IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Dr.in Tanja DANNINGER-SIMADER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichterinnen Mag.a Dr.in Claudia WOLFSGRUBER-ECKER und Nina ABRAHAM als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , SVNr. XXXX , vertreten durch die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich (AK), gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Linz (AMS) vom 09.12.2024, nach Beschwerdevorentscheidung vom 10.03.2025, GZ: XXXX , betreffend den Widerruf und die Rückforderung der Notstandshilfe in Höhe von € 4.477,74,-, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerdevorentscheidung vom 10.03.2025 wird wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde ersatzlos behoben.
II. Die Beschwerde wird hinsichtlich des Widerrufs der Notstandshilfe für die Zeiträume 01.06.2024 – 08.06.2024, 11.06.2024 – 27.06.2024, 29.06.2024 – 30.06.2024 abgewiesen.
III. Der Beschwerde wird hinsichtlich des Widerrufs der Notstandshilfe für die Zeiträume 01.07.2024 - 18.07.2024, 20.07.2024 – 31.07.2024, 03.08.2024 – 12.08.2024, 13.09.2024 – 02.10.2024, 05.10.2024 – 18.10.2024 und 20.10.2024 – 31.10.2024 sowie der Rückforderung der Notstandshilfe in Höhe von € 4.477,74,- für die Zeiträume 01.06.2024 – 08.06.2024, 11.06.2024 – 27.06.2024, 29.06.2024 – 30.06.2024, 01.07.2024 - 18.07.2024, 20.07.2024 – 31.07.2024, 03.08.2024 – 12.08.2024, 13.09.2024 – 02.10.2024, 05.10.2024 – 18.10.2024 und 20.10.2024 – 31.10.2024 stattgegeben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom 09.12.2024 sprach das AMS (belangte Behörde) den Widerruf der Notstandshilfe für die Zeiträume 01.06.2024 – 08.06.2024, 11.06.2024 – 27.06.2024, 29.06.2024 – 18.07.2024, 20.07.2024 – 31.07.2024, 03.08.2024 – 12.08.2024, 13.09.2024 – 02.10.2024, 05.10.2024 – 18.10.2024 und 20.10.2024 – 31.10.2024 und die Rückforderung iHv € 4.477,74,- aus. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe die Leistung aus der Arbeitslosenversicherung für die angeführten Zeiträume zu Unrecht bezogen, da sie im Zeitraum 01.06.2024 – 30.06.2024 in einem vollversicherten Dienstverhältnis bei der Firma XXXX gestanden habe und seit dem 01.07.2024 laufend in einem geringfügigen Dienstverhältnis bei demselben Dienstgeber stehe. Das laufende geringfügige Dienstverhältnis unterliege somit der Arbeitslosenversicherungspflicht. Arbeitslosigkeit liege daher bis zur Beendigung der geringfügigen Beschäftigung nicht vor.
2. Mit Schreiben vom 20.12.2024 erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid vom 09.12.2024. Sie führte zusammengefasst aus, sie habe ihr geringfügiges Dienstverhältnis ab 11.05.2024 ordnungsgemäß beim AMS gemeldet und die Geringfügigkeitsgrenze zu keinem Zeitpunkt überschritten. Folglich habe sie keinen Rückforderungstatbestand des § 25 AlVG erfüllt. Selbst wenn für Juni 2024 eine Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze festgestellt werden sollte, gelte sie ab Juli 2024 wieder als arbeitslos und stehe ihr ab Juli 2024 die Notstandshilfe zu.
3. Mit Schreiben vom 10.02.2025 informierte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin über die bisherigen Ermittlungsergebnisse sowie die Rechtslage und räumte ihr die Möglichkeit zur Stellungnahme ein.
4. In der Stellungnahme vom 28.02.2025 brachte die Beschwerdeführerin vor, sie wäre nicht darauf hingewiesen worden, dass eine Aufrollung für Juni 2024 zum Anspruchsverlust auf die Leistung vom AMS führen würde. Sie habe daher keinen Rückforderungstatbestand gem. § 25 AlVG gesetzt.
5. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 10.03.2025 (zugestellt am 13.03.2025) wies die belangte Behörde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 09.12.2024 ab. Begründet wurde dies zusammengefasst damit, dass die Beschwerdeführerin im Juni 2024 die Geringfügigkeitsgrenze überschritten und in einem vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnis zur XXXX gestanden habe. Ab 01.07.2024 sei sie in einem geringfügigen Dienstverhältnis zum selben Dienstgeber gestanden und sei daher § 12 Abs. 3 lit. h AlVG in Kraft getreten. Mangels Vorliegens von Arbeitslosigkeit sei die Notstandshilfe für die genannten Zeiträume widerrufen worden. Durch die Nichtmeldung des vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnisses an das AMS habe sie die Meldepflicht nach § 50 AlVG verletzt und einen Rückforderungstatbestand nach § 25 Abs. 1 AlVG erfüllt.
6. Mit Antrag vom 24.03.2025 verlangte die Beschwerdeführerin fristgerecht die Vorlage der Beschwerde an das erkennende Gericht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin stand im für das gegenständliche Verfahren relevanten Zeitraum im Bezug von Notstandshilfe iHv € 38,37,- und pauschalen Kursnebenkosten iHv € 2,49,- täglich.
Die Beschwerdeführerin stand von 11.05.2024 bis 19.03.2025 in einem (geringfügigen) Dienstverhältnis bei der Firma XXXX . Vertraglich vereinbart wurde eine Beschäftigung im Ausmaß vom 9 Stunden pro Woche (immer samstags) mit einem Stundenentgelt von € 12,74,-.
Über die Aufnahme der geringfügigen Beschäftigung ab 11.05.2024 informierte sie die belangte Behörde am 10.05.2024.
Außer im Juni 2024 lag das Gehalt der Beschwerdeführerin während des ganzen Dienstverhältnisses unter der Geringfügigkeitsgrenze.
Im Juni 2024 bezog die Beschwerdeführerin (inkl. Nachverrechnung) ein Gehalt in Höhe von € 553,68,- für 43,46 Stunden. Sie arbeitete im Juni tatsächlich 34,46 Stunden (01.06., 15.06., 22.06. und 29.06.), was einem Gehalt von € 439,02,- entspricht. Am 08.06. war die Beschwerdeführerin krank. Der Krankenstand wurde vom Dienstgeber zunächst nicht akzeptiert, da die Beschwerdeführerin sich nicht krankgemeldet und keine Krankmeldung übermittelt hat. Einige Monate später hat die Beschwerdeführerin eine Krankmeldung für diese Tage im Juni 2024 gesendet und um Aufrollung gebeten. Durch die Akzeptanz des Krankenstandes und die Aufrollung bekam die Beschwerdeführerin für den 08.06. nachträglich eine Entgeltfortzahlung von € 114,66,-. Dadurch überschritt sie im Juni 2024 nachträglich insgesamt die Geringfügigkeitsgrenze.
Die Beschwerdeführerin meldete – nachdem sie einige Monate später davon Kenntnis erlangte – der belangten Behörde die Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze bzw. das Entstehen der Vollversicherung im Monat Juni 2025 nicht.
Die belangte Behörde erhielt am 18.11.2024 durch Meldung des Dachverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger Kenntnis davon, dass die Beschwerdeführerin im Juni 2024 bei der Firma XXXX vollversicherungspflichtig beschäftigt war.
Die mit 20.12.2024 datierte Beschwerde gegen den Bescheid vom 09.12.2024 wurde per Einschreiben an die belangte Behörde versendet und am 27.12.2024 zugestellt.
Die Beschwerdevorentscheidung wurde am 10.03.2025 erlassen.
2. Beweiswürdigung:
Anhand der vorliegenden Aktenlage ist das Bundesverwaltungsgericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.
Sämtliche Feststellungen ergeben sich unmittelbar aus dem Akteninhalt und sind grundsätzlich unbestritten. Die Beschwerde richtet sich ausschließlich gegen die von der Behörde vorgenommene rechtliche Beurteilung.
Der Bezug der Notstandshilfe und die Dauer der Beschäftigung bei XXXX ergeben sich aus der Abfrage der beim Dachverband der österreichischen Sozialversicherungsträger gespeicherten Daten. Weiters ergibt sich daraus, dass das monatliche Gehalt der Beschwerdeführerin – außer im Juni 2024 – während der gesamten Dauer des Dienstverhältnisses unter der Geringfügigkeitsgrenze lag.
Das vereinbarte Stundenausmaß und das Stundenentgelt ergeben sich aus dem abgeschlossenen Dienstvertrag und der Überlassungsmitteilung.
Dass die Beschwerdeführerin die belangte Behörde über die Aufnahme der Beschäftigung bei der XXXX informierte, ergibt sich aus den Feststellungen der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung und den Angaben der Beschwerdeführerin.
Feststellungen zum bezogenen Entgelt und den geleisteten Stunden im Monat Juni 2024 sowie zum Grund für das Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze und beruhen auf der Gehaltsabrechnung Juni 2024, der Gehaltsabrechnung November 2024, dem Stundenbericht vom Monat Juni 2024 und der Stellungnahmen der XXXX vom 31.01.2025 und 06.02.2025.
Dass die Beschwerdeführerin die Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze nicht meldete, ergibt sich aus dem Akteninhalt und wurde von ihr auch nichts Gegenteiliges behauptet.
Die Überlagerungsmeldung, wodurch die belangte Behörde vom Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze Kenntnis erlangte, befindet sich ebenfalls im Akt.
Dass die Beschwerde der belangten Behörde am 27.12.2024 zugestellt wurde, ergibt sich aus dem Sendungsverlauf.
Das Datum der der Beschwerdevorentscheidung ergibt sich aus derselben.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt gemäß § 56 Abs. 2 AlVG Senatszuständigkeit vor.
Zu A)
I. Ersatzlose Behebung der Beschwerdevorentscheidung vom 10.03.2025 wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde
Der § 14 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgetzes (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, idgF, lautet wie folgt:
Beschwerdevorentscheidung
§ 14.
(1) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG steht es der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.
(2) Will die Behörde von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absehen, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen. Gleichzeitig hat die Behörde den Parteien eine Mitteilung über die Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht zuzustellen; diese Mitteilung hat den Hinweis zu enthalten, dass Schriftsätze ab Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht unmittelbar bei diesem einzubringen sind.
Gem. § 14 Abs. 1 VwGVG hat die Behörde im Verfahren über Beschwerden zwei Monate Zeit, eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen.
Die Zuständigkeit der belangten Behörde, von welcher der angefochtene Bescheid stammt, zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung endet mit Ablauf der in § 14 Abs 1 VwGVG festgelegten zweimonatigen Frist. Mit diesem Zeitpunkt geht die Zuständigkeit (vgl zu § 64a AVG VwGH 4. 11. 1996, 96/10/0109; 24. 1. 1997, 96/19/2111) der belangten Behörde, die notwendigen Verfahrenshandlungen zu setzen und die Beschwerde zu erledigen, auf das Verwaltungsgericht über (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 14 VwGVG, Stand 1.3.2022, rdb.at, Rz 30).
Die Beschwerde wurde der belangten Behörde am 27.12.2024 zugestellt. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung endete folglich am 27.02.2025. Mit diesem Zeitpunkt ist die Zuständigkeit zur Erledigung der Beschwerde auf das Bundesverwaltungsgericht übergegangen.
Die belangte Behörde erließ nach Ablauf der zweimonatigen Frist am 10.03.2025 eine Beschwerdevorentscheidung, zu deren Erlassung ihr die Zuständigkeit fehlte.
Nach der Rechtsprechung ist die Unzuständigkeit der ersten Instanz vom Verwaltungsgericht in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen, unabhängig davon, ob die Unzuständigkeit in der Beschwerde geltend gemacht wurde (vgl. VwGH vom 15.12.2014, Ro 2014/17/0121).
Die angefochtene Beschwerdevorentscheidung erweist sich daher als mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde belastet, sodass sie aufzuheben war.
II. Abweisung der Beschwerde
Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977, idgF, lauten auszugsweise:
Arbeitslosigkeit
§ 12.
(1) Arbeitslos ist, wer
1. eine (unselbständige oder selbständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) beendet hat,
2. nicht mehr der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterliegt oder dieser ausschließlich auf Grund eines Einheitswertes, der kein Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze erwarten lässt, unterliegt oder auf Grund des Weiterbestehens der Pflichtversicherung für den Zeitraum, für den Kündigungsentschädigung gebührt oder eine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt oder eine Urlaubsabfindung gewährt wird (§ 16 Abs. 1 lit. k und l), unterliegt und
3. keine neue oder weitere (unselbständige oder selbständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) ausübt.
[…]
(3) Als arbeitslos im Sinne der Abs. 1 und 2 gilt insbesondere nicht:
a) wer in einem Dienstverhältnis steht;
[…]
h) wer beim selben Dienstgeber eine Beschäftigung aufnimmt, deren Entgelt die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge nicht übersteigt, es sei denn, daß zwischen der vorhergehenden Beschäftigung und der neuen geringfügigen Beschäftigung ein Zeitraum von mindestens einem Monat gelegen ist.
[…]
(6) Als arbeitslos gilt jedoch,
a) wer aus einer oder mehreren Beschäftigungen ein Entgelt erzielt, das die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge nicht übersteigt, wobei bei einer Beschäftigung als Hausbesorger im Sinne des Hausbesorgergesetzes, BGBl. Nr. 16/1970, der Entgeltwert für die Dienstwohnung und der pauschalierte Ersatz für Materialkosten unberücksichtigt bleiben;
[…]
Einstellung und Berichtigung des Arbeitslosengeldes
§ 24.
[…]
(2) Wenn die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes gesetzlich nicht begründet war, ist die Zuerkennung zu widerrufen. Wenn die Bemessung des Arbeitslosengeldes fehlerhaft war, ist die Bemessung rückwirkend zu berichtigen. Der Widerruf oder die Berichtigung ist nach Ablauf von drei Jahren nach dem jeweiligen Anspruchs- oder Leistungszeitraum nicht mehr zulässig. Wird die Berichtigung vom Leistungsempfänger beantragt, ist eine solche nur für Zeiträume zulässig, die zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht länger als drei Jahre zurück liegen. Die Frist von drei Jahren nach dem Anspruchs- oder Leistungszeitraum verlängert sich, wenn die zur Beurteilung des Leistungsanspruches erforderlichen Nachweise nicht vor Ablauf von drei Jahren vorgelegt werden (können), bis längstens drei Monate nach dem Vorliegen der Nachweise.
§ 25.
(1) Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen mußte, daß die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Die Verpflichtung zum Ersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes besteht auch dann, wenn im Falle des § 12 Abs. 8 das Weiterbestehen des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt wurde, sowie in allen Fällen, in denen rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt oder vereinbart wird. Der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz ist auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden auf Grund eines nachträglich vorgelegten Einkommensteuer- oder Umsatzsteuerbescheides ergibt, daß die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührte; in diesem Fall darf jedoch der Rückforderungsbetrag das erzielte Einkommen nicht übersteigen. Ebenso ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes (der Notstandshilfe) zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn nachträglich festgestellt wird, daß auf Grund einer Anrechnung von Einkommen aus vorübergehender Erwerbstätigkeit gemäß § 21a keine oder nur eine niedrigere Leistung gebührt. Die Verpflichtung zum Rückersatz besteht auch hinsichtlich jener Leistungen, die wegen der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels oder auf Grund einer nicht rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes gewährt wurden, wenn das Verfahren mit der Entscheidung geendet hat, dass die Leistungen nicht oder nicht in diesem Umfang gebührten.
[…]
Zum Widerruf der Notstandshilfe für Juni 2024:
Eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld (Notstandshilfe) ist gem. § 7 Abs. 2 AlVG das Vorliegen von Arbeitslosigkeit iSd § 12 AlVG. Gem. § 12 Abs. 3 lit. a AlVG gilt insbesondere nicht als arbeitslos, wer in einem Dienstverhältnis steht. Gem. § 12 Abs. 6 lit. a AlVG gilt jedoch als arbeitslos, wer aus einer oder mehreren Beschäftigungen ein Entgelt erzielt, das die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge (Geringfügigkeitsgrenze) nicht übersteigt. Gem. § 5 Abs. 2 ASVG (Anm. 1) betrug die monatliche Geringfügigkeitsgrenze für das Jahr 2024 € 518,44,-.
Die Beschwerdeführerin bezog im Juni 2024 aus ihrer Beschäftigung bei der XXXX ein Gehalt in Höhe von € 553,68,-. Damit erfolgte eine Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze von € 518,44,-. Die Beschwerdeführerin galt daher nicht als arbeitslos iSd § 12 Abs. 3 lit. a iVm § 12 Abs. 6 lit. a AlVG.
Gem. § 24 Abs. 2 AlVG ist die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes (Notstandshilfe) zu widerrufen, wenn sie gesetzlich nicht begründet war. Da die Beschwerdeführerin im Juni 2024 nicht arbeitslos iSd § 12 AlVG war und ihr damit gem. § 7 Abs. 2 AlVG eine Voraussetzung für den Anspruch auf Arbeitslosengeld (Notstandshilfe) fehlte, erfolgte der Widerruf der Notstandshilfe (inkl. pauschale Kursnebenkosten) in Höhe von € 1103,22,- für die Zeiträume 01.06.2024 – 08.06.2024, 11.06.2024 – 27.06.2024, 29.06.2024 – 30.06.2024 ((27 Tage x € 38,37,- Notstandshilfe täglich) + (27 Tage x € 2,49,- pauschale Kursnebenkosten täglich)) zu Recht.
III. Stattgabe der Beschwerde
Zur Rückforderung der Notstandshilfe für Juni 2024:
Gemäß § 25 Abs. 1 AlVG ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes (Notstandshilfe) bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat, oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.
Eine Verschweigung maßgebender Tatsachen im Sinne des § 25 Abs. 1 AlVG liegt jedenfalls dann vor, wenn eine Verletzung der Meldepflicht gemäß § 50 Abs. 1 AlVG vorliegt (vgl. VwGH 30.01.2018, Ra2017/08/0125 mwN).
Eine Rückersatzpflicht aufgrund eines der beiden ersten im § 25 Abs 1 AlVG genannten Tatbestände setzt voraus, dass die unwahren Angaben bzw das Verschweigen maßgebender Tatsachen für den Leistungsbezug kausal waren (arg: „herbeigeführt hat“; VwGH 16. 2. 2011, 2007/08/0150; 20. 11. 2002, 2002/08/0208). Um die Kausalität bejahen zu können, reicht es aber aus, dass die rechtzeitige und korrekte Meldung potentiell die objektiv gesetzwidrige Auszahlung verhindern hätte können. Die dem Arbeitsmarktservice nicht gemeldete Arbeitsaufnahme erfüllt somit jedenfalls das Kausalitätserfordernis, da die Meldung dem Arbeitsmarktservice die Überprüfung ermöglicht hätte, ob tatsächlich nur ein geringfügiges Dienstverhältnis vorlag (VwGH 29. 6. 2016, Ra 2016/08/0100).
Die Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde vor der Aufnahme ihrer geringfügigen Beschäftigung darüber informiert. Sie ist damit ihrer Meldepflicht gegenüber der Behörde gem. § 50 AlVG nachgekommen. Dies wurde von der belangten Behörde auch zu keinem Zeitpunkt bestritten. Die Beschwerdeführerin bezog im Juni 2024 zunächst grundsätzlich ein Gehalt unter der Geringfügigkeitsgrenze. Zu diesem Zeitpunkt war ihr nicht bewusst bzw. konnte ihr nicht bewusst sein, dass ihr Juni-Gehalt zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund einer Nachverrechnung die Geringfügigkeitsgrenze übersteigen wird und das Dienstverhältnis in diesem Monat vollversicherungspflichtig wird. Erst einige Monate später kam es zu einer Aufrollung für Juni 2024 (dass dies auf ihren Wunsch hin erfolgte ist unerheblich) und einer Nachverrechnung, wodurch ihr im Juni bezogenes Gehalt die Geringfügigkeitsgrenze überstieg und das Dienstverhältnis vollversicherungspflichtig wurde. Die Beschwerdeführerin meldete diese einige Monate später eingetretene geänderte Qualifikation des Dienstverhältnisses der belangten Behörde zwar nicht und könnte dadurch gegebenenfalls eine Verschweigung maßgeblicher Tatsachen iSd § 25 AlVG erkannt werden, jedoch war diese Verschweigung jedenfalls nicht kausal für den Leistungsbezug. Laut oben zitierter Judikatur reicht es für die Bejahung der Kausalität aus, dass die rechtzeitige und korrekte Meldung potentiell die objektiv gesetzwidrige Auszahlung verhindern hätte können, was gegenständlich zu verneinen ist. Die Meldung der nachträglich geänderten Qualifikation des Dienstverhältnisses für den Monat Juni 2024 einige Monate später, hätte die objektiv gesetzwidrige Auszahlung der Notstandshilfe für diesen Monat potentiell nicht verhindern können.
Im Ergebnis erfolgte die Rückforderung des unberechtigt Empfangenen für die Zeiträume 01.06.2024 – 08.06.2024, 11.06.2024 – 27.06.2024, 29.06.2024 – 30.06.2024 somit nicht zu Recht.
Zum Widerruf und zur Rückforderung der Notstandshilfe ab 01.07.2024:
Den Widerruf und die Rückforderung des Leistungsbezugs für die Zeiträume 01.07.2024 - 18.07.2024, 20.07.2024 – 31.07.2024, 03.08.2024 – 12.08.2024, 13.09.2024 – 02.10.2024, 05.10.2024 – 18.10.2024 und 20.10.2024 – 31.10.2024 begründete die belangte Behörde damit, dass die Beschäftigung im Juni der Vollversicherungspflicht unterlag und für den nachfolgenden Zeitraum ab 01.07.2024 § 12 Abs. 3 lit. h AlVG zur Anwendung komme.
Nach dieser Bestimmung gilt nicht als arbeitslos, wer beim selben Dienstgeber eine Beschäftigung aufnimmt, deren Entgelt die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge nicht übersteigt, es sei denn, daß zwischen der vorhergehenden Beschäftigung und der neuen geringfügigen Beschäftigung ein Zeitraum von mindestens einem Monat gelegen ist.
Zweck des § 12 Abs. 3 lit h AlVG ist es, die missbräuchliche Inanspruchnahme von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung auszuschließen, indem ein vollversichertes Dienstverhältnis nur zum Schein beendet, aber tatsächlich (mit verringerter Stundenanzahl) als geringfügiges Dienstverhältnis weitergeführt wird. Dies gilt auch für den vom Bedarf des Arbeitgebers abhängigen Wechsel des arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmers in ein geringfügiges Dienstverhältnis bei (teilweiser) Substitution des Entgeltausfalles durch Arbeitslosengeld (vgl. VwGH 20.04. 2005, 2004/08/0073).
Voraussetzung für die Anwendung von § 12 Abs. 3 lit. h AlVG ist, dass an die vorhergehende (vollversicherte) Beschäftigung die Aufnahme einer „neuen“ geringfügigen Beschäftigung anschließen muss. Das Dienstverhältnis darf nicht bloß unverändert fortgeführt werden, sondern hat zumindest eine maßgebende Änderung (jedenfalls in Bezug auf die Entgelthöhe und den naheliegend damit einhergehenden Arbeitsumfang) zur Voraussetzung, um von der Aufnahme einer „neuen“ Beschäftigung ausgehen zu können (VwGH 13.10.2020, Ro2016/08/0005 mwN).
Gegenständlich stand die Beschwerdeführerin von 11.05.2024 bis 19.03.2025 in einem geringfügigen Dienstverhältnis mit der XXXX . Für den Juni 2024 änderte sich nachträglich die Qualifikation des Dienstverhältnisses aufgrund einer einige Monate später erfolgten Akzeptanz eines Krankenstandes und der damit einhergehenden nachträglich gewährten Entgeltfortzahlung, welche die Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze und den Eintritt der Vollversicherung in diesem Monat zur Folge hatte.
Im gesamten (übrigen) Zeitraum war das Gehalt und die Stundenanzahl grundsätzlich gleichbleibend und entsprach dem Dienstvertrag, welcher vor der Aufnahme des Dienstverhältnisses am 11.05.2024 abgeschlossen wurde. Von der Aufnahme einer „neuen“ geringfügigen Beschäftigung iSd § 12 Abs. 3 lit. h AlVG kann gegenständlich somit nicht ausgegangen werden.
Da der Tatbestand des § 12 Abs. 3 lit. h AlVG folglich nicht erfüllt ist, liegen weder die gesetzlichen Voraussetzungen für den Widerruf gemäß § 24 Abs. 2 AlVG noch jene zur Rückzahlungsverpflichtung gemäß § 25 Abs. 1 AlVG für die Zeiträume 01.07.2024 - 18.07.2024, 20.07.2024 – 31.07.2024, 03.08.2024 – 12.08.2024, 13.09.2024 – 02.10.2024, 05.10.2024 – 18.10.2024 und 20.10.2024 – 31.10.2024 vor.
Im Ergebnis erfolgte der Widerruf der Notstandshilfe für die Zeiträume 01.06.2024 – 08.06.2024, 11.06.2024 – 27.06.2024, 29.06.2024 – 30.06.2024 gem. § 24 Abs. 2 AlVG zu Recht, die Rückforderung gem. § 25 Abs. 1 AlVG ist jedoch zu Unrecht erfolgt.
Hinsichtlich der Zeiträume 01.07.2024 - 18.07.2024, 20.07.2024 – 31.07.2024, 03.08.2024 – 12.08.2024, 13.09.2024 – 02.10.2024, 05.10.2024 – 18.10.2024 und 20.10.2024 – 31.10.2024 erfolgte der Widerruf gem. § 24 Abs. 2 AlVG und die Rückforderung gem. § 25 Abs. 1 AlVG nicht zu Recht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung:
Von einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden, da die Akten erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
Der Sachverhalt ist entsprechend der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt war damit weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht vorgetragen und es liegt keine Rechtsfrage von besonderer Komplexität vor.
All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen und in diesem Erkenntnis mitunter zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Somit war spruchgemäß zu entscheiden.
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