JudikaturBvwgW175 2257923-1

W175 2257923-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
26. März 2024

Spruch

W175 2257922-1/2E

W175 2257923-1/2E

W175 2257924-1/2E

W175 2257925-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Neumann über die Beschwerde von 1.) XXXX , 2.) XXXX , 3.) XXXX , 4.) mj. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX , syrische Staatsangehörige, vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 07.04.2022, GZ: Damaskus-ÖB/KONS/0773/2020, beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG stattgegeben, der bekämpfte Bescheid wird behoben und die Angelegenheit zur Erlassung einer neuerlichen Entscheidung an die Österreichische Botschaft Damaskus zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Die Erstbeschwerdeführerin (in der Folge: BF1) ist die Mutter der Zweitbeschwerdeführerin (BF2), der Drittbeschwerdeführerin (BF3) und der minderjährigen Viertbeschwerdeführerin (BF4). Alle sind syrische Staatsbürger. Sie brachten am 24.11.2020 bei der Österreichischen Botschaft Damaskus (im Folgenden: ÖB Damaskus), Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005 ein.

Als Bezugsperson wurde der angebliche Ehegatte der BF1 genannt, welchem mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 02.07.2020, Zl. 1256233709/191307505, nach Antragstellung am 21.12.2019, der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde.

Dem Antrag waren folgende Unterlagen angeschlossen:

- Bescheid über die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an die Bezugsperson XXXX , vom 02.07.2020

- Kopie der Karte für Asylberechtigte der Bezugsperson

- Geburtsurkunden der BF

- Auszug aus dem Zivilregister betreffend die BF

- Heiratsurkunde vom XXXX

- Polizeiliches Protokoll über „Ermittlung wegen Abwesenheit“ des ersten Ehemannes der BF1 und Vater von BF2-BF4 vom 20.01.2023

- Auszug aus dem Familienstandesregister vom XXXX , betreffend die BF sowie den ersten Ehemann beziehungsweise Vater der BF, der als „verstorben“ vermerkt ist.

Eine Prüfung des Dokumentenberaters der ÖB Damaskus ergab, dass es sich bei dem Auszug aus dem Familienstandesregister um eine Fälschung handle. Weiters wurde vermerkt, dass die BF1 weder eine Sterbeurkunde ihres ersten Ehemannes noch ein Familienbuch betreffend ihre Eheschließung mit der Bezugsperson vorlegen könne.

2. Nachdem die Antragsunterlagen dem BFA übermittelt wurden, teilte das BFA der ÖB Damaskus mit Schreiben vom 09.07.2021 mit, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten im vorliegenden Fall nicht wahrscheinlich sei, da die vorgelegten Dokumente nicht genügen würden, um die Angehörigeneigenschaft nachzuweisen. Dazu sei die Durchführung einer DNA-Analyse erforderlich.

In der angeschlossenen Stellungnahme wird (nach Wiedergabe der relevanten Rechtsvorschriften) näher ausgeführt, dass aufgrund der aufliegenden Erkenntnisse über bedenkliche Urkunden aus dem Herkunftsstaat der Verfahrenspartei, wonach es möglich sei, jegliches Dokument mit jedem nur erdenklichen Inhalt, auch entgegen der wahren Tatsachen auch widerrechtlich zu erlangen, aus Sicht der Behörde keineswegs davon ausgegangen werden könne, dass das behauptete Familienverhältnis als erwiesen (im Sinne eines vollen Beweises) anzunehmen sei. Die BF1 habe kein Familienbuch und keine Sterbeurkunde vorlegen können. Aus Sicht der ÖB handle es sich bei dem Familienregister um eine Fälschung.

3. Mit Schreiben der ÖB Damaskus vom 09.07.2021, übernommen am 27.03.2017, wurde den BF die Möglichkeit zur Stellungnahme zur negativen Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA eingeräumt.

4. Mit Schreiben vom 13.07.2021 übermittelten die BF die Zustimmungserklärung zur Datenverarbeitung bezüglich eine DNA-Analyse. Gleichzeitig wurde zur Durchführung einer DNA-Analyse um Fristverlängerung ersucht.

5. In einer Mitteilung vom 21.03.2022 teilte das BFA der ÖB Damaskus mit, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten im vorliegenden Fall nicht wahrscheinlich sei, da die Angaben der BF1 zur Angehörigeneigenschaft in mehrfacher Hinsicht den von der Bezugsperson im Asylverfahren gemachten Angaben widersprechen würden. Es werde ersucht, der Partei diese Mitteilung sowie die beiliegende Stellungnahme im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis zu bringen.

In der Stellungnahme des BFA wurde ausgeführt, dass die Bezugsperson in ihrer Erstbefragung angegeben habe, ledig zu sein. Die BF1 sie die Cousine der Bezugsperson, weshalb nicht von einem ehelichen Zusammenleben, sondern von einem familiären Zusammenleben im Haus der Eltern der Bezugsperson und der BF1 auszugehen sei. Aus der vorgelegten Heiratsurkunde gehe zwar hervor, dass die Eheschließung am XXXX stattgefunden habe, in dem Auszug aus dem Zivilregister vom XXXX sei die BF1 aber als geschieden vermerkt.

6. Mit Bescheid vom 07.04.2022 wies die ÖB Damaskus den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 ab. Begründend wurde ausgeführt, dass das BFA nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Angaben der BF1 zur Angehörigeneigenschaft in mehrfacher Hinsicht den von der Bezugsperson im Asylverfahren gemachten Angaben widersprechen würden. Weiters wurde auf eine Stellungnahme des BFA vom 21.03.2022 verwiesen.

7. Gegen den Bescheid richtet sich die am 26.04.2022 eingebrachte Beschwerde.

8. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 02.08.2022, eingelangt am 05.08.2022, wurde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt übermittelt und mitgeteilt, dass von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung abgesehen wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF1 ist die Mutter der BF2, BF3 und der minderjährigen BF4. Alle sind syrische Staatsbürger. Sie brachten am 24.11.2020 bei der ÖB Damaskus Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005 ein.

Als Bezugsperson wurde der angebliche Ehegatte der BF1 genannt, welchem mit Bescheid des BFA vom 02.07.2020 der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde. Die Bezugsperson ist nicht der leibliche Vater von BF2, BF3 und BF4.

Das BFA teilte der ÖB Damaskus mit Schreiben vom 09.07.2021 mit, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten im vorliegenden Fall nicht wahrscheinlich sei, da die vorgelegten Dokumente nicht genügen würden, um die Angehörigeneigenschaft nachzuweisen. Dazu sei die Durchführung einer DNA-Analyse erforderlich.

Mit Schreiben der ÖB Damaskus vom 09.07.2021, übernommen am 27.03.2017, wurde den BF die Möglichkeit zur Stellungnahme zur negativen Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA eingeräumt.

Mit Schreiben vom 13.07.2021 stimmten die BF der Durchführung einer DNA-Analyse zu.

In einer Mitteilung vom 21.03.2022 teilte das BFA der ÖB Damaskus mit, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten im vorliegenden Fall nicht wahrscheinlich sei, da die Angaben der BF1 zur Angehörigeneigenschaft in mehrfacher Hinsicht den von der Bezugsperson im Asylverfahren gemachten Angaben widersprechen würden. Es werde ersucht, der Partei diese Mitteilung sowie die beiliegende Stellungnahme im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis zu bringen.

Mit Bescheid vom 07.04.2022 wies die ÖB Damaskus den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 ab. Begründend wurde ausgeführt, dass das BFA nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Angaben er BF1 zur Angehörigeneigenschaft in mehrfacher Hinsicht den von der Bezugsperson im Asylverfahren gemachten Angaben widersprechen würden. Weiters wurde auf eine Stellungnahme des BFA vom 21.03.2022 verwiesen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem Akt der ÖB Damaskus und wurden von den Parteien nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgebung der Beschwerde:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:

Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35 (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) idgF lauten:

Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a. (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG2005

§ 26. Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Familienangehörigen gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.

§ 28 Abs. 1 bis 3 VwGVG lautet:

§ 28 (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Die Regelung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes im Falle, dass die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des BFA über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung, und kommt dieser diesbezüglich keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034; VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).

Gemäß § 11 Abs. 1 letzter Satz FPG darf eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, erst dann ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

Im Sinne der Rechtsprechung des VwGH sind mögliche Widersprüche, die sich aus den Einvernahmen mit der Bezugsperson und aus den Angaben des Antragstellers ergeben können, konkret bekannt zu geben, um einem Antragsteller eine entsprechende Stellungnahme dazu zu ermöglichen (VwGH, 09.11.2010, 2007/21/0323).

Im gegenständlichen Fall wurde den BF mit Schreiben der ÖB Damaskus vom 09.07.2021 mitgeteilt, dass die vorliegenden Dokumente nicht ausreichen würden, um eine Familienangehörigeneigenschaft nachzuweisen. Dazu sei die Durchführung einer DNA-Analyse notwendig, der die BF in der Folge auch zustimmten. Hierzu ist allerdings festzuhalten, dass sich aus den vorgelegten Unterlagen und den Angaben der BF klar ergibt, dass die Bezugsperson nicht der leibliche Vater der BF2, BF3 und BF4 ist. Für die gegenständlichen Anträge einzig relevantes Angehörigenverhältnis ist daher die Eheschließung zwischen der BF1 und der Bezugsperson, die sich durch eine DNA-Analyse jedoch nicht nachweisen lässt. Erst wenn dieses Angehörigenverhältnis als erwiesen angenommen wäre, wäre in einem weiteren Schritt ein eventuell zweifelhaftes Verwandtschaftsverhältnis zwischen der BF1 und ihren Töchtern (BF2, BF3 undBF4) zu klären. Aus der Aktenlage ergibt sich jedoch weder, dass das BFA die Eheschließung der BF1 mit der Bezugsperson als nachgewiesen angesehenen hätte, noch, dass Zweifel am Verwandtschaftsverhältnis der BF untereinander bestehen würden. Es erschließt sich daher dem erkennenden Gericht nicht, auf Grundlage welcher Ermittlungen die Mitteilung es BFA vom 09.07.2021 ergangen ist.

Seitens des BFA erging jedoch noch eine weitere Mitteilung vom 21.03.2022, in welcher ausgeführt wurde, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten im vorliegenden Fall nicht wahrscheinlich sei, da die Angaben der BF1 zur Angehörigeneigenschaft in mehrfacher Hinsicht den von der Bezugsperson im Asylverfahren gemachten Angaben widersprechen würden. Es wurde auch ersucht, der Partei diese Mitteilung sowie die beiliegende Stellungnahme im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis zu bringen. Die ÖB Damaskus hat es jedoch verabsäumt, den BF diese neue Wahrscheinlichkeitsprognose im Rahmen eines Parteiengehörs zur Kenntnis zu bringen und ihnen Gelegenheit zu geben, dazu Stellung zu nehmen. Stattdessen wurde bereits am 07.04.2022 der gegenständliche Bescheid erlassen.

Im vorliegenden Verwaltungsakt finden sich somit keine Hinweise darauf, dass die vom BFA angeführten Widersprüche zwischen den Angaben der BF1 und der Bezugsperson den BF zur Kenntnis gebracht worden wären. Den BF war es daher nicht möglich, ein konkretes und substantiiertes Vorbringen zu erstatten, welches geeignet gewesen wäre, die Zweifel der Behörde am tatsächlichen Bestehen des Familienverhältnisses zu zerstreuen.

Im gegenständlichen Fall liegen somit zur Kassation der angefochtenen Entscheidung berechtigende Ermittlungslücken im Sinne des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG vor.

Im fortgesetzten Verfahren wird die Behörde daher unter Wahrung des Parteiengehörs Ermittlungen zu den konkreten Umständen der behaupteten Eheschließung der BF1 mit der Bezugsperson, etwa durch deren Einvernahme hiezu, anzustellen haben. In deren Lichte wäre dann die Familienangehörigeneigenschaft der BF im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG 2005, einer neuerlichen Prüfung zu unterziehen.

Aufgrund der Besonderheiten der verfahrensrechtlichen Einschränkungen (siehe § 11a FPG) des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens kann die Durchführung der notwendigen Ermittlungen zum behaupteten Angehörigenverhältnis der BF mit der Bezugsperson in Österreich nicht im Interesse der Effizienz, Raschheit und Kostenersparnis durch dieses selbst durchgeführt werden. Es war daher war mit der Behebung des gegenständlichen Bescheids vorzugehen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

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