IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a RETTENHABER-LAGLER als Vorsitzende und die Richterin Maga Karin GASTINGER, MAS sowie die fachkundige Laienrichterin Dr.in Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch XXXX , gegen den gemäß § 45 Abs. 2 in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses ergangenen Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 24.04.2025, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses liegen auf Grund des festgestellten Grades der Behinderung in Höhe von 60 (sechzig) von Hundert (v.H.) vor.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die minderjährige Beschwerdeführerin, gesetzlich vertreten durch ihre Mutter, stellte am 07.02.2025 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice (in der Folge „belangte Behörde“ genannt) und legte ein Konvolut an ärztlichen Befunden vor.
2. Die belangte Behörde holte in weiterer Folge ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin ein. In dem aufgrund der Aktenlage erstellten Sachverständigengutachten vom 02.03.2025 (vidiert am 03.03.2025) stellte die medizinische Sachverständige fest, dass bei der Beschwerdeführerin die Funktionseinschränkung „kombinierte umschriebene Entwicklungsstörung in allen Bereichen (kognitiv, feinmotorisch, grobmotorisch, sprachlich, sozial-emotional), V.a. frühkindlichen Autismus, Position 03.02.02 der Anlage der Einschätzungsverordnung (EVO), Grad der Behinderung (GdB) 50 %,“ mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. vorliegen würden.
3. Die belangte Behörde übermittelte das genannte Gutachten der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 17.03.2025 im Rahmen des Parteiengehörs und räumt ihr die Möglichkeit ein, hierzu innerhalb einer Frist von zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben.
4. Mit Schreiben vom 23.04.2025 wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass laut Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens ein Grad der Behinderung von 50 % festgestellt worden sei. Die Voraussetzungen für folgende Zusatzeintragung würden vorliegen: „Der Inhaber/die Inhaberin kann die Fahrpreisermäßigung nach dem Bundesbehindertengesetz in Anspruch nehmen.“ Der befristete Behindertenpass im Scheckkartenformat werde in den nächsten Tagen übermittelt.
5. Mit Begleitschreiben vom 24.04.2025 wurde der Beschwerdeführerin der befristete Behindertenpass mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 50 v.H. in Scheckkartenformat übermittelt.
6. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin durch ihre gesetzliche Vertreterin fristgerecht Beschwerde und führte zusammengefasst aus, dass die Beschwerdeführerin an frühkindlichem Autismus leide, ausgeprägter Hyperaktivität sowie Selbst- und Fremdaggressionen. Zusätzlich bestehe eine umschriebene Entwicklungsstörung sowie erhebliche Einschränkungen in der Alltagsbewältigung. Aufgrund dieser Erkrankungen benötige die Beschwerdeführerin eine deutlich intensivere Betreuung und Unterstützung als im Bescheid berücksichtigt worden sei. Sie ersuche daher um erneue Begutachtung durch einen unabhängigen Facharzt. Der Beschwerde angeschlossen war ein ärztlicher Befundbericht vom 20.05.2025 sowie der Pflegegeldbescheid vom 26.03.2025, wonach der Beschwerdeführerin Pflegegeld der Stufe 3 zuerkannt wurde.
7. Die belangte Behörde leitete in der Folge ein Beschwerdevorentscheidungsverfahren ein und holte in weiterer Folge ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde ein. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 18.07.2025 erstatteten Gutachten vom 21.07.2025 (vidiert am 23.07.2025) stellte die medizinische Sachverständige bei der Beschwerdeführerin die Funktionseinschränkung „frühkindlicher Autismus, Position 03.02.02 der Anlage der EVO, GdB 60 %“ und einen Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H. fest. Im Vergleich zum Vorgutachten führte die Sachverständige aus, dass die Hinaufstufung um eine Rahmenstufe aufgrund neu eingelangter Befunde und Verschlechterung des Krankheitsverlaufes erfolgt sei. Eine Nachuntersuchung sei 07/2028 indiziert, analog zum FLAG und zur Evaluierung des Krankheitsverlaufes.
8. Die belangte Behörde übermittelte das genannte Gutachten der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 25.07.2025 im Rahmen des Parteiengehörs und räumt ihr die Möglichkeit ein, hierzu innerhalb einer Frist von zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben.
9. Mit E-Mail vom 18.08.2025 bestätigte die Beschwerdeführerin durch ihre gesetzliche Vertreterin den Erhalt des Sachverständigengutachtens und ersuchte um Aktualisierung bzw. Änderung des Behindertenpasses.
10. Die belangte Behörde legte den Aktenvorgang dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 12.09.2025 vor, wo dieser am 15.09.2025 einlangte. Ergänzend hielt die belangte Behörde fest, dass die Beschwerdevorentscheidung nicht innerhalb der vorgesehenen 12 Wochen abgeschlossen werden konnte.
11. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 15.09.20255 eine Abfrage im Zentralen Melderegister durch, wonach die Beschwerdeführerin syrische Staatsbürgerin ist, und ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hat.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses langte am 07.02.2025 bei der belangten Behörde ein.
Die Beschwerdeführerin erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz im Inland.
Ausmaß der Funktionseinschränkungen:
Anamnese:
Entsprechend dem VGA BBG Anerkennung 50% bei kombinierte umschriebenen Entwicklungsstörung in allen Bereichen (kognitiv, feinmotorisch, grobmotorisch, sprachlich, sozial-emotional)
V.a. frühkindlichen Autismus, keine ZE
Aufgrund einer Beschwerde erfolgt eine neuerliches BBG Gutachten mit Untersuchung gemeinsam mit einem aktengemäßen FLAG Gutachten. XXXX leidet an frühkindlichen Autismus. Sie ist nonverbal, zeigt keinerlei Interaktion bei fehlendem Blickkontakt und auffällig unruhigem Verhalten. Die Diagnose wurde zwischenzeitlich mittels psychologischer Diagnostik (Mag. XXXX ) im Mai 2025 bestätigt.
Derzeitige Beschwerden:
Schlafstörungen, Selbst- und Fremdaggressives Verhalten, Kotschmieren, orale Exploration, distanzlos, nonverbal, kein funktionales Spielen, selektives Essverhalten, lärmempfindlich, motorisch unruhig, ständiges Schreien
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel: Melatonin
Ergotherapie/Logopädie
Sozialanamnese:
alleinerziehend mit 3 Kinder
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
10/2024: VGA FLAG Dr. XXXX Anerkennung 30% GdB bei Sprachentwicklungsstörung,
Verdacht tiefgreifende Entwicklungsstörung
2 Stufen über dem unteren Rahmensatz, da Therapiebedarf Anerkennung eines GdB von 30 %, für eine offensichtlich bestehende Sprachentwicklungsstörung,
eine Autismus Spektrum Störung kann ohne adäquate Diagnostik nicht anerkannt werden Rückwirkende Anerkennung anhand der vorliegenden Befunde ab 06/2023
03/2025: VGA BBG Dr. XXXX Anerkennung 50% GdB bei kombinierte umschriebenen Entwicklungsstörung in allen Bereichen (kognitiv, feinmotorisch, grobmotorisch, sprachlich, sozial-emotional), V.a. frühkindlichen Autismus
unterer Rahmensatz, da durch adäquate Fördermaßnahmen eine gute Entwicklung zu erzielen ist 12/2024 Praxis XXXX , klinisch psychologische Diagnostik vom 03.12.2324 0 Überweisungsdiagnose; „V.a. Autismusspektrumstörung".
Zusammenfassend besteht bei XXXX der deutliche Verdacht auf eine tiefgreifende Entwicklungsstörung im Bereich eines frühkindlichen Autismus. Eine gesicherte Diagnose konnte aufgrund des fehelenden ADOS-2 nicht gestellt werden.Die Abklärung der kognitiven Fähigkeiten sowie der Entwicklungsfähigkeiten ist aufgrund der stark im Vordergrund stehenden Verhaltensauffälligkeiten und Verweigerungstendenzen nicht möglich. Nach dem klinischen Eindruck ist jedoch von einer kombinierten umschriebenen Entwicklungsstörung in allen Bereichen (kognitiv, feinmotorisch, grobmotorisch, sprachlich, sozial-emotional) auszugehen
Diagnose V.a. frühkindlichen Autismus
12/2024: Dr XXXX , Fa fü Kinder und Jugendheilkunde vom 10.12.2024
Diagnose: Frühkindl Autismus, Vd.a. kombinierte umschriebenen Entwicklungsstörung. Deutliche und übergreifende soziale Beeinträchtigung in den meisten Bereichen
Die Kinderpsychologische Diagnostik bei Mg XXXX erfolgte am 03.12.2024.
Das die Ergebnisse für mich unklar waren, nahm ich telefonisch Kontakt mit dem Psychologen auf. Das Verhalten des Kindes, sowie die ADI-Tests deuten deutlich auch eine autistische Symptomatik hin. Allerdings kann die Mitter zum zweiten Termin zu spät, wodurch der ADOS Test nicht vollständig durchgeführt werden konnte. Daher wurde die Diagnose vorerst nur als Verdacht formuliert 05/2025: ZASPEZentrum für Autismus Mag. XXXX Klinische Psychologin, Gesundheitspsychologin, klinisch psychologischer Befundbericht F84.0 Frühkindlicher Autismus (6A02.5 Autismus-Spektrum Störung mit Störung der intellektuellen Entwicklung und Fehlen funktionaler Sprache)
05/2025 Pflegestufe 3 PVA
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
Gut
Ernährungszustand:
gut
Größe: 108,00 cm Gewicht: 22,00 kg Blutdruck:
Klinischer Status - Fachstatus:
kariöser Zahnstatus, weitere Untersuchung nicht möglich
Gesamtmobilität - Gangbild:
sehr unruhiges Springen und Laufen
Status Psychicus:
läuft umher, macht Türen auf und läuft weg; schreit ununterbrochen, nonverbal, ein Kuscheltier wird so platziert im Raum und darf nicht wegbewegt werden; springt ganze Zeit, Bruder hält sie, greift alles an, exploriert alles oral, irrt und springt ruhelos umher, kein Blickkontakt, keine Mimik, freundlicher Ausdruck, kaum veränderbar, keine Kommunikation, keine Interaktion.
Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
- frühkindlicher Autismus
Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 60 v. H.
Nachuntersuchung 07/28 analog zum FLAG und Evaluierung des Krankheitsverlaufes
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellung zur Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basieren auf dem Akteninhalt.
Die Feststellungen zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland ergibt sich aus der seitens des Bundesverwaltungsgericht am 15.09.2025 durchgeführten Abfrage aus dem Zentralen Melderegister, aus der sich ein Hauptwohnsitz im österreichischen Bundesgebiet ergibt; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen dieser Voraussetzung aus.
Der Gesamtgrad der Behinderung gründet sich auf das von der belangten Behörde im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung eingeholte Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde vom 21.07.2025 (vidiert am 23.07.2025), basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 18.07.2025.
Darin wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die medizinische Gutachterin setzt sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den vorgelegten Befunden, dem Beschwerdevorbringen sowie mit der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussungen und dem Zusammenwirken der zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen auseinander. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befunden, entsprechen auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen; die Gesundheitsschädigungen sind nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.
Im Unterschied zu dem seitens der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 03.03.2025 stufte die Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde in dem Sachverständigengutachten vom 23.07.2025 das Leiden 1 eine Stufe unter dem oberen Rahmensatz der Position 03.02.02 der Anlage der EVO mit einem GdB von 60 % ein, da eine therapiebedürftige Verhaltensstörung in allen Bereichen vorliegt. Im Vergleich zum Vorgutachten führte sie aus, dass die Hinaufstufung um eine Rahmenstufe aufgrund neu eingelangter Befunde und Verschlechterung des Krankheitsverlaufes erfolgt ist.
Nachdem eine Evaluierung des Krankheitsverlaufes notwendig ist, war festzustellen, dass analog zum FLAG am 07/2028 eine Nachuntersuchung vorzusehen sein wird.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 21.07.2025 (vidiert am 23.07.2025), basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 18.07.2025.
Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
1. Zur Entscheidung in der Sache
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:
„§ 40 (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
…
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41 (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.
…
§ 42 (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
…
§ 45 (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.“
Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung, BGBl. II. Nr. 261/2010 idgF BGBl II. Nr. 251/2012) lauten auszugsweise wie folgt:
"Behinderung
§ 1 Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Grad der Behinderung
§ 2 (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.
(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.
(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.
Gesamtgrad der Behinderung
§ 3 (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht. Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.
(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn
- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.
(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.
Grundlage der Einschätzung
§ 4 (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.
(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.
...“
Zunächst ist rechtlich festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war, was im Verfahren auch unbestritten geblieben ist.
Wie oben unter Punkt 2. (Beweiswürdigung) ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde vom 21.07.2025 (vidiert am 23.07.2025), beruhend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 18.07.2025 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin aktuell 60 v.H. beträgt. Keine der Parteien bestritt dieses Sachverständigengutachten.
Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses bei der Beschwerdeführerin somit erfüllt. Aufgrund der Notwendigkeit der Evaluierung des Krankheitsverlaufes wurde anlag zum FALG eine Nachuntersuchung 07/2028 normiert, weswegen der Behindertenpass befristet auszustellen sein wird.
Der Beschwerde war daher spruchgemäß stattzugeben.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde und insbesondere auf das von der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten, das auf einer persönlichen Untersuchung beruht, und auf alle Einwände und vorgelegten Atteste der Beschwerdeführerin in fachlicher Hinsicht eingeht. Keine der Parteien gab zu diesem Gutachten eine Stellungnahme ab. Der Beschwerde war aufgrund dieses Gutachtens Folge zu geben. Beide Parteien haben keinen Verhandlungsantrag gestellt. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
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