10Bs188/25k – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richter Dr. Sutter (Vorsitz), Mag a . Haas und Mag a . Tröster in der Strafsache gegen A*wegen des Vergehens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 2, 129 Abs 1 Z 1 und 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen nach öffentlicher Verhandlung am 10. September 2025 in Anwesenheit des Oberstaatsanwalts Dr. Kirschenhofer, des Privatbeteiligtenvertreters Rechtsanwalt Dr.Scala (für B*) und des Verteidigers Rechtsanwalt Mag. Hirsch in Abwesenheit des Angeklagten über die Berufung des Privatbeteiligten B* gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 10. Februar 2025, GZ **-132, zu Recht erkannt :
Spruch
Der Berufung wegen der privatrechtlichen Ansprüche wird dahin Folgegegeben, dass A* gemäß § 369 Abs 1 StPO schuldig erkannt wird, dem Privatbeteiligten B* den Schadenersatzbetrag von EUR 129,00 binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
gründe:
Mit dem nur vom Privatbeteiligten B* bekämpften einzelrichterlichen Urteil wurde der am ** geborene A* - soweit hier von Interesse - zu B. 2. des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 7 StGB schuldig erkannt, weil er (unter anderem) am 4. November 2023 in ** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert abgeurteilten C* (ON 135) und dem im Tatzeitpunkt unmündigen D* eine fremde Sache, und zwar die ** des B* durch Umwerfen an deren Abstellplatz beschädigte (US 19: Schaden in nicht festgestellter Höhe). Der Privatbeteiligte B* wurde gemäß § 366 Abs 2 StPO mit seinen Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Gegen seine Verweisung auf den Zivilrechtsweg wendet sich die Berufung des B*, in welcher er zusammengefasst ausführt, dass nach seinem Vorbringen in Verbindung mit der Urkundenvorlage zum Schaden am Motorroller die Verfahrensergebnisse eine ausreichende Grundlage für den Zuspruch seiner Forderung geboten hätten und das Erstgericht seiner in § 366 Abs 2 StPO normierten Entscheidungspflicht nicht nachgekommen sei (ON 145).
Der Angeklagte trat dem Rechtsmittel in seiner Gegenäußerung entgegen (ON 150).
Die Oberstaatsanwaltschaft beantragte in ihrer Stellungnahme vom 16. Juli 2025, die Berufung in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen, da eine Verletzung der Entscheidungspflicht iSd § 366 Abs 2 StPO fallbezogen nicht gegeben sei.
Mit am 31. Juli 2025 eingelangtem Schriftsatz teilte der Privatbeteiligte auftragsgemäß mit, dass der Sachschaden am Motorroller infolge eines inzwischen stattgefundenen Verkehrsunfalls bereits liquidiert wurde (Ablöse in Höhe des Wrackwerts), er aber weiterhin die von ihm aufgewendeten Kosten für den Kostenvoranschlag für die Reparatur in Höhe von EUR 129,00 und nunmehr zusätzlich Kosten von pauschal EUR 70,00 für die „Unkosten für Behörden- und Anwaltswege und Fahrten zur Werkstatt“ begehre (ON 5.1 der Akten AZ 10 Bs 188/25k des OLG Graz).
Rechtliche Beurteilung
Dem Rechtsmittel kommt im spruchgemäßen Umfang Berechtigung zu.
Hinsichtlich des erweiterten Begehrens auf „Unkosten“ genügt der Hinweis darauf, dass eine Erweiterung bzw Änderung des Begehrens des Privatbeteiligten im Berufungsverfahren nicht mehr zulässig ist ( Spenling in WK-StPO § 366 Rz 25, 27).
Zu dem ursprünglichen Begehren ist aktenkundig, dass sich B* dem Verfahren als Privatbeteiligter anschloss, zum eingetretenen Schaden den Kostenvoranschlag einer Reparaturfachwerkstätte vorlegte, für den ihm EUR 129,00 in Rechnung gestellt worden seien (ON 14.2 und 14.3). Aus dem Hauptverhandlungsprotokoll vom 10. Februar 2025 (ON 127,11) ist ersichtlich, dass der Privatbeteiligte B* insgesamt einen Schaden von EUR 2.129,00 angab, wovon EUR 129,00 auf die Kosten für die Erstellung des Kostenvoranschlags für die zu erwartenden Reparaturkosten entfielen. Der angegebene Schaden wurde vom Angeklagten „in dieser Höhe nicht anerkannt“ (ON 127, S 11).
Nach den dem relevanten rechtskräftigen Schuldspruchpunkt zugrundeliegenden Feststellungen des angefochtenen Urteils haben A*, der abgesondert abgeurteilte C* und der wegen Unmündigkeit außer Verfolgung gestellte D* am 4. November 2023 in ** im bewussten und gewollten Zusammenwirken die ** des B* an deren Abstellplatz umgeworfen und dadurch einen Schaden in unbekannter Höhe verursacht (ON 32, 18 oben).
Zum in § 1293 ABGB definierten Schaden gehören auch Aufwendungen zur Schadensbeseitigung, wenn diese sinnvoll und zweckmäßig waren, darunter auch in Reparaturabsicht getätigte Aufwendungen zur Schadensermittlung ( Kodek in Kletecka/Schauer, ABGB-ON 1.04 § 1293 Rz 10ff). Eine Entscheidung über die Kosten für den Kostenvoranschlag ist dem Urteil nicht zu entnehmen, obwohl sie nach den Gegebenheiten des Falls zu treffen gewesen wäre.
Da sich der (verbleibende) privatrechtliche Anspruch aus dem verurteilten strafbaren Verhalten ableiten lässt und sich seine Berechtigung dem Grunde nach in § 1295 Abs 1 ABGB findet, ist dem Privatbeteiligten nach Verifizierung seiner Zahlungspflicht hinsichtlich des Betrags durch Vorlage der Rechnung vom 20.November 2023 in der Berufungsverhandlung der Betrag von EUR 129,00 mit einer 14-tägigen Leistungsfrist zuzusprechen, zumal ein Schadensausgleich bislang noch nicht erfolgte (Protokoll der Berufungsverhandlung vom 10. September 2025, Seite 2).
Zu dem in der Gegenäußerung des Angeklagten erhobenen Einwand, wonach dem Erstgericht die Ermittlung der „Schadensquoten“ im Hinblick auf die Tatbeteiligung des abgesondert verfolgten C* und des strafunmündigen D* „nicht zumutbar“ war, ist anzumerken, dass der Vorwurf vorsätzlich gemeinsam ein unerlaubtes Ziel (Beschädigung eines fremden Motorrollers) verfolgt zu haben, es rechtfertigt, alle Beteiligten zunächst ohne weitere Prüfung ihrer Kausalität für den entstandenen Schaden verantwortlich zu machen (RIS-Justiz RS0112574).
Die Kostenentscheidung ist eine Folge der Sachentscheidung und gründet auf § 390a Abs 1 StPO.