W260 2273134-2/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Markus BELFIN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Mag. Georg SCHMEISSNER, Rechtsanwalt in 5340 St. Gilgen, gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt, Hauptstelle WIEN, vom 10.09.2024, Aktenzeichen: HVBA / XXXX betreffend Abweisung des Antrages auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes gemäß § 18a iVm § 669 Abs. 3 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.05.2025, zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und festgestellt, dass XXXX ab 01.01.2019 zur Selbstversicherung in der Pensionsversicherung nach § 18a ASVG iVm§ 669 Abs. 3 ASVG berechtigt ist.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom 10.09.2024 hat die Pensionsversicherungsanstalt (im Folgenden PVA oder belangte Behörde) aufgrund des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.08.2023 (W260 2273134-1) die Voraussetzungen bezüglich der Selbstversicherung gemäß § 18a ASVG neuerlich überprüft und den Antrag vom 09.03.2022 von XXXX (im Folgenden Beschwerdeführerin) auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege des behinderten Kindes, XXXX , geboren am XXXX , gemäß § 18a iVm § 669 Abs. 3 ASVG abgelehnt.
Begründend wurde ausgeführt, dass von 01.06.2012 bis 31.12.2018 kein Bezug einer erhöhten Familienbeihilfe vorgelegen sei. Aufgrund des fachärztlichen Begutachtungsergebnisses werde die Arbeitskraft durch die Pflege des Kindes XXXX nicht überwiegend beansprucht. Als Hauptdiagnose wurde das Aufmerksamkeitssyndrom (ADHS) festgestellt.
2. Mit Schreiben vom 19.09.2024 erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde.
Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass in dem von der PVA eingeholten ärztlichen Gutachten bestätigt werde, dass ihr Sohn ständiger persönlicher Hilfe bzw. besonderer Pflege bedürfe. Das Tatbestandsmerkmal der überwiegenden Beanspruchung der Arbeitskraft könne auch dann bejaht werden, wenn die Beschwerdeführerin einer unselbstständigen Tätigkeit im Ausmaß von 24 Wochenstunden nachgehe.
Ihr Sohn müsse mit der richtigen Medikation versorgt werden, eine Dauermedikation sei nicht möglich und gäbe es auch Nebenwirkungen. Der Betreuungsaufwand steige an Tagen, wo nur die Mindestdosis verabreicht werde, da die Auswirkungen von ADHS besonders ausgeprägt zu Tage treten würden. An Schultagen sei ständig im Auge zu behalten, was für Schulfächer anstehen würden und wieviel Wirkstoff er brauche.
Dass von 01.06.2012 bis 31.12.2018 keine erhöhte Familienbeihilfe bezogen worden sei, sei irrelevant, denn die Beschwerdeführerin begehre erst ab dem Zeitpunkt, ab dem für ihren Sohn unstrittig Familienbeihilfe bezogen worden sei (ab dem 01.01.2019) die Selbstversicherung.
3. Am 26.02.2025 langte der verfahrensgegenständliche Akt samt Äußerung der PVA beim Bundesverwaltungsgericht ein.
4. Mit Schreiben der Beschwerdeführerin vom 25.03.2025 wurde Stellung dazu bezogen und im Wesentlichen ausgeführt, dass laut fachärztlichem Gutachten vorwiegend Einschränkungen vor Wirkeintritt und Wirkungsabnahme der Medikamente bestehen würden.
Vorgelegt wurde eine Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 10.12.2024 zu den Pflegeverrichtungen, die bereits der PVA vorgelegt worden sei, und ein weiterer klinisch-psychologischer Befund.
5. Am 28.05.2025 fand im Beisein einer Vertreterin der belangten Behörde, der Beschwerdeführerin und ihrer bevollmächtigten Vertretung eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt.
6. Am 13.06.2025 legte die Beschwerdeführerin weitere Unterlagen vor, unter anderem eine aktuelle Mitteilung vom Finanzamt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin stellte bei der PVA am 09.03.2022 einen Antrag auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege ihres am XXXX geborenen Sohnes.
Die Beschwerdeführerin begehrt die Selbstversicherung ab dem 01.01.2019.
Die Beschwerdeführerin und der Sohn sind in einem Haushalt an einer Adresse im Inland wohnhaft.
Ab Jänner 2019 bestand und besteht für den Sohn XXXX , geboren am XXXX ein Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe.
Er war und ist nicht von der allgemeinen Schulpflicht im Sinne des § 15 Schulpflichtgesetzes 1985 befreit und ist zu keinem Zeitpunkt bettlägrig.
Der Sohn der Beschwerdeführerin leidet an dem Aufmerksamkeitssyndrom (ADHS – ICD-10: F900; Hauptdiagnose), welches erstmals Anfang 2019 diagnostiziert wurde.
Anfang 2019 zeigten sich deutliche Auffälligkeiten in der Aufmerksamkeitssteuerung und Impulskontrolle, eine Hyperaktivität, exekutive Funktionen sowie Versagens- und Leistungsängste. Der Sohn der Beschwerdeführerin zeigte ein oppositionelles und aggressiv-dissoziales Verhalten sowie eine begrenzte prosoziale Emotionalität bei einer disruptiven Affektregulation, die seine niedrigen sozialen Kompetenzen verursachen bzw. ihm keine guten Strategien zur Problemlösung ermöglichen. Durch die eingeschränkte Aufmerksamkeitssteuerung, mangelnden exekutiven Funktionen und hohe motorische Unruhe erlebt er viele Konflikte und Ausgrenzung in gleichaltrigen Gruppen. Darauf reagiert er oft mit Wutausbrüchen, wobei er auch ein oppositionelles und dissoziales Verhalten zeigt. Dies wurde im Rahmen von psychologischen und psychosozialen Untersuchungen Anfang 2019 festgestellt.
Von einer klinisch psychologischen Gesundheitspsychologin wurde im Februar 2019 zur Förderung der emotionalen Kompetenzen die Hinzuziehung von Vertrauenslehrer:innen oder Schulpsycholog:innen empfohlen. Außerdem wurde der Beschwerdeführerin nahegelegt, sich für einzelne Situationen des Tages Zeit zu nehmen, die vermuteten Gefühle des Sohnes wahrzunehmen, zu artikulieren und Verständnis zu zeigen sowie soziale Situationen nicht zu vermeiden, sondern zu nützen, die Methode des „lauten Denkens“ anzuwenden und soziale Situationen im Vorhinein aktiv anzusprechen.
In einem psychosozialen Versorgungs- und Beratungszentrum wurde im März 2019 eine Gruppentherapie, Nahrungsergänzungen, die Fortsetzung mit der Vertrauenslehrerin und zusätzlich Neurofeedback oder Medikation empfohlen.
Im August 2020 wurde mit einem Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde sowie für Kinder- und Jugendpsychiatrie eine medikamentöse Therapie mit Ritalin (10 mg Tb) ab September 2020 vereinbart. Durch diese medikamentöse Therapie zeigte sich im Rahmen der Untersuchung im Juli 2021 bereits eine gute Verbesserung der Arbeitsfähigkeit in der Schule bis ca. 11:00 Uhr. Die zweite Gabe von 5 mg mittags wirkte sich negativ auf das Einschlafen aus, weshalb dies reduziert eingenommen wurde. In den Sommerferien wurde keine Medikation eingenommen, erst wieder bei Schulbeginn.
Derzeit erfolgt eine medikamentöse Therapie von Concerta (AS42) in der Höhe von 36 mg und Ritalin in der Höhe von 15 mg. Eine Höherdosierung des „extended Range“ Medikamentes ist angedacht, um auch die Konzentration in den Nachmittagsstunden zu erreichen und die Selbstständigkeit des Kindes zu erhöhen. Die Medikamenteneinnahme erfolgt unter der Aufsicht der Beschwerdeführerin. Gegenwärtig befindet sich der Sohn der Beschwerdeführerin zusätzlich in Gesprächstherapie.
Vorwiegend bestehen Einschränkungen vor dem Wirkungseintritt der Medikamente, sohin in den frühen Morgenstunden bis zum Schulbeginn und am Nachmittag, sowie bei Wirkungsabnahme bei der Hausübung und den Freizeitaktivitäten.
Der Sohn der Beschwerdeführerin braucht Hilfe beim An- und Auskleiden, insbesondere bei der Reihenfolge des Ankleidens, im Ausmaß von 20 Minuten täglich.
Die Beschwerdeführerin muss ihren Sohn erinnern, dass er sich im Bad reinigen soll. Betreffend Körperpflege bei ihrem Sohn benötigt sie jeweils 30 Minuten in der Früh und abends.
Während der Aufnahme von Mahlzeiten vergisst er zu essen, weshalb er von der Beschwerdeführerin diesbezüglich erinnert werden muss.
Beim Lernen überprüft die Beschwerdeführerin, ob er alle Unterlagen und die Hausaufgabe erledigt hat, wofür sie 20 Minuten pro Schultag benötigt. Sie ist rufbereit, kontrolliert aber nicht die Hausaufgabe selbst. Beim Vokabeln Lernen für Englisch unterstützt sie ihn. Alles, was Sprachen betrifft, ist für ihren Sohn eine große Hürde. Um ihren Sohn zum Lernen zu motivieren benötigt sie oft bis zu einer Stunde.
Zu notwendigen Therapien und ärztlichen Kontrollen begleitet die Beschwerdeführerin ihren Sohn. Eine regelmäßige ärztliche Kontrolle gibt es derzeit nicht.
Für eine halbe Stunde bis Stunde täglich arbeitet sie über Gespräche mit ihrem Sohn Geschehnisse und Belastungen auf.
Der Sohn der Beschwerdeführerin braucht Unterstützung bei der Bewältigung des Tagesablaufes. Er hat kein Zeitgefühl und muss oft bei alltäglichen Dingen – wie zum Essen zu kommen oder sich in der Garderobe anzuziehen – angeleitet werden.
Ebenso ist eine psychische Unterstützung notwendig, da er sehr oft negative Rückmeldungen erfährt und diese dann abends zum Ausdruck bringt und gemeinsam mit der Beschwerdeführerin verarbeiten muss.
Um seine Entwicklung zu fördern sind tägliche Gespräche sowie Strategien notwendig, um alltägliche Vorfälle zu besprechen und Probleme zu lösen, da er Ereignisse oft anders wahrnimmt, als sie tatsächlich passiert sind.
Die Beschwerdeführerin ist ständig in Abrufbereitschaft, wenn ihr Sohn nicht in der Schule ist.
Die Betreuungsmaßnahmen sind je nach ihrer Art täglich bzw. mehrmals in der Woche erforderlich.
Nur durch das außergewöhnliche Engagement der Beschwerdeführerin gelingt es dem Kind, trotz der mit ADHS verbundenen Herausforderungen, an einer altersgerechten Tagesstruktur teilzunehmen, schulische Anforderungen zu bewältigen, seine Begabung zu entfalten und zunehmend selbstständiger zu werden.
Die Beschwerdeführerin befindet sich in einem vollversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis im Ausmaß von 24 Wochenstunden.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen ergeben sich schlüssig aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten der belangten Behörde, des Bundesverwaltungsgerichtes, den vorgelegten Unterlagen und den Ergebnissen der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
2.2. Der gemeinsame Haushalt der Beschwerdeführerin und ihres Sohnes an einer Adresse im Inland ist unstrittig. Der Melderegisterauszug der Beschwerdeführerin ist im Akt vorliegend (vgl. OZ 2).
2.3. Die Feststellungen zum Bezug erhöhter Familienbeihilfe ab Jänner 2019 beruhen auf der vorgelegten Mitteilung des Finanzamtes über den Bezug der Familienbeihilfe vom 03.06.2025 (vgl. OZ 9), wonach der Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe für den Zeitraum Jänner 2019 bis Mai 2028 besteht.
2.4. Im Antrag auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes vom 09.03.2022 wurde als Beginn der Selbstversicherung der 01.04.2021 angegeben.
Die belangte Behörde prüfte im Verfahren bereits ab dem 01.06.2012, ob die Voraussetzungen für die Selbstversicherung vorliegen würden, insbesondere führte sie im gegenständlichen Bescheid aus, dass von 01.06.2012 bis 31.12.2018 kein Bezug einer erhöhten Familienbeihilfe vorgelegen sei, was auch im Einklang mit dem Verfahrensakt steht und wurde auch im Spruch des Bescheides nicht über einen bestimmten Zeitraum abgesprochen.
In der Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung wurde von der Beschwerdeführerin klar zum Ausdruck gebracht und belegt, dass seit dem 01.01.2019 erhöhte Familienbeihilfe besteht und die Selbstversicherung ab dem 01.01.2019 begehrt wird (vgl. Verhandlungsprotokoll S. 9).
2.5. Die Feststellung, dass der Sohn der Beschwerdeführerin an ADHS (ICD-10: F900; Hauptdiagnose) leidet, stützt sich auf das ärztliche Gesamtgutachten eines Facharztes für Psychiatrie vom 22.12.2023 zum Antrag auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes (vgl. AS 41 bis 46) sowie auf die chefärztliche Stellungnahme vom 27.12.2023 (vgl. AS 47). Das ärztliche Gesamtgutachten wiederum beruht auf den vorgelegten medizinischen Befunden, insbesondere auf dem klinisch-psychologischen Befund der klinischen Gesundheitspsychologin XXXX vom 01.02.2019, auf dem ambulanten Kurzbefund vom psychosozialen Versorgungs- und Beratungszentrum/Ambulatorium Salzburg vom 01.03.2019 und auf den Arztberichten des Facharztes für Kinder- und Jugendheilkunde bzw. Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie XXXX vom 27.08.2020 und vom 29.07.2021.
Die Feststellungen zum Krankheitsbild leiten sich aus diesen vorgelegten medizinischen Befunden im Einklang mit dem Gesamtgutachten vom 22.12.2023 und den Aussagen der Beschwerdeführerin in der mündlichen Beschwerdeverhandlung ab.
Der Betreuungsaufwand und die Pflegetätigkeiten der Beschwerdeführerin sowie Angaben zu Therapien und Medikation ergeben sich aus den glaubhaften Angaben der Beschwerdeführerin in der mündlichen Beschwerdeverhandlung (vgl. Verhandlungsprotokoll S. 5 bis 8).
Diese Angaben decken sich überwiegend mit der Auflistung der Pflegetätigkeiten im Gesamtgutachten vom 22.12.2023. Die Notwendigkeit der im Gesamtgutachten mit „nein“ angekreuzten Pflegetätigkeiten – wie etwa die psychische Unterstützung, notwendige Entwicklungsförderungen und Abrufbereitschaft – konnte von der Beschwerdeführerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung plausibel und glaubhaft dargelegt werden (vgl. Verhandlungsprotokoll S. 7).
In dem ärztlichen Gesamtgutachten vom 22.12.2023 wird schließlich ausdrücklich davon ausgegangen, dass behinderungsbedingt ständige persönliche Hilfe und besondere Pflege erforderlich ist und das Kind bei Unterbleiben dieser Pflegeleistungen im Verhältnis zu einem ähnlich behinderten, jedoch betreuten Kind benachteiligt oder gefährdet wäre (vgl. Gesamtgutachten AS 44 und 45).
Das Ergebnis des ärztlichen Gesamtgutachtens vom 22.12.2023 wird als schlüssig, nachvollziehbar und vollständig erachtet und wurde dieses auch von der belangten Behörde nicht beanstandet.
Sofern in der chefärztlichen Stellungnahme vom 27.12.2023 resümiert wird, dass aufgrund des festgestellten Leidenszustandes eine Selbstversicherung nach § 18a ASVG wegen ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege des behinderten Kindes nicht gerechtfertigt sei und die Arbeitskraft des versorgenden Elternteils krankheitsbedingt nicht überwiegend in Anspruch genommen werde, ist auszuführen, dass es einerseits aufgrund der obigen Ausführungen nicht nachvollziehbar ist, wieso zu diesem Schluss gekommen wird und andererseits es sich um eine rechtliche Beurteilung handelt, die nicht in der Kompetenz des Chefarztes liegt.
2.6. Die Feststellungen zum vollversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis der Beschwerdeführerin im Ausmaß von 24 Stunden basieren auf den Angaben in der mündlichen Verhandlung sowie den dem Akt erliegenden Auszug aus dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger gestützt werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. In Ermangelung einer entsprechenden Anordnung der Senatszuständigkeit im ASVG liegt im gegenständlichen Fall Einzelrichterzuständigkeit vor.
Zu A) Stattgabe der Beschwerde:
3.1. Die im vorliegenden Beschwerdefall zeitraumbezogen maßgebenden Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), lauten:
§ 18a ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, in der Fassung BGBl. I Nr. 2/2015 (in Kraft von 01.01.2015 bis 31.12.2022):
„Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes
§ 18a. (1) Personen, die ein behindertes Kind, für das erhöhte Familienbeihilfe im Sinne des § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376, gewährt wird, unter überwiegender Beanspruchung ihrer Arbeitskraft in häuslicher Umgebung pflegen, können sich, solange sie während dieses Zeitraumes ihren Wohnsitz im Inland haben, längstens jedoch bis zur Vollendung des 40. Lebensjahres des Kindes, in der Pensionsversicherung selbstversichern. Der gemeinsame Haushalt besteht weiter, wenn sich das behinderte Kind nur zeitweilig wegen Heilbehandlung außerhalb der Hausgemeinschaft aufhält. Eine Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes kann jeweils nur für eine Person bestehen.
(2) Die Selbstversicherung ist für eine Zeit ausgeschlossen, während der
2. eine Ausnahme von der Vollversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Z 3 besteht oder auf Grund eines der dort genannten Dienstverhältnisse ein Ruhegenuß bezogen wird oder
3. eine Ersatzzeit gemäß § 227 Abs. 1 Z 3 bis 6 oder § 227a vorliegt.
(3) Eine überwiegende Beanspruchung der Arbeitskraft im Sinne des Abs. 1 wird jedenfalls dann angenommen, wenn und so lange das behinderte Kind
1. das Alter für den Beginn der allgemeinen Schulpflicht (§ 2 des Schulpflichtgesetzes 1985, BGBl. Nr. 76/1985) noch nicht erreicht hat und ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege bedarf,
2. während der Dauer der allgemeinen Schulpflicht wegen Schulunfähigkeit (§ 15 des Schulpflichtgesetzes 1985) entweder von der allgemeinen Schulpflicht befreit ist oder ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege bedarf,
3. nach Vollendung der allgemeinen Schulpflicht und vor Vollendung des 40. Lebensjahres dauernd bettlägrig ist oder ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege bedarf.
(4) Die Selbstversicherung ist in dem Zweig der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz zulässig, in dem der (die) Versicherungsberechtigte zuletzt Versicherungszeiten erworben hat. Werden keine Versicherungszeiten in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz nachgewiesen oder richtet sich deren Zuordnung nach der ersten nachfolgenden Versicherungszeit, so ist die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung der Angestellten zulässig.
(5) Die Selbstversicherung beginnt mit dem Zeitpunkt, den der (die) Versicherte wählt, frühestens mit dem Monatsersten, ab dem die erhöhte Familienbeihilfe (Abs. 1) gewährt wird, spätestens jedoch mit dem Monatsersten, der auf die Antragstellung folgt.
(6) Die Selbstversicherung endet mit dem Ende des Kalendermonates,
1. in dem die erhöhte Familienbeihilfe oder eine sonstige Voraussetzung (Abs. 1) weggefallen ist,
2. in dem der (die) Versicherte seinen (ihren) Austritt erklärt hat.
Ab dem erstmaligen Beginn der Selbstversicherung (Abs. 5) gelten die Voraussetzungen bis zum Ablauf des nächstfolgenden Kalenderjahres als erfüllt; in weiterer Folge hat der Versicherungsträger jeweils jährlich einmal festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Selbstversicherung nach Abs. 1 gegeben sind. Der Versicherte ist verpflichtet, den Wegfall der erhöhten Familienbeihilfe dem Träger der Pensionsversicherung binnen zwei Wochen anzuzeigen.
(7) Das Ende der Selbstversicherung steht hinsichtlich der Berechtigung zur Weiterversicherung in der Pensionsversicherung dem Ausscheiden aus der Pflichtversicherung im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 1 lit. a gleich.“
§ 18a ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, in der Fassung BGBl. I Nr. 217/2022 (in Kraft von 01.01.2023 bis 31.12.2023):
„Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes
§ 18a. (1) Personen, die ein behindertes Kind, für das erhöhte Familienbeihilfe im Sinne des § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376, gewährt wird, unter überwiegender Beanspruchung ihrer Arbeitskraft in häuslicher Umgebung pflegen, können sich, solange sie während dieses Zeitraumes ihren Wohnsitz im Inland haben, längstens jedoch bis zur Vollendung des 40. Lebensjahres des Kindes, in der Pensionsversicherung selbstversichern. Der gemeinsame Haushalt besteht weiter, wenn sich das behinderte Kind nur zeitweilig wegen Heilbehandlung außerhalb der Hausgemeinschaft aufhält. Eine Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes kann jeweils nur für eine Person bestehen.
(2) Die Selbstversicherung ist ausgeschlossen
1. für die Zeit, in der ein bescheidmäßig zuerkannter Anspruch auf eine monatlich wiederkehrende Geldleistung aus einer eigenen gesetzlichen Pensionsversicherung besteht;
2. für die Zeit einer Ausnahme von der Vollversicherung nach § 5 Abs. 1 Z 3 oder des Bezuges eines Ruhegenusses auf Grund eines der dort genannten Dienstverhältnisse;
3. für die Zeit des Vorliegens einer Teilpflichtversicherung nach § 8 Abs. 1 Z 2 lit. a bis c oder g bzw. einer Ersatzzeit nach § 227 Abs. 1 Z 3 bis 6 oder nach § 227a;
4. für die Zeit, in der eine Selbstversicherung nach Abs. 1 bereits auf Grund eines anderen Pflegefalles besteht oder eine Selbstversicherung nach § 18b vorliegt.
(3) Eine überwiegende Beanspruchung der Arbeitskraft im Sinne des Abs. 1 wird jedenfalls dann angenommen, wenn und so lange das behinderte Kind
1. das Alter für den Beginn der allgemeinen Schulpflicht (§ 2 des Schulpflichtgesetzes 1985, BGBl. Nr. 76/1985) noch nicht erreicht hat und ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege bedarf,
2. während der Dauer der allgemeinen Schulpflicht wegen Schulunfähigkeit (§ 15 des Schulpflichtgesetzes 1985) entweder von der allgemeinen Schulpflicht befreit ist oder ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege bedarf,
3. nach Vollendung der allgemeinen Schulpflicht und vor Vollendung des 40. Lebensjahres dauernd bettlägrig ist oder ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege bedarf.
(4) Die Selbstversicherung ist in dem Zweig der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz zulässig, in dem der (die) Versicherungsberechtigte zuletzt Versicherungszeiten erworben hat. Werden keine Versicherungszeiten in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz nachgewiesen oder richtet sich deren Zuordnung nach der ersten nachfolgenden Versicherungszeit, so ist die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung der Angestellten zulässig.
(5) Die Selbstversicherung beginnt mit dem Zeitpunkt, den der (die) Versicherte wählt, frühestens mit dem Monatsersten, ab dem die erhöhte Familienbeihilfe (Abs. 1) gewährt wird, spätestens jedoch mit dem Monatsersten, der auf die Antragstellung folgt.
(6) Die Selbstversicherung endet mit dem Ende des Kalendermonates,
1. in dem die erhöhte Familienbeihilfe oder eine sonstige Voraussetzung (Abs. 1) weggefallen ist,
2. in dem der (die) Versicherte seinen (ihren) Austritt erklärt hat.
Ab dem erstmaligen Beginn der Selbstversicherung (Abs. 5) gelten die Voraussetzungen bis zum Ablauf des nächstfolgenden Kalenderjahres als erfüllt; in weiterer Folge hat der Versicherungsträger jeweils jährlich einmal festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Selbstversicherung nach Abs. 1 gegeben sind. Der Versicherte ist verpflichtet, den Wegfall der erhöhten Familienbeihilfe dem Träger der Pensionsversicherung binnen zwei Wochen anzuzeigen.
(7) Das Ende der Selbstversicherung steht hinsichtlich der Berechtigung zur Weiterversicherung in der Pensionsversicherung dem Ausscheiden aus der Pflichtversicherung im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 1 lit. a gleich.“
§ 18a ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, in der Fassung BGBl. I Nr. 200/2023 (in Kraft seit 01.01.2024):
„Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes
§ 18a. (1) Personen, die ein behindertes Kind, für das erhöhte Familienbeihilfe im Sinne des § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376, gewährt wird, unter überwiegender Beanspruchung ihrer Arbeitskraft in häuslicher Umgebung pflegen, können sich, solange sie während dieses Zeitraumes ihren Wohnsitz im Inland haben, längstens jedoch bis zur Vollendung des 40. Lebensjahres des Kindes, in der Pensionsversicherung selbstversichern. Der gemeinsame Haushalt besteht weiter, wenn sich das behinderte Kind nur zeitweilig wegen Heilbehandlung außerhalb der Hausgemeinschaft aufhält. Eine Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes kann jeweils nur für eine Person bestehen.
(2) Die Selbstversicherung ist ausgeschlossen
1. für die Zeit, in der ein bescheidmäßig zuerkannter Anspruch auf eine monatlich wiederkehrende Geldleistung aus einer eigenen gesetzlichen Pensionsversicherung besteht;
2. für die Zeit einer Ausnahme von der Vollversicherung nach § 5 Abs. 1 Z 3 oder des Bezuges eines Ruhegenusses auf Grund eines der dort genannten Dienstverhältnisse;
4. für die Zeit, in der eine Selbstversicherung nach Abs. 1 bereits auf Grund eines anderen Pflegefalles besteht oder eine Selbstversicherung nach § 18b vorliegt.
(3) Eine überwiegende Beanspruchung der Arbeitskraft im Sinne des Abs. 1 wird jedenfalls dann angenommen, wenn und so lange das behinderte Kind
1. das Alter für den Beginn der allgemeinen Schulpflicht (§ 2 des Schulpflichtgesetzes 1985, BGBl. Nr. 76/1985) noch nicht erreicht hat und ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege bedarf,
2. während der Dauer der allgemeinen Schulpflicht wegen Schulunfähigkeit (§ 15 des Schulpflichtgesetzes 1985) entweder von der allgemeinen Schulpflicht befreit ist oder ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege bedarf,
3. nach Vollendung der allgemeinen Schulpflicht und vor Vollendung des 40. Lebensjahres dauernd bettlägrig ist oder ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege bedarf.
(4) Die Selbstversicherung ist in dem Zweig der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz zulässig, in dem der (die) Versicherungsberechtigte zuletzt Versicherungszeiten erworben hat. Werden keine Versicherungszeiten in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz nachgewiesen oder richtet sich deren Zuordnung nach der ersten nachfolgenden Versicherungszeit, so ist die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung der Angestellten zulässig.
(5) Die Selbstversicherung beginnt mit dem Zeitpunkt, den der (die) Versicherte wählt, frühestens mit dem Monatsersten, ab dem die erhöhte Familienbeihilfe (Abs. 1) gewährt wird, spätestens jedoch mit dem Monatsersten, der auf die Antragstellung folgt.
(6) Die Selbstversicherung endet mit dem Ende des Kalendermonates,
1. in dem die erhöhte Familienbeihilfe oder eine sonstige Voraussetzung (Abs. 1) weggefallen ist,
2. in dem der (die) Versicherte seinen (ihren) Austritt erklärt hat.
Ab dem erstmaligen Beginn der Selbstversicherung (Abs. 5) gelten die Voraussetzungen bis zum Ablauf des nächstfolgenden Kalenderjahres als erfüllt; in weiterer Folge hat der Versicherungsträger jeweils jährlich einmal festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Selbstversicherung nach Abs. 1 gegeben sind. Der Versicherte ist verpflichtet, den Wegfall der erhöhten Familienbeihilfe dem Träger der Pensionsversicherung binnen zwei Wochen anzuzeigen.
(7) Das Ende der Selbstversicherung steht hinsichtlich der Berechtigung zur Weiterversicherung in der Pensionsversicherung dem Ausscheiden aus der Pflichtversicherung im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 1 lit. a gleich.“
„Schlussbestimmungen zu Art. 5 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 3/2013 (78. Novelle)
§ 669. […]
(3) Die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung nach § 18a kann auf Antrag von Personen, die irgendwann in der Zeit seit dem 1. Jänner 1988 die zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Voraussetzungen für diese Selbstversicherung erfüllt haben, nachträglich beansprucht werden, und zwar für alle oder einzelne Monate, längstens jedoch für 120 Monate, in denen die genannten Voraussetzungen vorlagen. § 18 Abs. 2 ist sinngemäß anzuwenden.
[…]“
3.2. Für den gegenständlichen Fall bedeutet das:
3.2.1. Wie der Verwaltungsgerichtshof – ausgehend vom Erkenntnis eines verstärkten Senats vom 4. Mai 1977, 898/75, VwSlg 9315 A/1977 – in ständiger Rechtsprechung vertritt, hat die Rechtsmittelbehörde bzw. das Verwaltungsgericht im Allgemeinen das im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheids bzw. Erkenntnisses geltende Recht anzuwenden (vgl. VwGH 19.12.2018, Ra 2015/08/0098 mwN). Eine andere Betrachtungsweise ist dann geboten, wenn der Gesetzgeber in einer Übergangsbestimmung zum Ausdruck bringt, dass auf anhängige Verfahren noch das bisher geltende Gesetz anzuwenden ist, oder wenn darüber abzusprechen ist, was an einem bestimmten Stichtag oder in einem konkreten Zeitraum rechtens gewesen ist (vgl. VwGH 19.02.1991, 90/08/0177; 19.02.1991, 89/08/0210). Für die Beurteilung einer Pflichtversicherung ist [...] das ASVG in der im jeweiligen zu beurteilenden Zeitraum [...] in Geltung stehenden Fassung, somit zeitraumbezogen anzuwenden. Dies betrifft allerdings nur die materiell die Pflichtversicherung regelnden Bestimmungen, nicht jedoch jene Bestimmungen, die das einzuhaltende Verfahren regeln (vgl. VwGH 19.02.1991, 90/08/0177; 24.01.2006, 2003/08/0231; 26.11.2008, 2006/08/0346) (vgl. VwGH vom 12.11.2020, Ra 2020/08/0098).
3.2.2. Gemäß § 669 Abs. 3 erster Satz ASVG kann die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung nach § 18a ASVG auf Antrag von Personen, die irgendwann in der Zeit seit dem 1. Jänner 1988 die zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Voraussetzungen für diese Selbstversicherung erfüllt haben, nachträglich beansprucht werden, und zwar für alle oder einzelne Monate, längstens jedoch für 120 Monate, in denen die genannten Voraussetzungen vorlagen.
§ 669 Abs. 3 ASVG in der genannten Fassung stellt darauf ab, dass die betreffenden Personen die zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung geltenden Voraussetzungen für diese Selbstversicherung erfüllen müssen. Auf die im zu erwerbenden Zeitraum der betreffenden Selbstversicherung früher in Geltung gestandenen Voraussetzungen für eine Selbstversicherung kommt es gemäß § 669 Abs. 3 ASVG nicht an (vgl. VwGH vom 05.06.2019, Ra 2019/08/0051).
Da die Beschwerdeführerin den verfahrensgegenständlichen Antrag am 09.03.2022 bei der PVA eingebracht hat, ist für den Zeitraum von 01.01.2019 bis 31.12.2022 die Bestimmung des § 18a ASVG in der Fassung BGBl. I Nr. 2/2015 (in Kraft von 01.01.2015 bis 31.12.2022), von 01.01.2023 bis 31.12.2023 die Bestimmung des § 18a ASVG in der Fassung BGBl. I Nr. 217/2022 (in Kraft von 01.01.2023 bis 31.12.2023) und ab 01.01.2024 die Bestimmung des § 18a ASVG in der Fassung BGBl. I Nr. 200/2023 (in Kraft ab 01.01.2024) anzuwenden.
3.2.3. Gemäß § 18a Abs. 5 ASVG beginnt die Selbstversicherung mit dem Zeitpunkt, den der (die) Versicherte wählt, frühestens mit dem Monatsersten, ab dem die erhöhte Familienbeihilfe (Abs. 1) gewährt wird, spätestens jedoch mit dem Monatsersten, der auf die Antragstellung folgt.
Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt, wurde zwar im Antrag der 01.04.2021 als Beginn der Selbstversicherung angegeben, aus dem Verfahren ergab sich jedoch, dass die Beschwerdeführerin die Selbstversicherung nach § 18a ASVG ab dem 01.01.2019 begehrt und wurde auch von der belangten Behörde der Zeitraum der Überprüfung ab 01.06.2012, sohin weit vor dem 01.01.2019, gewählt.
3.2.4. Gemäß § 18a Abs. 1 ASVG können sich Personen, die ein behindertes Kind, für das erhöhte Familienbeihilfe im Sinne des § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376, gewährt wird, unter überwiegender Beanspruchung ihrer Arbeitskraft in häuslicher Umgebung pflegen, solange sie während dieses Zeitraumes ihren Wohnsitz im Inland haben, längstens jedoch bis zur Vollendung des 40. Lebensjahres des Kindes, in der Pensionsversicherung selbstversichern.
Wie festgestellt, leben die Beschwerdeführerin und ihr am XXXX geborener Sohn im gemeinsamen Haushalt im Inland.
Der Sohn der Beschwerdeführerin hat, wie festgestellt und beweiswürdigend dargelegt, ab dem 01.01.2019 Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe im Sinne des § 8 Abs. 4 FLAG.
3.2.5. Unter Berücksichtigung des Alters des Sohnes der Beschwerdeführerin ist im verfahrensgegenständlichen Zeitraum § 18a Abs. 3 Z 2 ASVG – der im verfahrensgegenständlichen Zeitraum auch unverändert blieb – einschlägig.
Gemäß § 18a Abs. 3 ASVG wird eine überwiegende Beanspruchung der Arbeitskraft jedenfalls dann angenommen, wenn und solange das behinderte Kind während der Dauer der allgemeinen Schulpflicht wegen Schulunfähigkeit (§ 15 des Schulpflichtgesetzes 1985) entweder von der allgemeinen Schulpflicht befreit ist oder ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege bedarf.
Da eine Befreiung von der Schulpflicht unstrittig nicht vorliegt, ist für die Frage der überwiegenden Beanspruchung der Arbeitskraft der Beschwerdeführerin somit relevant, ob ihr Sohn im verfahrensrelevanten Zeitraum einer ständigen persönlichen Hilfe und besonderen Pflege bedurfte (vgl. zum Maßstab der „ständigen persönlichen Hilfe und besonderen Pflege“ auch jüngst VwGH vom 17.10.2023, Ra 2021/08/0142).
Es ist unter Zuhilfenahme medizinischer Sachverständiger zu klären, in welchen Belangen das Kind der persönlichen Hilfe und besonderen Pflege bedarf und ob bei Unterbleiben der Betreuung durch den pflegenden Elternteil das Kind im Verhältnis zu einem ähnlich behinderten Kind, dem diese Zuwendung zu Teil wurde, in seiner Entwicklung benachteiligt und gefährdet wäre (vgl. VwGH vom 16.11.2005, 2003/08/0261).
In seinem Erkenntnis vom 19.01.2017, Ro 2014/08/0084, betonte der Verwaltungsgerichtshof, dass die Legaldefinition des § 18a Abs. 3 ASVG – im Gegensatz zu § 18b ASVG – nicht (primär) auf eine zeitliche Inanspruchnahme durch die Pflege (Anzahl der Pflegestunden), sondern auf speziell für behinderte Kinder zugeschnittene andere Kriterien abstellt.
Inhaltlich versteht der Verwaltungsgerichtshof diese Bestimmung wohl so, dass das Kind aufgrund seiner Behinderung zwar nicht körperlich hinfällig ist, aber aus anderen Gründen (insbesondere auch aufgrund einer geistigen Behinderung) rund um die Uhr einer intensiven persönlichen Betreuung bedarf, ohne die es gänzlich außerstande wäre, seinen Tagesablauf zu bewältigen. Der Begriff „ständig“ kann wohl nur so verstanden werden, wonach ständiger Pflegebedarf vorliegt, wenn dieser täglich oder zumindest mehrmals wöchentlich regelmäßig gegeben ist (vgl. Pfeil in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 18a ASVG).
Aus den parlamentarischen Materialien (RV 321 BlgNR 25. GP; 417 BlgNR 25. GP) ergibt sich, dass es bei Erlassung des SVAG, BGBl. I Nr. 2/2015, die Absicht des Gesetzgebers war sicherzustellen, dass eine Erwerbstätigkeit der betreuenden Person einer Selbstversicherung für Zeiten der Betreuung eines behinderten Kindes (§ 18a ASVG) grundsätzlich nicht entgegensteht. Im Normtext wurde dies zum einen mittels Ersetzung des Erfordernisses der "gänzlichen" Beanspruchung der Arbeitskraft des/der Betreuenden durch eine Anknüpfung an die "überwiegende Beanspruchung" und zum anderen im Wege der Streichung des Ausschlusskriteriums nach § 18a Abs. 2 Z 1 ASVG zum Ausdruck gebracht. Dass zusätzlich auch beabsichtigt gewesen wäre, die in der gesetzlichen Umschreibung von Umfang und Art des objektiv bei einem Kind vorliegenden Betreuungsbedarfs zum Ausdruck kommende Abgrenzung des Kreises behinderter Kinder, für deren Betreuung die Selbstversicherung nach § 18a (Abs. 3) ASVG in Betracht kommen kann, in maßgeblicher Weise zu ändern bzw. auszuweiten, lassen diese Erläuterungen hingegen nicht erkennen. Aus dem Wortlaut des § 18a Abs. 3 ASVG folgt nichts Gegenteiliges. Wenngleich der Einleitungssatz dieses Absatzes die Aufzählung von Tatbeständen, bei deren Verwirklichung eine entsprechende (in der novellierten Fassung als "überwiegend" bezeichnete) Beanspruchung der Arbeitskraft vorliegt (Z 1 bis 3 des § 18a Abs. 3 ASVG), nunmehr mit dem Wort "jedenfalls" beginnt und die Aufzählung somit nicht mehr taxativ zu verstehen ist, ist weiterhin im Hinblick auf die objektive Betreuungsbedürftigkeit des betreuten Kindes von einem Betreuungsbedarf auszugehen, der dem Maßstab der "ständigen persönlichen Hilfe und besonderen Pflege" nach Umfang und Art jedenfalls gleichkommt (zur wertungsbestimmenden Funktion demonstrativ aufgezählter Merkmale für die Auslegung des von der Aufzählung begleiteten allgemeinen Begriffs vgl. zB VwGH 31.10.2000, 98/15/0140, mwN; 16.12.2004, 2004/11/0178). Dabei ist weiterhin zu ermitteln, ob eine entsprechende Betreuungstätigkeit erforderlich ist, die nicht notwendigerweise täglich, aber doch mehrmals in der Woche regelmäßige Pflegeleistungen erfordert (vgl. VwGH vom 17.10.2023, Ra 2021/08/0142).
3.2.6. Die Aufgabe des Gutachters ist darin zu sehen, der entscheidenden Behörde auf Grund besonderer Fachkenntnisse die Entscheidungsgrundlage im Rahmen des maßgebenden Sachverhaltes zu liefern. Die Mitwirkung bei der Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes durch den Sachverständigen besteht darin, dass er Tatsachen erhebt (Befund) und aus diesen Tatsachen auf Grund besonderer Fachkundigkeit Schlussfolgerungen zieht (Gutachten). Der Sachverständige hat somit Tatsachen klarzustellen und auf Grund seiner Sachkenntnisse deren allfällige Ursachen oder Wirkungen festzustellen; er muss aber immer im Bereich der Tatsachen bleiben und darf nicht Rechtsfragen lösen. Jedes Sachverständigengutachten unterliegt erst in weiterer Folge der freien Beweiswürdigung durch die Behörde bzw. durch das Verwaltungsgericht (vgl. VwGH vom 14.01.1993, 92/09/0201).
Festzuhalten ist daher, dass es sich bei der chefärztlichen Stellungnahme vom 27.12.2023 um kein Gutachten handelt.
Ein Sachverständigengutachten muss grundsätzlich einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden, wie etwa Zitierung entsprechender Fachliteratur o.ä. - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn.
Außerdem ist eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar (vgl. VwGH vom 27.02.2015, 2012/06/0063).
Daher ist bezüglich der chefärztlichen Stellungnahme vom 27.12.2023, in der resümiert wird, dass aufgrund des festgestellten Leidenszustandes eine Selbstversicherung nach § 18a ASVG wegen ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege des behinderten Kindes nicht gerechtfertigt sei und die Arbeitskraft des versorgenden Elternteils krankheitsbedingt nicht überwiegend in Anspruch genommen werde, anzumerken, dass es sich dabei um eine rechtliche Beurteilung handelt, die nicht in der Kompetenz des Chefarztes liegt.
3.2.7. Wenn das Erfordernis ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege bejaht wird (wie dies gegenständlich im Gutachten vom 22.12.2023 der Fall ist), bei Verwirklichung eines der Tatbestände des § 18a Abs. 3 ASVG, tritt die gesetzliche Vermutung, derzufolge die Arbeitskraft der Pflegeperson durch die Pflege auf jeden Fall gänzlich in Anspruch genommen ist und diese Beanspruchung daher von der Behörde nicht gesondert zu untersuchen ist, ein (vgl. VwGH vom 17.10.2023, Ra 2021/08/0142).
Da dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden kann, dass er mit der Novellierung durch das SVAG, BGBl. I Nr. 2/2015, von der Rechtslage abgehen wollte, wonach bei Erfüllung eines der Tatbestände der Ziffern 1 bis 3 des § 18a Abs. 3 ASVG die gesetzliche Vermutung einer "gänzlichen Beanspruchung" der Arbeitskraft eintritt (zumal eine solche Konsequenz auch den auf eine Weiterentwicklung des Rechtsinstituts nach § 18a ASVG abzielenden Motiven des Gesetzgebers zuwiderliefe), tritt in diesen Fällen - kraft Größenschlusses - jedenfalls auch hinsichtlich der nunmehr normierten "überwiegenden" Beanspruchung der Arbeitskraft eine derartige - das Erfordernis einer näheren Untersuchung beim Betreuenden anfallender Pflegeleistungen ausschließende - gesetzliche Vermutung ein. Voraussetzung ist jedoch auch für die Beurteilung anderer als der in den drei Ziffern des § 18a Abs. 3 ASVG ausdrücklich genannten Situationen, dass der sich aus der Behinderung des Kindes ergebende objektive Betreuungsbedarf des Kindes dem einer "ständigen persönlichen Hilfe und besonderen Pflege" nach Umfang und Art gleichkommt. Dabei kann die tatsächliche Inanspruchnahme der die Selbstversicherung beanspruchenden Person einbezogen werden (vgl. VwGH vom 17.10.2023, Ra 2021/08/0142).
3.2.8. Wie beweiswürdigend dargelegt, ergibt sich in einer Gesamtschau, dass die von der Beschwerdeführerin und den Angaben des zeugenschaftlich einvernommenen Rechtsvertreters beschriebenen Betreuungsmaßnahmen im Hinblick auf die besonderen Bedürfnisse ihres Sohnes als erforderlich anzusehen sind, um ihm eine altersgerechte körperliche und psychische Entwicklung zu ermöglichen.
Die Notwendigkeit der kontinuierlichen persönlichen Unterstützung und besonderen Fürsorge zeigt sich insbesondere – wie festgestellt und gewürdigt – in der Strukturierung eines altersangemessenen Tagesablaufs, sowie in der umfassenden Begleitung bei der Bewältigung des Alltags und des schulischen Umfelds.
Es ist daher im Sinne der obigen Feststellungen und beweiswürdigenden Ausführungen davon auszugehen, dass der Sohn der Beschwerdeführerin behinderungsbedingt ständige persönliche Hilfe und besondere Pflege benötigt und das Kind bei Unterbleiben dieser Pflegeleistungen im Verhältnis zu einem ähnlich behinderten, jedoch betreuten Kind benachteiligt oder gefährdet wäre.
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass ab dem 01.01.2019 ein Bedarf ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege im Sinne des § 18a Abs. 3 ASVG und eine überwiegende Beanspruchung der Arbeitskraft der Beschwerdeführerin im Sinne des § 18a Abs. 1 ASVG gegeben ist.
Die Voraussetzungen für die Selbstversicherung der Beschwerdeführerin in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege ihres behinderten Kindes gemäß § 18a ASVG iVm § 669 Abs. 3 ASVG liegen daher ab dem 01.01.2019 vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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