wird. Die Vereinbarung lief bis Ende 2022 (SRC 12.2021).

Teams von Medecins du Monde - bestehend aus Allgemeinmedizinern, einer Krankenschwester, einem Psychologen und einem Dolmetscher - bieten bei Bedarf medizinische und psychologische Unterstützung an. MdM kümmert sich sofern erforderlich auch um den Transport und die Begleitung in Krankenhäuser. Weiters wird Asylwerbern auch eine spezialisierte Betreuung angeboten. Zweimal im Monat sind ein Psychiater, ein Kinderarzt und ein Gynäkologe bei den Konsultationen anwesend. Sie ermöglichen Frauen und Kindern eine fachärztliche Betreuung. Schließlich wird auch die Impfung von Kindern gefördert, indem diese zu den entsprechenden Einrichtungen begleitet werden (MdM o.D.).

Schwangere oder Wöchnerinnen, die eine Überwachung von Schwangerschaft und Geburt benötigt, haben Anspruch auf Gesundheitsversorgung im gleichen Umfang wie Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung. Kindern bis zum Alter von 18 Jahren wird das gesamte Recht auf Gesundheitsversorgung in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften über das Recht auf Gesundheitsversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung garantiert (AIDA 22.4.2022).

MedCOI bearbeitet keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten (EUAA MedCOI 19.2.2021).

Quellen:

AIDA - Asylum Information Database (22.4.2022): National Country Report Croatia 2021, provided by Croatian Law Centre (HPC) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE), https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2022/04/AIDA-HR_2021update.pdf, Zugriff 26.1.2023

MdM - Médecins du Monde (o.D.): Soigner et soutenir les demandeurs d'asile à Zagreb Kutina. Croatie, https://medecinsdumonde.be/projets/soigner-et-soutenir-les-demandeurs-dasile-a-zagreb-kutina#Notreaction, Zugriff 27.1.2023

SRC - Swiss Refugee Council (12.2021): Situation of asylum seekers and beneficiaries of protection with mental health problems in Croatia, https://www.refugeecouncil.ch/fileadmin/user_upload/Publikationen/Dublinlaenderberichte/211220_Croatia_final.pdf, Zugriff 27.1.2023

EUAA MedCOI - Medical COI (19.2.2021): Auskunft von EUAA MedCOI, per E-Mail

Schutzberechtigte

Letzte Änderung: 14.04.2023

Anerkannte Flüchtlinge erhalten eine Aufenthaltserlaubnis für fünf Jahre, subsidiär Schutzberechtigte eine solche für drei Jahre. Alle Schutzberechtigten dürfen sich im Land frei bewegen. Sowohl anerkannte Flüchtlinge als auch subsidiär Schutzberechtigte haben grundsätzlich ein Recht auf Familienzusammenführung. In der Praxis sind die Verfahren zur Familienzusammenführung nach wie vor langwierig und ziehen sich über mehrere Jahre hin (AIDA 22.4.2022).

Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte, die nicht über die Mittel verfügen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, haben das Recht auf Unterbringung für einen Zeitraum von zwei Jahren ab Statuszuerkennung. Dazu ist ein Antrag bei der zuständigen Sozialfürsorgestelle nötig. Nach der zweijährigen Integrationsphase wird die Unterbringung nach dem Gesetz über Sozialleistungen geregelt. In der Praxis dürfen Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz in den entsprechenden Aufnahmezentren bleiben, bis eine angemessene Unterkunft bzw. Wohnung für sie gefunden ist. Alle Schutzberechtigten haben denselben Anspruch auf Sozialhilfe wie kroatische Bürger. Einige Ansprüche aus dem Sozialsystem können jedoch je nach lokaler und regionaler Selbstverwaltung variieren (AIDA 22.4.2022).

Ein besonders schwerwiegendes Problem ist der Mangel an Wohnraum für Personen, denen internationaler Schutz gewährt wurde. Die Kosten für die Unterbringung werden für zwei Jahre ab dem Tag der Gewährung von internationalem Schutz aus dem Staatshaushalt finanziert. Derzeit stehen für die Unterbringung von Schutzberechtigten zehn staatliche Wohnungen zur Verfügung. Die Unterbringung von unbegleiteten Minderjährigen bis zu einem Alter von 14 Jahren erfolgt in einem Kinderheim und für Minderjährige zwischen 14 und 18 Jahren in einem Zentrum für die Erziehung und Bildung von Kindern und Jugendlichen. 22 Personen wurden in das Bildungssystem einbezogen (2 in Vorschulen, 10 in Grundschulen, 7 in Gymnasien und 3 an Universitäten) (MUP 8.12.2022).

Personen mit internationalem Schutzstatus haben das Recht, in der Republik Kroatien zu arbeiten, ohne dass sie eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis oder eine Bescheinigung über die Anmeldung einer Beschäftigung benötigen. Schutzberechtigte haben unterschiedslos Zugang zum Arbeitsmarkt. Das Haupthindernis hierbei ist das Erlernen der kroatischen Sprache, deren Beherrschung eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration und den Zugang zum Arbeitsmarkt ist. Das Ministerium für Wissenschaft und Bildung organisierte hierzu in Kooperation mit dem Innenministerium ein Integrationsprojekt mit Sprachkursen in Zagreb, Slavonski Brod und in Sisak und Karlovac. NGOs berichten über anhaltende Probleme mit den Kroatischkursen, da sie weder kontinuierlich durchgeführt noch auf die spezifische Gruppe, für die sie gedacht sind, zugeschnitten werden (AIDA 22.4.2022).

Nach Angaben des Kroatischen Roten Kreuzes (CRC) unterstützen dessen Mitarbeiter sowie Freiwillige alle Personen mit internationalem Schutz während der Integrationsphase. In Bezug auf die Beschäftigung bieten sie Unterstützung bei der Arbeitssuche, der Herstellung von Kontakten und der Organisation von Treffen mit (potenziellen) Arbeitgebern sowie bei der Koordinierung mit den einschlägigen Einrichtungen und des kroatischen Arbeitsamtes (CES). Das CRC hat ein Netzwerk von Arbeitgebern aufgebaut, mit denen es zusammenarbeitet und die bereit sind, Personen mit internationalem Schutzstatus einzustellen. Im Jahr 2021 gelang es, für 16 Personen mit internationalem Schutzstatus mithilfe des CRC eine Beschäftigung zu finden, darunter drei Frauen (AIDA 22.4.2022).

Nach Angaben des Arbeitsamtes (CES) waren Ende 2021 88 Schutzberechtigte (mit gewährtem Asyl) (davon 41 Frauen), 8 Schutzberechtigte mit subsidiärem Schutz 7 Familienangehörige von Personen mit internationalem Schutz und 2 Antragsteller auf internationalen Schutz als arbeitslos registriert. Vom 1. Januar bis Dezember 2021 wurden aus dem genannten Personenkreis 46 Personen im Rahmen von insgesamt 68 individuellen Konsultationen beim CES individuell beraten, während 6 Asylwerber in aktive beschäftigungspolitische Maßnahmen aufgenommen wurden. Die meisten der registrierten Personen stammten aus Syrien (40), Afghanistan (17), Irak (13), Türkei (8) und Iran (8) (AIDA 22.4.2022).

Schutzberechtigte sind zwar keine krankenversicherte Personengruppe, sie haben jedoch vollen Zugang zu medizinischer Versorgung, wobei der kroatische Staat analog zu Pflichtversicherten die Kosten zu tragen hat (AIDA 22.4.2022). Sie haben somit dasselbe Recht auf medizinische Versorgung wie kroatische Staatsbürger (SRC 12.2021). Es gibt einen Unterschied zwischen arbeitslosen und erwerbstätigen Personen, die internationalen Schutz genießen. Arbeitslose Personen, die internationalen Schutz genießen, sind nicht in der kroatischen Krankenkasse versichert, aber die Kosten für ihre medizinische Versorgung werden aus dem Staatshaushalt vom Gesundheitsministerium übernommen (AIDA 22.4.2022; vgl. SRC 12.2021). Diese Personengruppe hat keine Krankenversicherungskarte, sondern weist ihren Status mit einer Aufenthaltsgenehmigungskarte nach (AIDA 22.4.2022). Außerdem haben sie keine persönliche Identifikationsnummer und sind nicht im zentralen Gesundheitsinformationssystem der Republik Kroatien erfasst (AIDA 22.4.2022; vgl. SRC 12.2021). Dieser Personenkreis erhält oft keinen Zugang zu Behandlung. Außerdem kommt es zu erheblichen Verzögerungen bei der Zahlung durch den Staat, was für die behandelnden Ärzte problematisch ist. In einigen Fällen haben die Betroffenen Zugang zu einer Behandlung erhalten, aber aufgrund mangelnder Kenntnisse eine Rechnung für ihre Behandlung erhalten, die sie nicht bezahlen konnten (und auch nicht mussten, was aber auch voraussetzen würde, dass sie ihre Rechte kennen) (SRC 12.2021).

Wenn eine Person, die internationalen Schutz genießt, eine Arbeit findet und Krankenversicherungsbeiträge zahlt, wird sie zur versicherten Person (AIDA 22.4.2022; vgl. SRC 12.2021). Im Gegensatz zu kroatischen Staatsbürgern können deren Familienangehörige jedoch nicht über den Versicherten das Recht auf eine obligatorische Krankenversicherung erwerben; stattdessen werden die Kosten weiterhin vom Staatshaushalt über das Gesundheitsministerium getragen. Verliert eine Person, die internationalen Schutz genießt, ihren Arbeitsplatz, wird sie nicht mehr von der kroatischen Krankenkasse versichert (AIDA 22.4.2022).

IOM konzentriert sich grundsätzlich auf operative Aspekte der Neuansiedlung (Projekt "Voluntary Relocation from Italy to other EU Member and Associated States - RELITA") und auf Maßnahmen zum Aufbau von Kapazitäten für Behörden und andere Integrationsakteure in Kroatien (Projekt "Technical Support for the Integration of Third Country Nationals in Croatia"), wobei die Maßnahmen im Bereich der Integration von Asylwerbern und Personen, die internationalen Schutz genießen, von anderen Akteuren wie insbesondere dem Kroatischen Roten Kreuz (CRC) durchgeführt werden. Das CRC bietet hierbei insbesondere Unterstützung bei der Integration in die kroatische Gesellschaft, die sich nach den Besonderheiten, individuellen Bedürfnissen, Schwachstellen und Fähigkeiten dieser Personen richtet. Weitere wichtige Akteure im Bereich der Integration von Migranten in Kroatien sind der Jesuitische Flüchtlingsdienst (JRS) und das "Zentrum für die Kultur des Dialogs" (IOM 30.3.2023).

Der Jesuitische Flüchtlingsdienst (JRS) widmet sich der Verbesserung des Zugangs zur Sekundärbildung und bietet hierbei Programme an, die insbesondere die benachteiligte Gruppe der Mädchen bei ihrem Fortschritt in der Grundschule und beim Übergang in die Sekundarstufe unterstützen. Zudem bietet JRS Programme an, die Bildungs- und Berufsziele für Jugendliche und Erwachsene fördern und Sprachkurse und Berufsschulungen zur Förderung nachhaltiger Lebensgrundlagen beinhalten (JRS o.D.).

Quellen:

AIDA - Asylum Information Database (22.4.2022): National Country Report Croatia 2021, provided by Croatian Law Centre (HPC) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE), https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2022/04/AIDA-HR_2021update.pdf, Zugriff 27.1.2023

IOM - International Organization for Migration (30.3.2023): Information on IOM activities and IOM supported initiatives for migrants in the Republic of Croatia, requested by the Austrian Federal Office for Immigration and Asylum, Dokument liegt bei der Staatendokumentation auf.

JRS – Jesuit Refugee Service (o.D.): Our work in Croatia, https://jrs.net/en/country/croatia/, Zugriff 31.3.2023

MUP - Ministarstvo unutarnjih poslova (Innenministerium) [Kroatien] (8.12.2022): Nacionalni Program – AMIF, https://mup.gov.hr/UserDocsImages/2022/12/Program%20AMIF%202014-2020%20-%20UA%20-%20CLEAN%20%2025%2005%202022.pdf, Zugriff 26.1.2023

SRC - Swiss Refugee Council (12.2021): Situation of asylum seekers and beneficiaries of protection with mental health problems in Croatia, https://www.refugeecouncil.ch/fileadmin/user_upload/Publikationen/Dublinlaenderberichte/211220_Croatia_final.pdf, Zugriff 27.1.2023

Beweiswürdigend wurde im Bescheid hervorgehoben, dass die Identität der BF nicht feststehe. Insgesamt sei kein Hinweis auf eine schwerwiegende oder lebensbedrohliche Erkrankung im Verfahren hervorgekommen, die einer Überstellung nach Kroatien entgegenstehe. Es liege kein relevanter Eingriff in das Familien- oder Privatleben der BF vor.

Zur Situation in Kroatien führte das BFA aus, dass im Verfahren keine stichhaltigen Gründe hervorgekommen seien, dass die BF im Falle einer Rückkehr nach Kroatien Gefahr liefen, Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden.

In einer Gesamtbetrachtung habe sich daher kein Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben.

Zudem hätten sich keine Hinweise ergeben, dass durch die Außerlandesbringung unzulässigerweise eine Verletzung des Art. 3 EMRK einhergehen würde.

Es gäbe auch keine Gründe, die Durchführung der Entscheidung gemäß § 61 Abs. 3 FPG aufzuschieben.

I.7. Mit Schriftsatz vom 22.12.2023 brachten die BF fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde ein, mit dem die Bescheide gesamtinhaltlich wegen Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten wurde.

Die bisherigen Angaben der BF wurden kurz zusammengefasst, des Weiteren wurden einige Berichte zu Kroatien angeführt.

II. Das BVwG hat erwogen:

II.1. Beweisaufnahme:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsicht in:

- den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA betreffend die BF, beinhaltend die Protokolle der Erstbefragungen vom 18.09.2023, die Protokolle der Niederschrift vor dem BFA vom 15.11.2023, die Beschwerde vom 22.12.2023

- die Unterlagen betreffend das Konsultationsverfahren mit Kroatien

- aktenkundliche Dokumentationsquellen betreffend Kroatien im angefochtenen Bescheid und in der Beschwerde.

II.2. Feststellungen:

II.2.1. Der BF1 und die BF2 sind volljährig und die leiblichen Eltern der minderjährigen BF3. Sie sind türkische Staatsangehörige. Ihre Identität steht lediglich mit für das Verfahren ausreichender Sicherheit fest.

II.2.2. Die BF reisten zu einem unbekannten Zeitpunkt schlepperunterstützt über Kroatien in das Schengengebiet ein, wo sie am 12.09.2023 Anträge auf internationalen Schutz stellten. Nach einem eintägigen Aufenthalt in Kroatien reisten sie ohne das Gebiet der Mitgliedstaaten zu verlassen nach Österreich weiter, wo sie am 18.09.2023 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz stellten.

II.2.3. Am 18.10.2023 richtete das BFA Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit b Dublin III-VO an Kroatien, dass einer Wiederaufnahme der BF gemäß Art. 20 Abs. 5 Dublin III-VO mit Schreiben vom 01.11.2023 ausdrücklich zustimmte.

II.2.4. Die BF laufen durch eine Überstellung nach Kroatien nicht Gefahr, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe beziehungsweise einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden. Im zuständigen Mitgliedstaat herrschen fallbezogen keine systemischen Mängel in Verfahren wegen internationalen Schutzes und wurden diese auch nicht unter Einbeziehung der persönlichen Situation der BF glaubhaft vorgebracht.

II.2.5. Der Verdacht akut lebensbedrohlicher Krankheiten, körperlicher Einschränkungen oder einer bestehenden Immunschwäche der BF, welche in Kroatien nicht in ausreichendem Maß behandelbar wären, liegt nicht vor.

II.2.6. Die BF haben zu Österreich oder zu anderen Mitgliedstaaten keine besonders intensiven familiären, sozialen oder beruflichen Bindungen.

II.3. Beweiswürdigung:

II.3.1. Die Feststellungen zum Reiseweg und zur Antragstellung der BF ergeben sich aus den Treffermeldungen und dem Antwortschreiben der kroatischen Behörden.

Die Mutter des BF1 lebt seit mehreren Jahren in Österreich, der BF1 gab keine besonders enge Bindung zu ihr an, auch in der Beschwerde wurde eine solche nicht erwähnt. Es war somit nicht von einer Bindung auszugehen, die über ein Verhältnis zwischen Eltern und erwachsen Kindern hinausgeht, die mehrere Jahre getrennt voneinander leben. Abweichendes hat der BF1 weder in der Befragung noch in der Beschwerde vorgebracht. Dass die BF3 eine enge Bindung zu ihrer Großmutter hätte, wird nicht erwähnt. Da die BF3 erst sieben Jahre alt ist und die Großmutter seit mehreren Jahren in Österreich lebt, bestand auch kein Grund eine solche ohne weitergehende Angaben der BF anzunehmen.

Festzuhalten ist, dass die Angaben der BF inkonsistent und widersprüchlich waren, sowie bei der Befragung vor dem BFA im Gegensatz zu der Erstbefragung massiv gesteigert wurden. Dem Vorbringen der BF vor dem BFA war somit insgesamt wenig Glaubhaftigkeit zuzumessen.

Dass die BF keine Anträge auf internationalen Schutz in Kroatien gestellt hätten, widerspricht den Angaben der kroatischen Behörden, welchen diesbezüglich eine größere Glaubwürdigkeit zukommt. Es besteht kein Anlass daran zu zweifeln, dass die BF in Kroatien Anträge auf internationalen Schutz gestellt haben.

Den vor dem BFA vorgebrachten Angaben Misshandlungsvorwürfen durch die kroatische Polizei war kein Glauben zu schenken. So gaben sowohl der BF1 als auch die BF2 in der Erstbefragung an, sie wären nur deshalb nicht in Kroatien geblieben, da die Mutter des BF1 in Österreich lebe. Die BF2 gab an, es sei in Kroatien schön gewesen.

Erst vor dem BFA gab der BF1 an, er sei einmal geschlagen worden, die BF2 gab an, dass der BF1 sogar dreimal geschlagen worden sei. Aufgrund der gesteigerten, widersprüchlichen Angaben war diesen keine Glaubhaftigkeit zuzumessen. Folglich konnte auch den weiteren Angaben der BF2, sie hätten hungern müssen und der BF3 gehe es aufgrund der Misshandlungen des BF1 sehr schlecht, kein Glauben geschenkt werden.

Insgesamt konnte dem widersprüchlichen und gesteigerten Vorbringen der BF nicht gefolgt werden und war daher davon auszugehen, dass, wie noch in der Erstbefragung von ihnen einheitlich geschildet, in Kroatien keine Vorfälle stattfanden, welche - auch unter der Berücksichtigung der Anwesenheit eines Kindes - geeignet gewesen wären, ein Art. 3 EMRK relevantes Verhalten der kroatischen Behörden glaubhaft zu machen.

Es wurde von den BF somit kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren (siehe Punkt II.4.3.3.). Eine die BF konkret treffende Bedrohungssituation in Kroatien wurde nicht vorgebracht (siehe dazu die weiteren Ausführungen in Punkt II.4.3.2.).

II.3.2. Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat ergibt sich aus den umfangreichen und durch ausreichend aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Kroatien auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO) samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen. Zur Aktualität der Quellen älteren Datums verwies das BFA im angefochtenen Bescheid darauf, dass zwischenzeitlich keine entscheidungsrelevante Änderung der Lage eingetreten sei, dieser Einschätzung wird vom erkennenden Gericht im Wesentlichen beigepflichtet (vgl. näher unter Punkt II.4.3.2.).

Die fallrelevanten Länderfeststellungen wurden in der Beschwerde nicht konkret in Zweifel gezogen.

Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen sowie den weiteren im Verfahren vor dem BVwG herangezogenen Unterlagen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das kroatische Asylwesen fallrelevant grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des BVwG insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die Abschiebepraxis, die medizinische Versorgung sowie die Sicherheitslage von Asylsuchenden in Kroatien den Feststellungen der verwaltungsbehördlichen Entscheidung zu folgen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderfeststellungen klar und substantiell widersprechen würden, haben die BF nicht dargetan.

II.4. Rechtliche Beurteilung:

II.4.1. Gemäß § 6 Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 82/2015 (VwGVG) entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 25/2016 (BFA-VG) bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem BFA, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem BVwG gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Zu A) Abweisung der Beschwerden:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetz 2005 (AsylG) lauten:

„§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuwiesen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzuhalten, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

und in den Fällen der Z1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

…“

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG lautet:

„§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war.

2: das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, indem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.“

§ 61 Bundesgesetz über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF lautet:

„§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4 a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. …

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.“

Art. 49 der VO 604/2013 lautet auszugsweise:

„Artikel 49

Inkrafttreten und Anwendbarkeit

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Die Verordnung ist auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt — ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung — für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern. Für einen Antrag auf internationalen Schutz, der vor diesem Datum eingereicht wird, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach den Kriterien der Verordnung (EG) Nr. 343/2003.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

„KAPITEL II

ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE UND SCHUTZGARANTIEN

Artikel 3

Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU–Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

KAPITEL III

KRITERIEN ZUR BESTIMMUNG DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS

Artikel 7

Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Artikel 13

Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller — der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können — sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

KAPITEL IV

ABHÄNGIGE PERSONEN UND ERMESSENSKLAUSELN

Artikel 16

Abhängige Personen

(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen beziehungsweise sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.

(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.

(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Artikel 17

Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.

Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.

Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.

Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.

Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

KAPITEL V

PFLICHTEN DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS

Artikel 18

Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a. einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b. einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c. einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d. einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.

Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird.

In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird. In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

Artikel 19

Übertragung der Zuständigkeit

(1) Erteilt ein Mitgliedstaat dem Antragsteller einen Aufenthaltstitel, so obliegen diesem Mitgliedstaat die Pflichten nach Artikel 18 Absatz 1.

(2) Die Pflichten nach Artikel 18 Absatz 1 erlöschen, wenn der zuständige Mitgliedstaat nachweisen kann, dass der Antragsteller oder eine andere Person im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c oder d, um dessen/deren Aufnahme oder Wiederaufnahme er ersucht wurde, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat, es sei denn, die betreffende Person ist im Besitz eines vom zuständigen Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Aufenthaltstitels.

Ein nach der Periode der Abwesenheit im Sinne des Unterabsatzes 1 gestellter Antrag gilt als neuer Antrag, der ein neues Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats auslöst.

(3) Die Pflichten nach Artikel 18 Absatz 1 Buchstaben c und d erlöschen, wenn der zuständige Mitgliedstaat nachweisen kann, dass der Antragsteller oder eine andere Person im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c oder d, um dessen/deren Wiederaufnahme er ersucht wurde, nach Rücknahme oder Ablehnung des Antrags das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auf der Grundlage eines Rückführungsbeschlusses oder einer Abschiebungsanordnung verlassen hat.

Ein nach einer vollzogenen Abschiebung gestellter Antrag gilt als neuer Antrag, der ein neues Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats auslöst.

KAPITEL VI

AUFNAHME- UND WIEDERAUFNAHMEVERFAHREN

Artikel 20

Einleitung des Verfahrens

(1) Das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats wird eingeleitet, sobald in einem Mitgliedstaat erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.

(2) Ein Antrag auf internationalen Schutz gilt als gestellt, wenn den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats ein vom Antragsteller eingereichtes Formblatt oder ein behördliches Protokoll zugegangen ist. Bei einem nicht in schriftlicher Form gestellten Antrag sollte die Frist zwischen der Abgabe der Willenserklärung und der Erstellung eines Protokolls so kurz wie möglich sein.

(3) Für die Zwecke dieser Verordnung ist die Situation eines mit dem Antragsteller einreisenden Minderjährigen, der der Definition des Familienangehörigen entspricht, untrennbar mit der Situation seines Familienangehörigen verbunden und fällt in die Zuständigkeit des Mitgliedstaats, der für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz dieses Familienangehörigen zuständig ist, auch wenn der Minderjährige selbst kein Antragsteller ist, sofern dies dem Wohl des Minderjährigen dient. Ebenso wird bei Kindern verfahren, die nach der Ankunft des Antragstellers im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten geboren werden, ohne dass ein neues Zuständigkeitsverfahren für diese eingeleitet werden muss.

(4) Stellt ein Antragsteller bei den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats einen Antrag auf internationalen Schutz, während er sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, obliegt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich der Antragsteller aufhält. Dieser Mitgliedstaat wird unverzüglich von dem mit dem Antrag befassten Mitgliedstaat unterrichtet und gilt dann für die Zwecke dieser Verordnung als der Mitgliedstaat, bei dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde.

Der Antragsteller wird schriftlich von dieser Änderung des die Zuständigkeit prüfenden Mitgliedstaats und dem Zeitpunkt, zu dem sie erfolgt ist, unterrichtet.

(5) Der Mitgliedstaat, bei dem der erste Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, ist gehalten, einen Antragsteller, der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält oder dort einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, nachdem er seinen ersten Antrag noch während des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zurückgezogen hat, nach den Bestimmungen der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen, um das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zum Abschluss zu bringen.

Diese Pflicht erlischt, wenn der Mitgliedstaat, der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats abschließen soll, nachweisen kann, dass der Antragsteller zwischenzeitlich das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen oder in einem anderen Mitgliedstaat einen Aufenthaltstitel erhalten hat.

Ein nach einem solchen Abwesenheitszeitraum gestellter Antrag im Sinne von Unterabsatz 2 gilt als neuer Antrag, der ein neues Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats auslöst.“

II.4.2. Zur Frage der Unzuständigkeit Österreichs für die Durchführung des gegenständlichen Verfahrens pflichtet das BVwG der belangten Behörde bei, dass sich aus dem festgestellten Sachverhalt die Zuständigkeit Kroatiens ergibt.

Es war hierbei eine Auseinandersetzung mit der Frage erforderlich, auf welcher Bestimmung die Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedstaates beruht (VfGH 27.6.2012, U462/12); dies freilich, sofern maßgeblich, unter Berücksichtigung der Urteile des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 10.12.2013 in der Rechtssache C-394/12, Shamso Abdullahi/Österreich, vom 07.06.2016 in der Rechtssache C-63/15, Mehrdad Ghezelbash/Niederlande sowie vom 07.06.2016 in der Rechtssache C-155/15, Karim.

Im Rahmen der Entscheidung C-63/15, Mehrdad Ghezelbash/Niederlande, wurde insbesondere ausgesprochen, dass Art. 27 Abs. 1 Dublin III-VO dahingehend auszulegen ist, dass ein Antragsteller auf internationalen Schutz im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung die fehlerhafte Anwendung eines in Kapitel III der Dublin III-VO festgelegten Zuständigkeitskriteriums sowie einen Verstoß gegen die Regelung des Art. 19 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin III-VO geltend machen könne und sich die korrekte Anwendbarkeit der Kriterien der Dublin III-VO sohin als im Rechtsweg überprüfbar erweise (siehe auch VwGH 23.6.2016, Ra 2016/20/0069, Rz 17). Der EuGH erwog, dass die Kontrolle der richtigen Anwendung der Zuständigkeitskriterien in dem Rahmen vorzunehmen ist, der durch Art. 22 Abs. 4 und 5 vorgegeben ist. Diese Bestimmung sieht vor, dass das Beweiserfordernis nicht über das für die ordnungsgemäße Anwendung der Verordnung erforderliche Maß hinausgehen sollte und in Ermangelung förmlicher Beweismittel der ersuchte Mitgliedstaat seine Zuständigkeit anerkennt, wenn die Indizien kohärent, nachprüfbar und hinreichend detailliert sind, um seine Zuständigkeit zu begründen.

Im vorliegenden Fall hat Kroatien der Wiederaufnahme der BF ausdrücklich zugestimmt, sah also die Indizien für ausreichend an, um seine Zuständigkeit zu begründen.

Die BF reisten unrechtmäßig über Kroatien in das Gebiet der Mitgliedstaaten sein und stellten dort Anträge auf internationalen Schutz, verließen jedoch das Land, ohne eine erste Einvernahme abzuwarten, womit die Voraussetzung des Art. 13 Abs. 1 iVm Art. 20 Abs. 5 Dublin III-VO erfüllt ist und Kroatien gemäß Art 18 Abs. 1 lit b Dublin III-VO zu einer Wiederaufnahme verpflichtet ist. Gegenteiliges wurde nicht vorgebracht.

Hinweise auf ein zwischenzeitiges Erlöschen bestehen nicht und wurden auch nicht behauptet.

Kroatien war sohin auf Grundlage der genannten Bestimmungen dazu verpflichtet, die BF wieder aufzunehmen, um das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zum Abschluss zu bringen. Das Konsultationsverfahren mit den kroatischen Behörden erfolgte mängelfrei und Kroatien stimmte einer Wiederaufnahme ausdrücklich zu.

Auch aus Art. 16 (abhängige Personen) und Art. 17 Abs. 2 (humanitäre Klausel) Dublin III-VO ergibt sich ebenso wenig eine Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung des Antrages der BF (siehe zur inhaltlich zum Teil vergleichbar zu beurteilenden Frage unter II.4.3.). Auch liegen keine gesicherten Umstände vor, die die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedsstaates außer Kroatien möglich erscheinen lassen.

II.4.3. Das BFA hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre:

Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter auf den betreffenden Fremden bezogener Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 26.11.1999, Zahl: 96/21/0499, VwGH 09.05.2003, Zahl: 98/18/0317; vgl. auch VwGH 16.07.2003, Zahl: 2003/01/0059): "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, Zahl: 2006/01/0949).

Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH 17.02.1998, Zl. 96/18/0379; EGMR Mamatkulov Askarov v Türkei, Rs 46827, 46951/99, 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde (Art. 16 Abs. 1 lit e Dublin II-VO). Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 31.03.2005, Zahl: 2002/20/0582, VwGH 31.05.2005, Zahl: 2005/20/0025, VwGH 25.04.2006, Zahl: 2006/19/0673), ebenso andere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs.

Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO (nunmehr Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO) auszuüben ist, hat sich der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10, N.S./Vereinigtes Königreich, (zu vergleichbaren Bestimmungen der Dublin II-VO) befasst und, ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in der Entscheidung vom 02.12.2008, 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011, 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland, ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufenthaltsstaat gebieten (Rn. 86). An dieser Stelle ist auch auf das damit in Einklang stehende Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 14.11.2013 in der Rechtssache C-4/11, Bundesrepublik Deutschland/Kaveh Puid zu verweisen (Rn. 36, 37).

Somit ist unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber vorherrschen, und – soweit damit noch notwendig und vereinbar - aus menschenrechtlichen Erwägungen, ob die BF durch eine Zurückweisung ihres Antrages auf internationalen Schutz und eine Außerlandesbringung nach Kroatien gemäß §§ 5 AsylG und 61 FPG - unter Bezugnahme auf ihre persönliche Situation - in ihren Rechten gemäß Art. 3 und/oder 8 EMRK verletzt würden, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist, wie ihn EGMR und VfGH auslegen.

Im Einzelnen war unter diesen Prämissen wie folgt zu erwägen:

II.4.3.1. Mögliche Verletzung des Art. 7 GRC beziehungsweise des Art. 8 EMRK:

Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Zu den in der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer „Familie“ voraussetzt. Ein Recht auf Familienleben gemäß Art. 8 EMRK kann sich nicht nur in Bezug auf die Kernfamilie ergeben, sondern auch auf andere verwandtschaftliche Verhältnisse (wie beispielsweise zwischen erwachsenen Geschwistern), insofern bestimmte Voraussetzungen einer hinreichend stark ausgeprägten Nahebeziehung erfüllt sind. Diese Voraussetzungen sind unter anderem gegenseitige finanzielle Abhängigkeit, ein gemeinsamer Wohnsitz sowie sonstige Abhängigkeit wie beispielsweise gegenseitige Pflege. Eine familiäre Beziehung unter Erwachsenen fällt nach der Rechtsprechung des EGMR und des VfGH demnach nur dann unter den Schutz des Art. 8 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (EGMR 12.01.2010, 47386/06, A. W. Khan, Rn 32; VfGH 09.06.2006, B 1277/04; VwGH 25.04.2008, 2007/20/0720 bis 0723).

Die Mutter des BF1 lebt in Österreich, die BF gaben jedoch keine besonders intensive Bindung zu ihr an oder machte sonstige Angaben, die auf eine besondere Bindungsintensität oder eine Abhängigkeit schießen ließen. Ein Eingriff in ein bestehendes Familienleben mit der Mutter des BF1 wurde nicht behauptet. Die BF werden gemeinsam nach Kroatien überstellt, sodass ein Eingriff in das bestehende Familienleben untereinander oder das Kindeswohl nicht gegeben war.

Es sind auch – schon aufgrund der relativ kurzen Aufenthaltsdauer – keine schützenswerten Aspekte des Privatlebens hervorgekommen, wie beispielsweise eine bereits erfolgte außergewöhnliche Integration in Österreich etwa aufgrund sehr langer Verfahrensdauer (vgl. VfGH vom 26.02.2007, B1802/06 u.a.).

Der Aufenthalt der BF im Bundesgebiet in der Dauer von sieben Monaten war nur ein vorläufig berechtigter. Gemessen an der Judikatur des EGMR und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes ist dieser Zeitraum als kein ausreichend langer zu qualifizieren. Aus der Rechtsprechung des VwGH ergibt sich, dass etwa ab einem zehnjährigen Aufenthalt im Regelfall die privaten Interessen am Verbleib im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen überwiegen können (9.5.2003, 2002/18/0293). Gleiches gilt für einen siebenjährigen Aufenthalt, wenn eine berufliche und soziale Verfestigung vorliegt (5.7.2005, 2004/21/0124).

Die privaten Interessen der BF an einem Verbleib im Bundesgebiet haben nur geringes Gewicht und treten fallbezogen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des VwGH ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund. Der durch die Außerlandesbringung der BF aus dem Bundesgebiet erfolgende Eingriff in ihr Privatleben ist durch ein Überwiegen des öffentlichen Interesses im Vergleich zu ihren Privatinteressen am Verbleib im Bundesgebiet gedeckt.

Folglich bedeutet eine Überstellung der BF nach Kroatien weder einen unzulässigen Eingriff in Art. 16 VO 604/2013 noch in die durch Art. 8 EMRK verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechte auf Achtung des Privat- und Familienlebens.

II.4.3.2. Kritik am kroatischen Asylwesen/der Situation in Kroatien:

Das erkennende Gericht geht davon aus, dass die allgemeine Lage für nach Kroatien überstellte Antragsteller auf internationalen Schutz - unter Beachtung der konkreten auf die BF bezogenen Umstände - aktuell keine reale Gefahr einer gegen menschenrechtliche Bestimmungen verstoßenden Behandlung darstellt. Insbesondere sind die Praxis der asylrechtlichen und der subsidiären Schutzgewährung, die Grund- und Gesundheitsversorgung sowie die Sicherheitslage gesamtbetrachtend noch ausreichend und genügen den Grundsätzen des Unionsrechts.

Es liegen insbesondere auch keine fallrelevanten Verurteilungen Kroatiens durch den EGMR oder den EuGH vor, welche eine Praxis systemischer Mängel des kroatischen Asylwesens, insbesondere im Fall von Dublin-Überstellten aus anderen EU-Staaten, erkennen ließen.

Was die in mehreren Länderberichten angeführten sogenannten „Pushbacks“ betrifft, ist zu bemerken, dass die Überstellung der BF im Rahmen eines Dublin-Verfahrens in einem geordneten behördlichen Verfahren erfolgt, sodass nicht zu befürchten ist, dass die BF Opfer von „Pushbacks“ werden könnte.

In Bezugnahme auf einen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 13.09.2022 ist festzuhalten, dass unter Berücksichtigung der kritisierten Push-Back-Verfahren nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass derselbe Staat an anderer Stelle ebenfalls unrechtmäßig agiere. Festzuhalten ist auch, dass es sich um eine innerschweizerische Judikaturanalyse handelt, wobei der Bericht auch feststellt, dass diese letztlich uneinheitlich sei (Seite 14). In Aufnahmeverfahren (take charge) müsse die Behörde laut Staatssekretariat für Migration den Zugang zum Verfahren vertieft abklären.

Im vorliegenden Fall liegt im Übrigen ein Wiederaufnahmeverfahren (take back) nach der Dublin III-VO vor. Im Gegensatz zu den umfangreich berichteten Push-Backs an der Grenze liegen keine fallrelevanten Berichte vor, wonach ein Wiederaufnahmeverfahren in Kroatien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu einer Rechtsverweigerung führen könnte, sodass diesbezüglich kein Grund zur Annahme besteht, dass eine reale Gefahr eines fehlenden Schutzes vor Verfolgung vorläge.

Ein inhaltlich mäßig aktueller Bericht von HRW vom 03.05.2023 enthält keine konkreten Fallbeschreibungen nach April 2023 und bezieht sich auf Push-Backs und Verfahren an der Grenze.

Demgegenüber ist etwa dem aktuellen Fact-Sheet des UNHCR zu Kroatien (UNHCR – UN High Commissioner for Refugees: Croatia Fact Sheet; Croatia; February 2024, 29. Februar 2024 https://www.ecoi.net/en/file/local/2105691/bi-annual-fact-sheet-2024-02-croatia.pdf) zu entnehmen: „Croatia’s asylum legislation is in line with international standards. Asylum seekers can access adequate reception conditions, and refugees have access to integration support.

Antragsteller die im Rahmen der Dublin III-VO rückübernommen werden und deren Anträge nicht abgeschlossen sind, haben grundsätzlich keine Probleme ein Asylverfahren zu durchlaufen. So wurden in den Jahren 2021 und 2023 etwa keine Fälle gemeldet, wonach etwa ein Antrag wegen Drittstaatssicherheit zurückgewiesen wurde. (HPC - Croatian Law Centre (Autor), veröffentlicht von ECRE – European Council on Refugees and Exiles: Country Report: Croatia; 2022 Update, Juni 2023 https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/06/AIDA-HR-2022-Update.pdf ).

Konkret besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass die BF im Zuge einer sogenannten „ungeprüften Kettenabschiebung“ in ihr Heimatland zurückgeschoben werden könnten, solange ihr Asylverfahren nicht abgeschlossen ist und sohin ist eine unmittelbar nach Überstellung aus Österreich drohende Abschiebung in den Heimatstaat der BF schon aus diesem Grund nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen.

Die BF vermochten somit keine fallrelevanten systemischen Mängel des kroatischen Asylwesens beziehungsweise einen Eingriff in ihre Rechte nach Art. 2 oder 3 EMRK zu begründen, zumal den getroffenen Länderfeststellungen zufolge einer allenfalls aufenthaltsbeendenden Maßnahme eine individuelle Prüfung der Rückkehrsituation des Antragstellers voranzugehen hat. Wie schon in der Beweiswürdigung erwähnt, ergibt sich unter Beachtung der persönlichen Lage der BF aus aktuellen Quellen auch sonst kein Hinweis auf rechtliche Sonderpositionen Kroatiens, die in Hinblick auf Art. 3 EMRK unmöglich machten, Entscheidungen in kroatischen Asylverfahren im gegenständlichen Kontext als grundsätzlich unionsrechtskonform zu akzeptieren. Eine (Folge)Antragstellung ist in Kroatien rechtlich möglich.

Es besteht kein Anlass anzunehmen, dass keine adäquate Unterbringung erfolge, dies ergibt sich nicht aus den Länderberichten. Familien werden gemeinsam untergebracht, Großfamilien erhalten nach Möglichkeit mehrere Räumlichkeiten. Es gibt keine Berichte, wonach auf Familien mit Kindern keine Rücksicht genommen werde.

People in the reception centres share rooms. In Kutina, families share a room, unaccompanied children and single women are accommodated separately in rooms, while in Zagreb a maximum 4 persons can share a room. Families are accommodated in the same room, but in Zagreb if there are more than 5 members of one family, they are given 2 rooms if possible. There are sufficient showers and toilets and facilities are cleaned on a regular basis. As reported by the Croatian Red Cross, after the renovation of Reception Centre in Zagreb in 2019, the overall living conditions have improved greatly. Since October 2021, accommodation of applicants was organized only in the Reception Centre in Zagreb, since the Reception Centre in Kutina was closed due to construction work on the facility. The renovation of Reception centre in Kutina was finalised by the end of 2022. Separate premises are provided in the Reception Centre in Kutina for women and vulnerable groups. Families are kept together, while single women, unaccompanied children and traumatised applicants are accommodated in separate rooms. (HPC - Croatian Law Centre (Autor), veröffentlicht von ECRE – European Council on Refugees and Exiles: Country Report: Croatia; 2022 Update, Juni 2023 https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/06/AIDA-HR-2022-Update.pdf)

II.4.3.3. Medizinische Krankheitszustände; Behandlung in Kroatien:

Unbestritten ist, dass nach der allgemeinen Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK und Krankheiten, die auch im vorliegenden Fall maßgeblich ist, eine Überstellung nach Kroatien nicht zulässig wäre, wenn durch die Überstellung eine existenzbedrohende Situation drohte und diesfalls das Selbsteintrittsrecht der Dublin III-VO zwingend auszuüben wäre: In diesem Zusammenhang ist vorerst auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH vom 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9) zu verweisen, welches die relevante Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Art. 3 EMRK festhält (D. v. the United Kingdom, EGMR 02.05.1997, Appl. 30.240/96, newsletter 1997,93; Bensaid, EGMR 06.02.2001, Appl. 44.599/98, newsletter 2001,26; Ndangoya, EGMR 22.06.2004, Appl. 17.868/03; Salkic and others, EGMR 29.06.2004, Appl. 7702/04; Ovdienko, EGMR 31.05.2005, Appl. 1383/04; Hukic, EGMR 29.09.2005, Appl. 17.416/05; EGMR Ayegh, 07.11.2006; Appl. 4701/05; EGMR Goncharova Alekseytsev, 03.05.2007, Appl. 31.246/06).

Zusammenfassend führte der VfGH aus, dass sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat beziehungsweise in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom).

Rechtsprechung des EGMR (N vs UK, 27.05.2008) und Literaturmeinungen (Premiszl, Migralex 2/2008, 54ff, Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren") bestätigen diese Einschätzung, wobei noch darauf hinzuweisen ist, dass EU-Staaten verpflichtet sind, die Aufnahmerichtlinie umzusetzen und sohin jedenfalls eine begründete Vermutung des Bestehens einer medizinischen Versorgung vorliegt.

Aus diesen Judikaturlinien des EGMR ergibt sich jedenfalls der für das vorliegende Beschwerdeverfahren relevante Prüfungsmaßstab.

Nach der geltenden Rechtslage ist eine Überstellung dann unzulässig, wenn die Durchführung eine in den Bereich des Art. 3 EMRK reichende Verschlechterung des Krankheitsverlaufs oder der Heilungsmöglichkeiten bewirken würde (siehe Feststellungen des Innenausschusses zu § 30 AsylG in der Stammfassung); dabei sind die von den Asylinstanzen festzustellenden Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat als Hintergrundinformation beachtlich, sodass es sich quasi um eine "erweiterte Prüfung der Reisefähigkeit" handelt.

Maßgebliche Kriterien für die Beurteilung der Art. 3 EMRK- Relevanz einer psychischen Erkrankung angesichts einer Abschiebung sind Aufenthalte in geschlossenen Psychiatrien infolge von Einweisungen oder auch Freiwilligkeit, die Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Intensität der Inanspruchnahme medizinisch-psychiatrischer Leistungen, die Möglichkeit einer wenn auch gemessen am Aufenthaltsstaat schlechteren medizinischen Versorgung im Zielstaat sowie die vom Abschiebestaat gewährleisteten Garantien in Hinblick auf eine möglichst schonende Verbringung. Rechtfertigen diese Kriterien eine Abschiebung, hat eine denkmögliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes oder ungünstige Entwicklung des Gesundheitszustands außer Betracht zu bleiben, geschweige denn vermag die Verursachung von überstellungsbedingtem mentalen Stress eine Abschiebung unzulässig machen.

Die BF konnten wie ausgeführt keine gesundheitlichen Probleme, sonstige Beeinträchtigungen oder eine Immunschwäche glaubhaft machen. Eine medizinische Grundversorgung ist gegeben, es gibt keine Berichte wonach diese etwa im Falle der Erkrankung von Kindern nicht ausreichend wäre. Zusätzliche Unterstützung vor Ort ist im Notfall gegeben:

The Croatian Red Cross (CRC) provides psychosocial and practical support and assistance to applicants for international protection in Reception Centres for Applicants for International Protection, based on the identified needs of individuals and families. CRC identifies vulnerable groups (children, unaccompanied children, the elderly, single women, people with physical and mental disabilities, people who have experienced trauma or torture, potential victims of trafficking, victims of domestic violence) and plans work tailored to their specific needs. (HPC - Croatian Law Centre (Autor), veröffentlicht von ECRE – European Council on Refugees and Exiles: Country Report: Croatia; 2022 Update, Juni 2023 https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/06/AIDA-HR-2022-Update.pdf )

Schließlich steht auch außer Zweifel, dass die Behörde bei der Durchführung einer Abschiebung im Falle von bekannten Erkrankungen des Fremden durch geeignete Maßnahmen dem jeweiligen Gesundheitszustand Rechnung zu tragen hat. Insbesondere erhalten kranke Personen eine entsprechende Menge der benötigten verordneten Medikamente. Anlässlich einer Abschiebung werden von der Fremdenpolizeibehörde auch der aktuelle Gesundheitszustand und insbesondere die Transportfähigkeit beurteilt sowie gegebenenfalls bei gesundheitlichen Problemen entsprechende Maßnahmen gesetzt. Bei Vorliegen schwerer psychischer Erkrankungen und insbesondere bei Selbstmorddrohungen werden geeignete Vorkehrungen zur Verhinderung einer Gesundheitsschädigung getroffen.

Abschließend ist festzuhalten, dass die vom BFA herangezogenen Länderfeststellungen grundsätzlich nach wie vor ausreichend aktuell sind, da sich trotz älterer Quellen zwischenzeitlich keine maßgeblichen Änderungen im kroatischen Asylsystem und der dortigen Lage ergeben haben.

II.4.4. Das BVwG gelangt daher insgesamt zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall keine – im Kontext der hier zu klärenden Rechtsfragen relevante – Verletzung von Bestimmungen der GRC oder der EMRK zu befürchten ist. Es sind bei den BF keine Hinweise auf besondere Vulnerabilitätsaspekte erkennbar, welche einer Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat konkret entgegengestünden. Dafür besteht jedenfalls kein Anhaltspunkt. Den Bedürfnissen von Familien mit Kleinkindern wird ausreichend Rechnung getragen.

Auch im Übrigen konnten die BF keine auf sich selbst bezogenen besonderen Gründe, welche für eine reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK sprechen würden, glaubhaft machen, weshalb diesbezüglich die Rechtsvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG zur Anwendung kommt, wonach ein Asylwerber im zuständigen Mitgliedstaat Schutz vor Verfolgung findet.

II.5.1. Das BVwG gelangt daher insgesamt zum Ergebnis, dass im vorliegenden Fall keine Verletzung von Bestimmungen der GRC oder der EMRK zu befürchten ist. Daher besteht auch keine Veranlassung, von dem in Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO vorgesehenen Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen und eine inhaltliche Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz vorzunehmen.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 61 Abs. 1 FPG war eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt. Wie bereits ausgeführt, stellt die Anordnung zu ihrer Außerlandesbringung keinen unzulässigen Eingriff in das Recht der BF auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens dar, sodass die Anordnung gemäß § 9 BFA-VG zulässig ist. Die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 61 Abs. 2 FPG ist gegeben, da wie oben festgestellt, dadurch keine Verletzung von Art. 3 EMRK bewirkt würde, und sonst keinerlei Hinweise auf eine Bedrohungssituation im Sinne des § 50 FPG vorlagen. Auch die Einstellungsfristen des Art. 29 Dublin III-VO sind gewahrt, gegenteiliges wurde nicht vorgebracht.

II.5.2. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Die BF haben auch nicht dargelegt, welche Ausführungen sie in einer mündlichen Verhandlung hätten treffen wollen, die ein anderes Verfahrensergebnis bewirken hätten können.

Aus einer systematischen Betrachtung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen (§§ 21 Abs. 3, 6a und 7 BFA-VG, 28 Abs. 3 VwGVG) und dazu ergangener höchstgerichtlicher Judikatur ist abzuleiten, dass der gesetzlichen Intention zufolge eine gerichtliche Beschwerdeverhandlung in Verfahren über zurückweisende Bescheide im Zulassungsverfahren prinzipiell nicht vorgesehen ist (vgl. VwGH 28.4.2015, Ra 2014/19/0172; 8.9.2015, Ra 2014/18/0157 bis 0159; 15.12.2015, Ra 2015/19/0212) und ist davon auszugehen, dass in jenen Verfahren – im Sinne eines entsprechenden Ausgleichs – in der Spezialbestimmung des § 21 Abs. 3 BFA-VG weitergehende Möglichkeiten hinsichtlich einer behebenden Entscheidung zwecks Vornahme ergänzender Ermittlungstätigkeiten seitens der Behörde bestehen, als dies zufolge der allgemein für kassatorische Entscheidungen bestehenden Rechtsgrundlage des § 28 Abs. 3 VwGVG ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insb. VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063-4) der Fall ist. Die „Unerlässlichkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung“ im Sinne der (aus § 66 Abs. 2 AVG übernommenen) Gesetzesdiktion muss im Bereich des Asyl- und Fremdenwesens – zumal der Behörde hier lediglich eine Partei gegenübersteht und die Durchführung einer kontradiktorischen Verhandlung seitens der Behörde sohin von Vorneherein nicht in Betracht kommt – grundsätzlich im Sinne der Unerlässlichkeit der Durchführung einer neuerlichen Einvernahme der BF verstanden werden – welche auch aus der notwendigen Konfrontation desselben mit von der Behörde allenfalls zunächst ergänzend zu tätigenden Ermittlungsschritten in Bezug auf dessen individuelle (gesundheitliche oder familiäre) Situation oder die Lage im zuständigen Mitgliedsstaat resultieren kann (vgl. in diesem Sinne VwGH 23.5.1985, 84/080085; VwGH 19.2.1991, 90/08/0142; 17.10.2006, 2005/20/0459; im Sinne dieser zu § 66 Abs. 2 AVG ergangenen Judikaturlinie genügte für eine kassatorische Entscheidung, dass zur Komplettierung des maßgeblichen Sachverhaltes die „Einvernahme“ der Partei erforderlich erscheine; vgl. auch Hengstschläger/Leeb, AVG § 66 Rz 14 ff). Insofern ist, übertragen auf die nunmehr geltende Rechtslage, davon auszugehen, dass notwendige Ergänzungen der Sachverhaltsfeststellungen, insbesondere in Zusammenschau mit der Notwendigkeit, diese in Relation zu den individuellen persönlichen Umständen der BF zu setzen und mit ihnen zu erörtern, jedenfalls die Unerlässlichkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Sinne des Gesetzeswortlautes implizieren; dies auch vor dem Hintergrund, dass die Führung des Zulassungsverfahrens, sohin auch des Konsultationsverfahrens im Anwendungsbereich der Dublin III-VO, jedenfalls Aufgabe der Behörde ist und nicht vor die Beschwerdeinstanz verlagert werden kann. Zu Bedenken gilt weiters, dass der Behörde – im Falle eines entsprechenden Ermittlungsergebnisses – die sofortige Zulassung des Verfahrens und Weiterführung desselben, insbesondere auch die Abhaltung einer inhaltlichen Einvernahme offen stünde und sohin eine kassatorische Entscheidung in einer solchen Konstellation (weitergehend als bei Behebungen nach § 28 Abs. 3 VwGVG) auch als im Sinne der Verfahrensökonomie erachtet werden muss.

Im vorliegenden Verfahren erscheint der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt. Der sich aus dem Akt ergebende Sachverhalt hinsichtlich der Zuständigkeitsbegründung an sich wurde von den BF nicht substantiiert bestritten. Wie beweiswürdigend näher dargelegt, traten die BF den im angefochtenen Bescheid getroffenen Erwägungen im Rahmen der Beschwerdeerhebung auch darüber hinaus nicht in substantiierter Weise entgegen. Die BF haben auch sonst nicht dargelegt, welche Ausführungen sie in einer mündlichen Verhandlung hätte treffen wollen, die ein anderes Verfahrensergebnis bewirken hätten können.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Sofern aufgrund aller von der Verwaltungsbehörde und vom BVwG berücksichtigten Berichte zu Kroatien eine Würdigung dieser Berichtslage vorgenommen wurde, handelt es sich um Tatsachenfragen. Die Beurteilung des BVwG zur Situation in Kroatien korreliert mit früherer des VwGH; wobei sich aus dem gegenständlichen Erkenntnis zeigt, dass auch auf Basis der Beschwerde eine entscheidende Situationsänderung in den letzten Jahren zu verneinen ist.

Für die in seiner Beurteilung leitenden rechtlichen Prämissen konnte sich das BVwG unter anderem der Urteile des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 10.12.2013 in der Rechtssache C-394/12, Shamso Abdullahi/Österreich, vom 07.06.2016 in der Rechtssache C-63/15, Mehrdad Ghezelbash/Niederlande sowie vom 07.06.2016 in der Rechtssache Rs C-155/15, Karim, vom 13.01.2015, A.M.E./Niederlande, 51428/10, vom 21.12.2011, NS, C-411 493/10, sowie auf die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 4.6.2013, 6198/12, Daytbegova und Magomedova/Österreich, und vom 30.6.2015, 39350/13, A.S./Schweiz, stützen; ebenso auf die in der Begründung referierte aktuelle Judikatur des VwGH.

Die gegenständlichen Entscheidungen weichen im Ergebnis weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

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