JudikaturBvwgW141 2286952-2

W141 2286952-2 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
22. April 2024

Spruch

W141 2286952-2/10E

BESCHLUSS!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Rebecca FIGL-GATTINGER und Josef HERMANN als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , geboren am XXXX , VN XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice (AMS) St. Pölten vom 21.11.2023, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 01.02.2024, beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird für gegenstandslos erklärt und das Verfahren gemäß § 31 VwGVG eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 21.11.2023 wurde gemäß § 24 Abs. 2 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 in der geltenden Fassung ausgesprochen, dass der Bezug des Arbeitslosengeldes für die Zeiträume 01.07.2023 bis 19.07.2023, 22.07.2023 bis 27.07.2023 und 29.07.2023 bis 07.08.2023 widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt und gemäß § 25 Abs. 1 AlVG die Beschwerdeführerin zur Rückzahlung des unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeldes in Höhe von € 1.514,80 verpflichtet werde.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin in den Zeiträumen 01.07.2023 bis 19.07.2023, 22.07.2023 bis 27.07.2023 und 29.07.2023 bis 31.07.2023 vollversichert bei der Firma XXXX beschäftigt gewesen sei und vom 01.08.2023 - 07.08.2023 eine Urlaubsabfindung von dieser Firma erhalten habe.

2. Gegen diesen Bescheid richtete sich die, am 01.12.2023 beim Arbeitsmarktservice (AMS) St. Pölten (in der Folge belangte Behörde genannt) eingelangte, Beschwerde der Beschwerdeführerin.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin bei der Firma XXXX niemals mehr als die Geringfügigkeitsgrenze verdient habe. Bei der Endabrechnung für Juli 2023 seien € 97,11 als SFN-Zulage extra ausbezahlt worden, vereinbart sei aber immer eine Beschäftigung unter der Geringfügigkeitsgrenze gewesen. Dass in diesem Monat eine Zulage ausbezahlt werde, sei ihr seitens des Dienstgebers nicht mitgeteilt worden und habe sie zum Zeitpunkt der Beendigung nicht um die Konsequenzen gewusst. Die Beschwerdeführerin sei sich keiner Schuld bewusst.

3. Mit Bescheid vom 01.02.2024 wurde über die Beschwerde vom 01.12.2024 im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) iVm § 56 AlVG (Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977), in geltender Fassung, entschieden. Der Bezug des Arbeitslosengeld-Schulung und des Bildungsbonus werde für 01.07.2023 bis 19.07.2023, 22.07.2023 bis 27.07.2023 und 29.07.2023 bis 31.07.2023 widerrufen und die unberechtigt empfangenen Leistungen in Höhe von € 1.148,28 zurückgefordert. Für die gleichen Zeiträume bestehe eine Kursnebenkosten-Pauschale von täglich € 2,29. Die Zuerkennung des Arbeitslosengeld-Schulung, der Kursnebenkosten-Pauschale und des Bildungsbonus für 01.08.2023 bis 07.08.2023 werde nicht zurückgefordert oder widerrufen.

Beweiswürdigend wurde der erhobene verfahrensrelevante Sachverhalt wiedergegeben. In der rechtlichen Beurteilung zitierte die belangte Behörde die maßgeblichen Bestimmungen des AlVG.

4. Mit persönlich abgegebenem Schreiben vom 13.02.2024 beantragte die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen.

5. Am 23.02.2024 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.

6. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 18.04.2024 wurde der Bescheid vom 21.11.2023 in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 01.02.2024 von Amts wegen gemäß § 68 Abs. 2 AVG behoben.

Begründend wurde ausgeführt, dass eine Abfrage beim Dachverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger ergeben habe, dass durchgehend für die Zeit vom 15.04.2023 bis 13.08.2023 eine geringfügige Beschäftigung bei der XXXX vorliege. Aufgrund dieser Neuerung sei festzustellen, dass die Leistungen der belangten Behörde weder zu widerrufen noch rückzufordern seien.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das Bundesverwaltungsgericht geht von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt aus.

1. Feststellungen (entscheidungswesentlicher Sachverhalt):

Die Beschwerdeführerin ist durch den Bescheid der belangten Behörde vom 18.04.2024, mit welchem der gegenständliche Bescheid vom 21.11.2023 in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 01.02.2024 amtswegig aufgehoben wurde, klaglos gestellt worden.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung ergibt sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und dem Bescheid der belangten Behörde vom 18.04.2024.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat – vorliegend sohin das AMS.

§ 56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Die entsprechende Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 56 Abs. 2 AlVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

Gemäß § 7 BVwGG bestehen die Senate aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzern. Ist in Materiengesetzen die Mitwirkung fachkundiger Laienrichter an der Rechtsprechung vorgesehen, sind diese anstelle der Mitglieder nach Maßgabe der Geschäftsverteilung als Beisitzer heranzuziehen.

In der gegenständlichen Rechtssache obliegt somit die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Senat.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg. cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren, angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang fest und beschränkt diesen insoweit, als das Verwaltungsgericht (bei Bescheidbeschwerden) prinzipiell (Ausnahme: Unzuständigkeit der Behörde) an das Beschwerdevorbringen gebunden ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 1 zu § 27 VwGVG). Konkret normiert die zitierte Bestimmung: "Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen."

Die zentrale Regelung zur Frage der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG. Die vorliegend relevanten Abs. 1 und 2 dieser Bestimmung lauten wie folgt:

„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist“.

Gegenständlich steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne von § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG fest.

Das Bundesverwaltungsgericht hat folglich in der Sache selbst zu entscheiden.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG sind die Erkenntnisse zu begründen. Für Beschlüsse ergibt sich aus § 31 Abs. 3 VwGVG eine sinngemäße Anwendung.

Zu A):

1. Entscheidung in der Sache:

Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht. Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde oder des Untergangs des Beschwerdeführers kann analog zu § 33 VwGG eine Einstellung auch bei Klaglosstellung des Beschwerdeführers (Wegfall der Beschwer) in Betracht kommen. Dies grundsätzlich sowohl bei formeller Klaglosstellung als auch bei materieller Klaglosstellung wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), § 28 VwGVG, Anm 5).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist gemäß § 33 Abs. 1 VwGG eine Beschwerde mit Beschluss für gegenstandslos geworden zu erklären, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde. Gegenstandslosigkeit wird – neben formeller Klaglosstellung – angenommen, wenn durch Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt. Dabei ist zu beachten, dass die gesetzlichen Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit einer Partei nicht den Anspruch auf die verwaltungsgerichtliche Feststellung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden an sich gewähren, sondern nur einen Anspruch auf Aufhebung gesetzwidriger Bescheide, die in die Rechtssphäre der Partei eingreifen (vgl. z.B. VwGH 13.12.2010, 2009/10/0050 mit Verweis auf VwGH 29.9.2010, 2008/10/0029; VwGH 5.11.2014, Ro 2014/10/0084).

Die Beschwerdeführerin ist durch die mit 18.04.2024 datierte bescheidmäßige, amtswegige, Behebung des bekämpften Bescheides vom 21.11.2023 in Form der Beschwerdevorentscheidung vom 01.02.2024 klaglos gestellt.

Ein Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführerin im vorliegenden Beschwerdeverfahren ist nicht mehr gegeben, sie verlor das Rechtsschutzinteresse und ist das Beschwerdeverfahren gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG einzustellen.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden.

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