IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Alexander NIEDERWIMMER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Dr. Markus STEININGER und den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid (Behindertenpass) des Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX , vom 05.12.2024, OB: XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm § 1 Abs. 2, § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1, § 42 Abs. 1 und 2, § 43 Abs. 1, § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
16.07.2024 - Anträge von XXXX (in der Folge beschwerdeführende Partei bzw. „bP“ genannt) auf Ausstellung eines Behindertenpasses, Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass und Ausstellung eines Parkausweises gem § 29b StVO beim Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX (in Folge belangte Behörde bzw. „bB“ genannt)
30.09.2024 – Erstellung eines allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens, GdB 50 v.H., Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel
01.10.2024 – Parteiengehör
16.10.2024 - Stellungnahme der bP, Befundvorlage
07.10.2024 – Erstellung eines allgemeinmedizinischen Aktengutachten, GdB 50 v.H., Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel
14.10.2024 – Parteiengehör
24.10.2024 - Stellungnahme der bP
03.12.2024 - Bescheid der bB: Abweisung des Antrages der bP auf Vornahme der Zusatzeintragung
05.12.2024 – Übermittlung des Behindertenpasses
27.01.2025 (einlangend) - Beschwerde der bP
31.01.2025 - Beschwerdevorlage am BVwG
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.0. Sachverhalt:
Aufgrund der Anträge der bP vom 16.07.2024 wurde im Auftrag der bB am 30.09.2024 ein Sachverständigengutachten sowie, nach ergangener Stellungnahme der bP, am 07.10.2024 ein Aktengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin erstellt und übereinstimmend ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. sowie die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgestellt.
Das Sachverständigengutachten aufgrund der Aktenlage vom 07.10.2024 weist nachfolgenden relevanten Inhalt auf:
„Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Vorgutachten 23 9. 2024 – GdB 50 %
(IDDM 40, Aortenklappen Ersatz mit Bypass 30, Hypertonie 20, Wirbelsäule 20, Zustand nach Hoden Carzinom links 10, Tinnitus 10)
Medikamentenliste Hausarzt
09/2024 HNO: mittelgradige Hochtonschwerhörigkeit beidseits, Tinnitus beidseits seit über 30 Jahren
2022 HNO Audiometrie
Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:
Liste Hausarzt: Pregabalin, Amlodipin/Valsartan, Ebrantil, Thrombo Ass, Furon, Dioscomb, Foster, Amlodinova, Atorvastatin, Lantus, Nebido, bei Bedarf Parkemed, Novorapid, Halcion
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
1 Insulinpflichtiger Diabetes
seit 1995 DM II, sofort Insulin, aktuell HbA1c 5,5 %, gute Einstellung mit Basis/Bolussystem
Pos.Nr. 09.02.02 GdB 40%
2 Herzklappenstenosen, Aortenklappenstenose - erfolgreich operiertes Vitium
04/2021 biologischer Aortenklappen Ersatz und einfach Bypass; aktuell ausreichend gute Funktion, normale Herzleistung, etwas weniger belastbar angegeben
Pos.Nr. 05.06.04 GdB 30%
3 Hypertonie
Kombinationstherapie notwendig
Pos.Nr. 05.01.02 GdB 20%
4 Abnützungen Wirbelsäule
laut Facharztbefund höhergradige Osteochondrose L5/S1, Zustand nach CT Infiltrationen; wiederholt Schmerzen lumbal, nur geringe Funktionseinschränkungen
Pos.Nr. 02.01.01 GdB 20%
5 Hörorgan, Ohrgeräusche (Tinnitus)
Laut Facharzt Tinnitus beidseits über 30 Jahre
Pos.Nr. 12.02.02 GdB 20%
6 Zustand nach Hodenkarzinom links
2007 Hoden Carzinom links – linker Hoden entfernt, Chemotherapie, bisher kein Rezidiv
Pos.Nr. 08.02.03 GdB 10%
7 Hörorgan, Einschränkungen des Hörvermögens
laut vorliegender Audiometrie von 2022 Hörminderung rechts 21 %, links 24 %
Pos.Nr. 12.02.01 GdB 10%
Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Das führende Leiden Nummer 1 mit 40 % wird bei Verschlechterung des Gesamtzustandes durch das Leiden Nummer 2 um eine Stufe gesteigert.
Bei geringem Krankheitswert / fehlendem funktionellen Zusammenhang keine Steigerung durch die übrigen Leiden.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Allergie, erhöhtes Cholesterin
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
höhere Einschätzung Tinnitus nach Vorlage Facharztbefund
ergänzt: Hörminderung
Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:
Unverändert 50 %
[X] Dauerzustand
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Es konnte keine Funktionseinschränkung festgestellt werden, die zu einer erheblichen hochgradigen Einschränkung der Mobilität führt. Zustand nach biologischem Aortenklappen Ersatz 2021 mit einfach Bypass; Gang sicher, ohne Gehhilfe, keine Gleichgewichtsstörung oder Schwindel, keine wesentlichen Herzbeschwerden, keine wesentlichen höhergradigen Luftbeschwerden - 300 - 400 m Gehstrecke sind möglich, Stufensteigen, Anhalten an Haltegriffen und der sichere Transport im öffentlichen Verkehrsmittel sind möglich.
Folgende Gesundheitsschädigungen im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung
liegen vor, wegen:
[X] Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie, Aids, Phenylketonurie oder eine vergleichbare schwere Stoffwechselerkrankung nach Pos. 09.03.
GdB: 40 v.H.
[X] Erkrankungen des Verdauungssystems, Hypertonie (Pos.05.01) und Herzerkrankungen nach Pos. 05.02. sowie 05.05. bis 05.07.
GdB: 30 v.H.
Begründung:
IDDM
Herzklappenersatz“
Der bP wurde das Gutachten zur Kenntnis- und Stellungnahme übermittelt. Die bP gab eine Stellungnahme (im Wesentlichen mit der 1. Stellungnahme inhaltsgleich) ab.
Mit Bescheid der bB vom 03.12.2024 wurde der Antrag der bP auf Vornahme der Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel abgewiesen.
Mit Schreiben der bB vom 05.12.2024 wurde der unbefristet gültige Behindertenpass mit einem GdB von 50% und den Zusatzeintragungen „D1“ und „D3“ übermittelt.
Gegen den Grad der Behinderung und gegen den die Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel abweisenden Bescheid erhob die bP mit Schreiben vom 26.01.2025, bei der bB am 27.01.2025 einlangend, Beschwerde und führte aus, dass aus dem angeführten Schreiben vom 5.12.2024 nicht hervorgehe, dass es sich dabei um einen Bescheid im Sinne einer behördlichen Anordnung handle. Die bP hätte keine Nachricht oder Entscheidung erhalten, worin über ihren Antrag und die eingebrachten Stellungnahmen entschieden worden sei. Aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen bestehe bei richtiger medizinischer und rechtlicher Beurteilung ein Grad der Behinderung von zumindest 70% und sei die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ zuzuerkennen. Die im Rahmen des Parteiengehörs übermittelten Gutachtensergebnisse seien unzutreffend. Die Gutachten seien allesamt nach der Einschätzungsverordnung (EVO 2010) erstellt, obwohl sie nach der Richtsatzverordnung zu erstellen gewesen wären. Zudem seien zahlreiche Befunde und krankheitsrelevante Umstände nicht bzw. nicht zutreffend berücksichtigt worden. Sie habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Gutachtensergebnisse aus rechtlichen Gründen, konkret aufgrund unrichtiger Anwendung der Einschätzungsverordnung, unrichtig seien. Sie habe bereits im Vorgutachten aus dem Jahr 1997 - also bereits vor dem 1.9.2010 (Inkrafttreten der Einschätzungsverordnung 2010) - als dem Kreis der begünstigten Behinderten zugehörig, einen rechtskräftig festgestellten Grad der Behinderung von 60% gehabt, welcher sich mit Bescheid des Bundessozialamts vom 22. März 2011 auf 70% erhöht habe. Deshalb seien für die Einschätzung des Grades ihrer Behinderung die Vorschriften der Richtsatzverordnung (RVO 1965) maßgeblich und anzuwenden. Im Gutachten seien zudem nicht sämtliche Beschwerden und Krankheitszustände, an denen sie leide, erfasst, insbesondere fehle ihr Asthmaleiden. Die Krankheiten und die damit verbundenen Einschränkungen hätten sich in den letzten Jahren verschlechtert und keinesfalls verbessert, sodass ein geringerer Gesamtgrad der Behinderung nicht zutreffend und auch nicht nachvollziehbar sei. Ihrem Antrag, eine neuerliche Beurteilung ihrer gesundheitlichen Einschränkungen auf Basis der Richtsatzverordnung durchzuführen und das Gutachten in diesem Sinne auf der korrekten rechtlichen Grundlage der Richtsatzverordnung neu zu erstellen, sei nicht entsprochen und sei darüber, sowie über den Antrag auf Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ und damit im Zusammenhang auf Einholung eines Sachverständigengutachtens Orthopädie nicht entschieden. Sie leide unter dauernden und anhaltenden Schmerzen, insbesondere Bewegungsschmerzen, die es ihr im Zusammenhang mit der Asthmaerkrankung unmöglich machen würden, längere Strecken in einer zumutbaren Zeitdauer zu Fuß zu gehen, das Zurücklegen der Wegstrecke von rund 300m bis zur nächstgelegenen Straßenbahnhaltestelle sei ihr deshalb unmöglich. Zudem habe sie immer wieder Gleichgewichtsstörungen beim Gehen etc. Sie sei deshalb im Alltag auf ein Auto unbedingt angewiesen, zumal ihr längere Wegstrecken von mehreren 100 Metern unzumutbare Beschwerden verursachen bzw. sie diese nicht zurücklegen könne. Da ihr möglicherweise nicht sämtliche aktuellen Befunde vorlagen bzw. vorliegen würden, habe sie beantragt und ausdrücklich zugestimmt, sämtliche relevanten und aktuellen Befunde via ELGA einzuholen. Sofern es sich bei dem Schreiben der Behörde vom 5. Dezember 2024 (samt Behindertenpass im Scheckkartenformat) um einen Bescheid im Sinne einer behördlichen Entscheidung handle, beantrage sie, diesen aufzuheben. Weiters beantrage sie eine neue inhaltliche Entscheidung sowohl über den Grad der Behinderung als auch über Antrag auf Zuerkennung der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“. Dazu beantrage sie eine neuerliche medizinische Beurteilung und Begutachtung, welche auf Basis der Richtsatzverordnung (RVO 1965) vorzunehmen sei (und nicht auf Basis der rechtlich in ihrem Fall nicht anwendbaren Einschätzungsverordnung (EVO 2010).
1.2. Feststellungen:
Die bP besitzt die XXXX Staatsbürgerschaft und ist an der im Akt ersichtlichen XXXX Adresse wohnhaft.
Mit Bescheid des Bundessozialamtes vom 22.03.2011 wurde die Zugehörigkeit der bP zum Personenkreis der begünstigten Behinderten ab dem 28.12.2010 mit einem Grad der Behinderung von 70% festgesetzt.
Das im gegenständlichen Verfahren das im Auftrag der bB eingeholte Sachverständigengutachten aufgrund der Aktenlage stellte einen Gesamtgrad der Behinderung von 50% fest.
Bei der bP bestehen folgende dauerhafte Funktionseinschränkungen mit einem Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.:
1 Insulinpflichtiger Diabetes
seit 1995 DM II, sofort Insulin, aktuell HbA1c 5,5 %, gute Einstellung mit Basis/Bolussystem
Pos.Nr. 09.02.02 GdB 40%
2 Herzklappenstenosen, Aortenklappenstenose - erfolgreich operiertes Vitium
04/2021 biologischer Aortenklappen Ersatz und einfach Bypass; aktuell ausreichend gute Funktion, normale Herzleistung, etwas weniger belastbar angegeben
Pos.Nr. 05.06.04 GdB 30%
3 Hypertonie
Kombinationstherapie notwendig
Pos.Nr. 05.01.02 GdB 20%
4 Abnützungen Wirbelsäule
laut Facharztbefund höhergradige Osteochondrose L5/S1, Zustand nach CT Infiltrationen; wiederholt Schmerzen lumbal, nur geringe Funktionseinschränkungen
Pos.Nr. 02.01.01 GdB 20%
5 Hörorgan, Ohrgeräusche (Tinnitus)
Laut Facharzt Tinnitus beidseits über 30 Jahre
Pos.Nr. 12.02.02 GdB 20%
6 Zustand nach Hodenkarzinom links
2007 Hoden Carzinom links – linker Hoden entfernt, Chemotherapie, bisher kein Rezidiv
Pos.Nr. 08.02.03 GdB 10%
7 Hörorgan, Einschränkungen des Hörvermögens
laut vorliegender Audiometrie von 2022 Hörminderung rechts 21 %, links 24 %
Pos.Nr. 12.02.01 GdB 10%
Das führende Leiden Nummer 1 mit 40 % wird bei Verschlechterung des Gesamtzustandes durch das Leiden Nummer 2 um eine Stufe gesteigert. Bei geringem Krankheitswert bzw./ fehlendem funktionellen Zusammenhang keine Steigerung durch die übrigen Leiden.
Die Gesundheitsschädigungen Allergie und erhöhtes Cholesterin erreichen keinen Grad der Behinderung. Im Vergleich zum Vorgutachten erfolgt, bei unveränderter Gesamteinschätzung mit 50%, eine höhere Einschätzung vom Tinnitus nach Vorlage eines Facharztbefundes und eine ergänzende Einschätzung der Hörminderung.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.
Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister sowie die sonstigen relevanten Unterlagen.
2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: „Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (…)“. Vergleiche dazu auch VwGH vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.
Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).
Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).
Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).
Der VwGH führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).
Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).
Im Verfahren wurden zwei Gutachten eingeholt. Aufgrund der Stellungnahme der bP wurde das Beweisverfahren erneut eröffnet und am 07.10.2024 ein allgemeinmedizinisches Aktengutachten eingeholt, welches, in Übereinstimmung mit dem Erstgutachten, einen Grad der Behinderung von 50% sowie die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel feststellte und aufgrund der Aktualität der Entscheidung des Gerichts zugrunde gelegt wird.
Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist das eingeholte Aktengutachten vom 07.10.2024 schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf.
Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllt das Gutachten auch die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen.
Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen eingehend erhobenen klinischen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen. Im aktuellen Gutachten wurden auch alle relevanten, von der bP beigebrachten Unterlagen berücksichtigt.
Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises.
Das im Verfahren vor der bB eingeholte medizinische Sachverständigengutachten zum Grad der Behinderung bedarf nach der Rsp des VwGH (vom 21.06.2017, Ra 2017/11/0040) einer ausreichenden, auf die vorgelegten Befunde eingehenden und die Rahmensätze der Einschätzungsverordnung vergleichenden Begründung.
Im angeführten Gutachten wurde vom Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß, sowie die vorgelegten Befunde der bP ausführlich eingegangen. Insbesondere erfolgte die Auswahl und Begründung weshalb nicht eine andere Positionsnummer mit einem höheren Prozentsatz gewählt wurde, schlüssig und nachvollziehbar (VwGH vom 04.12.2017, Ra 2017/11/0256-7).
Als führendes Leiden stufte der Allgemeinmediziner unter der Lfd.Nr. 1 und der Pos.Nr. 09.02.02 den insulinpflichtigen Diabetes schlüssig mit einem GdB von 40% ein und begründete die Wahl mit dem aktuellen HbA1c-Wert von 5,5% und der guten Einstellung mit dem Basis-/Bolus-System („40%: Bei höherer zweimaliger Insulindosis und gutem Allgemeinzustand, bei funktioneller Diabeteseinstellung (Basis-Bolus-Therapie), gutem Allgemeinzustand und stabiler Stoffwechsellage“). Unter der Lfd.Nr. 2 und der Pos.Nr. 05.06.04 schätzte er nachvollziehbar die Herzklappenstenosen und Aortenklappenstenose mit einem GdB von 30% (Fixsatz) ein, aufgrund des erfolgreich operierten Vitiums und der aktuell ausreichend guten Funktion, der normalen Herzleistung.
Sowohl die Hypertonie unter der Lfd.Nr. 3 und der Pos.Nr. 05.01.02 (Fixsatz) aufgrund der Notwendigkeit der Kombinationstherapie, als auch die Abnützungen der Wirbelsäule (Funktionseinschränkungen geringen Grades, Rahmensatz 10-20%) unter der Lfd.Nr. 4 und der Pos.Nr. 02.01.01 – aufgrund der laut Facharztbefund höhergradigen Osteochondrose L5/S1, dem Zustand nach CT Infiltrationen und den wiederholten Schmerzen lumbal – als auch der Tinnitus (beidseits über 30 Jahre, Rahmensatz laut EVO 10-40%) stufte der Allgemeinmediziner plausibel mit einem GdB von 20% ein.
Sowohl der unter der Lfd.Nr. 6 und der Pos.Nr. 08.02.03 eingestufte Zustand nach Hodenkarzinom links - 2007, linker Hoden entfernt, Chemotherapie, bisher kein Rezidiv - (Fixsatz) als auch die Einschränkungen des Hörvermögens (Audiometrie 2022: Hörminderung rechts 21 %, links 24 %), nach Tabelle der EVO unter der Pos.Nr. 12.02.01 eingestuft, weisen nachvollziehbar einen GdB von 10% auf. Die Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung begründet der Sachverständige schlüssig damit, dass das führende Leiden Nummer 1 bei Verschlechterung des Gesamtzustandes durch das Leiden Nummer 2 um eine Stufe gesteigert wird und es durch die übrigen Leiden bei geringem Krankheitswert bzw. bei fehlendem funktionellen Zusammenhang zur keiner Steigerung kommt.
Begründend führt er nachvollziehbar weiters aus, dass die Gesundheitsschädigungen Allergie und erhöhtes Cholesterin keinen Grad der Behinderung erreichen, im Vergleich zum Vorgutachten, bei unveränderter Gesamteinschätzung mit 50%, eine höhere Einschätzung vom Tinnitus nach Vorlage eines Facharztbefundes und eine ergänzende Einschätzung der Hörminderung erfolgte.
Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel begründete der Sachverständige damit, dass keine Funktionseinschränkung festgestellt werden konnte, die zu einer erheblichen hochgradigen Einschränkung der Mobilität führt, der Gang sicher ist ohne Gehhilfe und weder eine Gleichgewichtsstörung noch Schwindel vorliegt. Bei der bP liegt ein Zustand nach biologischem Aortenklappenersatz im Jahr 2021 mit einfach Bypass vor, sie leidet weder unter
wesentlichen Herzbeschwerden, noch unter wesentlichen höhergradigen Luftbeschwerden. Der Sachverständige schlussfolgert plausibel, dass sowohl eine Gehstrecke von 300 - 400 m, als auch das Stufensteigen, Anhalten an Haltegriffen und der sichere Transport im öffentlichen Verkehrsmittel möglich sind.
Das aktuelle Sachverständigengutachten kam daher nachvollziehbar zu dem Schluss, dass - unverändert zum Erstgutachten - ein Gesamtgrad der Behinderung von 50% vorliegt.
Der Sachverständige erläuterte schlüssig und nachvollziehbar die Wahl der jeweiligen Positionsnummer und den Rahmensatz sowie den daraufhin eingeschätzten Grad der Behinderung.
Nach Ansicht des ho. Gerichts erfolgten die Einstufungen und Beurteilungen schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei.
Das eingeholte Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Sämtliche Einwände der bP in ihrer Beschwerde fanden im aktuellen Gutachten ihren Niederschlag. Auf die rechtliche Beurteilung im Hinblick auf das diesbezügliche Beschwerdevorbringen (Bescheidcharakter des Behindertenpasses gemäß § 45 Abs 2 2. Satz BBG, Unanwendbarkeit der Richtsatzverordnung) wird an dieser Stelle hingewiesen.
In Bezug auf den in der Beschwerdeschrift gestellten Beweisantrag, ein Gutachten eines Orthopäden einzuholen, weist das erkennende Gericht darauf hin, dass diesem zum einen kein taugliches Beweisthema zu Grunde liegt, zumal die bP in der Begründung des Antrages nicht angab, welcher Sachverhalt bis dato nach wie vor ungeklärt wäre und ist das Begehren weiters als unzulässiger Erkundungsbeweis im Sinne der Rechtsprechung zu werten, zumal eine solche Begutachtung nicht dazu dient, ein konkretes Vorbringen der Partei zu untermauern, sondern ihr erst ermöglichen soll, ein solches zu erstatten (vgl. VwGH vom 16.10.2002, 2002/03/0026, vom 09.09.2016, Ra 2014/02/0059). Auch ist das ho. Gericht nicht verhalten dem Beweisantrag zu entsprechen, zumal es sich auch um einen als unzulässig zu erachtenden Erkundungsbeweis handelt. Erkundungsbeweise sind Beweise, die nicht konkrete Behauptungen, sondern lediglich unbestimmte Vermutungen zum Gegenstand haben. Sie dienen also nicht dazu, ein konkretes Vorbringen der Partei zu untermauern, sondern sollen es erst ermöglichen, dieses zu erstatten. Nichts anderes beabsichtigt die bP jedoch mit den oben erörterten Beweisanträgen.
Nach der Rsp des Verwaltungsgerichtshofes sind Erkundungsbeweise im Verwaltungsverfahren – auch im gegenständlichen Verfahren – unzulässig. Daher war das ho. Gericht einerseits nicht gem. §§ 37 iVm 39 Abs 2 AVG zur Durchführung eines solchen Beweises (zur Entsprechung eines dahin gehenden Antrages) verpflichtet, sodass deren Unterlassung keinen Verfahrensmangel bedeutet (Hengstschläger/Leeb, AVG § 46 Rz 16 mwN). Nach der Judikatur des VwGH ist es aber nicht möglich einem tauglichen Sachverständigengutachten erfolgreich durch bloße Anträge auf weitere Ermittlungen (insbesondere auf Einholung weiterer Sachverständigengutachten) zu begegnen (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 52 Rz 65).
Genau dies jedoch versucht die bP, wenn sie, ohne dem schlüssigen und nachvollziehbaren, Sachverständigenbeweis substantiiert entgegenzutreten, ohne plausible Begründung eine orthopädische Begutachtung begehrt.
Die bP hatte Gelegenheit, die Darlegungen des Allgemeinmediziners in seinem Sachverständigengutachten in geeigneter Weise, etwa mit einem von ihr in Auftrag gegebenen Gutachten oder durch Vorlage von Beweismitteln – beispielsweise in Form neuer Befunde - zu widerlegen; dies hat sie jedoch unterlassen. Die Ausführungen der bP in ihrer Beschwerde waren nicht geeignet, beim ho. Gericht Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit des Gutachtens hervorzurufen.
Zusammenfassend wurden sohin sämtliche Vorbringen der bP im Hinblick auf ihre Schmerzen und Beschwerden im gegenständlichen Gutachten berücksichtigt. Die einzelnen Funktionseinschränkungen wurden nachvollziehbar einer Einschätzung unterzogen sowie eine Gesamtbeurteilung vorgenommen, welche schlüssig begründet wurde.
Der Sachverständige befasste sich im Zuge der Untersuchung hinreichend mit sämtlichen Beschwerdebildern. Sie fanden in der Anamnese, den derzeitigen Beschwerden, der Zusammenfassung relevanter Befunde, im Untersuchungsbefund und im Ergebnis der durchgeführten Begutachtung ihren Niederschlag.
Es lag daher kein Grund vor, von den schlüssigen, widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen abzugehen.
Das Sachverständigengutachten wurde im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt.
Gemäß diesem Gutachten ist folglich von einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. und der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auszugehen.
Betreffend der von der bP angeführten Leiden in ihrer Beschwerde, welche nicht Niederschlag im Gutachten fanden ist anzumerken, dass bezüglich des Asthmaleidens keinerlei Befunde vorgelegt wurden und deshalb werden konnten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:
- Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF
- Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF
- Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF
- Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF
- Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF
- Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF
Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.
3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; …
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
Gemäß § 45 Abs. 5 BBG entsendet die im § 10 Abs. 1 Z 6 des BBG genannte Vereinigung die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs 2 des BBG anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.
In Anwendung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.
3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.
Gemäß § 9 Abs 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:
1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,
2. die Bezeichnung der belangten Behörde,
3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
4. das Begehren und
5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.
3.4. Gemäß § 1 Abs 1 BBG soll Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.
Gemäß § 1 Abs 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen
Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Gemäß § 40 Abs 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
Gemäß § 41 Abs 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr.104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs 2 vorliegt.
Gemäß § 41 Abs 2 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.
Gemäß § 42 Abs 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 42 Abs 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
Gemäß § 43 Abs 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, sofern Änderungen eintreten, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.
Gemäß § 43 Abs 2 BBG ist der Besitzer des Behindertenpasses verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpass vorzulegen.
Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.
Gemäß § 1 der Einschätzungsverordnung ist unter Behinderung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 2 Abs 1 leg cit sind die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage der Einschätzungsverordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.
Gemäß § 2 Abs 2 leg cit ist bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.
Gemäß § 2 Abs 3 leg cit ist der Grad der Behinderung nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.
Gemäß § 3 Abs 1 leg cit ist eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
Gemäß § 3 Abs 2 leg cit ist bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.
Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.
Gemäß § 3 Abs 3 leg cit liegt eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, vor, wenn
- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.
Gemäß § 3 Abs 4 leg cit ist eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.
Gemäß § 4 Abs 1 leg cit bildet die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.
Gemäß § 4 Abs 2 leg cit hat das Gutachten neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Gesamtbeurteilung mehrerer Leidenszustände nicht im Wege einer Addition der aus den Richtsatzpositionen sich ergebenden Hundertsätze der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu erfolgen, sondern nach den Grundsätzen des § 3 der genannten Richtsatzverordnung. Nach dieser Bestimmung ist dann, wenn mehrere Leiden zusammentreffen, bei der Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit zunächst von der Gesundheitsschädigung auszugehen, die die höchste Minderung der Erwerbsfähigkeit verursacht. Sodann ist zu prüfen, ob und inwieweit der durch die Gesamteinschätzung zu erfassende Leidenszustand infolge des Zusammenwirkens aller zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen eine höhere Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit rechtfertigt, wobei im Falle der Beurteilung nach dem BEinstG gemäß § 27 Abs 1 dieses Gesetzes Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v H. außer Betracht zu lassen sind, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht (u.a. VwGH vom 24.09.2003, 2003/11/0032; VwGH vom 21.08.2014, Ro 2014/11/0023-7).
Wie der VfGH in seinem Beschluss vom 24.09.2018, E 2304/2018, festgestellt hat, ist es nicht in gesetzwidriger Weise unsachlich, wenn der Verordnungsgeber für die Bewertung des Gesamtgrades der Behinderung – statt einer Addition der einzelnen Beeinträchtigungen – auf die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander abstellt. Durch die Berücksichtigung der Wechselwirkungen wird sichergestellt, dass die Auswirkungen der Beeinträchtigungen jedenfalls in ihrer Gesamtheit beurteilt werden, unabhängig davon, ob sich die Behinderung aus einer oder mehreren Beeinträchtigungen zusammensetzt.
Der Unterschied in der Einschätzung ergibt sich zusätzlich noch daraus, dass seit dem 01.09.2010 nicht mehr die Richtsatzverordnung, sondern die Einschätzungsverordnung maßgeblich ist. Dies resultiert aus dem Umstand, dass die Richtsatzverordnung schon vor mehr als 40 Jahren in Kraft getreten ist und bei Weitem nicht mehr dem Stand der medizinischen Wissenschaft entspricht bzw. die Anforderungen des heutigen Arbeitsmarktes nicht mehr adäquat abbildet. Die Einschätzungsverordnung legt bei der Beurteilung des Grades der Behinderung offenkundig strengere, dem Stand der medizinischen Forschung und den modernen Behandlungsmöglichkeiten angepasste, Maßstäbe an. Wie im Erstgutachten vom 30.09.2024 in der Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten dargelegt, wurde der Zustand nach Hodencarzinom 2007 (RVO: 50%) mit 10% neu eingeschätzt (da rezidivfrei), die degenerative Wirbelsäulenerkrankung (RVO: 40%) bei nur geringen Funktionseinschränkungen mit 20% neu bewertet und der insulinpflichtige diabetes mellitus (RVO: 50%) afugrund der EVO mit 40% neu eingeschätzt und bewirkt daher die Änderung der medizinischen Kriterien zur Feststellung des Grades der Behinderung im verfahrensgegenständlichen Gutachten.
Der Grund für den nunmehr geringer festgestellten Grad der Behinderung liegt nicht in einer
markanten Änderung des Krankheitsbildes der bP oder in neuen Befunden, sondern in der strengere Maßstäbe anlegenden Einschätzungsverordnung (UFS vom 13.07.2012, RV/1001-L/11).
Das erstellte Gutachten erfüllt auch die im § 4 Einschätzungsverordnung normierten Voraussetzungen.
Der VwGH führte in seinem Erkenntnis Ra 2017/11/0040 vom 21.06.2017 sinngemäß aus, dass sich der Sachverständige in seinem Gutachten ausreichend mit den vorgelegten Befunden auseinanderzusetzen hat, und das Gutachten eine eingehende die Rahmensätze vergleichende Begründung für die gewählte Positionsnummer zu enthalten hat.
Bei Fehlen einer ausreichenden Begründung hätte das BVwG gegebenenfalls, ergänzende Ermittlungen oder eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. VwGH Ra 2015/11/0036 vom 08.07.2015, vgl. VwGH vom 04.12.2017, Ra 2017/11/0256-7).
Das Sachverständigengutachten wurde im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt.
Alle von der bP in ihrer Beschwerde angeführten Argumente wurden, wie in der Beweiswürdigung detailliert angeführt, im Gutachten berücksichtigt. Als führendes Leiden wurden unter Lfd.Nr. 1 der insulinpflichtige Diabetes mit einem GdB von 40% eingeschätzt, weiters unter der Lfd.Nr. 2 die Herzklappenstenosen mit einem GdB von 30%. Ferner unter der Lfd.Nr. 3 die Hypertonie, unter der Lfd.Nr. 4 die Abnützungen Wirbelsäule und unter der Lfd.Nr. 5 der Tinnitus, je mit einem GdB von 20%, sowie schließlich unter der Lfd.Nr. 6 der Zustand nach Hodenkarzinom links und unter der Lfd. Nr. 7 die Einschränkungen des Hörvermögens, je mit einem GdB von 10%.
Das führende Leiden Nummer 1 mit 40 % wird bei Verschlechterung des Gesamtzustandes durch das Leiden Nummer 2 um eine Stufe gesteigert. Bei geringem Krankheitswert bzw./ fehlendem funktionellen Zusammenhang keine Steigerung durch die übrigen Leiden.
3.5. § 24 VwGVG lautet:
Verhandlung
§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist;
3. wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.
(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Verfahrensgegenständlich erwies sich die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung als nicht erforderlich, da der maßgebliche Sachverhalt hinreichend durch die Aktenlage geklärt war und durch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten ist.
Es steht für das erkennende Gericht der entscheidungserhebliche Sachverhalt aufgrund des Sachverständigengutachtens, der eingebrachten Unterlagen und des Vorbringens der bP in ihrer Beschwerde fest und bedarf dieser keiner Ergänzungen mehr, weshalb das Gericht von der Durchführung einer Verhandlung Abstand nimmt.
Weiters liegt auch kein Rechtsschutzdefizit für die bP – auf Grundlage der vorliegenden Unterlagen (Sachverständigengutachten in Verbindung mit der klinischen Untersuchung und den vorgelegten Befunden, Parteiengehör und dergleichen) – vor und würde auch eine mündliche Verhandlung, bedingt durch die vorliegenden Tatsachen, keinen anderen ergänzenden Sachverhalt ergeben.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030)
Nach Art. 133 Abs. 4 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (VwGH vom 19.12.2017, Ra 2017/11/0288-3, vom 06.12.2017 Ra 2015/11/0046-8, vom 11.12.2017 Ra 2015/11/0102-5).
Nach ständiger Judikatur sind Rechtsfragen des Verfahrensrechts nur dann solche von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre, wozu kommt, dass auch die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels in der Zulassungsbegründung dargelegt werden muss (VwGH vom 19.12.2017, Ra 2017/11/0288-3, VwGH vom 23.01.2017 Ra 2017/11/0001, mwN).
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Sonstige Hinweise, die auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage schließen lassen, liegen ebenfalls nicht vor. Zu dieser Frage liegt umfangreiche und einheitliche Judikatur des VwGH vor. Die grundsätzliche Bestimmung betreffend der Einstufung bzw. der Feststellung des Grades der Behinderung erfuhr keine substanzielle Änderung.
Im Hinblick auf die außerordentliche Revision ist bei den gem. § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des VwGH abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Dabei hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des VwGH abgewichen ist, wobei die bloße Wiedergabe von Rechtssätzen zu verschiedenen hg. Entscheidungen nach Datum und Geschäftszahl, ohne auf konkrete Unterschiede in dieser Rechtsprechung hinzuweisen, nicht ausreicht (VwGH vom 06.12.2017, Ra 2015/11/0046-8, vgl. Beschluss Ra 2017/11/0225, mwN).
Auf Grundlage der obigen Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.
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