JudikaturBvwgW163 2178863-2

W163 2178863-2 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
22. April 2024

Spruch

W163 2178863-2/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Daniel LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.12.2023, Zahl XXXX , zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG und § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG stattgegeben und die angefochtenen Spruchpunkte behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

I.1. Verfahrensgang

I.1.1. Vorverfahren

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 15.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Dieser wurde nach Durchführung einer niederschriftlichen Einvernahme vom 10.10.2017 mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 03.11.2017 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für die Dauer von einem Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).

3. Der am 01.12.2017 gegen Spruchpunkt I. des Bescheids erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (im Folgenden: BVwG) vom 12.02.2019 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG stattgegeben und dem BF der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 4 und 5 AsylG wurde festgestellt, dass ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter für drei Jahre und kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

I.1.2. Zweites (Gegenständliches) Verfahren

1. Mit Aktenvermerk des BFA vom 30.06.2023 wurde festgehalten, dass Anhaltspunkte bestünden, dass der BF ein besonders schweres Verbrechen begangen habe, weshalb von einer Erfüllung des Aberkennungstatbestandes des § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG auszugehen sei.

2. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 17.11.2023, AZ XXXX , wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall und Abs. 4 Z 3 SMG, des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 zweiter Fall SMG, des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall und Abs. 2 SMG, des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit psychotropen Stoffen nach § 30 Abs. 1 zweiter Fall, Abs. 2 SMG unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB nach dem Strafsatz des § 28a Abs. 4 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zweieinhalb Jahren verurteilt.

3. Mit Verständigung vom Ergebnis einer Beweisaufnahme des Bundesamtes vom 28.11.2023 wurde dem BF mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, ein Aberkennungsverfahren hinsichtlich des Status des Asylberechtigten einzuleiten. Ihm wurde die Möglichkeit zur Stellungnahme binnen vierzehn Tagen eingeräumt.

4. Mit Schreiben vom 07.12.2023 gab der BF eine Stellungnahme ab.

5. Mit im Spruch angeführten Bescheid des BFA wurde der dem BF mit Erkenntnis vom 12.02.2019 zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt und seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG als unzulässig erklärt (Spruchpunkt II.).

6. Gegen den am 18.12.2023 rechtswirksam zugestellten Bescheid erhob der BF im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung fristgerecht Beschwerde an das BVwG und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

7. Die gegenständliche Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem BVwG am 17.01.2024 vom BFA vorgelegt.

8. Mit Schreiben vom 24.03.2024 legte der BF eine Vollmacht für den XXXX sowie Unterlagen zu seiner damaligen Erwerbstätigkeit vor und beantrage die zeugenschaftliche Einvernahme seiner Lebensgefährtin.

9. Am 03.04.2024 führte das BVwG eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit des BF, seiner rechtsfreundlichen Vertretung und einer Zeugin durch. Ein Behördenvertreter nahm an der Verhandlung nicht teil.

I.2. Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (Sachverhalt)

Das BVwG geht auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem für die Entscheidung maßgebenden Sachverhalt aus:

a) Zur Person und Situation der beschwerdeführenden Partei

1. Zur Person des Beschwerdeführers

Der BF führt den Namen XXXX und wurde am XXXX geboren.

Er ist Staatsangehöriger der islamischen Republik Afghanistan, gehört der Volksgruppe der Paschtunen an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Seine Muttersprache ist Paschtu.

Der BF wurde in Lashkargah, Provinz Helmand (Afghanistan), geboren, wo er bis zu seinem vierzehnten Lebensjahr im Familienverband aufwuchs. Sodann zog er mit zwei seiner Brüder in den Iran, wo sie bis zur Ausreise nach Europa lebten. Seine Kernfamilie lebt in Afghanistan, einer seiner Brüder, zu dem er Kontakt hat, befindet sich ebenso in Österreich.

Er besuchte in Afghanistan sowie im Iran jeweils drei Jahre die Schule und war im Iran als Motorradmechaniker tätig. Der BF hat keine Kinder, ist arbeitsfähig und leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen. Vor seiner Inhaftierung konsumierte er regelmäßig Drogen. Er spricht fließend Deutsch, absolvierte bereits eine Deutschprüfung auf dem Niveau B1 und war im Bundesgebiet von 22.10.2018 bis 01.02.2023 bei einer Bäckerei als Arbeiter tätig. Er geht derzeit keiner Erwerbstätigkeit nach, legte jedoch ein Schreiben eines EDV Service und Handel Unternehmens vom 27.10.2023 vor, demzufolge zukünftig für den BF die Möglichkeit einer potentiellen Anstellung besteht. Weiters hat er für den Fall seiner Enthaftung eine ambulante Therapieplatzzusage beim Verein zur Rehabilitation und Integration suchtkranker Menschen. Er hat eine in Österreich wohnhafte Lebensgefährtin, mit der er in Zukunft wieder einen gemeinsamen Wohnsitz begründen will.

Der BF hält sich seit 2015 durchgehend im Bundesgebiet auf und wurde ihm mit Erkenntnis des BVwG vom 12.02.2019 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Aufgrund seiner Straffälligkeit wurde ihm dieser Status mit im Spruch angeführten Bescheid gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG aberkannt. Gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt und seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan für unzulässig erklärt.

2. Zum strafrechtlichen Fehlverhalten des Beschwerdeführers

2.1. Der BF wurde in Österreich am 17.11.2023 strafgerichtlich verurteilt und befindet sich derzeit im Strafvollzug.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 17.11.2023, rechtskräftig seit 21.11.2023, AZ XXXX , wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall und Abs. 4 Z 3 SMG, des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 zweiter Fall SMG, des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall und Abs. 2 SMG, des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit psychotropen Stoffen nach § 30 Abs. 1 zweiter Fall, Abs. 2 SMG unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB nach dem Strafsatz des § 28a Abs. 4 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zweieinhalb Jahren verurteilt.

Der Verurteilung lag zugrunde, dass der BF im Bundesgebiet vorschriftswidrig

I. Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen hat, nämlich Cannabiskraut (beinhaltend 1,13% Delta-9-THC und 14,80% THCA), und zwar

1. zwischen April 2023 und dem 18.05.2023 einem Abnehmer insgesamt 700 Gramm brutto für insgesamt EUR 5.250,-;

2. zwischen Juni 2022 und dem 12.06.2023 einem Abnehmer insgesamt zumindest 200 Gramm brutto für insgesamt zumindest EUR 1.400,-;

3. zwischen März 2023 und dem 12.06.2023 einem Abnehmer insgesamt zumindest 24 Gramm brutto für insgesamt zumindest EUR 240,-;

4. zwischen Mai 2023 und dem 05.06.2023 einem Abnehmer insgesamt zumindest 24 Gramm brutto für insgesamt EUR 240,-;

5. zwischen Februar 2023 und Juni 2023 einem Abnehmer insgesamt zumindest 10 Gramm brutto für insgesamt zumindest EUR 80,-;

6. Anfang 2022 einem Abnehmer insgesamt zumindest 10 Gramm brutto für insgesamt zumindest EUR 100,-;

7. am 12.06.2023 einem Abnehmer 10 Gramm brutto für 60,-;

8. zwischen September 2022 und dem 12.06.2023 weiteren, unbekannten Abnehmern weitere zumindest 8.022 Gramm brutto für insgesamt zumindest EUR 48.132,-;

II. Suchtgift seit einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt bis zum 12.06.2023 besessen hat, und zwar

1. in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz, dass es in Verkehr gesetzt werde, nämlich 2.315,90 Gramm netto Cannabiskraut (beinhaltend 1,13% Delta-9-THC und 14,80% THCA);

2. zum ausschließlich persönlichen Gebrauch, nämlich 20 Stück Ecstasy-Tabletten (beinhaltend MDMA in zumindest straßenüblicher Qualität von 32,66%) und 8,9 Gramm brutto Kokain (beinhaltend Cocain in zumindest straßenüblicher Qualität von 75,14%);

III. psychotrope Stoffe, seit einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt bis zum 12.06.2023 zum ausschließlich persönlichen Gebrauch besessen hat, nämlich 25,7 Gramm brutto psilocybinhaltige Pilze (beinhaltend den psychotropen Wirkstoff Psilocybin).

Die Feststellungen des Strafgerichtes gründeten sich im Wesentlichen auf die vollumfassend geständige Verantwortung des BF, wobei diese zwar durch diverse Beweisergebnisse wie etwa die vielzähligen, ihn belastenden Zeugenaussagen gestützt wird, der BF jedoch dennoch enorm überschießend selbstbelastende Angaben tätigte, wobei dafür kein Grund außer „reinen Tisch“ machen zu wollen, ersichtlich ist. Die überschießend geständige Verantwortung, die der BF bereits von Anfang an gegenüber der Polizei im Ermittlungsverfahren abgelegt hatte, bestätigte dieser auch nach diversem Nachfragen in diesem Umfang gegenüber dem Senat in der Hauptverhandlung. Der BF konsumierte zwar regelmäßig Cannabiskraut, war jedoch nicht an Suchtmittel gewöhnt und beging die Tat nicht zur Erlangung von Mitteln für den Suchtgifterwerb.

Bei der Strafzumessung wurde als strafmildernd der ordentliche Lebenswandel, das reumütige Geständnis, der (wesentliche) Beitrag zur Wahrheitsfindung mitsamt massiv überschießender Selbstbelastung und die teilweise Sicherstellung des Suchtgiftes, als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit drei Vergehen sowie der lange Tatzeitraum gewertet. Aufgrund der hohen Menge an überlassenem Suchtgift galt es zwar jedenfalls eine grundsätzlich empfindliche, unbedingte Freiheitsstrafe zu verhängen, um dem BF das Unrecht seiner Taten eindrucksvoll vor Augen zu führen und insbesondere der Begehung strafbarer Handlungen dieser oder ähnlicher Art durch andere entgegenzuwirken. Jedoch galt es diese empfindliche Freiheitsstrafe im Rahmen des großen zur Verfügung stehenden Strafrahmens insbesondere aufgrund des massiven Überwiegens der Milderungsgründe, allen voran der während des gesamten Strafverfahrens unverändert überschießend geständigen Verantwortung des BF, dessen auf den Senat erweckten positiven Eindruck hervorzuheben ist und der sich in Österreich gut integriert haben muss, zumal seine exzellenten Deutschkenntnisse anders kaum erlangt werden hätten können, im unteren Bereich, nämlich mit weniger als einem Fünftel des zur Verfügung stehenden Strafrahmens, zu bemessen. Mangels der Voraussetzungen des § 43a Abs. 4 StGB, nämlich insbesondere da nicht mit der hiefür geforderten hohen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, der BF werde keine weiteren strafbaren Handlungen begehen und darüber hinaus aufgrund massiven generalpräventiven Bedenken, galt es jedoch keine teilbedingte Strafnachsicht vorzunehmen.

Mit Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 11.01.2024, AZ XXXX , wurde der vom BF gegen das oben zitierte Urteil erhobenen Berufung dahin Folge gegeben, dass die Freiheitsstrafe auf zwei Jahre herabgesetzt wurde. Aus dem Berufungsurteil ergibt sich, dass der Erwerb und Besitz von psilocin- und psilocybinhältigen Pilzen nicht strafbar ist, weshalb der Schuldspruch III. bei der Strafzumessung gänzlich außer Betracht zu bleiben hatte. Damit einhergehend wertete das Oberlandesgericht auch nur das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei (und nicht drei) Vergehen als straferschwerend. Weiters wurde der überschießend geständigen Verantwortung des BF zu wenig Gewicht beigemessen. So ist zu berücksichtigen, dass dem BF ohne überschießendes Geständnis eine in Verkehr gesetzte Menge von maximal 978 Gramm Cannabiskraut mit einer Reinsubstanz von 11,05 Gramm Delta-9-THC und 144,74 Gramm THCA hätte nachgewiesen werden können, welche Menge dem 4,16-fachen der Grenzmenge des § 28b SMG entspricht. Durch sein überschießendes Geständnis hat sich die Menge um mehr als das Achtfache (damit auch die mögliche Maximalstraße von fünf auf fünfzehn Jahre) erhöht. Zudem zeigte er sich schon in seiner ersten Einvernahme nicht nur überschießend geständig, sondern auch kooperativ, indem er den Sperrcode seines Handys bekanntgab, das Signalprofil seines Lieferanten zeigte und erklärte, alle Kunden in WhatsApp gespeichert zu haben. Unter gebührender Würdigung des von Anbeginn reumütigen und überschießenden, auch in der Hauptverhandlung aufrecht erhaltenen, wesentlich zur Wahrheitsfindung beitragenden Geständnisses und der allgemeinen im Sinne des § 32 Abs 2 und 3 StGB anzustellenden Überlegungen erwies sich - bei der Überschreitung der Grenzmenge des § 28b SMG beim Schuldspruch I. um das 38-fache und einem Strafrahmen von einem bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe - die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe mit Blick auf den bisher ordentlichen Lebenswandel (davon sieben Jahre in Österreich) doch als überhöht, weshalb in diesbezüglicher Stattgebung der Berufung die Sanktion auf ein allen Strafzwecken gerecht werdendes Ausmaß im spruchgemäßen Umfang herabzusetzen war. Das Oberlandesgericht geht davon aus, dass auch diese herabgesetzte Sanktion dem im Erstvollzug befindlichen Straftäter das Unrecht seiner Taten eindrucksvoll vor Augen führen und ihn zu einem rechtschaffenen Lebenswandel hinführen kann.

Die Gewährung teilbedingter Strafnachsicht gemäß § 43a Abs 3 StGB schied schon aus generalpräventiven Gründen aus, gilt es doch ein Zeichen für potentielle Suchtgifthändler auch aus dem Lebenskreis des BF zu setzen, dass der erwartete Gewinn in keinem Verhältnis zur staatlichen Reaktion auf diesen – die Gefährdung der Gesundheit unzähliger Menschen in Kauf nehmende – knapp einjährigen Tatzeitraum steht.

2.2. Der BF wurde zwar bereits wegen eines Verbrechens rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt, jedoch handelt es sich bei den diesem zugrundeliegenden strafbaren Handlungen unter Berücksichtigung der Tatumstände, der Strafe sowie der Erschwerungs- und Milderungsgründe um kein „besonders schweres“ Verbrechen, weshalb kein Asylausschlussgrund vorliegt.

II. Beweiswürdigung

Der Beweiswürdigung liegen folgende Erwägungen zugrunde:

II.1. Zum Verfahrensgang

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsakts des BFA und des aktenkundigen rechtskräftigen Erkenntnisses des BVwG vom 12.02.2019.

II.2. Zur Person und zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei

1. Zur Person des Beschwerdeführers

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den Angaben des BF in der Beschwerdeverhandlung und dem mit Erkenntnis des BVwG vom 12.02.2019 rechtskräftig festgestellten Sachverhalt.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, zu seinen Sprachkenntnissen, zur Volksgruppenzugehörigkeit, zum Glauben und zur Heimatstadt stützen sich auf die Angaben des BF vor dem BVwG. Dasselbe gilt für die Feststellungen, dass der BF etwa mit vierzehn Jahren in den Iran zog und sich dort bis zu seiner Flucht nach Europa aufhielt. Dass sich seine Kernfamilie derzeit in Afghanistan aufhält und einer seiner Brüder ebenso in Österreich wohnhaft ist, gab er in der Beschwerdeverhandlung an.

Der BF behauptete im Verfahren, dass er im Iran sowie in Afghanistan jeweils drei Jahre die Schule besucht habe und im Iran als Motorradmechaniker tätig gewesen sei. Dass er arbeitsfähig ist und an keinen schwerwiegenden Erkrankungen leidet, gab er selbst an und ist im Verfahren nichts Gegenteiliges hervorgekommen. Anhand der Aussagen des BF und des aktenkundigen Strafurteils war festzustellen, dass dieser vor seiner Inhaftierung regelmäßig Suchtmittel zu sich nahm. Es war festzustellen, dass er fließend Deutsch spricht, weil dies bereits in der strafgerichtlichen Verurteilung vermerkt wurde und er in der Beschwerdeverhandlung glaubhaft vorbrachte, er habe bereits eine Deutschprüfung auf dem Niveau B1 absolviert. Anhand seiner Aussagen vor dem BVwG und einem Sozialversicherungsdatenauszug vom 02.04.2024 war festzustellen, dass der BF im Bundesgebiet von 22.10.2018 bis 01.02.2023 bei einer Bäckerei als Arbeiter tätig war. Die Feststellungen dazu, dass er potentiell in einem Unternehmen für EDV Services und Handel angestellt werden könnte und im Falle der Enthaftung einen Therapieplatz in einem Verein zur Rehabilitation sowie Integration suchtkranker Menschen erhalten würde, war den von ihm vor dem BVwG vorgelegten Unterlagen zu entnehmen. Dass er keine Kinder und eine in Österreich wohnhafte Lebensgefährtin hat, gab er in der Beschwerdeverhandlung glaubhaft an. Seine Aussagen wurden im Rahmen der zeugenschaftlichen Einvernahme seiner Lebensgefährtin bestätigt. Diese brachte in der Beschwerdeverhandlung vor, dass sie mit dem BF in der Zeit vor seiner Verurteilung zwar in Trennung gelebt habe, die beiden sich jedoch wieder angenähert und ihre Beziehung seit seiner Inhaftierung intensiviert hätten. Der BF verhalte sich aufgrund der Tatsache, dass er keine Drogen mehr konsumiere, wieder so, wie sie ihn kennengelernt habe.

Der BF ist wie festgestellt im Jahr 2015 unrechtmäßig ins Bundesgebiet eingereist, was sich aus seinen eigenen Aussagen, dem Zeitpunkt seiner Antragstellung sowie der Tatsache ergibt, dass er ohne die erforderlichen Dokumente in Österreich einreiste. Dass er seit seiner Einreise etwa das Bundesgebiet verlassen hätte, ist im Verfahren nicht hervorgekommen. Es ergibt sich unstrittig aus dem Verwaltungsakt, dass dem BF mit Erkenntnis des BVwG vom 12.02.2019 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt, und ihm dieser mit im Spruch angeführten Bescheid gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG aberkannt, ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG nicht zuerkannt und seine Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan für unzulässig erklärt wurde.

2. Zum strafrechtlichen Fehlverhalten des Beschwerdeführers

Einem aktuellen Auszug aus dem Strafregister war zu entnehmen, dass der BF im Bundesgebiet strafgerichtlich verurteilt wurde und sich derzeit in Strafhaft befindet.

Die Feststellungen zu der gegen ihn verhängten Strafe, den Tatumständen sowie den Strafmilderungs- und erschwerungsgründen beruhen auf den vom zuständigen Landesgericht bzw. Oberlandesgericht übermittelten Urteilsausfertigungen.

Zur Feststellung, die der Verurteilung zugrundeliegenden strafbaren Handlungen stellen kein „besonders schweres“ Verbrechen dar, wird auf die diesbezüglichen Ausführungen in III.1. verwiesen.

III. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchteil A)

III.1. Zur Stattgabe der Beschwerde gegen die Aberkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG

1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status des Asylberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt (Z 1); einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist (Z 2) oder der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat (Z 3).

Gemäß § 6 Abs. 1 AsylG ist ein Fremder von der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn und so lange er den Schutz gemäß Art. 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt (Z 1); einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Ausschlussgründe vorliegt (Z 2); aus stichhaltigen Gründen angenommen werden kann, dass der Fremde eine Gefahr für die Sicherheit der Republik darstellt (Z 3) oder er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht (Z 4).

Gemäß § 6 Abs. 2 AsylG kann, wenn ein Ausschlussgrund nach § 6 vorliegt, der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden. § 8 gilt.

1.2. Die belangte Behörde stützte sich in Spruchpunkt I. bei der Aberkennung des Status des Asylberechtigten lediglich auf § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG, ohne dabei einen konkreten Ausschlusstatbestand anzuführen.

Die Frage, auf welchen Tatbestand des § 6 AsylG sich die Aberkennung des Schutzstatus bezieht, ist zwar dem Spruch nicht zu entnehmen, ergibt sich jedoch anhand der konkretisierenden Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung des Bundesamtes (vgl. im Spruch angeführter Bescheid, S. 31 ff).

Die belangte Behörde stützte sich bei der Aberkennung des Schutzstatus des BF auf den Ausschlussgrund des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG und führte dazu aus, dass der BF im Bundesgebiet iSd § 17 StGB rechtskräftig verurteilt worden sei und demnach eine Gefahr für die Gemeinschaft darstelle. So handle es sich bei der Suchtgiftkriminalität um eine besonders gefährliche Art der Kriminalität, bei der die Wiederholungsgefahr sehr groß sei. Der BF habe ein „besonders schweres“ Verbrechen begangen und stelle durch sein Verhalten eine Gefahr für die Gemeinschaft dar, weshalb ihm der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 iVm § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG abzuerkennen gewesen sei.

1.2.1. Gemäß § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG ist ein Fremder von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn er von einem inländischen Gericht wegen eines „besonders schweren“ Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht. Nach § 17 Abs. 1 StGB sind Verbrechen vorsätzliche Handlungen, die mit lebenslanger oder mehr als dreijähriger Freiheitsstrafe bedroht sind.

1.2.2. Nach der aktuellen Rechtsprechung des VwGH vom 25.07.2023 zu Ra 2021/20/0246, die infolge des Urteils des EuGH vom 06.07.2023, Rechtssache C-402/22, erging, ist für eine Asylaberkennung iSd § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG unter Bedachtnahme auf die unionsrechtlichen Vorgaben des Art. 14 Abs. 4 lit b StatusRL erforderlich, dass der Fremde wegen eines Verbrechens iSd § 17 StGB rechtskräftig verurteilt wurde. Es muss sich bei der der Verurteilung zugrundeliegenden Straftat um eine solche handeln, die angesichts ihrer spezifischen Merkmale insofern eine außerordentliche Schwere aufweist, als sie zu den Straftaten gehört, die die Rechtsordnung der betreffenden Gesellschaft am stärksten beeinträchtigen. Dazu gehören beispielsweise Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Kindesmisshandlung, Brandstiftung, Handel mit Suchtgiften und Suchtmitteln, bewaffneter Raub, die Verletzung des Rechtsgutes der sexuellen Integrität von Kindern und aus terroristischen Motiven begangene Straftaten. Bei der Beurteilung, ob jene Straftat, derentwegen ein Drittstaatsangehöriger rechtskräftig verurteilt wurde, einen solchen außerordentlichen Schweregrad aufweist, sind sämtliche besondere Umstände des Einzelfalls einzubeziehen, insbesondere die für diese Straftat angedrohte und verhängte Strafe, die Art der Straftat, die erschwerenden und mildernden Umstände, die Art und das Ausmaß der durch diese Straftat verursachten Schäden sowie das Verfahren zur Ahndung der Straftat - etwa ob hinsichtlich eines Delikts auch bei geringerer Strafdrohung die Durchführung des Hauptverfahrens des Strafverfahrens einem Geschworenengericht (§ 31 Abs. 2 StPO) überantwortet ist - zu berücksichtigen. Da jene Straftat, für die der Fremde verurteilt wurde, für sich genommen den genannten Schweregrad aufweisen muss, ist es nicht statthaft, diesen Schweregrad durch die Kumulierung verschiedener Straftaten, von denen keine als solche eine besonders schwere Straftat darstellt, zu bejahen.

Bei der Beurteilung, ob der Fremde „wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet“, ist zu prüfen, ob der betreffende Fremde eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für ein Grundinteresse der Allgemeinheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem er sich aufhält. Dabei kann - unter Beachtung der weiteren Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG (wie etwa, dass zwingend eine Verurteilung wegen eines Verbrechens im Sinn des § 17 StGB vorliegen muss) sowie der sonstigen Vorgaben des Art. 14 Abs. 4 lit b StatusRL - auf die Rechtsprechung des VwGH zum identen, in § 67 Abs. 1 zweiter Satz FPG enthaltenen Maßstab zurückgegriffen werden. Im Rahmen der Gefährdungsprognose ist auf Grund konkreter Feststellungen zu den maßgeblichen Umständen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Es ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zugrunde liegenden Straftat und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Für eine nachvollziehbare Gefährdungsprognose ist es nicht ausreichend, wenn lediglich das Gericht, die Urteilsdaten, die maßgeblichen Strafbestimmungen und die verhängte Strafe angeführt werden. Je nach Lage des Einzelfalls wird es mitunter auch nicht ausreichend sein, die im Urteilstenor des Strafgerichts zum Ausdruck kommenden Tathandlungen wiederzugeben, sondern sich als notwendig darstellen, darüber hinausgehende Feststellungen zu treffen, um die Gefährdungsprognose in einer dem Gesetz entsprechenden Weise vornehmen zu können. Dass der betreffende Drittstaatsangehörige wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde, ist aber von besonderer Bedeutung. Dies kann nach den Umständen der Begehung dieser Straftat dazu beitragen, das Bestehen einer tatsächlichen und erheblichen Gefahr für ein Grundinteresse der Allgemeinheit zu belegen. Aus Vorstrafen des Fremden darf nicht automatisch geschlossen werden, dass das geforderte Maß der Gefahr vorliegt. Je später nach der rechtskräftigen Verurteilung wegen einer besonders schweren Straftat eine Entscheidung über das Vorliegen des Ausschlussgrundes getroffen wird, desto mehr sind bei der Prüfung, ob eine tatsächliche und erhebliche Gefahr zu demjenigen Zeitpunkt besteht, zu dem die Entscheidung getroffen wird, die Entwicklungen nach der Begehung einer solchen Straftat zu berücksichtigen.

Weiters ist zu prüfen, ob die Aberkennung des Status des Asylberechtigten in Bezug auf die vom Fremden ausgehende Gefahr als verhältnismäßig anzusehen ist. Bei der Abwägung ist einerseits auf die Gefahr, die der Fremde für die Gemeinschaft darstellt, und andererseits auf die Auswirkungen des Verlusts jener Rechte, die mit dem Status des Asylberechtigten einhergehen, Bedacht zu nehmen. Es ist auch zu prüfen, ob der mit der Aberkennung des Status des Asylberechtigten verfolgte Zweck auch durch den Fremden weniger beeinträchtigende Maßnahmen, die darauf gerichtet sind, den Schutz der Allgemeinheit des Mitgliedstaats, in dem sich der betreffende Fremde aufhält, in wirksamer Weise herzustellen, erreicht werden kann. Dabei ist auch auf sonstige diesen Zweck verfolgende und gegenüber dem Fremden von Gerichten oder Behörden angeordnete Maßnahmen Bedacht zu nehmen. Die Folgen, die ein Fremder im Fall der Rückkehr in sein Herkunftsland zu gewärtigen hätte, und im Besonderen der Umstand, dass eine Abschiebung in das Herkunftsland aus den in § 50 Abs. 1 oder Abs. 2 FPG genannten Gründen (auf die auch in § 3 und § 8 AsylG 2005 abgestellt wird) nicht zulässig ist, sind bei der Prüfung, ob sich die Versagung oder die Aberkennung des Status des Asylberechtigten als verhältnismäßig darstellt, nicht zu berücksichtigen.

1.2.3. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 17.11.2023, rechtskräftig seit 21.11.2023, AZ XXXX , wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall und Abs. 4 Z 3 SMG, des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 zweiter Fall SMG, des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall und Abs. 2 SMG, des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit psychotropen Stoffen nach § 30 Abs. 1 zweiter Fall, Abs. 2 SMG unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB nach dem Strafsatz des § 28a Abs. 4 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zweieinhalb Jahren verurteilt. Nachdem der BF gegen die Strafhöhe Berufung erhob, wurde seine Freiheitsstrafe mit Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 11.01.2024 auf zwei Jahre herabgesetzt.

Der Verurteilung wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels lag zugrunde, dass der BF im Bundesgebiet zwischen Anfang 2022 und Juni 2023 vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich insgesamt 9.180 Gramm brutto Cannabiskraut (beinhaltend 1,13% Delta-9-THC und 14,80% THCA), für insgesamt EUR 55.502,- verschiedenen Abnehmern überlassen hat.

Der Verwaltungsgerichtshof stellte bereits mehrfach klar, welche Delikte typischerweise unter den Begriff des "besonders schweren“ Verbrechens zu subsumieren sind und nennt dabei auch den Drogenhandel als besonders schweres Verbrechen (vgl. zuletzt VwGH 15.03.2022, Ra 2022/20/0035, Rz 12). Der Rechtsprechung des VwGH ist auch zu entnehmen, dass die Verhinderung strafbarer Handlungen, insbesondere von Suchtgiftdelikten, jedenfalls schon vor dem Hintergrund der verheerenden Schäden und Folgen in der Gesellschaft, zu denen der Konsum von Suchtgiften führt, ein Grundinteresse der Gesellschaft (Schutz und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit) darstellt. Der VwGH hat in Bezug auf Suchtgiftdelinquenz zudem mehrmals festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (vgl. zuletzt VwGH 26.05.2021, Ra 2021/01/0159; 08.07.2020, Ra 2019/14/0272, mwN; vgl. auch die Rechtsprechung des EGMR, der Drogenhandel als Plage ["scourge"] bezeichnet und daher hartes Vorgehen nationaler Behörden dagegen billigt, jüngst EGMR 15.10.2020, Akbay u.a./Deutschland, 40495/15, Z 110).

Das – im vorliegenden Fall relevante – Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall und Abs. 4 Z 3 SMG stellt bereits aufgrund der angedrohten Höchststrafe von bis zu fünfzehn Jahren eine qualifizierte Suchtgiftdelinquenz dar. Der aktenkundigen Urteilsausfertigung ist zu entnehmen, dass der BF in einem Zeitraum von über einem Jahr eine beträchtliche Menge an Cannabiskraut, nämlich insgesamt 9.180 Gramm brutto für insgesamt EUR 55.502,-, in Verkehr setzte. Die von ihm überlassene Menge an Suchtgift überschreitet die Grenzmenge um das Fünfzehnfache, und wurde der BF trotz des bisher ordentlichen Lebenswandels zu einer gänzlich unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt. Unter Berücksichtigung der Judikatur des VwGH sowie der Tatsache, dass durch den Suchtgifthandel besonders wichtige Rechtsgüter – nämlich Leib und Leben bzw. die körperliche Unversehrtheit – verletzt werden, erweist sich die vom BF begangene Tat in objektiver Betrachtung als „besonders schweres“ Verbrechen.

Die Straftat stellt jedoch aus folgenden Erwägung kein „besonders schweres“ Verbrechen in subjektiver Hinsicht dar:

Auch wenn der BF bereits bei seiner ersten Verurteilung zu einer gänzlich unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt wurde, ist zu berücksichtigten, dass nur deshalb die Qualifikation des § 28a Abs. 4 Z 3 SMG erfüllt war, weil sich der BF der aktenkundigen Urteilsausfertigung zufolge überschießend geständig verantwortlich zeigte. Die Feststellungen des Strafgerichtes gründeten sich größtenteils auf das vollumfassende Geständnis des BF, welches er von Anfang an gegenüber der Polizei im Ermittlungsverfahren abgelegt hatte. Er trug somit wesentlich zu Wahrheitsfindung bei und wurde durch das zuständige Oberlandesgericht aufgrund der Tatsache, dass sich der BF nicht nur geständig sondern auch kooperativ zeigte, indem er den Sperrcode seines Handys bekanntgab, das Signalprofil seines Lieferanten zeigte und erklärte, alle Kunden in WhatsApp gespeichert zu haben, die im erstinstanzlichen Verfahren verhängte Strafe von zweieinhalb Jahren auf zwei Jahre herabgesetzt. Abgesehen davon, dass sich durch sein überschießendes Geständnis die Menge um mehr als das Achtfachte (damit auch die mögliche Maximalstraße von fünf auf fünfzehn Jahre) erhöht hat, ist zu beachten, dass bei der Strafzumessung die strafmildernden den erschwerenden Gründen wesentlich überwogen. So wurde als strafmildernd der ordentliche Lebenswandel, das reumütige Geständnis, der (wesentliche) Beitrag zur Wahrheitsfindung mitsamt massiv überschießender Selbstbelastung und die teilweise Sicherstellung des Suchtgiftes, als erschwerend hingegen lediglich das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen sowie der lange Tatzeitraum gewertet. Die verhängte Freiheitsstrafe beträgt mit zwei von den angedrohten ein bis fünfzehn Jahren weniger als ein Fünftel der Höchststrafe, was jedenfalls gegen das Vorliegen eines subjektiv „besonders schweren“ Verbrechens spricht.

Hinzu kommt, dass der BF trotz seines strafbaren Verhaltens keine Gefahr für die Gemeinschaft darstellt. Wie oben bereits zitiert ist im Rahmen einer Gefährdungsprognose nach § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG nicht bloß auf die Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung eines Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Dabei ist ein Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich – nach dem Vollzug einer Haftstrafe – in Freiheit wohlverhalten hat. Das gilt auch im Fall einer (erfolgreich) absolvierten Therapie (VwGH 05.12.2017, Ra 2016/01/0166).

Der BF befindet sich zwar zum Entscheidungszeitpunkt in Strafhaft, jedoch kann aufgrund seines Verhaltens vor dem Strafgericht sowie dem BVwG und seiner bisherigen Lebensführung im Bundesgebiet bereits davon ausgegangen werden, dass der Erstvollzug ihn zu einem rechtschaffenen Lebenswandel hinführen kann. Wie bereits ausgeführt zeigte sich der BF im strafgerichtlichen Verfahren umfassend geständig und auch reumütig. Das Strafgericht hielt in der aktenkundigen Urteilsausfertigung weiters fest, dass der BF auf den Senat einen positiven Eindruck erweckte und von einer sehr guten Integration auszugehen ist, zumal seine exzellenten Deutschkenntnisse anders kaum erlangt werden hätten können.

Auch in der Beschwerdeverhandlung vermittelte der BF den Eindruck, seine Straftaten aufrichtig zu bereuen. Er sei, nachdem er seine Arbeit bei der Bäckerei beendet habe und aufgrund von Problemen wegen seiner Sexualität sowie traumatischen Erfahrungen aus der Vergangenheit in Kontakt mit Drogen gekommen, weshalb er begonnen habe, mit Suchtmitteln zu handeln. Seine vor dem BVwG zeugenschaftlich einvernommene Lebensgefährtin bestätigte diese Angaben und brachte vor, dass der BF aufgrund von Schlafproblemen angefangen habe, Cannabis zu rauchen und dann in einen falschen Freundeskreis geraten sei. Sie hätten sich zwar zwischenzeitig getrennt, ihre Beziehung habe sich während dem Strafvollzug jedoch wieder intensiviert, zumal sich der BF während der Haft selbst wiedergefunden und eingesehen, dass er Fehler begangen habe. Sie werde ihn nach der Entlassung jedenfalls unterstützen und sich dafür einsetzen, dass er eine Therapie absolviere. Anhand des vom BF vor dem BVwG persönlich gewonnenen Eindrucks und vor dem Hintergrund der Tatsache, dass er sich vor seinem „Abrutsch“ in die Drogenszene in Österreich durch die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, dem Eingehen einer Beziehung sowie dem Erlernen von Deutschkenntnissen bereits sehr gut integrierte, ist davon auszugehen, dass er sein Leben nach der Enthaftung wieder in geordnete Bahnen lenken und sowohl eine Therapie machen als auch wieder einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachgehen wird. Dabei wird er den glaubhaften Angaben seiner Lebensgefährtin zufolge von dieser unterstützt werden.

Mit Blick auf das Leben des BF im Bundesgebiet seit seiner Einreise im Jahr 2015 stellt dieser trotz seines strafrechtlichen Fehlverhaltens keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Inland dar. Eine Aberkennung seines Schutzstatus stünde demnach auch nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der von ihm ausgehenden Gefahr.

1.2.4. Da die gegen den BF ergangene Verurteilung iSd oben zitierten Judikatur des VwGH kein „besonders schweres“ Verbrechen darstellt, liegen die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG gegenständlich nicht vor. Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides über die amtswegige Aberkennung des Status des Asylberechtigten war daher zu beheben. Dem BF kommt demnach weiterhin der Status eines Asylberechtigten zu.

III.2. Zur Behebung des Spruchpunktes II.

Nachdem mit gegenständlichem Erkenntnis Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides – mit welchem dem BF der Status des Asylberechtigten aberkannt wurde – behoben wurde, waren auch die weiteren, damit verbundenen Aussprüche zu beheben, zumal sie schon infolge der Behebung der amtswegigen Aberkennung des Status des Asylberechtigten ihre rechtliche Grundlage verlieren.

Zu Spruchteil B)

Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. dazu die zu Spruchpunkt A zitierte Rechtsprechung), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die vom Bundesverwaltungsgericht im Einzelfall vorzunehmende Beweiswürdigung ist – soweit diese nicht unvertretbar ist – nicht revisibel (z.B. VwGH 19.04.2016, Ra 2015/01/0002, mwN). Das hat sinngemäß auch für die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose Geltung (vgl. VwGH 7.5.2019, Ra 2019/14/0171, mwN). Gleiches gilt für die im Zusammenhang mit einer Beurteilung nach § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG vorzunehmende einzelfallbezogene Würdigung (vgl. VwGH 5.4.2018, Ra 2017/19/0531, mwN).

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