IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a RASCHHOFER über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Pakistan, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 15.02.2024, Zl.: VIS XXXX , zu Recht:
A) Der Beschwerde wird stattgegeben und der bekämpfte Bescheid wird aufgehoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
I.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Pakistans, stellte am 29.11.2023 bei der Österreichischen Botschaft Islamabad (im Folgenden: ÖB Islamabad) einen Antrag auf Ausstellung eines Schengen-Visums der Kategorie C für einen geplanten Aufenthalt von 01.02.2024 bis 25.03.2024. Als Hauptzweck der Reise führte er im Antragsformular den Besuch seines in Österreich lebenden Sohnes und seiner Schwiegertochter an. Anträge gleichen Inhaltes wurden von der Ehefrau sowie von der Tochter des Beschwerdeführers eingebracht.
Mit dem Antrag legte der Beschwerdeführer folgende Dokumente vor:
Flugbuchung Wien-Islamabad,
Bestätigung über den Abschluss einer Reisekrankenversicherung,
elektronische Verpflichtungserklärung (EVE) des Sohnes und der Schiegertochter des Beschwerdeführers (Einladende),
Personalausweise und Heiratsurkunde der Einladenden,
Reisepass, Personalausweis und Heiratsurkunde des Beschwerdeführers,
pakistanisches Dokument zum Beleg der Familienangehörigeneigenschaft;
I.2. Mit Mandatsbescheid vom 30.11.2023 verweigerte die ÖB Islamabad dem Beschwerdeführer das beantragte Visum. Begründend wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer den Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthaltes nicht nachgewiesen habe, die vorgelegten Informationen über den Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthaltes nicht glaubhaft gewesen seien und begründete Zweifel an dessen Absicht bestünden, vor Ablauf des Visums aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auszureisen.
Jener Bescheid wurde vom Beschwerdeführer laut einer im Verwaltungsakt einliegenden Übernahmebestätigung am 27.12.2023 persönlich übernommen.
I.3. Mit (in englischer Sprache verfasstem) Schreiben vom 03.01.2024, bei der ÖB Islamabad am folgenden Tag eingelangt, erhob der Beschwerdeführer ein Rechtsmittel (Vorstellung) gegen den Mandatsbescheid. Beiliegend übermittelt wurden u.a. Unterlagen zum Beleg der finanziellen Situation des Beschwerdeführers.
I.4. Mit Bescheid vom 15.02.2024 wies die ÖB Islamabad die Vorstellung zurück. Begründend wurde ausgeführt, dass die Vorstellung nicht innerhalb der gesetzlichen Frist erhoben worden sei.
Jener Bescheid wurde vom Beschwerdeführer am 29.02.2024 persönlich übernommen.
I.5. Gegen den Bescheid vom 15.02.2024 erhob der Beschwerdeführer am 06.03.2024 Beschwerde. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer am 04.01.2024 persönlich eine zulässige und rechtzeitige Beschwerde bei der ÖB Islamabad eingebracht habe.
Der Beschwerde beigelegt wurden nochmals die im Verfahren vorgelegten Unterlagen sowie eine deutsche Übersetzung des Rechtsmittels vom 03.01.2024.
I.6. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 21.10.2024 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
I.7. Mit Schreiben vom 24.10.2024 teilte das Bundesverwaltungsgericht der ÖB Islamabad mit, dass sich aus einer im Verwaltungsakt einliegenden Übernahmebestätigung ergeben habe, dass der mit 30.11.2023 datierte Mandatsbescheid vom Beschwerdeführer am 27.12.2023 übernommen worden sei. Es erging die Aufforderung, binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung der Verfügung bekanntzugeben, ob der Behörde Nachweise über ein davon abweichendes (früheres) Zustellungsdatum vorliegen.
Eine Rückmeldung der ÖB Islamabad unterblieb.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Der oben unter I. dargestellte und sich vollständig aus dem vorliegenden Verwaltungsakt erschließende Verfahrensgang wird festgestellt.
Das Datum der Zustellung des Mandatsbescheides vom 30.11.2023 ergibt sich aus der im Veraltungsakt einliegenden Übernahmebestätigung vom 27.12.2023 in Zusammenschau mit dem Umstand, dass seitens der belangten Behörde nach einem dahingehenden schriftlichen Vorhalt kein davon abweichendes Zustellungsdatum bekanntgegeben wurde.
Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Zur Stattgabe der – zulässigen – Beschwerde:
1.1. § 11 und § 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I 202/2022 lauten:
„Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
[...]
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.“
1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des europäischen Parlaments und des Rates (Visakodex) lauten:
„Artikel 1
Ziel und Geltungsbereich
(1) Mit dieser Verordnung werden die Verfahren und Voraussetzungen für die Erteilung von Visa für die Durchreise durch das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten oder für geplante Aufenthalte in diesem Gebiet von höchstens drei Monaten je Sechsmonatszeitraum festgelegt.
[...]
Artikel 21
Prüfung der Einreisevoraussetzungen und Risikobewertung
(1) Bei der Prüfung eines Antrags auf ein einheitliches Visum ist festzustellen, ob der Antragsteller die Einreisevoraussetzungen nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a, c, d und e des Schengener Grenzkodexes erfüllt, und ist insbesondere zu beurteilen, ob bei ihm das Risiko der rechtswidrigen Einwanderung besteht, ob er eine Gefahr für die Sicherheit der Mitgliedstaaten darstellt und ob er beabsichtigt, vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des beantragten Visums das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu verlassen.
(2) Zu jedem Antrag wird das VIS gemäß Artikel 8 Absatz 2 und Artikel 15 der VIS-Verordnung abgefragt. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle Suchkriterien gemäß Artikel 15 der VIS-Verordnung voll und ganz verwendet werden, um falsche Ablehnungen und Identifizierungen zu vermeiden.
(3) Bei der Kontrolle, ob der Antragsteller die Einreisevoraussetzungen erfüllt, prüft das Konsulat,
a) dass das vorgelegte Reisedokument nicht falsch, verfälscht oder gefälscht ist;
b) ob die Angaben des Antragstellers zum Zweck und zu den Bedingungen des beabsichtigten Aufenthalts begründet sind und ob er über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunfts- oder Wohnsitzstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt oder in der Lage ist, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben;
c) ob der Antragsteller im Schengener Informationssystem (SIS) zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist;
d) ob der Antragsteller keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit oder die öffentliche Gesundheit im Sinne von Artikel 2 Nummer 19 des Schengener Grenzkodexes oder für die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellt und ob er insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden ist;
e) ob der Antragsteller, soweit erforderlich, im Besitz einer angemessenen und gültigen Reisekrankenversicherung ist.
(4) Das Konsulat prüft gegebenenfalls anhand der Dauer früherer und geplanter Aufenthalte, ob der Antragsteller die zulässige Gesamtaufenthaltsdauer im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht überschritten hat, ungeachtet etwaiger rechtmäßiger Aufenthalte aufgrund eines nationalen Visums für den längerfristigen Aufenthalt oder eines von einem anderen Mitgliedstaat erteilten Aufenthaltstitels.
(5) Die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts während des geplanten Aufenthalts werden nach der Dauer und dem Zweck des Aufenthalts und unter Zugrundelegung der Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung in dem/den betreffenden Mitgliedstaat(en) nach Maßgabe eines mittleren Preisniveaus für preisgünstige Unterkünfte bewertet, die um die Zahl der Aufenthaltstage multipliziert werden; hierzu werden die von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 34 Absatz 1 Buchstabe c des Schengener Grenzkodexes festgesetzten Richtbeträge herangezogen. Der Nachweis einer Kostenübernahme und/oder einer privaten Unterkunft kann ebenfalls das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts belegen.
(6) […]
(7) Die Prüfung eines Antrags stützt sich insbesondere auf die Echtheit und Vertrauenswürdigkeit der vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen und den Wahrheitsgehalt und die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen.
(8) Im Verlauf der Prüfung eines Antrags kann das Konsulat den Antragsteller in begründeten Fällen zu einem Gespräch bestellen und zusätzliche Unterlagen anfordern.
(9) Die Ablehnung eines früheren Visumantrags bewirkt nicht automatisch die Ablehnung eines neuen Antrags. Der neue Antrag wird auf der Grundlage aller verfügbaren Informationen beurteilt.
Artikel 32
Visumverweigerung
(1) Unbeschadet des Artikels 25 Absatz 1 wird das Visum verweigert,
a) wenn der Antragsteller:
i) ein Reisedokument vorlegt, das falsch, verfälscht oder gefälscht ist;
ii) den Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthalts nicht begründet;
iii) nicht den Nachweis erbringt, dass er über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des geplanten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunfts- oder Wohnsitzstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt, bzw. nicht in der Lage ist, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben;
iv) sich im laufenden Sechsmonatszeitraum bereits drei Monate im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auf der Grundlage eines einheitlichen Visums oder eines Visums mit räumlich beschränkter Gültigkeit aufgehalten hat;
v) im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist;
vi) als eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit oder die öffentliche Gesundheit im Sinne von Artikel 2 Absatz 19 des Schengener Grenzkodexes oder für die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats eingestuft wird, insbesondere wenn er in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden ist; oder
vii) nicht nachweist, dass er, soweit erforderlich, über eine angemessene und gültige Reisekrankenversicherung verfügt;
oder
b) wenn begründete Zweifel an der Echtheit der von dem Antragsteller vorgelegten Belege oder am Wahrheitsgehalt ihres Inhalts, an der Glaubwürdigkeit seiner Aussagen oder der von ihm bekundeten Absicht bestehen, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen.
(2) Eine Entscheidung über die Verweigerung und die entsprechende Begründung werden dem Antragstellter unter Verwendung des Standardformulars in Anhang VI mitgeteilt.
(3) Antragstellern, deren Visumantrag abgelehnt wurde, steht ein Rechtsmittel zu. Die Rechtsmittel sind gegen den Mitgliedstaat, der endgültig über den Visumantrag entschieden hat, und in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht dieses Mitgliedstaats zu führen. Die Mitgliedstaaten informieren die Antragsteller über das im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels zu befolgende Verfahren nach Anhang VI.
(4) In dem in Artikel 8 Absatz 2 aufgeführten Fall unterrichtet das Konsulat des vertretenden Mitgliedstaats den Antragsteller über die vom vertretenen Mitgliedstaat getroffene Entscheidung.
(5) Gemäß Artikel 12 der VIS-Verordnung sind die Daten zu verweigerten Visa in das VIS einzugeben.
[...]“
1.3. Die maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) idF BGBl. 51/1991 lauten:
„§ 57. (1) Wenn es sich um die Vorschreibung von Geldleistungen nach einem gesetzlich, statutarisch oder tarifmäßig feststehenden Maßstab oder bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, ist die Behörde berechtigt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen.
(2) Gegen einen nach Abs. 1 erlassenen Bescheid kann bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist.
(3) Die Behörde hat binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung das Ermittlungsverfahren einzuleiten, widrigenfalls der angefochtene Bescheid von Gesetzes wegen außer Kraft tritt. Auf Verlangen der Partei ist das Außerkrafttreten des Bescheides schriftlich zu bestätigen.“
1.4. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Wahrnehmung konsularischer Aufgaben (Konsulargesetz – KonsG) idF BGBl. I 40/2019 lauten:
„Anwendbarkeit des AVG
§ 10. (1) Im behördlichen Verfahren der Vertretungsbehörden bei der Wahrnehmung konsularischer Aufgaben kommt das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991, mit Ausnahme der §§ 19 bis 20, 22, 44a bis 44g, 63 bis 67 und 74 bis 79 zur Anwendung, sofern
1. zunächst unmittelbar anwendbare Rechtsvorschriften der Europäischen Union,
2. andere Bundesgesetze und
3. zuletzt dieses Bundesgesetz
nichts anderes vorsehen.
(2) […]
[…]
Mandatsbescheide (zu § 57 AVG)
§ 18. Die Vertretungsbehörden sind auch im Verfahren zur Erteilung von Einreisetiteln berechtigt, einen Bescheid ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen.
Zustellungen
§ 19. Zustellungen sind nach dem Zustellgesetz – ZustG, BGBl. Nr. 200/1982, insbesondere nach dessen § 11 Abs. 1 vorzunehmen. Falls eine Zustellung nach dem ZustG nicht möglich ist, kann sie auch durch Übergabe des Dokuments in der Vertretungsbehörde oder, falls auch dies nicht möglich ist, nach vorherigem Versuch, den Empfänger zu verständigen, durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorgenommen werden. Der Versuch kann unterbleiben, wenn der Empfänger der Vertretungsbehörde keine zustellfähige Abgabestelle, keine elektronische Adresse oder keine funktionierende Telefonnummer bekanntgegeben hat.“
2. Die ÖB Islamabad verweigerte das vom Beschwerdeführer beantragte Visum – gemäß § 18 KonsG zulässigerweise in Form eines Mandatsbescheides gemäß § 57 AVG – mit Entscheidung vom 30.11.2023.
Die Zustellung dieses Bescheides erfolgte gemäß § 11 Abs. 3 FPG ordnungsgemäß durch persönliche Übergabe an den Beschwerdeführer am 27.12.2023. Der Mandatsbescheid vom 30.11.2023 wurde daher am 27.12.2023 rechtswirksam erlassen.
Gegen einen nach § 57 Abs. 1 AVG erlassenen (Mandats-)Bescheid kann bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden (§ 57 Abs. 2 AVG).
Am 04.01.2024 langte bei der ÖB Islamabad ein durch den Beschwerdeführer verfasstes englischsprachiges Schreiben ein, in dem er anführte, ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung vom 30.11.2023 einlegen zu wollen. Die ÖB Islamabad wertete dieses Schreiben als Vorstellung und wies diese mit Bescheid vom 15.02.2024 zurück. Dies begründete sie damit, dass die Vorstellung nicht fristgerecht eingebracht wurde. Eine nähere Begründung für die angenommene Verspätung ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen.
Gegen diesen, vom Beschwerdeführer am 29.02.2024 persönlich übernommen, Bescheid wurde am 06.03.2024 fristgerecht Beschwerde eingebracht.
Mit Schreiben vom 24.10.2024 hielt das Bundesverwaltungsgericht der ÖB Islamabad vor, dass sich aus dem Akt als Datum der Zustellung des Mandatsbescheides der 27.12.2023 ergebe und forderte sie auf, allenfalls vorliegende Informationen über ein früheres Zustellungsdatum bekanntzugeben. Jenes Schreiben blieb unbeantwortet, sodass davon auszugehen war, dass der Mandatsbescheid am im Verwaltungsakt dokumentierten Datum der persönlichen Übernahme erlassen wurde.
Ausgehend von der Zustellung des Mandatsbescheides am 27.12.2023 wurde die am 04.01.2024 bei der ÖB Islamabad eingebrachte Vorstellung innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist des § 57 Abs. 2 AVG und somit fristgerecht eingebracht.
Da die ÖB Islamabad die Vorstellung mit Bescheid vom 15.02.2024 demnach – im Übrigen ohne vorangegangenen Verspätungsvorhalt (vgl. dazu VwGH 13.10.2015, Ra 2015/03/0057) – zu Unrecht zurückgewiesen hat, ist der Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet.
3. Ergebnis:
Hat die belangte Behörde in erster Instanz einen Antrag (hier: Vorstellung) zurückgewiesen, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung. Das Verwaltungsgericht ist in einem solchen Fall ausschließlich befugt, darüber zu entscheiden, ob die von der belangten Behörde ausgesprochene Zurückweisung als rechtmäßig anzusehen ist. Dies allein bildet den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens (VwGH 23.06.2015, Ra 2015/22/0040). Gelangt dabei das Verwaltungsgericht zum Ergebnis, dass die von der belangten Behörde ausgesprochene Zurückweisung inhaltlich rechtswidrig ist, so hat es den betreffenden Bescheid (ersatzlos) zu beheben. Auf diese Weise wird der Weg für die (erstmalige) Entscheidung der belangten Behörde in der Hauptsache frei gemacht (VwGH 04.11.2024, Ro 2022/12/0011; 29.03.2023, Ra 2022/01/0297; 12.10.2015, Ra 2015/22/0115).
Da die belangte Behörde die Vorstellung zurückgewiesen hat, ist „Sache“ des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber die Beurteilung, ob das Visum zu Recht verweigert wurde. Wie aufgezeigt, erweist sich die Zurückweisung der Vorstellung als verspätet im vorliegenden Fall angesichts der innerhalb der Frist des § 57 Abs. 2 AVG eingebrachten Vorstellung als rechtswidrig.
Der Beschwerde war daher stattzugeben und der angefochtene, die Vorstellung zurückweisende, Bescheid aufzuheben.
Vor der Erlassung einer inhaltlichen Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers wird die Behörde dem Beschwerdeführer, sofern die Entscheidung seinem Standpunkt nicht vollinhaltlich Rechnung tragen sollte, Gelegenheit zur Abgabe einer abschließenden Stellungnahme zu allen entscheidungsrelevanten Fragen einzuräumen haben, dies unter der Prämisse, dass die vorgehaltenen Bedenken auch für den Beschwerdeführer näher ausgeführt und inhaltlich ausreichend nachvollziehbar begründet werden.
4. Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war das Beschwerdeverfahren ohne mündliche Verhandlung durchzuführen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei der rechtlichen Beurteilung auf die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs stützen.
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