Nach der Rechtsprechung des OGH kommt es bei der Beurteilung der Bedeutung von Erklärungen auf den objektiven Erklärungswert an, also darauf, wie ein redlicher Empfänger einer Erklärung diese unter Berücksichtigung aller Umstände verstehen musste (vgl. OGH 29.1.2002, 5 Ob 277/01y). Demnach wird unter obigem Gesichtspunkt der Inhalt einer Urkunde durch deren Unterfertigung nur dann zum Inhalt der Willenserklärung der Unterfertigenden, wenn der andere Teil aus den Umständen nicht etwas anderes entnehmen musste (vgl. OGH 13.7.2010, 4 Ob 35/10s, Pkt. 2.1.). Es kommt somit bei Betrachtung aus Sicht eines "redlichen Erklärungsempfängers" nicht bloß auf den Inhalt der Urkunde selbst, sondern auch auf die für den Erklärungsempfänger erkennbaren Umstände deren Zustandekommens an. Der Erklärungsempfänger kann nicht annehmen, dass der dem Erklärenden unbekannte Inhalt der Urkunde Inhalt seiner Erklärung ist bzw. dass der Erklärende den unbekannten Inhalt in Kauf genommen hat, wenn der Erklärungsempfänger beim Erklärenden ganz bewusst eine falsche Vorstellung vom Inhalt der Urkunde erweckt hat und es für ihn erkennbar war, dass der Erklärende diese ungelesen unterfertigt hat. Eine wirksame Willenserklärung mit dem Inhalt der ungelesen unterfertigten Urkunde liegt daher von vornherein nicht vor. Dem entspricht das Verständnis der bei Verkehrsgeschäften geltenden Vertrauenstheorie, dass der Erklärende an seine Erklärung gebunden ist, wenn der Gegner berechtigterweise auf sie vertraut hat (vgl. OGH 26.4.2017, 1 Ob 214/16a, Pkt. 6.2.).
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