JudikaturOLG Wien

31Bs226/25z – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
04. September 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schwab als Vorsitzende sowie die Richter Mag. Weber LL.M. und Mag. Spreitzer LL.M. als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* B* wegen bedingter Entlassung aus Freiheitsstrafen über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichtes Eisenstadt vom 6. August 2025, GZ **-5, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* B* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Eisenstadt (teilweise nach Widerruf einer teilbedingten Nachsicht) zwei wegen § 27 Abs 2a zweiter Fall, Abs 5; 27 Abs 2a zweiter Fall; 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG verhängte Freiheitsstrafen in der Gesamtdauer von zwölf Monaten. Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 30. Jänner 2026. Die zeitlichen Voraussetzungen nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG lagen am 30. Juli 2025 vor, jene nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG werden am 29. September 2025 gegeben sein (ON 2.5).

Mit dem angefochtenen Beschlusslehnte das Landesgericht Eisenstadt als zuständiges Vollzugsgericht nach Durchführung einer persönlichen Anhörung (ON 4) die bedingte Entlassung des – offenkundig versehentlich als A* „C*“ bezeichneten - Strafgefangenen gemäß § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG aus spezialpräventiven Erwägungen ab.

Dagegen richtet sich die rechtzeitig angemeldete (ON 7) und ausgeführte (ON 6) Beschwerde des Strafgefangenen unter Verweis auf seine Übergewicht, die intendierte Absolvierung einer ambulanten Therapie, das Vorhandensein einer Arbeits- und Wohnmöglichkeit und eine behauptete Pflegedürftigkeit seiner Mutter.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde ist nicht berechtigt.

Nach § 46 Abs 1 StGB ist nach Verbüßung der Hälfte der im Urteil verhängten oder im Gnadenweg festgesetzten zeitlichen Freiheitsstrafe der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird.

Diese Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere der Art der Taten, des privaten Umfelds des Verurteilten, seines Vorlebens und seiner Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit (vgl Jerabek/Ropper in Höpfel/Ratz , WK 2StGB § 46 Rz 15/1). Dabei ist gemäß § 46 Abs 4 StGB auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen wurde, eintrat, oder durch Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann. Ist die Annahme berechtigt, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung – allenfalls unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB – nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, so ist im Regelfall der Rest der Strafe bedingt nachzusehen.

Die bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe soll der Regelfall, der Vollzug der gesamten Freiheitsstrafe auf Ausnahmefälle evidenten Rückfallsrisikos des Rechtsbrechers beschränkt bleiben ( Jerabek/Ropper aaO WK 2StGB § 46 Rz 17).

Dem Erstgericht ist beizupflichten, dass im vorliegenden Fall gravierende spezialpräventive Bedenken eine bedingte Entlassung ausschließen. Der Strafgefangene weist abgesehen von den nunmehr vollzugsgegenständlichen Verurteilungen vier einschlägige Vorstrafen (eine davon unter Anwendung der §§ 31, 40 StGB) auf. Er verspürte im Jahr 2023 zum ersten Mal das Haftübel, wobei damals der (nunmehr vollzugsgegenständliche) Teil von fünf Monaten der verhängten siebenmonatigen Freiheitsstrafe bedingt nachgesehen wurde (Punkt 4 der Strafregisterauskunft ON 3). Nicht einmal ein Monat nach Haftentlassung wurde der Strafgefangene neuerlich einschlägig delinquent (Punkt 5 der Strafregisterauskunft). Noch während zweier offener Probezeiten setzte er weitere Taten, für die er zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt werden musste (Punkt 6 der Strafregisterauskunft).

Bereits aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich zwanglos, dass die vom Strafgefangenen angestrebte Entwöhnung von Suchtmitteln offenbar noch in weiter Ferne liegt. Bestätigungen über die Zusage eines ambulanten Therapieplatzes sind nach wie vor nicht vorhanden. Zum sozialen Empfangsraum nach der Haftentlassung vermochte der Verurteilte neben der Angabe der in Aussicht genommenen Wohnadresse nur vage, unbescheinigte Angaben zu machen. Auch diese Aspekte sprechen in Zusammenschau mit der offenkundigen Wirkungslosigkeit des bereits verspürten Haftübels und der bereits gewährten (teil-)bedingten Strafnachsichten gegen eine für eine bedingte Entlassung aber unbedingt erforderliche positive Verhaltensprognose.

Insbesondere verfügt der seit fünfzehn Jahren substituierte Strafgefangene über keine nennenswerte Therapieerfahrung; begonnene ambulante Therapien hatte er schnell wieder abgebrochen (ON 2.3, 2). Die gewichtsbedingten gesundheitlichen Probleme des Strafgefangenen haben bei der Beurteilung der Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung ebenso außer Betracht zu bleiben wie der Umstand, dass nach Haftentlassung seine Mitwirkung bei der Pflege seiner Mutter gefordert sein soll.

Eine bedingte Entlassung ist zusammengefasst aufgrund der evident verfestigten kriminellen Neigung und der dafür ursächlichen Persönlichkeitsdefizite, mögen diese auch auf die Suchterkrankung des Strafgefangenen zurückzuführen sein, in spezialpräventiver Hinsicht außerhalb jeglicher Reichweite. Unterstützende Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB sind im Hinblick auf die aufgezeigten erheblichen spezialpräventiven Bedenken keineswegs ausreichend.

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht zulässig.