Rückverweise
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marion STEINER-KOPSCHAR als Vorsitzende und die Richterin Mag. Benedikta TAURER sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gesetzlich vertreten durch Martin Niščák, Staré Grunty 26F, 84104 Bratislava, Slowakei, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich, vom 13.06.2025, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der minderjährige Beschwerdeführer, ein slowakischer Staatsangehöriger, brachte am 25.04.2025 durch seinen Vater als gesetzlichen Vertreter einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses – unter Beilage u.a. beeideter Übersetzungen medizinischer Berichte des Amtes für Soziales und Familie Bratislava – beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (in der Folge: belangte Behörde) ein.
2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde mit Schreiben vom 29.04.2025 gemäß § 45 Abs. 3 AVG erteilten Parteiengehörs zum Ergebnis der Beweisaufnahme wurde der Beschwerdeführer davon in Kenntnis gesetzt, dass eine Abfrage beim Zentralen Melderegister der Republik Österreich ergeben habe, dass in seinem Falle weder ein Wohnsitz noch ein gewöhnlicher Aufenthalt in Österreich festgestellt werden habe können. Der Beschwerdeführer wurde – nach Darlegung der gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gem. § 40 BBG – aufgefordert, die Gründe seiner mehrmals jährlichen Aufenthalte in Österreich bekannt zu geben und durch geeignete Unterlagen (insbesondere durch Meldungen nach dem Meldegesetz in Österreich, Ausbildungsnachweis, Dienstvertrag) zu belegen. Sollte kein geeigneter Nachweis vorgelegt werden, wäre sein Ansuchen auf Ausstellung eines Behindertenpasses gem. § 40 BBG abzuweisen.
Der Beschwerdeführer nahm von der Erstattung einer Stellungnahme sowie der Vorlage von Nachweisen Abstand.
3. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 13.06.2025 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 25.04.2025 auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer weder über einen (rechtmäßigen) Wohnsitz noch über einen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich verfüge. Daher liege eine Voraussetzung für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vor und sei der Antrag daher abzuweisen gewesen.
4. Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer – durch seinen gesetzlichen Vertreter – am 09.07.2025 das Rechtsmittel der Beschwerde ein und legte der gesetzliche Vertreter seinen Dienstvertrag mit seinem Dienstgeber XXXX , bei.
5. Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt am 23.07.2025 zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der minderjährige Beschwerdeführer, ein slowakischer Staatsangehöriger, brachte am 25.04.2025 (Datum des Einlangens) durch seinen Vater als gesetzlichen Vertreter den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bei der belangten Behörde ein.
Der Beschwerdeführer hat weder seinen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort im österreichischen Staatsgebiet.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang, insbesondere das Datum der Antragstellung, ergibt sich aus dem Akteninhalt.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer slowakischer Staatsbürger ist, ergibt sich aus den diesbezüglichen Angaben seines Vaters als dem gesetzlichen Vertreter im Rahmen der Antragstellung, bestätigt auch durch einen vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem zentralen Melderegister.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer keinen Wohnsitz bzw. keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hat, ergibt sich ebenfalls aus dem im Akt befindlichen vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 13.10.2025, wonach zum Beschwerdeführer derzeit kein aktueller (Haupt-)wohnsitz in Österreich aufscheint.
Die Vorlage des Dienstvertrages des Vaters des Beschwerdeführers und damit der Nachweis eines Dienstverhältnisses des Vaters des Beschwerdeführers in Österreich vermag an dem Ergebnis nichts zu ändern, zumal es auf den Wohnsitz bzw. den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Beschwerdeführers selbst ankommt. Dass dieser in Österreich gelegen ist, hat der gesetzliche Vertreter des Beschwerdeführers nicht dargetan und ist ein solcher auch sonst nicht hervorgekommen. Vielmehr wird bereits im Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses lediglich eine slowakische Adresse sowie Telefonnummer des Beschwerdeführers bekanntgegeben.
Es liegen daher aktuell keinerlei Anhaltspunkte vor, die einen gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich nahelegen würden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1. Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:
„§ 1. (1) Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen soll durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.
(2) Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
[…]“
Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 von Hundert (v.H.) auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Behindertenpass auszustellen, wenn überdies eine der in den Z. 1 bis 5 genannten Voraussetzungen vorliegt.
Eine der Tatbestandsvoraussetzung für die Ausstellung eines Behindertenpasses nach dem BBG ist daher der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt des behinderten Menschen im Inland.
Wie bereits oben ausgeführt wurde, hat die gesetzliche Vertretung des minderjährigen Beschwerdeführers im Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses lediglich die slowakische Adresse des Beschwerdeführers, einem slowakischen Staatsbürger, bekanntgegeben und geht auch aus einer aktuellen Abfrage des Zentralen Melderegisters hervor, dass der Beschwerdeführer aktuell keinen Wohnsitz in Österreich hat. Das Vorliegen eines gewöhnlichen Aufenthaltes des Beschwerdeführers wurde seitens seiner gesetzlichen Vertretung ebenso wenig dargelegt.
Im Fall des Beschwerdeführers ist daher schon die Eingangsvoraussetzung des § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderte Menschen, die einen Behindertenpass in Österreich ausgestellt bekommen wollen, ihren Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, also in Österreich haben müssen, nicht erfüllt.
Der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses ist daher schon aus diesem Grund abzuweisen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
4. Entfall der mündlichen Verhandlung:
Im gegenständlichen Fall wurde der Sachverhalt nach der Aktenlage geklärt; die Tatsache, dass der Beschwerdeführer in Österreich keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, wurde vom Vater des Beschwerdeführers als dessen gesetzlicher Vertreter nicht vorgebracht. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus weder von der belangten Behörde noch vom Beschwerdeführer eine mündliche Verhandlung beantragt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird (vgl. dazu die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 09.06.2017, Zl. E 1162/2017-5).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.