11Bs218/25h – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Dampf als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. a Hagen und Mag. a Obwieser als weitere Mitglieder des Senats in der Strafvollzugssache des A*wegen bedingter Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG über die Beschwerde des Strafgefangenen gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Vollzugsgericht vom 20.8.2025, GZ **-9, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Der Beschwerde wird n i c h t Folge gegeben.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO iVm § 17 Abs 1 Z 3 StVG).
Text
Begründung:
A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Innsbruck die über ihn im Verfahren ** des Landesgerichts für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen „teils“ durch Einbruch begangenen Diebstahls nach „§§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 1 erster Fall und Abs 2 zweiter Fall, 15 StGB“ und des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 (erster Fall) StGB verhängte Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 29.11.2026. Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach Verbüßung der Hälfte der Freiheitsstrafe werden am 29.11.2025 erfüllt sein.
Im Zuge amtswegiger Prüfung (§ 152 Abs 1 Z 1 StVG) beantragte der Strafgefangene die bedingte Entlassung zum Hälftestichtag und brachte dazu vor, er wolle sein Leben wieder in den Griff bekommen, normal arbeiten und für seine zwei Kinder und seine 90-jährige Großmutter da sein (ON 2.3). Die Leitung der Justizanstalt Innsbruck bescheinigt ihm ein gutes Anstalts- und Sozialverhalten und hegt aufgrund dieser Führung keine Bedenken gegen eine bedingte Entlassung (ON 2.2). Die Staatsanwaltschaft sprach sich aus spezialpräventiven Gründen gegen eine solche aus (ON 4).
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Vollzugsgericht nach persönlicher Anhörung des Strafgefangenen (ON 8) die bedingte Entlassung zum Hälftestichtag (zusammengefasst) aufgrund des einschlägig getrübten Vorlebens und insbesondere bereits verspürter Hafterfahrungen aus spezialpräventiven Gründen ab.
Dagegen erhob der Strafgefangene unmittelbar nach Verkündung und Rechtsmittelbelehrung Beschwerde, wobei er auf eine schriftliche Ausführung des Rechtsmittels ausdrücklich verzichtete (ON 8, 2).
Rechtliche Beurteilung
Der Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthielt, kommt keine Berechtigung zu.
§ 46 Abs 1 StGB schreibt die bedingte Entlassung frühestens nach der Hälfte der Strafzeit vor, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB (Weisungen, Bewährungshilfe) anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Diese Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere der Art der Tat(en), des privaten Umfelds des Verurteilten, seines Vorlebens und seiner Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit. Dabei ist gemäß § 46 Abs 4 StGB auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe, insbesondere auch durch eine während des Vollzugs begonnene freiwillige Behandlung im Sinn von § 51 Abs 3 StGB, die der Verurteilte in Freiheit fortzusetzen bereit ist, eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat(en) begangen wurde(n), eingetreten ist, oder durch Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann. Ist die Annahme berechtigt, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung – allenfalls unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB – nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, ist der Rest der Strafe im Regelfall (vgl aber § 46 Abs 2 StGB) bedingt nachzusehen ( Jerabek/Ropperin WK² StGB § 46 Rz 15 f mwN).
Hat ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel einer Freiheitsstrafe verbüßt, so ist er gemäß § 46 Abs 2 StGB trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach § 46 Abs 1 StGB solange nicht bedingt zu entlassen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs der Strafe bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegen zu wirken. Gewichtige Umstände, welche sich aus Sicht der Allgemeinheit von den regelmäßig vorkommenden Begleiterscheinungen strafbaren Verhaltens auffallend abheben, müssen ein Absehen von der vorzeitigen Entlassung unumgänglich erscheinen lassen. Dabei ist nicht nur der bloße Abschreckungseffekt bei potentiellen Tätern, sondern (im Sinne positiver Generalprävention) auch das Interesse an der Festigung genereller Normtreue in der Bevölkerung zu beachten. Diese Aspekte generalpräventiver Natur müssen aus der Schwere der Tat ableitbar sein. Liegen sie vor, sind sie gleichrangig mit den Erfordernissen der Spezialprävention zu berücksichtigen. Eine aus spezialpräventiver Sicht durchaus zulässige bedingte Entlassung kann demnach auch allein wegen eines in der Schwere der Tat gelegenen (besonderen) generalpräventiven Grunds verweigert werden (Jerabek/Ropper aaO § 46 Rz 16).
Der Beschwerdeführer wurde vor der anlassbezogenen Verurteilung in Österreich bereits in seinem Heimatland ** wiederholt und auch in ** wegen einschlägiger Vermögensdelinquenz schuldig erkannt und neben einer Geldstrafe (in **) wiederholt auch schon zu Freiheitsstrafen verurteilt, wovon er zwei auch tatsächlich verbüßte (vgl die ECRIS-Auskunft aus der ** [ON 6]). Diese Wirkungslosigkeit bisheriger Sanktionen, insbesondere der wiederholten Hafterfahrungen und die nunmehrigen Tatbegehungen während der offenen Probezeit zum Verfahren ** des Gerichts **, in welchem über den Beschwerdeführer am 6.8.2023 eine unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren und Anordnung der Bewährungshilfe bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt wurde, lassen aber trotz des als positiv zu wertenden guten Anstalts- und Sozialverhaltens in der Justizanstalt und den Beteuerungen des Beschwerdeführers, sich in Hinkunft straffrei zu verhalten, die von § 46 Abs 1 StGB geforderte Legalprognose, wonach er durch die bedingte Entlassung bereits zum Hälftestichtag nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abgehalten wird, selbst unter Berücksichtigung von Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB, nicht zu.
Weil die bedingte Entlassung zum Hälftestichtag daher schon an spezialpräventiven Erwägungen scheitert, war der Beschwerde ein Erfolg zu versagen und erübrigt sich damit ein Eingehen auf generalpräventive Erfordernisse nach § 46 Abs 2 StGB.