JudikaturBvwgW235 2279116-1

W235 2279116-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
19. April 2024

Spruch

W235 2279116-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, ge-gen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.09.2023, Zl. 1361520503-231390090, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG und gemäß § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Syrien, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 19.07.2023 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Eine Eurodac-Abfrage ergab, dass der Beschwerdeführer am XXXX .06.2022 in Bulgarien einen Asylantrag stellte (vgl. AS 10).

1.2. Am 20.07.2023 wurde der Beschwerdeführer einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei er zunächst angab, über keine Familien-angehörigen in Österreich oder im Gebiet der Europäischen Union zu verfügen und an keinen Krankheiten zu leiden. Er sei im Juni 2023 [richtig: 2022] aus Syrien ausgereist und habe wegen der Arbeit nach Österreich gewollt. Nach einem Aufenthalt von zwei Wochen in der Türkei, sei er nach Bulgarien weitergereist. Dort seien ihm die Fingerabdrücke abgenommen worden. Ob er einen Asylantrag gestellt habe, wisse der Beschwerdeführer nicht. Er habe sich einen Monat in Bulgarien aufgehalten. Nach Bulgarien wolle er nicht zurück, sondern in Österreich bleiben und arbeiten.

Dem Beschwerdeführer wurde ferner am 20.07.2023 eine Mitteilung gemäß § 28 Abs. 2 AsylG ausgehändigt, mit der ihm zur Kenntnis gebracht wurde, dass aufgrund von Konsultationen mit Bulgarien die in § 28 Abs. 2 AsylG definierte 20-Tages-Frist für Verfahrenszulassungen nicht mehr gilt. Diese Verfahrensanordnung wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag übergeben und von ihm unterfertigt (vgl. AS 21).

1.3. In der Folge richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 26.07.2023 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (= Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Bulgarien.

Mit Schreiben vom 01.08.2023 stimmte die bulgarische Dublinbehörde der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zu (vgl. AS 37).

Mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da davon auszugehen ist, dass der Dublinstaat Bulgarien für sein Verfahren zuständig ist. Diese Verfahrensanordnung wurde vom Beschwerdeführer am 07.08.2023 nachweislich übernommen (vgl. AS 67).

1.4. Am 16.08.2023 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unter Beiziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Arabisch einvernommen, wobei er zunächst angab, dass er gesund sei und keine Medikamente benötige. Der Mann seiner Schwester sei in Österreich asylberechtigt. Es bestehe jedoch kein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis. Sonst gebe es keine Personen in Österreich, von denen der Beschwerdeführer abhängig wäre oder zu denen ein besonders enges Verhältnis bestehe. Seine Frau und seine vier Kinder würden in der Türkei leben. Er sei gemeinsam mit seiner Frau und seinen Kindern in die Türkei gereist. Seine Familie sei dort geblieben und der Beschwerdeführer sei allein nach Österreich weitergereist.

Zur geplanten Vorgehensweise des Bundesamtes eine Anordnung zur Außerlandesbringung nach Bulgarien zu treffen, gab der Beschwerdeführer an, dass er nicht zurück wolle. Sein Asylantrag sei dort abgelehnt worden. Er sei ein Jahr in Bulgarien aufhältig gewesen. Auf Vorhalt, er habe bei der Erstbefragung angegeben, ein Monat in Bulgarien gewesen zu sein, brachte der Beschwerdeführer vor, er sei sicher ein Jahr in Bulgarien gewesen. Konkret ihn betreffende Vorfälle habe es während seines Aufenthalts in Bulgarien nicht gegeben. Zu den vorab ausgefolgten Länderfeststellungen zu Bulgarien gab der Beschwerdeführer an, dass er diese nicht gelesen habe. Er kenne Bulgarien. Er habe ausreichend Zeit gehabt, seine Angaben vollständig und so ausführlich wie er wolle, zu machen. Der Beschwerdeführer wolle nicht mehr zurück nach Bulgarien.

1.5. Mit Parteiengehör vom 22.08.2023 wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zur Stellungnahme zu den beiliegenden aktualisierten Länderfeststellungen des Bundesamtes sowie zu einem allenfalls ergänzenden Vorbringen eingeräumt.

In seiner Stellungnahme vom 28.08.2023 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen und zusammengefasst vor, dass die bulgarische Asylbehörde SAREF keine unabhängige Quelle sei und sohin die Länderberichte nicht objektiv seien. Ferner würden die Länderberichte nicht auf die Vorwürfe der illegalen Push-Backs, der massiven Polizeigewalt und der allgemein schlechten Standards bei der Versorgung und Unterbringung eingehen. Dazu bringe der Beschwerdeführer einen Bericht des ORF vom 17.07.2023 ein, der ein eindeutiges Indiz dafür darstelle, dass die aktualisierten Länderberichte den gesetzlichen Voraussetzungen der Objektivität und Zuverlässigkeit nicht genügen würden. In der Folge wurde dieser Bericht mit Titel „Schlepperkriminalität und Pushback-Risiko“ (offenbar wörtlich) zitiert und hierzu ausgeführt, dass aufgrund der Mangelhaftigkeit der aktualisierten Länderberichte zu diesem Beweisthema weitere Ermittlungen erforderlich seien. Beantragt wurde, objektive Länderberichte, die nicht ausschließlich auf Aussagen der bulgarischen Asylbehörde SAREF bzw. eines Verbindungsbeamten des Innenministeriums beruhen würden, in das Verfahren einzubringen sowie das Verfahren des Beschwerdeführers in Österreich zuzulassen.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Bulgarien gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO für die Prüfung dieses Antrages zuständig ist (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Bulgarien zulässig ist.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner nunmehr ausgewiesenen Vertretung fristgerecht am 04.10.2023 Beschwerde. Erstmals wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer durch die bulgarische Polizei geschlagen und unmenschlich behandelt worden sei. Er habe am Oberkörper große blaue Flecken von den Schlägen der Polizei bekommen, wovon er auch Fotografien gemacht habe. Des Weiteren habe es für den Beschwerdeführer schlechte bzw. fast keine medizinische Versorgung gegeben. Die Unterbringungssituation für Asylwerber in Bulgarien stelle eine Verletzung von Art. 3 EMRK dar. Der Beschwerdeführer habe vorgebracht, dass er nicht mehr nach Bulgarien zurückkehren wolle, da sein Asylantrag abgelehnt worden sei.

In der Folge zitierte die Beschwerde aus Berichten von Human Rights Watch vom 07.05.2022 sowie vom 26.05.2022 und führte hierzu aus, dass Human Rights Watch illegale Push-Backs dokumentiert und festgestellt habe, dass bulgarische Behörden Asylsuchende geschlagen, ausgeraubt, ausgezogen und mit Polizeihunden attackiert hätten. Ferner würden diese Berichte die vielen Menschenrechtsverletzungen aufzeigen, die die bulgarischen Behörden, insbesondere die Polizei, gegenüber Flüchtlingen begingen. Der Beschwerdeführer sei in Bulgarien gezwungen worden die Fingerabdrücke abzugeben und einen Asylantrag zu stellen. Diesbezüglich habe es die Behörde unterlassen, den Stand des Asylverfahrens des Beschwerdeführers in Bulgarien abzuklären, obwohl der Stand wesentlich für die Versorgungssituation sei. Wenn das Asylverfahren des Beschwerdeführers in Bulgarien negativ entschieden worden sei, müsse er bei einer Rückkehr einen Folgeantrag stellen. In der Folge zitierte die Beschwerde aus den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid betreffend Dublin-Rückkehrer und führte dazu aus, dass sowohl Gerichte in Dublinstaaten als auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Überstellungen nach Bulgarien ausgesetzt hätten. Den aktuellen Länderinformationen zu Bulgarien sei zu entnehmen, dass für den Beschwerdeführer als Dublin-Rückkehrer der Zugang zu Versorgung nicht gesichert sei, sondern die Bereitstellung von Nahrung und Unterkunft von den begrenzten nationalen Aufnahmekapazitäten und deren Verfügbarkeit abhängig sei. Aus den dargestellten Gründen hätte die Behörde zu dem Schluss kommen müssen, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Bulgarien eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC darstelle und vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen müssen.

4. Aufgrund einer Nachfrage gab das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Bundesverwaltungsgericht mit E-Mail vom 02.04.2024 bekannt, dass das Verfahren des Beschwerdeführers ausgesetzt wurde und übermittelt die Bekanntgabe der Aussetzung an Bulgarien vom 26.09.2023 (vgl. OZ 4).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger von Syrien. Er verließ seinen Herkunftsstaat im Juni 2022 und begab sich in die Türkei. Von der Türkei aus reiste er über Bulgarien, wo er am XXXX .06.2022 einen Asylantrag stellte, der in der Folge abgelehnt wurde, illegal in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein. Nach einem Aufenthalt von ca. einem Jahr in Bulgarien gelangte der Beschwerdeführer in das österreichische Bundesgebiet, wo er am 19.07.2023 nach unrechtmäßiger Einreise den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 26.07.2023 ein Wiederaufnahmegesuch an Bulgarien, welches von der bulgarischen Dublinbehörde am 01.08.2023 beantwortet und die ausdrückliche Zustimmung zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO erteilt wurde. Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Bulgariens wieder beendet hätte, liegt nicht vor. Ferner hat sich die Überstellungsfrist im gegenständlichen Fall auf 18 Monate verlängert, da der Beschwerdeführer flüchtig ist. Dieser Umstand wurde der bulgarischen Dublinbehörde vom Bundesamt mit Schreiben vom 26.09.2023 mitgeteilt.

Konkrete, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Bulgarien sprechen, liegen nicht vor. Es wird nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Überstellung nach Bulgarien Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Krankheit leidet, die einer Überstellung nach Bulgarien aus gesundheitlichen Gründen entgegensteht. Ferner benötigt er auch keine Medikamente.

Gemäß seinen eigenen Angaben ist der Schwager (= Ehegatte seiner Schwester) des Beschwerdeführers in Österreich asylberechtigt. Ein gemeinsamer Haushalt und/oder wechselseitige Abhängigkeiten finanzieller oder sonstiger Natur bestehen nicht. Daher wird festgestellt, dass keine besonders ausgeprägten privaten, familiäre oder berufliche Bindungen des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet bestehen. Letztlich wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer in Österreich seit 23.09.2023 über keine aufrechte Meldung mehr verfügt.

1.2. Zum bulgarischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Bulgarien:

Zum bulgarischen Asylverfahren sowie zur Situation von Dublin-Rückkehrern in Bulgarien wurden im angefochtenen Bescheid auf den Seiten 9 bis 26 unter Anführung von Quellen umfangreiche Feststellungen getroffen, welche von der erkennenden Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes geteilt und auch für gegenständliches Erkenntnis herangezogen werden.

Ungeachtet dessen wird explizit festgestellt:

a). Allgemeines zum Asylverfahren:

Zuständig für das erstinstanzliche Asylverfahren (Registrierung und Bearbeitung der Anträge, Unterbringung der Asylwerber, Dublin-Verfahren und COI) ist die Staatliche Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat (State Agency for Refugees with the Council of Ministers, SAREF) (SAREF 2023).

Für fremdenpolizeiliche Belange (u. a. legale Migration, permanente Aufenthaltsgenehmigung, Staatenlose, Staatsbürgerschaftsvergabe, Aufenthalt zur Arbeitsaufnahme, Bekämpfung der illegalen Migration, Kontrolle des legalen Aufenthalts im Inland, Identifizierung, Zwangsmaßnahmen, Rückkehrverfahren) ist die Direktion Migration (MD) des Innenministeriums zuständig. Auch Rückkehrentscheidungen werden nicht durch SAREF getroffen, sondern durch MD, Direktion der nationalen Polizei oder Direktion der Grenzpolizei (BFA/Staatendokumentation 18.4.2023).

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (AIDA 3.2023).

[…]

Das reguläre Verfahren beginnt mit dem Asylantrag, entweder bei SAREF direkt (Registrierung des Antrags innerhalb von 3 Tagen) oder vor einer anderen Behörde (Registrierung des Antrags innerhalb von 6 Tagen). Nach der Registrierung wird der Antragsteller eine Befragung unterzogen. Die Entscheidung soll binnen 6 Monaten erfolgen. Die Rechtsmittelfrist beträgt 14 Tage und es gibt 2 Beschwerdeinstanzen. Im beschleunigten Verfahren werden offensichtlich unbegründete Asylanträge behandelt. Eine Entscheidung soll binnen 14 Tagen ab Registrierung erfolgen. Die Rechtsmittelfrist beträgt 7 Tage. Ein Folgeantrag wird zuerst binnen 14 Tagen auf Zulässigkeit geprüft. Die Rechtsmittelfrist beträgt auch hier 7 Tage (SAREF 2023). Die instabile politische Lage und ein Wechsel an der Spitze von SARFEF im Jahr 2022 haben bei vielen Verfahren zu monatelangen Verzögerungen geführt, von denen die meisten syrische Antragsteller betrafen (AIDA 3.2023).

[…]

Laut bulgarischer Gesetzgebung wird das beschleunigte Verfahren nur durchgeführt, wenn die im Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen (Art. 13, Abs. 1 Asyl- und Flüchtlingsgesetz) erfüllt sind (der Antrag ist kein Antrag auf internationalen Schutz; die vorgebrachten Gründe sind nicht ausreichend; es wird versucht, die Behörde betreffend Fluchtgeschichte, Identität oder Schutzbedarf zu täuschen; es wird versucht, durch den Asylantrag z.B. eine Außerlandesbringung zu verhindern; es fehlt der Bedarf für internationalen Schutz wegen der ruhigen Lage im Herkunfts- oder Drittstaat). Das Gesetz erfordert, dass im beschleunigten Verfahren im Voraus festzustellen ist, dass keine Gründe für die Zuerkennung eines Schutztitels vorliegen, bevor er als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden kann. Es ist unzulässig, die Ablehnung des Antrags im beschleunigten Verfahren nur auf einen spezifischen Grund zu stützen. Es ist verpflichtend, dass die Behörde den Antrag, im Kontext der allgemeinen Grundlagen für die Gewährung einer der beiden Formen des internationalen Schutzes, geprüft hat und ihre Notwendigkeit grundsätzlich ablehnt. Im Rahmen des beschleunigten Verfahrens gelten sämtliche Verfahrensgarantien. Dennoch ist es auf unbegleitete Minderjährige nicht anwendbar. Für die Unterbringung gelten laut Auskunft von SAREF auch im beschleunigten Verfahren die üblichen gesetzlichen Bestimmungen (VB 7.8.2023).

Bulgarien kennt folgende Schutzformen: Asyl (ist ein politisch durch den Präsidenten vergebener Schutztitel), internationaler Schutz (1. Flüchtlingsstatus und 2. subsidiärer Schutz) und temporärer Schutz (wird durch den Ministerrat bei außergewöhnlichen Ereignissen vergeben). 2022 gab es in Bulgarien 20.407 Asylanträge (16 % unbegleitete Minderjährige; Syrien: 8.598, Afghanistan: 7 164, Marokko: 1 721, Ukraine: 1 313, Irak: 656) und 4.373 positive Entscheidungen, 444 negative Entscheidungen, 14.474 beendete Verfahren (terminated) (SAREF 2023).

Der Trend, sich dem Verfahren zu entziehen, ist immer noch feststellbar. In diesem Fall ergeht eine Entscheidung in Abwesenheit. Alle anderen erhalten die Entscheidung persönlich. Viele legen ein Rechtsmittel ein. Im letzteren Fall bleiben sie im Zentrum. Erst wenn eine abschließende Entscheidung vorliegt, werden sie der Direktion Migration zur Schubhaft übergeben (BFA/Staatendokumentation 19.4.2023). 2022 haben sich 46 % der Antragsteller (14.474 von 31.592) dem Verfahren entzogen. Dies war ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu 26 % im Jahr 2021 und 39 % im Jahr 2020, aber immer noch niedriger als 83 % im Jahr 2019 (AIDA 3.2023).

b). Dublin-Rückkehrer:

Wenn bei einem Dublin-Rückkehrer der Antrag beendet (terminated) oder inhaltlich abgelehnt (rejected) und in Abwesenheit zugestellt wurde, wird er bei Rückkehr nach Bulgarien als irregulärer Migrant betrachtet. Im Falle einer Beendigung kann er eine Wiedereröffnung seines Verfahrens beantragen. Wenn der Rückkehrer inhaltlich abgelehnt wurde und eine Zustellung der Entscheidung in Abwesenheit erfolgt ist, wird der Dublin-Rückkehrer jedenfalls festgenommen. Er kann einen neuen Asylantrag stellen, welcher als Folgeantrag gilt und dessen Zulässigkeit SAREF entscheiden muss (BFA/Staatendokumentation 18.4.2023).

Das Asyl- und Flüchtlingsgesetz (Law on Asylum and Refugees; LAR) legt keine Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Staates fest, sondern verweist lediglich auf die Kriterien, die in der Dublin-Verordnung aufgeführt sind (AIDA 2.2022).

Dublin-Rückkehrer aus anderen Mitgliedstaaten werden prinzipiell am Zugang zum bulgarischen Hoheitsgebiet nicht gehindert (AIDA 3.2023). Vor der Ankunft der Dublin-Rückkehrer informiert SAREF die Grenzpolizei über die erwartete Ankunft und gibt an, ob der Überstellte in ein Aufnahmezentrum oder in eine Schubhafteinrichtung überstellt werden soll. Diese Entscheidung hängt davon ab, in welcher Phase sich das Asylverfahren des Dublin-Rückkehrers befindet (AIDA 3.2023; vgl. BFA/Staatendokumentation 18.4.2023).

Die Zahl der Dublin-Anfragen an Bulgarien hat sich 2022 erhöht, der Prozentsatz der tatsächlich durchgeführten Überstellungen ist aber gering:

[…]

Die Staaten vertraten 2021 unterschiedliche Standpunkte zu Überstellungen nach Bulgarien. In einigen Staaten, wie Rumänien und den Niederlanden, sind sowohl die Behörden als auch die Richter, die über Rechtsmittel entscheiden, der Meinung, dass Überstellungen stattfinden können. Im Gegensatz dazu treffen die belgischen Behörden keine Überstellungsentscheidungen nach Bulgarien und führen sie auch nicht aus. Die französischen Behörden haben die Zahl der Überstellungsanträge nach Bulgarien stark erhöht und sogar eine Überstellung von vier afghanischen Staatsangehörigen inmitten eines Berufungsverfahrens vollzogen. Obwohl einige Verwaltungsgerichte argumentieren, dass es in Bulgarien systembedingte Mängel gibt, insbesondere für Afghanen angesichts der sehr niedrigen Asylanerkennungsquote, werden solche Entscheidungen häufig von den Verwaltungsberufungsgerichten gekippt. In Italien haben Richter sowohl in Turin als auch in Rom entschieden, dass in Bulgarien ein reales Risiko unmenschlicher und erniedrigender Behandlung besteht, und zwar aufgrund von Mängeln im nationalen Asylsystem, wie z. B. die zwangsweise Einreiseverweigerung, niedrige Asylanerkennungsquoten und gravierende Mängel bei den Aufnahme- und Unterstützungsdiensten. Die österreichische Rechtsprechung ist uneinheitlicher: Obwohl eine Überstellung für besonders schutzbedürftige Antragsteller insbesondere wegen der Lebensbedingungen in Bulgarien und der realen Gefahr extremer materieller Härten gerichtlich abgelehnt wurde, bestätigte dasselbe Gericht weniger als zwei Monate später die Überstellung eines alleinstehenden erwachsenen Mannes und vertrat die Auffassung, dass das bulgarische Asylsystem zwar verbesserungswürdig sei, aber dem EU-Recht entspreche (ECRE 9.2022).

Im Jahr 2022 haben die Gerichte in Dublin-Staaten sowie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte weiterhin die Aussetzung von Dublin-Überstellungen nach Bulgarien in Bezug auf bestimmte Kategorien von Asylwerbern, aufgrund schlechter materieller Bedingungen und des Mangels an angemessenen Garantien für die Rechte der betroffenen Personen, angeordnet. In Deutschland vertrat das Verwaltungsgericht Ansbach die Auffassung, dass die Bedingungen, die Dublin-Überstellte in Bulgarien erwarten, keine systembedingten Schwächen aufweisen. Das Gericht setzte jedoch die Überstellung aus. Das Verwaltungsgericht Köln stellte fest, dass die Gefahr einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung sowohl für Asylwerber als auch für Schutzberechtigte bestehe. In Bezug auf Asylwerber wies das Gericht auf systemische Mängel im gesamten Asylsystem hin, die ein reales Risiko für alle Personen darstellen, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt zu sein. Das Verwaltungsgericht Freiburg hat die Überstellung afghanischer Staatsangehöriger nach Bulgarien aufgrund grundlegender Mängel des Asylverfahrens speziell für afghanische Staatsangehörige (extrem niedrige Anerkennungsquoten, Diskriminierung und Nutzung der Türkei als sicheres Drittland) sowie aufgrund allgemeiner systemischer Mängel aufgehoben. In zwei Fällen aus dem Jahr 2022 stellte das slowenische Verwaltungsgericht fest, dass die Antragsteller angesichts der Aufnahme- und Haftbedingungen im Land, der niedrigen Schutzquoten für Afghanen und Iraker, usw. eine begründete Vermutung für Systemmängel vorgebracht hatten. In der Schweiz wies das Bundesverwaltungsgericht die Fälle von zwei afghanischen Staatsangehörigen, die eine Rückführung von Bulgarien nach Afghanistan befürchteten, an das Staatssekretariat für Migration (SEM) zurück. Obwohl es die Mängel im bulgarischen Asylsystem nicht als systemische Mängel ansah, stellte es fest, dass im Fall der afghanischen Staatsangehörigen nicht absehbar sei, ob die Prüfung des Asylantrags mit ausreichenden Garantien gegen Refoulement geprüft werde. Ähnliches gilt im Fall eines Asylwerbers mit PTSD. Gerichte in allen europäischen Ländern haben jedoch auch 2022 häufig Dublin-Überstellungen nach Bulgarien bestätigt (AIDA 3.2023).

Wenn ein Dublin-Rückkehrer am Flughafen ankommt, wird entschieden, in welchem Zentrum er unterzubringen ist. Wenn sein Antrag beendet (terminated) oder inhaltlich abgelehnt (rejected) und in Abwesenheit zugestellt wurde, wird er als irregulärer Migrant betrachtet. Nur wenn er sich im Falle einer Beendigung entscheidet, die Wiedereröffnung seines Verfahrens zu beantragen, kommt er in eine offene Unterbringung von SAREF (BFA/Staaten-dokumentation 18.4.2023). Seit 2015 sieht das Asyl- und Flüchtlingsgesetz (LAR) ausdrücklich die obligatorische Wiederaufnahme eines Asylverfahrens für Antragsteller vor, die gemäß der Dublin-Verordnung nach Bulgarien zurückgeführt werden, sofern bis dahin keine inhaltliche Entscheidung in Abwesenheit ergangen ist. Allerdings ist laut Quelle ihr Zugang zu Versorgung insofern nicht gesichert, da diese nur vulnerablen Antragstellern garantiert werde. Für nicht-vulnerable Rückkehrer sei die Bereitstellung von Nahrung und Unterkunft von den begrenzten nationalen Aufnahmekapazitäten und deren Verfügbarkeit abhängig und müssten die Rückkehrer ihre Unterkunft und Verpflegung auf eigene Kosten sicherstellen, wenn in den Aufnahmezentren von SAREF kein Platz zur Verfügung stehe (AIDA 3.2023). Angesprochen auf solche Berichte, beauskunftete SAREF im Zuge eines Study Visits in Bulgarien, dass SAREF der Überstellung von vornherein nicht zustimmen würde, wenn keine Unterbringungskapazitäten vorhanden wären (BFA/Staatendokumentation 18.4.2023).

Wenn der Dublin-Rückkehrer inhaltlich abgelehnt wurde und eine Zustellung der Entscheidung in Abwesenheit erfolgt ist, wird er jedenfalls festgenommen und in ein geschlossenes Zentrum der Direktion Migration gebracht, welche für fremdenpolizeiliche Belange zuständig ist. SAREF informiert die MD über die angekündigte Ankunft eines Rückkehrers mit einer in Abwesenheit zugestellten abschließend negativen Entscheidung und bei Ankunft wird der Betreffende in Haft genommen. Der Rückkehrer kann einen neuen Asylantrag stellen, welcher als Folgeantrag gilt. Über einen in der Haft gestellten Folgeantrag wird SAREF informiert und prüft dessen Zulässigkeit. Wird der Antrag nicht zugelassen, bleibt der Rückkehrer in Haft (BFA/Staatendokumentation 18.4.2023). Das bulgarische Asylgesetz (LAR) sieht grundsätzlich vor, dass auch im Falle einer Zulassung des Folgeantrags der Folgeantragsteller kein Recht auf Versorgung hat, außer er wäre vulnerabel (LAR, Art 29 (7)). Laut hierzu eingeholter Auskunft von SAREF, ist dies zwar generell korrekt, jedoch werden in der Praxis die meisten Asylwerber, deren Folgeantrag zugelassen wurde, in Aufnahmezentren von SAREF untergebracht, da SAREF diese besondere Personengruppe als vulnerabel betrachtet (SAREF 17.5.2023).

Obwohl der Zugang zum nationalen Gesundheitssystem nach der Dublin-Rückkehr automatisch wiederhergestellt wird, ist das nationale Gesundheitspaket in der Regel knapp bemessen und sieht weder eine maßgeschneiderte medizinische oder psychologische Behandlung oder Unterstützung noch die Behandlung vieler chronischer Krankheiten oder chirurgische Eingriffe, Prothesen, Implantate oder andere notwendige Medikamente oder Hilfsmittel vor. Daher müssen die Patienten diese auf eigene Kosten bezahlen (AIDA 3.2023).

Seit 2020 ist das ununterbrochene Recht auf medizinische Versorgung für Asylwerber, deren Verfahren beendet und dann wieder aufgenommen wurden, wie es bei Dublin-Rückkehrern typischerweise der Fall ist, gesetzlich ausdrücklich festgeschrieben. Allerdings gilt diese Regelung nicht für Dublin-Rückkehrer, deren Anträge vor ihrer Rückkehr in Abwesenheit inhaltlich entschieden wurden. Bei diesen kommt es immer wieder zu einigen Monaten Verzögerung, bis sie wieder Zugang zum Gesundheitssystem haben (AIDA 3.2023). Angesprochen auf solche Berichte, berichtet SAREF, dass Rückkehrer in so einer Konstellation versichert sind wie bulgarische Bürger und in einem offenen Unterbringungszentrum von SAREF untergebracht werden und somit Zugang zu medizinischer Versorgung haben. Die Daten der Untergebrachten werden einmal im Monat an die Krankenkasse geschickt. Das könnte laut SAREF die Quelle der beschriebenen Verzögerungen sein (BFA/Staatendokumentation 18.4.2023).

c). Non-Refoulement:

Die bulgarischen Gesetze definieren ein sicheres Herkunftsland als einen Staat, in dem die etablierte Rechtsstaatlichkeit und deren Einhaltung im Rahmen eines demokratischen Systems der öffentlichen Ordnung keine Verfolgung oder Verfolgungshandlungen zulassen und in dem keine Gefahr von Gewalt in einer Situation eines innerstaatlichen oder internationalen bewaffneten Konflikts besteht. Dieses Konzept ist ein Grund für die Ablehnung eines Antrags als offensichtlich unbegründet im beschleunigten Verfahren. Ein sicherer Drittstaat wird gemäß bulgarischem Gesetz definiert als ein Land, das nicht das Herkunftsland ist, in dem der Ausländer der um internationalen Schutz ersucht hat, aufgehalten hat und in dem er keinen Grund hat, aus den Konventionsgründen Verfolgung zu befürchten; wo er gegen die Zurückweisung in das Hoheitsgebiet eines Landes geschützt ist, in dem die Voraussetzungen für Verfolgung und Gefährdung seiner Rechte bestehen (Refoulementschutz); wo ihm keine Verfolgung oder ernsthafter Schaden, wie Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe drohen; wo er die Möglichkeit hat die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu beantragen und in Anspruch zu nehmen; und wo hinreichende Gründe für die Annahme bestehen, dass dem Ausländer der Zugang zum Hoheitsgebiet des betreffenden Staates gestattet wird. Die nationale Gesetzgebung erlaubt die Verwendung des Konzepts des sicheren Herkunftslandes und des sicheren Drittlandes im Asylverfahren. Bislang wurden jedoch keine nationalen Listen sicherer Herkunfts- bzw. Drittstaaten angenommen und angewendet (AIDA 3.2023).

Das Konzept des sicheren Drittstaates wurde erstmals im Jahr 2020 als Unzulässigkeitsgrund eingeführt und wird im beschleunigten Verfahren als Grund für die Ablehnung des Antrags als offensichtlich unbegründet betrachtet. Das Gesetz verlangt derzeit eine detailliertere Untersuchung, damit ein Land im Einzelfall als sicherer Drittstaat eingestuft werden kann, einschließlich der Feststellung, dass es den Antragsteller aufnimmt. Auch kann das Konzept des sicheren Drittstaates nicht als alleiniger Grund dafür herangezogen werden, den Antrag als offensichtlich unbegründet zu betrachten, es sei denn, es besteht eine Verbindung zwischen dem Antragsteller und dem betreffenden Drittstaat, aufgrund derer es für diese Person zumutbar wäre, in diesen Staat zu reisen. Da das Konzept in früheren Jahren in der Praxis kaum angewandt wurde, sind nur begrenzt Erfahrungen vorhanden. Grundsätzlich beziehen sich Ablehnungen auf der Grundlage des Konzeptes des sicheren Drittstaates auf Länder, in denen der Antragsteller vor seiner Ausreise längere Zeit gelebt oder gewohnt hat. Transit oder kurze Aufenthalte in Ländern werden nicht als ausreichend für die Annahme der Drittstaatssicherheit betrachtet (AIDA 3.2023).

Es gibt Berichte, dass Anträge von Staatsangehörigen bestimmter Länder, darunter Afghanistan, Algerien, Bangladesch, Marokko und Tunesien, automatisch abgelehnt werden (AI 27.3.2023).

Betreffend die Frage, ob Asylanträge von Afghanen unter Hinweis auf eine Drittstaatssicherheit der Türkei im beschleunigten Verfahren als offensichtlich unbegründet behandelt werden, beauskunftet die bulgarische Asylbehörde SAREF, dass Bulgarien derzeit keine nationale Liste mit sicheren Herkunfts- und Drittstaaten besitzt. Jeder Antrag für internationalen Schutz wird als individueller Einzelfall im Rahmen eines eingeleiteten Verwaltungsverfahrens behandelt und bei der Entscheidung über einen Asylantrag wird geprüft, ob alle Voraussetzungen für die Drittstaatssicherheit vorliegen. Auch für Dublin-Rückkehrer besteht kein Risiko der Ausweisung und/oder Überstellung in ein Land, in dem die Gefahr eines Verstoßes gegen Art. 3 EMRK besteht (SAREF 26.4.2023). Dies wurde von SAREF gegenüber dem BMI-Verbindungsbeamten erneut bestätigt: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt verfügt die Republik Bulgarien über keine nationale Liste sicherer Herkunfts- und Drittstaaten. Jeder Antrag auf internationalen Schutz wird im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens gemäß den Bestimmungen einzeln, objektiv und unparteiisch geprüft, wobei zunächst die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus geprüft wird. Falls kein Flüchtlingsstatus zuerkannt wird, wird die Notwendigkeit der Zuerkennung des humanitären Statuts behandelt. Ein Ausländer, der in die Republik Bulgarien eingereist ist, um Schutz zu beantragen, oder welcher bereits Schutz erhalten hat, darf nicht in das Hoheitsgebiet eines Landes zurückgeschickt werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, der politischen Überzeugung oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe bedroht ist oder der Gefahr von Folter oder anderen Formen der Grausamkeit, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe ausgesetzt ist (VB 7.8.2023).

Der BMI-Verbindungbeamte (VB) berichtet, dass von der Türkei keine Drittstaatsangehörigen von Bulgarien übernommen werden. Wie das bulgarische Innenministerium zur Frage, ob afghanische Staatsangehörige in die Türkei rückgeführt werden, beauskunftet, wendet die Türkei die Bestimmungen der Artikel 4 und 6 des Rückübernahmeabkommens EU-Türkei über die Rückübernahme von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen nicht an. Diese Bestimmungen hätten am 1. Oktober 2017 in Kraft treten müssen oder es hätte eine bilaterale Vereinbarung über die Rückübernahme von Drittstaatsangehörigen, die direkt aus der Türkei eingereist sind, getroffen werden müssen. Dafür setzt die türkische Seite mehr Anstrengungen und Ressourcen für die Bekämpfung der illegalen Migration und die Sicherung der gemeinsamen Grenze ein. Was die Rückübernahme illegal aufhältiger türkischer Staatsangehöriger betrifft, so erhält das bulgarische Innenministerium die volle Unterstützung der türkischen Botschaft bei der Identifizierung und Ausstellung von befristeten Reisedokumenten (VB 12.7.2023).

Abgesehen von Syrern lagen die Anerkennungsquoten aller anderen Nationalitäten in Bulgarien in früheren Jahren im Durchschnitt unter 8 %, wobei Anträge von Staatsangehörigen aus bestimmten Herkunftsländern, wie Afghanistan und Türkei, als offensichtlich unbegründet behandelt wurden und extrem niedrige Anerkennungsquoten hatten. Dies änderte sich jedoch mit der Zeit, so lag die Anerkennungsquote für Afghanen 2016 bei 1,5 % und 2022 bei 49 % (davon 14 % Flüchtlingsstatus, 35 % subsidiärer Schutz; 51 % Ablehnungen). Im Jahr 2022 waren 35 % aller Antragsteller Afghanen und die Gesamtanerkennungsquote stieg auf 91 % aller inhaltlichen Entscheidungen, davon lauteten 89 % auf subsidiären (humanitären) Schutz und 2 % auf Flüchtlingsstatus, 9 % aller inhaltlichen Entscheidungen waren Ablehnungen. Somit wurden im Jahr 2022 von 69 afghanischen Fällen, 20 % im beschleunigten Verfahren als offensichtlich unbegründet behandelt (2021 waren das noch 86 % gewesen, 2020: 95 %). Von den zum Verfahren zugelassenen Afghanen entzogen sich dennoch 95 % durch Untertauchen dem Verfahren, bevor sie eine erstinstanzliche Entscheidung erhielten, sodass nur für 0,7 % der Afghanen inhaltliche Entscheidungen ergingen (AIDA 3.2023).

SAREF beauskunftet betreffend die Frage nach unterschiedlicher Behandlung afghanischer Antragsteller, dass Bulgarien Vertragspartei aller völkerrechtlichen Instrumente ist, die das internationale Flüchtlingsrecht bilden. Alle in Frage kommenden Dokumente sind in die nationale Gesetzgebung implementiert, und die erstinstanzliche Asylbehörde SAREF handelt gemäß dem geltenden Asyl- und Flüchtlingsgesetz. Die Schutzsuchenden werden weder nach Staatsangehörigkeit noch nach anderen Grundsätzen eingeteilt, sondern es wird stets die gleiche Vorgehensweise angewendet und Antragstellern aller Nationalitäten, Ethnien und Religionen werden die gleichen Bedingungen geboten und die Bedürfnisse aller Schutzsuchenden berücksichtigt und jeder Asylantrag im Einzelfall geprüft (VB 7.8.2023).

IOM Bulgarien konnte keine Informationen finden, dass die bulgarischen Behörden bei Entscheidungen über den Schutzstatus afghanischer Staatsangehöriger auf die Türkei als sicheres Drittland verwiesen hätten (IOM 19.5.2023).

Die Zahl der in Bulgarien ankommenden Migranten steigt in den letzten Jahren wieder. Bei der illegalen Einreise betreten wurden 2020: 510, 2021: 1.386, 2022: 2.298 Personen. Bei der illegalen Ausreise betreten wurden 2020: 924, 2021: 1.097, 2022: 2.337 Personen. Illegal aufhältig betreten wurden 2020: 2.053, 2021: 8.316 und 2022: 12.092 Personen. Das waren insgesamt 2020: 3.487, 2021: 10.799, 2022: 16.767 Personen. Die meisten Migranten kommen über die Türkei und Griechenland. Diese Zunahme soll auch zu einem Anstieg von sogenannten Pushback-Praktiken geführt haben, mit 5.268 angeblichen Pushbacks, von denen 87.647 Personen betroffen gewesen sein sollen. Im Jänner 2023 sprach der bulgarische Innenminister von 160.000 verhinderten Grenzübertritten im Jahr 2022 (AIDA 3.2023).

NGOs berichten von mehreren Fällen, wo die Behörden Pushback-Praktiken gegen Migranten und Asylsuchende anwendeten. Auch UNHCR berichtet von vermehrten Fällen von Pushbacks, inklusive Fälle von Gewalt, Raub und erniedrigenden Praktiken gegen Migranten und Asylsuchende entlang der Grenze zur Türkei. Bis zum 12. Dezember 2022 meldete das bulgarische Innenministerium 162.340 Versuche, irregulär über die Grenze in das Land einzureisen, bei denen die Grenzbehörden 4.585 Personen festnahmen. Die NGO Bulgarian Helsinki Committee verzeichnete in der ersten Jahreshälfte 2022 1.681 Fälle von Rechtsverletzungen im Grenzgebiet mit 23.742 betroffenen Personen (USDOS 20.3.2023).

d). Versorgung:

Die Asylbehörde SAREF ist für die Versorgung von Asylwerbern zuständig. Seit Ende 2015 erhalten diese während des Verfahrens Unterkunft, Verpflegung und medizinische Grundversorgung (AIDA 3.2023; vgl. SAREF 26.4.2023). Der Zugang zu Versorgung ist gesetzlich garantiert, allerdings nicht ab der Antragstellung, sondern ab dem Zeitpunkt der Registrierung als Asylwerber durch SAREF. Die Registrierungskarte für Asylwerber ist eine unabdingbare Voraussetzung für den Zugang zu den Rechten, die Asylwerbern während des Asylverfahrens zustehen. Das Recht auf Versorgung gilt für Asylwerber in allen Verfahren, außer für Folgeantragsteller (mit Ausnahme von Vulnerablen) (AIDA 3.2023).

Obwohl das Gesetz diesbezüglich keine ausdrücklichen Bestimmungen enthält, werden mittellose Asylwerber im Falle begrenzter Unterbringungskapazitäten vorrangig untergebracht. In jedem Einzelfall werden Umstände wie besondere Bedürfnisse und das Risiko der Mittellosigkeit geprüft. Die Unterbringung außerhalb der Aufnahmezentren in privaten Wohnungen ist zulässig, jedoch nur für Asylwerber, welche die Kosten für Miete und Nebenkosten selbst tragen können, denn sie haben während des Verfahrens auch keinen Anspruch auf sonstige materielle oder soziale Unterstützung (AIDA 3.2023).

Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist ab einem Zeitpunkt drei Monate nach Registrierung des Asylantrags für die Dauer des Verfahrens garantiert. SAREF bescheinigt hierfür die Dauer des Verfahrens und dass es noch läuft. Sobald die Genehmigung erteilt ist, ermöglicht sie den Zugang zu allen Arten von Beschäftigung und Sozialleistungen, einschließlich der Unterstützung bei Arbeitslosigkeit. Nach dem Gesetz haben Asylwerber auch Zugang zur Berufsausbildung. Im Jahr 2022 erteilte SAREF 302 Arbeitsgenehmigungen an Asylwerber. Von ihnen waren 12 Asylwerber beschäftigt, 10 von ihnen im Rahmen von Beschäftigungsprogrammen, die übrigen auf eigene Initiative. In der Praxis ist es für Asylwerber aufgrund von Sprachbarrieren, Rezession und der hohen Arbeitslosenquoten immer noch schwierig, einen Arbeitsplatz zu finden (AIDA 3.2023).

Nach 3 Monaten im Asylverfahren dürfen die Antragsteller arbeiten. Laut SAREF kommen oft Arbeitgeber aus den Bereichen Bau- und Landwirtschaft in die SAREF-Zentren um Arbeiter zu rekrutieren. Aber viele Antragsteller verlassen Bulgarien und reisen weiter. Asylwerber, die offiziell arbeiten, erhalten weiterhin finanzielle Unterstützung iHv umgerechnet EUR 10,-/Monat (BFA/Staatendokumentation 18.4.2023).

IOM Bulgarien betreibt verschiedene Projekte in Bulgarien, darunter ein Projekt zur Stärkung der Kapazitäten von nationalen Institutionen und Nichtregierungsorganisationen im Bereich Asyl, um die Services für Schutzsuchende zu verbessern. Im Rahmen eines Projekts werden Schulung und Beratung für legal aufhältige Migranten, Asylwerber und Schutzberechtigte im Rahmen von Informationsveranstaltungen und individuellen Beratungsgesprächen und Mentoring angeboten. IOM Bulgarien verfügt über einen Pool von Dolmetschern, um die Kommunikation mit den Institutionen im Hinblick auf den Integrationsprozess der Migranten zu erleichtern. Kostenloser bulgarischer Sprachunterricht wird ebenso angeboten und ist eine der am stärksten nachgefragten Dienstleistungen im Integrationsprozess. Im Rahmen eines eigenen Projekts bietet IOM soziale und psychologische Unterstützung während der ersten Phase der Integration von Schutzsuchenden an. Expertenteams, bestehend aus Psychologen, Sozialarbeitern und Kulturvermittlern arbeiten in den Unterbringungszentren Banya, Harmanli, Pastrogor und Sofia sowie in den Räumlichkeiten der IOM. Um die Koordination und Kommunikation mit den bulgarischen Institutionen zu verbessern, wird das Beratungsteam unterstützt durch Experten, die bei der Kontaktaufnahme mit staatlichen Stellen und den Gesundheits- und Sozialdiensten helfen. Außerdem betreibt IOM Bulgarien die zwei Sicherheitszonen für unbegleitete Minderjährige in den SAREF-Zentren Ovcha Kupel und Voenna Rampa, inklusive Sozialarbeiter und Dolmetscher, welche rund um die Uhr anwesend sind. IOM organisiert regelmäßig Informationsveranstaltungen zum Zugang zum Arbeitsmarkt, Arbeitsbedingungen, Dokumentenanforderungen und sowie über die Arbeitsrechte von Arbeitnehmern für Asylwerber und Schutzberechtigte (IOM 17.8.2022).

e). Unterbringung:

Bulgarien verfügt derzeit über Unterbringungszentren in Sofia (Ovcha Kupel, Vrazhdebna und Voenna Rampa), Banya und Pastrogor, sowie Harmanli, die von der Asylbehörde (SAREF) verwaltet werden (AIDA 3.2023):

Sofia (bestehend aus):

- Vrazdebna (300)

- Ovcha Kupel (750) (verfügt über eine Schutzzone für UM mit 138 Plätzen)

- Voenna Rampa (650) (verfügt über eine Schutzzone für UM mit 100 Plätzen)

(In den Schutzzonen für unbegleitete Minderjährige sind rund um die Uhr Sicherheitsleute anwesend, es gibt separate Eingänge, Sozialarbeiter, Psychologen und Übersetzer)

Banya (70)

Harmanli (1.676; verfügt für den Notfall auch über Kapazitäten in Form von Containern)

Transitzentrum Pastrogor (320)

in Summe: 3.766 offene Unterbringungsplätze (BFA/Staatendokumentation 19.4.2023; SAREF 2023).

Das offene Unterbringungssystem in Bulgarien verfügt somit derzeit über 3.766 Plätze, von denen momentan ca 50 % belegt sind. Diese Kapazitäten reichen laut SAREF üblicherweise aus. Zuletzt wurde das Maximum 2016 erreicht. In Harmanli sind derzeit ca. 700 Plätze nicht nutzbar, weil sie renoviert werden müssen (BFA/Staatendokumentation 19.4.2023).

Im Transitzentrum Pastrogor läuft seit März 2023 ein Pilotprojekt zum beschleunigten Verfahren. Das Interview erfolgt so bald als möglich nach der Registrierung. Es gibt einen Übersetzer, den EUAA bereitstellt, aber ein zweiter wurde beantragt. Die NGO Bulgarian Helsinki Committee (BHC) bietet 1x/Woche Rechtshilfe an. […] (BFA/Staatendokumentation 19.4.2023).

f). Haft:

Das Land verfügt über zwei Schubhaftzentren: Busmantsi (400 Plätze) und Lyubimets.

Diese unterstehen der Direktion Migration (MD), welche in Bulgarien für fremdenpolizeiliche Belange zuständig ist (BFA/Staatendokumentation 18.4.2023; vgl. AIDA 3.2023).

Das Haftzentrum Lyubimets wurde 2019 gegründet. Seine Insassen genießen keine Bewegungsfreiheit. Im Lager gibt es rund um die Uhr medizinische Versorgung und auch Psychologen sind anwesend. Bei jedem Neuankömmling wird ein medizinischer Eingangstest vorgenommen. Wenn nötig können Insassen in ein umliegendes Spital gebracht werden. Für Übersetzungsleistungen sorgen Verträge mit Übersetzern sowie Übersetzer von NGOs. Die Insassen dürfen ins Freie und Sport machen. Es gibt eigene Räume, um sich mit Anwälten zu treffen, Andachtsräume usw. Das Lager wird rund um die Uhr videoüberwacht. Es gibt eine Kantine, die 3 Mahlzeiten am Tag bereitstellt. Spezielle Ernährungsgewohnheiten werden berücksichtigt. Außerdem gibt es in der Kantine einen kleinen Shop für zusätzliche Lebensmittel. Das Lager verfügt über 1.320 Plätze (Hauptgebäude: 300 Plätze, Nebengebäude: 360 Plätze, Containerdorf: 660 Plätze in 48 von IOM zur Verfügung gestellten Wohncontainern). Ab einer Belegung von 1.000 Personen wird die Unterbringungssituation im Lager problematisch. Das organisatorisch zugehörige Lager Elhovo wird derzeit nicht genutzt, es besteht aus Containern und dient als Reservelager für Notfälle mit weiteren 340 Plätzen. Mitte März 2023 waren 329 Personen in Lyubimets untergebracht, hauptsächlich Neuankömmlinge (BFA/Staatendokumentation 18.4.2023).

Jeder illegale Migrant in Bulgarien wird grundsätzlich festgenommen (BFA/Staaten-dokumentation 18.4.2023; vgl. AIDA 3.2023, USDOS 20.3.2023) (außer unbegleitete Minderjährige, Vulnerable, Familien usw.). Wenn diese ankommen, werden ihre (auch biometrischen) Daten erfasst, sie über ihre Rechte informiert (Asyl, freiwillige Rückkehr, usw.) und die Rückkehr angeordnet. Erfolgt keine freiwillige Rückkehr, ist Haft bis zu 18 Monaten möglich. Die meisten stellen allerdings einen Asylantrag. In diesem Fall werden die Antragsteller binnen 6 Tagen in das offene Transitzentrum Pastrogor oder ein anderes Zentrum der Asylbehörde SAREF überstellt, wo das Verfahren geführt wird. Während dieser 6 Tage prüft der bulgarische Geheimdienst (SANS) den Hintergrund der Betreffenden. Wenn SANS einen möglichen z. B. extremistischen Hintergrund findet, werden sie nicht in ein offenes Zentrum gelassen, sondern kommen in geschlossene Unterbringung. Mitte März 2023 waren etwa 450 Migranten in ganz Bulgarien in Haft. Bei 30 weiteren stand eine mögliche Minderjährigkeit im Raum und war die weitere Vorgehensweise in Abklärung (BFA/Staatendokumentation 18.4.2023; vgl. AIDA 3.2023).

Die SAREF-Zentren werden offen geführt und dort Untergebrachte dürfen sich in der jeweiligen Region (Bulgarien besteht aus 28 Regionen) frei bewegen (BFA/Staatendokumentation 18.4.2023). Diese Gebietsbeschränkung endet mit dem Ende des Asylverfahrens (USDOS 20.3.2023). Wird ein Antragsteller außerhalb der zulässigen Region von der Polizei angetroffen, ergeht eine Meldung an SAREF. Wird er ein weiteres Mal außerhalb der zulässigen Region angetroffen, ergeht an SAREF die Aufforderung, den Betreffenden geschlossen unterzubringen. SAREF muss dieser Aufforderung nachkommen und betreibt für solche Zwecke innerhalb des Haftzentrums (der MD) Busmantsi einen eigenen geschlossenen Bereich mit 16 Plätzen. Aber meist ist bis dahin das Verfahren des Antragstellers ohnehin schon beendet und (wenn negativ) dieser in Haft (der MD) (BFA/Staatendokumentation 18.4.2023).

2022 wurden 39 Asylwerber geschlossen untergebracht, bis ihr Antrag entschieden war. Hauptsächlich aufgrund der nationalen Sicherheit. Die durchschnittliche Haftdauer ist weiter gesunken und lag im Jahr 2022 bei durchschnittlich 56 Tagen (AIDA 3.2023).

Festgestellt wird sohin, dass sich aus diesen Länderinformationen keine ausreichend begründeten Hinweise darauf ergeben, dass das bulgarische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweist. Daher ist aus Sicht der zuständigen Einzelrichterin, insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die generelle Versorgungs- und Unterbringungslage und die Sicherheitslage von Asylwerbern in Bulgarien den oben zitieren Feststellungen zu folgen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seiner Staatsangehörigkeit, zum Verlassen Syriens, zu seiner Weiterreise in die Türkei, zur illegalen Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten über Bulgarien von der Türkei aus, zur Dauer seines Aufenthalts in Bulgarien, zur Weiterreise nach Österreich sowie zu seiner unrechtmäßigen Einreise in das österreichische Bundesgebiet und zur Stellung des gegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verfahren sowie aus dem Akteninhalt. Wenn in der Niederschrift der Erstbefragung festgehalten wurde, der Beschwerdeführer habe ausgesagt, er habe sich einen Monat in Bulgarien aufgehalten, handelt es sich nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes um einen Irrtum (entweder des Beschwerdeführers oder des einvernehmenden Organs) oder um einen Übersetzungsfehler, da die Daten der Antragstellungen in Bulgarien ( XXXX .06.2022) und Österreich (19.07.2023) ganz eindeutig einen ca. einjährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Bulgarien belegen. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt auf Vorhalt angab, dass er sicher sei, ein Jahr in Bulgarien gewesen zu sein (vgl. AS 89).

Weiters gründet die Feststellung zur Antragstellung in Bulgarien am XXXX .06.2022 auf dem diesbezüglichen unbedenklichen Eurodac-Treffer. Die Feststellung, dass der Asylantrag des Beschwerdeführers in Bulgarien abgelehnt wurde, basiert auf dem Umstand, dass Bulgarien dem österreichischen Wiederaufnahmegesuch mit Schreiben vom 01.08.2023 auf der Basis von Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zugestimmt hat (vgl. AS 37). Auch der Beschwerdeführer selbst gab in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt an, dass sein Asylantrag in Bulgarien abgelehnt worden sei. Darauf, dass die Zuständigkeit Bulgariens beendet worden wäre, finden sich im gesamten Verfahren keine Hinweise und wurde Derartiges auch nicht vorgebracht.

Die Feststellungen zum Wiederaufnahmegesuch der österreichischen Dublinbehörde und zur ausdrücklichen Zustimmung Bulgariens zur Übernahme des Beschwerdeführers ergeben sich darüber hinaus aus den jeweiligen Schreiben bzw. aus der Korrespondenz der Dublinbehörden im Rahmen des Konsultationsverfahrens. Dass sich die Überstellungsfrist aufgrund „Flüchtig-seins“ des Beschwerdeführers auf 18 Monate verlängert hat, basiert auf der diesbezüglichen Mitteilung des Bundesamtes an die bulgarische Dublinbehörde vom 26.09.2023 sowie auf dem Umstand, dass der Beschwerdeführer seit dem 23.09.2023 über keine aufrechte Meldung mehr im österreichischen Bundesgebiet verfügt.

Eine den Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Bulgarien wurde vom Beschwerdeführer selbst in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt nicht ausreichend substanziiert vorgebracht (vgl. auch hierzu die weiteren Ausführungen unter Punkt II. 3.2.4.2. des gegenständlichen Erkenntnisses). Zu dem im Rahmen der schriftlichen Beschwerdeausführungen erstatteten Vorbringen ist darauf zu verweisen, dass dieses (ungeachtet eines allfälligen Verstoßes gegen das in § 20 Abs. 1 BFA-VG normierten Neuerungsverbotes) keine Deckung in den eigenen Angaben des Beschwerdeführers findet. Erstmals in der Beschwerde wird (allerdings ohne genauere Schilderung) angeführt, dass der Beschwerdeführer von der bulgarischen Polizei geschlagen und unmenschlich behandelt worden sei. Er habe am Oberkörper große blaue Flecken von den Schlägen der Polizei bekommen, wovon er auch Fotografien gemacht habe. Des Weiteren habe es für ihn schlechte bzw. fast keine medizinische Versorgung gegeben. Da ein derartiges Vorbringen vom Beschwerdeführer weder in seiner Erstbefragung noch in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt nicht einmal im Ansatz erstattet wurde – der Beschwerdeführer gab an, dass es konkret ihn betreffende Vorfälle in Bulgarien während seines Aufenthalts nicht gegeben habe und, dass er gesund sei (vgl. AS 89 sowie AS 85) - sind die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen als unglaubhafte Scheinbehauptungen zu werten. Hinzu kommt, dass die in der Beschwerde behaupteten Fotografien der „blauen Flecken“ nicht vorgelegt wurden. Ferner wurde der Beschwerdeführer am Ende der Einvernahme gefragt, ob er ausreichend Zeit gehabt habe, seine Angaben vollständig und so ausführlich wie er wolle, zu machen, was der Beschwerdeführer bejahte, sodass davon auszugehen ist, dass er ausreichend Gelegenheit hatte, die angebliche Polizeigewalt zu schildern. Auch wurde der Beschwerdeführer gefragt, ob er noch etwas angeben wolle, was ihm besonders wichtig erscheine, worauf er antwortete, dass er nicht nach Bulgarien zurück wolle (vgl. AS 91). Daher ist das diesbezügliche Beschwerdevorbringen mit den eigenen Angaben des Beschwerdeführers nicht in Einklang zu bringen und nicht weiter zu berücksichtigen.

Die Feststellung zum Nichtvorliegen schwerwiegender gesundheitlicher Beeinträchtigungen, die einer Überstellung des Beschwerdeführers nach Bulgarien entgegenstehen, ergibt sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren. Gegenteiliges ist auch dem sonstigen Akteninhalt nicht zu entnehmen. Sowohl in der Erstbefragung als auch in der Einvernahme vor dem Bundesamt gab der Beschwerdeführer dezidiert an, an keinen Krankheiten zu leiden sowie gesund zu sein und keine Medikamente zu benötigen (vgl. AS 14 bzw. AS 85).

Ebenso auf den eigenen Angaben des Beschwerdeführers beruht die Feststellung zu seinem in Österreich asylberechtigten Schwager. In seiner Einvernahme vor dem Bundesamt brachte er vor, dass der Mann seiner Schwester in Österreich asylberechtigt sei, zu dem jedoch kein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis bestehe. Da der Beschwerdeführer darüber hinaus angab, dass es sonst keine Personen in Österreich gebe, von denen er abhängig wäre oder zu denen ein besonders enges Verhältnis bestehe (vgl. AS 87), war die Feststellung zum Nichtvorhandensein besonders ausgeprägter privater, familiärer oder beruflicher Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich zu treffen. Letztlich ergibt sich die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seit 23.09.2023 über keine aufrechte Meldung mehr in Österreich verfügt, aus einem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 28.03.2024.

2.2. Die Feststellungen zum bulgarischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Bulgarien beruhen auf den im angefochtenen Bescheid angeführten Quellen. Bei diesen vom Bundesamt herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild zum Asylverfahren in Bulgarien ergeben. Nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin handelt es sich bei den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material.

Die Gesamtsituation des Asylwesens in Bulgarien ergibt sich sohin aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substanziell widersprechen, hat der Beschwerdeführer nicht dargelegt. Zu den vorab ausgefolgten Länderfeststellungen gab er in der Einvernahme vor dem Bundesamt an, dass er diese nicht gelesen habe und Bulgarien kenne (vgl. AS 89). Zu den Ausführungen in der Stellungnahme vom 28.08.2023 ist darauf zu verweisen, dass die Länderberichte nicht ausschließlich auf Aussagen der bulgarischen Asylbehörde SAREF und eines Verbindungsbeamten des Innenministeriums beruhen, sondern als Quellen ebenso AIDA vom März 2023, ECRE vom September 2022, Amnesty International vom 27.03.2023, IOM vom 19.05.2023 und OECD vom 13.12.2021 genannt werden, sodass keinesfalls von einer mangelnden Objektivität gesprochen werden kann. Daher ist dem Antrag, objektive Länderberichte in das Verfahren einzuführen, nicht näherzutreten. Allerdings wurde dieser Antrag im Rahmen der schriftlichen Beschwerdeausführung ohnehin nicht aufrechterhalten. Aus welchen Gründen im Übrigen ein Bericht des ORF objektiver sein soll, als die oben angeführten Quellen wurde nicht dargelegt. Die in der Beschwerde zitierten Berichte von Human Rights Watch stammen aus dem Jahr 2022 und sind ebenso weniger aktuell als die Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid, die in ihrer letzten Überarbeitung vom 21.08.2023 stammen. Darüber hinaus spiegeln diese lediglich die Ansicht dieser Organisation wider und sind sohin weniger ausgewogen als die Länderfeststellungen der zur Objektivität verpflichteten Staatendokumentation im angefochtenen Bescheid. Hinzu kommt, dass die Beschwerde selbst aus den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid betreffend Dublin-Rückkehrer zitiert und diese für ihre eigene Argumentation betreffend Dublin-Überstellungen anderer Mitgliedstaaten sowie Zugang zu Versorgung heranzieht. Wogegen sich die Kritik der Beschwerde an den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid im Einzelnen richtet, kann sohin nicht erkannt werden. Zusammengefasst ist sohin auszuführen, dass die Länderfeststellungen des Bundesamtes ausgewogen sind, auch auf eventuell auftretende Schwierigkeiten Bezug nehmen und ein durchaus differenziertes Bild der Situation für Asylwerber in Bulgarien zeichnen. Ebenso wird auf die Situation von Dublin-Rückkehrern Bezug genommen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

Nach Abs. 2 leg. cit. ist gemäß Abs. 1 auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

Sofern gemäß Abs. 3 leg. cit. nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG.

Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat gemäß Abs. 2 leg. cit. zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben, wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind.

Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird (§ 61 Abs. 4 FPG).

3.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Erweist es sich als unmöglich einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systematische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) […]

Art. 13 Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnisse, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller – der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können – sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Art. 17 Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde. Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen. Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen. Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen. Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

Art. 18 Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab. Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird. In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

Art 29 Modalitäten und Fristen [der Überstellung]

(1) […]

(2) Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über. Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist.

(3) […]

(4) […]

3.2.3. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (vgl. hierzu Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi gegen Österreich und Urteil vom 07.06.2016, C-63/15 Mehrdad Ghezelbash gegen Niederlande sowie ebenfalls vom 07.06.2016, C-155/15 Karim) regeln die Zuständigkeitskriterien der Dublin II-VO (nunmehr: Dublin III-VO) die subjektiven Rechte der Mitgliedstaaten untereinander, begründen jedoch kein subjektives Recht eines Asylwerbers auf Durchführung seines Asylverfahrens in einem bestimmten Mitgliedstaat der Union.

In einem Wiederaufnahmeverfahren nach Art. 18 Dublin III-VO findet eine neuerliche Überprüfung der Richtigkeit der seinerzeit erfolgten Zuständigkeitsbestimmung nicht mehr statt, es ist vielmehr primär zu prüfen, ob die Zuständigkeit inzwischen wieder erloschen ist (vgl. Filzwieser/Sprung, „Dublin III-Verordnung Das Europäische Asylzuständigkeitssystem“, K 6 zu Art. 18 Dublin III-VO, Seite 170). Es ist allerdings eine Auseinandersetzung mit der Frage erforderlich, auf welcher Bestimmung diese Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedstaates beruht (vgl. VfGH vom 27.06.2012, U 462/12).

Im gegenständlichen Fall ist die Zuständigkeit Bulgariens zur Prüfung des in Rede stehenden Antrags auf internationalen Schutz in materieller Hinsicht in Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO begründet, da der Beschwerdeführer aus einem Drittstaat – der Türkei - kommend, die Grenze von Bulgarien illegal überschritten hat. Die Verpflichtung Bulgariens zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers basiert, nachdem dieser dort einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der abgelehnt wurde und er daraufhin in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, auf Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO. Auf die Zuständigkeit eines anderen Staates als Bulgarien gibt es keine Hinweise. Weiters wurde die grundsätzliche Zuständigkeit Bulgariens zur Führung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers weder vor dem Bundesamt noch vor dem Bundesverwaltungsgericht bestritten.

Auch der Erhalt eines negativen Bescheides (sofern dieser bereits rechtskräftig geworden ist), ändert nichts am Ergebnis in Bezug auf die Zuständigkeitsbegründung Bulgariens gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO, da die diesbezügliche Beurteilung den zuständigen Behörden Bulgariens obliegt. Sollten hierbei Fehler unterlaufen seien, wären diese im bulgarischen Rechtsweg zu klären (vgl. in diesem Sinne auch das Urteil des EuGH vom 17.03.2016, C-695/16 betreffend einen Verweis auf den ungarischen Rechtsweg in Bezug auf eine beabsichtigte Zurückweisung nach Serbien).

Betreffend die Verlängerung der Überstellungsfrist ist im gegenständlichen Fall anzumerken, dass die Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO nicht abgelaufen ist, da der Beschwerdeführer (innerhalb der sechsmonatigen Überstellungsfrist) „untergetaucht“ im Sinne von für die Behörden nicht greifbar und sohin „flüchtig“ ist und sich aufgrund dessen die Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO auf 18 Monate verlängert hat, was den bulgarischen Behörden (ebenfalls vor Ablauf der sechsmonatigen Überstellungsfrist) mit Mitteilung vom 26.09.2023 bekanntgegeben worden war (vgl. hierzu „Filzwieser/Sprung: Dublin III-Verordnung Das Europäische Asylzuständigkeitssystem“, Stand: 01.02.2014, K12 zu Art. 29 Dublin III-VO, wonach eine Verlängerung bis zur Maximalfrist erfolgen kann, wenn ein Drittstaatsangehöriger einmal flüchtig ist und zwar auch dann, wenn er wieder betreten wird).

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH vom 17.06.2005, B336/05 sowie vom 15.10.2004, G237/03) und des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 17.11.2015, Ra 2015/01/0114, vom 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949 sowie vom 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre. Somit ist unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und in den Aufnahmebedingungen für Asylwerber vorherrschen, und – soweit damit noch notwendig und vereinbar – aus menschenrechtlichen Erwägungen, ob der Beschwerdeführer im Fall der Zurückweisung seines Antrags auf internationalen Schutz und seiner Außerlandesbringung nach Bulgarien gemäß § 5 AsylG und § 61 FPG – unter Bezugnahme auf seine persönliche Situation – in seinen Rechten gemäß Art. 3 und/oder Art. 8 EMRK verletzt werden würde, wobei der Maßstab des „real risk“ anzulegen ist, wie ihn EGMR und VfGH auslegen.

3.2.4. Mögliche Verletzung von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC:

3.2.4.1. Gemäß Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (vgl. VwGH vom 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogene Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (vgl. VwGH vom 09.05.2003, Zl. 98/18/0317 u.a.). Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949) wie folgt ausgesprochen: „Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist.“

Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH vom 17.02.1998, Zl. 96/18/0379 sowie EGMR vom 04.02.2005, 46827/99 und 46951/99, Mamatkulov und Askarov gegen Türkei Rz 71 bis 77). Auch eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Fall einer Überstellung und ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde. Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (vgl. VwGH vom 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673; vom 31.05.2005, Zl. 2005/20/0025 und vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582), ebenso weitere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs.

Der EuGH sprach in seinem Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi gegen Österreich, aus, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO festgelegten Kriteriums zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, welche ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausgesetzt zu werden.

Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO (nunmehr Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO) auszuüben ist, hat sich der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10, N.S./Vereinigtes Königreich, zu vergleichbaren Bestimmungen der Dublin II-VO befasst und – ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in der Entscheidung vom 02.12.2008, Nr. 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011, Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und in den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufnahmestaat gebieten. An dieser Stelle ist auch auf das damit in Einklang stehende Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 14.11.2013 in der Rechtssache C-4/11, Bundesrepublik Deutschland gegen Kaveh Puid zu verweisen.

3.2.4.2. Betreffend das Beschwerdevorbringen ist zunächst auf die Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung zu verweisen, denen zu entnehmen ist, dass die Beschwerde den eigenen Angaben des Beschwerdeführers widerspricht bzw. mit diesen eindeutig nicht in Einklang zu bringen ist, sodass es sich hierbei wohl um unbelegte Scheinbehauptungen handelt, zumal – wie erwähnt – die behaupteten Beweismittel (Fotografien) nicht vorgelegt wurden. Der Beschwerdeführer selbst brachte zu seinem Aufenthalt in Bulgarien vor, dass er nicht nach Bulgarien zurück wolle, weil sein Asylantrag dort abgelehnt worden sei. Konkret ihn betreffende Vorfälle habe es während seines einjährigen Aufenthalts in Bulgarien nicht gegeben (vgl. AS 89). Nach Österreich sei er wegen der Arbeit gekommen (vgl. AS 14). Aus diesen Aussagen lässt sich keine den Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Bulgarien ableiten.

Wenn in der Beschwerde moniert wird (der Beschwerdeführer selbst hat ein derartiges Vorbringen nicht erstattet), dass er in Bulgarien dazu gezwungen worden sei die Fingerabdrücke abzugeben und einen Asylantrag zu stellen, ist dem entgegenzuhalten, dass dies kein zu beanstandendes Verhalten der bulgarischen Behörden darstellt, da der Beschwerdeführer im Zeitpunkt seiner illegalen Einreise in das bulgarische Staatsgebiet bzw. im Zeitpunkt seines Aufgriffs durch die bulgarische Polizei (noch) kein Asylwerber, sondern ein illegal eingereister bzw. illegal aufhältiger Fremder war und Bulgarien wohl das Recht hat zu erfahren, welche Drittstaatsangehörigen sich auf seinem Staatsgebiet aufhalten.

Betreffend die Unterbringungs- und Versorgungslage in Bulgarien ist generell auf die jüngere Rechtsprechung des EuGH zu verweisen, der in seinem Urteil vom 19.03.2019 in der Rechtssache C-163/17, Jawo gegen Deutschland, ausgeführt hat, dass Überstellungen im Rahmen der Dublin III-VO im Lichte des Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK nur im Fall von „extremer materieller Not“ für die zu überstellende Person unzulässig sind. Dies sei zu unterscheiden von bloß „großer Armut oder einer starken Verschlechterung der Lebensverhältnisse der betroffenen Person“. Damit umschreibt der EuGH die diesbezüglichen Prüfungsmaßstäbe wesentlich strenger als bei einer regulären Art. 3 EMRK-Prüfung in Bezug auf Nichtmitgliedstaaten und nimmt gleichzeitig auf bestehende Judikatur Bezug. Bereits im Urteil vom 05.04.2016 in den verbundenen Rechtssachen C-404/15 und C-659/15 hatte der EuGH ein auch für Verfahren nach der Dublin III-VO gültiges mehrstufiges Prüfungskonzept festgelegt. Ausgeführt wurde, dass in einem ersten Schritt zu prüfen ist, ob im Aufnahmestaat systemische oder allgemeine Mängel vorliegen und in einem zweiten Schritt, ob es ernsthafte Gründe für die Annahme gibt, dass der Betroffene einer solchen Gefahr auch subjektiv ausgesetzt wird. Nur im kumulativen Vorliegen dieser objektiven und subjektiven Elemente erkennt der EuGH jene „außergewöhnlichen Umstände“, die eine Einschränkung der Grundsätze des gegenseitigen Vertrauens und der gegenseitigen Anerkennung zwischen den Mitgliedstaaten rechtfertigen kann.

Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers lassen sich sohin keine systemischen Mängel ableiten, die Dublin-Überstellungen aus Österreich nach Bulgarien generell als rechtswidrig erscheinen lassen. Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass dem Beschwerdeführer bei einer Überstellung nach Bulgarien vor dem Hintergrund seines Vorbringens mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit unmenschliche Behandlung drohen würde, wobei hinzukommt, dass eine solche Überstellung in Zusammenarbeit der Behörden organisiert erfolgt.

Auf Grundlage der im aktuellen Länderinformationsblatt zu Bulgarien enthaltenen Informationen für Dublin-Rückkehrer sind mehrere Szenarien denkbar. Im Fall des Beschwerdeführers, dessen Asylantrag in Bulgarien abgelehnt wurde, bedeutet das – sofern der Asylantrag bereits rechtskräftig negativ entschieden wurde -, dass wenn sein Antrag beendet oder inhaltlich abgelehnt wurde, er bei Rückkehr als irregulärer Migrant betrachtet wird. Im Fall einer Beendigung kann er die Wiedereröffnung seines Verfahrens beantragen. Wenn sein Antrag jedoch inhaltlich abgelehnt wurde, wird der Beschwerdeführer festgenommen. Allerdings kann er einen Folgeantrag stellen, über dessen Zulässigkeit die bulgarische Asylbehörde SAREF entscheiden muss (vgl. Seite 13 des angefochtenen Bescheides). Das bulgarische Asylgesetz sieht zwar vor, dass auch bei Zulassung des Folgeantrags der Antragsteller kein Recht auf Versorgung hat (außer er wäre vulnerabel), in der Praxis werden allerdings die meisten Asylwerber, deren Folgeantrag zugelassen wurde, in Aufnahmezentren von SAREF untergebracht. Wird der Antrag nicht zugelassen, bleibt der Rückkehrer in Haft (vgl. Seite 23 des angefochtenen Bescheides).

Grundsätzlich ist nach der negativen Beendigung des Verfahrens eines Asylwerbers kein Dublinstaat dazu verpflichtet, den Aufenthalt des nunmehr dort illegal aufhältigen Fremden zu dulden oder diesem weitere Versorgungsleistungen in Form von Unterkunft und Ähnlichem zukommen zu lassen. Diese Konsequenz hätte ein Asylwerber in jedem Land, das die Dublin III-VO anwendet, zu tragen, zumal ein negativer Verfahrensausgang grundsätzlich eine Rückkehr in den Herkunftsstaat bzw. eine Verpflichtung zum Verlassen des gemeinsamen Hoheitsgebietes der Mitgliedstaaten zur Folge hat. Systemische Mängel im bulgarischen Asylverfahren sind auch hieraus nicht zu erkennen. Lediglich das Vorliegen einer negativen Entscheidung in einem anderen Dublinstaat rechtfertigt keinesfalls einen Selbsteintritt Österreichs.

Eine wie in der Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011 in der Rechtssache M.S.S./Belgien und Griechenland in Bezug auf Griechenland beschriebene Situation systemischer Mängel im Asylverfahren in Verbindung mit schweren Mängeln bei der Aufnahme von Asylwerbern kann in Bulgarien im Hinblick auf die Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid nicht erkannt werden. Des Weiteren vermögen einzelne Grundrechtsverletzungen bzw. Verstöße gegen Asylrichtlinien die Anwendung (nunmehr) der Dublin III-VO demgegenüber unionsrechtlich nicht zu hindern und bedingen keinen zwingenden, von der Beschwerdeinstanz wahrzunehmenden Selbsteintritt (vgl. EuGH vom 21.12.2012, C-411/10 und C-493/10, N.S. vs. Vereinigtes Königreich).

Ferner ist zum bulgarischen Asylverfahren darauf zu verweisen, dass vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid nicht erkannt werden kann, dass im Hinblick auf Asylwerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin III-VO nach Bulgarien überstellt werden, aktuell aufgrund der bulgarischen Rechtslage und/oder Vollzugspraxis systemische Verletzungen von Rechten gemäß der EMRK erfolgen oder dass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinne eines „real risk“ für den Einzelnen besteht. Wie den Länderberichten zu entnehmen ist, entsprechen das nationale System für internationalen Schutz in Bulgarien und die nationale Gesetzgebung im Bereich des Asyls gegenwärtig der Gesetzgebung der Europäischen Union mit sämtlichen Mindeststandards, einschließlich der Aufnahmebedingungen.

Auch wenn der Beschwerdeführer nicht nach Bulgarien zurück will, weil er in Österreich bleiben und hier arbeiten will (vgl. AS 15), ist auf den Hauptzweck der Dublin III-VO zu verweisen, wonach eine im Allgemeinen von den Wünschen der Asylwerber losgelöste Zuständigkeitsregelung zu treffen ist. Asylwerber können sich im Zuge der Feststellung des für ihr Asylverfahren zuständigen Dublinstaates auch nicht jenen Mitgliedstaat aussuchen, in welchem sie die (ihres Erachtens) bestmögliche Unterbringung und Versorgung erwarten können.

Insgesamt ergibt sich sohin weder eine systemische noch eine individuell drohende Gefahr für den Beschwerdeführer in Bulgarien, welche für die reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK sprechen würde. In einer Gesamtbetrachtung ist auszuführen, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinem Aufenthalt in Bulgarien nicht geeignet ist, die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG zu entkräften. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass die allgemeine Lage für nach Bulgarien überstellte Asylwerber keineswegs die reale Gefahr einer gegen menschenrechtliche Bestimmungen verstoßende Behandlung glaubhaft erscheinen lässt. Insbesondere sind die Praxis der asylrechtlichen und subsidiären Schutzgewährung, die Grund- und Gesundheitsversorgung sowie die Sicherheitslage unbedenklich und genügen den Grundsätzen des Unionsrechts.

3.2.4.3. Nach der geltenden Rechtslage ist eine Überstellung dann unzulässig, wenn die Durchführung eine in den Bereich des Art. 3 EMRK reichende Verschlechterung des Krankheitsverlaufs oder der Heilungsmöglichkeiten bewirken würde. Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen Fall kein Vorbringen in Zusammenhang mit dem Vorliegen von Krankheiten bzw. mit einem aktuellen medizinischen Behandlungsbedarf im Verfahren vor dem Bundesamt erstattet und finden sich auch sonst nach der Aktenlage keine Hinweise auf gesundheitliche Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers in physischer oder psychischer Hinsicht. Im Rahmen seiner Einvernahme gab er an, dass er gesund sei und keine Medikamente benötige (vgl. AS 85). Auch in der Beschwerde wurde kein Vorbringen erstattet, das auf eine schwere Erkrankung und/oder auf eine etwaige Behandlungsbedürftigkeit des Beschwerdeführers hindeutet. Unabhängig davon ergibt sich anhand der aktuellen Länderberichte zweifelsfrei, dass Asylwerber in Bulgarien dasselbe Recht auf medizinische Versorgung wie bulgarische Staatsbürger haben. Die Asylbehörde SAREF ist verpflichtet, ihre Krankenversicherungsbeiträge aus dem Staatsbudget zu decken. Alle Unterbringungszentren sind mit Behandlungsräumen ausgestattet und bieten eine medizinische Grundversorgung, deren Umfang von der Verfügbarkeit medizinischer Dienstleister am jeweiligen Standort abhängt. Die medizinische Grundversorgung in den Unterbringungszentren erfolgt entweder durch eigenes medizinisches Personal oder durch Überweisung an Notaufnahmen örtlicher Krankenhäuser (vgl. Seite 21 des angefochtenen Bescheides). In einer Gesamtbetrachtung ist sohin unter Zugrundelegung der unbedenklichen Länderberichte jedenfalls davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer – falls erforderlich - beim tatsächlichen Vorliegen einer Erkrankung eine entsprechende medizinische Versorgung in Bulgarien gewährt werden würde.

Der mentale Stress bei einer Abschiebung selbst ist ebenfalls kein ausreichendes „real risk“, weshalb eine – nach dem Maßstab der Judikatur des EGMR – maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer Verletzung der Rechte des Beschwerdeführers gemäß Art. 3 EMRK nicht erkannt werden konnte. Anlässlich einer Abschiebung werden von der Fremdenpolizeibehörde auch der aktuelle Gesundheitszustand und insbesondere die Transportfähigkeit beurteilt sowie gegebenenfalls bei gesundheitlichen Problemen entsprechende Maßnahmen gesetzt.

3.2.4.4. Das Bundesverwaltungsgericht gelangt daher insgesamt zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall keine Verletzung von Bestimmungen der GRC oder der EMRK zu befürchten ist. Im Entscheidungszeitpunkt sind beim Beschwerdeführer keine Hinweise auf besondere Vulnerabilitätsaspekte erkennbar, welche einer Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat konkret entgegenstünden. Dafür, dass aktuell ein konkretes Überstellungshindernis vorliegen könnte, bestehen keine Anhaltspunkte.

Da der Beschwerdeführer sohin in einer Gesamtbetrachtung keine auf sich selbst bezogenen besonderen Gründe, die für die reale Verletzung des Art. 3 EMRK sprächen, glaubhaft machen konnte, kommt die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG, wonach ein Asylwerber im zuständigen Mitgliedstaat Schutz vor Verfolgung findet, zur Anwendung.

3.2.5. Mögliche Verletzung von Art. 8 EMRK bzw. Art. 7 GRC:

3.2.5.1. Gemäß Art 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Nach Art 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Beurteilung, ob im Fall der Erlassung einer Rückkehrentscheidung in das durch Art. 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben des oder der Fremden eingegriffen wird, eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen, die auf alle Umstände des Einzelfalls Bedacht nimmt. Maßgeblich sind dabei etwa die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität sowie die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, weiters der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert sowie die Bindungen zum Heimatstaat (vgl. u.a. VwGH vom 15.03.2016, Ra 2016/19/0031).

3.2.5.2. Der Beschwerdeführer führt seinen in Österreich asylberechtigten Schwager als Familienangehörigen ins Treffen, zu dem jedoch weder ein gemeinsamer Haushalt noch wechselseitige Abhängigkeiten bestehen, sodass durch eine Trennung von diesem Schwager kein Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Familienleben vorliegt. Ebenso wenig sind – schon aufgrund der kurzen Aufenthaltsdauer – schützenswerte Aspekte des Privatlebens hervorgekommen, wie beispielsweise eine bereits erfolgte außergewöhnliche Integration in Österreich etwa aufgrund sehr langer Verfahrensdauer (vgl. VfGH vom 26.02.2007, B1802/06 u.a.). Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer untergetaucht ist, sodass wohl davon ausgegangen werden kann, dass von Seiten des Beschwerdeführers kein Interesse an der Durchführung seines Asylverfahrens und/oder an einem weiteren Aufenthalt in Österreich (mehr) besteht. Der durch die normierte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet erfolgende Eingriff in sein Privatleben ist durch ein Überwiegen des öffentlichen Interesses im Vergleich zu seinem privaten Interesse an einem Verbleib in Österreich gedeckt.

Der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von ca. zwei Monaten (von der Antragstellung bis zum „Untertauchen“) war nur ein vorläufig berechtigter. Gemessen an der Judikatur des EGMR und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist dieser Zeitraum als kein ausreichend langer zu qualifizieren. Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich, dass etwa ab einem zehnjährigen Aufenthalt im Regelfall die privaten Interessen am Verbleib in Österreich die öffentlichen Interessen überwiegen können (vgl. VwGH vom 09.05.2003, Zl. 2002/18/0293). Gleiches gilt für einen siebenjährigen Aufenthalt, wenn eine berufliche und soziale Verfestigung vorliegt (vgl. VwGH vom 05.07.2005, Zl. 2004/21/0124).

Die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich haben nur sehr geringes Gewicht und treten fallbezogen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund.

3.2.6. Da das Bundesverwaltungsgericht insgesamt zu dem Ergebnis gelangt ist, dass im vorliegenden Fall keine Verletzung von Bestimmungen der GRC oder der EMRK zu befürchten ist, bestand auch keine Veranlassung, von dem in Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO vorgesehenen Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen und eine inhaltliche Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz vorzunehmen. Daher war die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid gemäß § 5 AsylG, § 61 FPG als unbegründet abzuweisen.

3.2.7. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Unbeschadet des Abs. 7 kann das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde, der diese von Gesetz wegen nicht zukommt (§ 17) oder der diese vom Bundesamt aberkannt wurde (§ 18), und über Beschwerden gegen zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entscheiden.

Da es sich im gegenständlichen Verfahren um eine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung im Zulassungsverfahren handelt und sich zudem keine Hinweise auf die Notwendigkeit ergeben haben, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern, konnte ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden (vgl. hierzu u.a. VwGH vom 08.09.2021, Ra 2021/20/0219 mwN).

3.2.8. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 17 BFA-VG lagen zu keinem Zeitpunkt des gegenständlichen Verfahrens vor.

3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die tragenden Elemente der Entscheidung liegen hier allein in der Bewertung der Asyl- und Aufnahmesituation im Mitgliedstaat, die auf den umfassenden und aktuellen Feststellungen über die Lage im Vertragsstaat beruht, sowie in der Bewertung des Gesundheitszustandes und der Intensität des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers in Österreich. Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.

4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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