31Bs245/25v – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Richter Mag. Weber LL.M. als Vorsitzenden sowie den Richter Mag. Spreitzer LL.M. und die Richterin Mag. Marchart als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus Freiheitsstrafen über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 13. August 2025, GZ **-19 in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Wien Simmering sechs wegen §§ 127, 129 Abs 1 Z 3, 130 Abs 1 erster Fall, 131, 15; 165 Abs 1; 146; 288 Abs 1; 297 Abs 1 zweiter Fall StGB verhängte Freiheitsstrafen in der Gesamtdauer von 65 Monaten. Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 8. August 2026. Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG waren am 23. November 2023, jene nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG am 17. Oktober 2024 gegeben.
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht für Strafsachen Wien als zuständiges Vollzugsgericht die bedingte Entlassung des Genannten nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG aus spezialpräventiven Gründen unter Verweis auf das getrübte Vorleben, die kriminelle Beharrlichkeit, das bereits zuvor verspürte Haftübel und die evidente Wirkungslosigkeit bisheriger Sanktionen und Rechtswohltaten ab.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Strafgefangenen (ON 20).
Rechtliche Beurteilung
Nach § 46 Abs 1 StGB ist nach Verbüßung der Hälfte der im Urteil verhängten oder im Gnadenweg festgesetzten zeitlichen Freiheitsstrafe der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird.
Diese Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere der Art der Taten, des privaten Umfelds des Verurteilten, seines Vorlebens und seiner Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit (vgl Jerabek/Ropper in Höpfel/Ratz , WK 2 StGB § 46 Rz 15/1). Dabei ist gemäß § 46 Abs 4 StGB auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen wurde, eintrat, oder durch Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann. Ist die Annahme berechtigt, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung – allenfalls unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB – nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, so ist im Regelfall der Rest der Strafe bedingt nachzusehen.
Die bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe soll der Regelfall und der Vollzug der gesamten Freiheitsstrafe auf Ausnahmefälle evidenten Rückfallsrisikos des Rechtsbrechers beschränkt bleiben ( Jerabek/Ropper aaO § 46 Rz 17).
Dem Erstgericht ist zuzustimmen, dass nach wie vor erhebliche Bedenken gegen eine positive Verhaltensprognose sprechen. Wie bereits im Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 25. September 2024, AZ *, ausgeführt, war der Strafgefangene vor den nunmehr vollzugsgegenständlichen Urteilen bereits vierzehnmal überwiegend wegen Gewaltdelikten sowie auch wegen Vermögensdelikten und in einem Fall wegen eines Sexualdeliktes strafgerichtlich verurteilt worden (dreimal davon unter Anwendung der §§ 31, 40 StGB). Weder diese Sanktionen noch die mehrmalige Beigebung eines Bewährungshelfers sowie die dreimal erfolgte bedingte Entlassung (zuletzt im November 2016, Pkt 13 der Strafregisterauskunft ON 4) konnten A* von einem überwiegend sehr raschen Rückfall abhalten. Die erste der hier gegenständlichen Taten setzte er am 9. Feber 2019 (Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom 6. Mai 2019, AZ **), somit während Flucht aus einer Strafhaft (siehe IVV-Auszug: Flucht unter anderem zwischen 5. und 14. Feber 2019; zum Begriff „Flucht“, der - entgegen den Beschwerdeausführungen – anders als der Begriff „Ausbruch“ auch eine Nichtrückkehr beinhaltet, siehe im Übrigen Drexler/Weger , StVG 5 § 106 Rz 1).
Schon aufgrund dieser Umstände (Deliktshäufung und Tatbegehung in kurzer zeitlicher Abfolge) ist von einem evidenten massiven Rückfallsrisiko auszugehen. Darüber hinaus vermochte sich der Strafgefangene nicht einmal im Bereich des Strafvollzuges ordnungsgemäß zu verhalten, sodass bereits zahlreiche Ordnungsstrafen über ihn verhängt werden mussten (zuletzt im Juli 2025, siehe ON 18.1, 5), wobei er auch schon in der Justizanstalt Stein weitere Ordnungswidrigkeiten begangen hatte (ON 12.4 im Akt AZ ** des Landesgerichtes für Strafsachen Wien).
Auch wenn A* bei dokumentierter Suchtgiftproblematik (ON 18.1, 3) die Basissuchtgruppe mit zehn absolvierten Einheiten positiv abgeschlossen hat (ON 12.1, 4 im Akt AZ ** des Landesgerichtes für Strafsachen Wien), sprechen die oben genannten Umstände massiv gegen eine für eine bedingte Entlassung aber zwingend notwendige positive Verhaltensprognose, zumal sich auch das Verhalten im Strafvollzug entgegen den Beschwerdebehauptungen seit der letzten gerichtlichen Entscheidung keineswegs gebessert hat (siehe die Ordnungswidrigkeiten auch in jüngster Zeit).
Auch im Hinblick auf die bloß unbescheinigte Behauptung einer Wohnmöglichkeit (ON 20, 5) sowie das offensichtliche Fehlen einer Aussicht auf einen konkreten Arbeitsplatz ( ibidem ) sind unterstützende Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB angesichts der erheblichen spezialpräventiven Bedenken weiterhin keineswegs ausreichend.
Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht zulässig.