W260 2273134-1/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus BELFIN als Einzelrichter in Erledigung der Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , vertreten durch Dr. Georg SCHMEISSNER, Rechtsanwalt in 5340 St. Gilgen, gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt, Hauptstelle, vom 26.04.2023, GZ: HVBA/ 2607 011282, betreffend Selbstversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 18a Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes, beschlossen:
A)
Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) beantragte am 09.03.2022 die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 18a ASVG für Zeiten der Pflege ihres behinderten Kindes, XXXX . Beantragt wurde die Selbstversicherung ab 01.04.2021.
2. Mit beschwerdegegenständlichem Bescheid vom 26.04.2023 lehnte die Pensionsversicherungsanstalt, Hauptstelle, (im Folgenden: PVA oder belangte Behörde) den Antrag der Beschwerdeführerin vom 09.03.2022 auf freiwillige Selbstversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 18a ASVG für Zeiten der Pflege ihres behinderten Sohnes ab.
Begründend wurde ausgeführt, dass kein Bezug einer erhöhten Familienbeihilfe iSd § 8 Abs. 4 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) vorliege. Darüber hinaus habe eine fachärztliche Begutachtung ergeben, dass die Arbeitskraft der Beschwerdeführerin durch die Pflege ihres behinderten Kindes nicht überwiegend beansprucht worden sei.
3. Dagegen richtet sich die vorliegende, binnen offener Rechtsmittelfrist erhobene Beschwerde, in der zunächst ausgeführt wurde, dass entgegen den Ausführungen im Bescheid für den Sohn die erhöhte Familienbeihilfe bezogen werde. Wie der beiliegenden Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes Österreich vom 07.03.2022 samt Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe entnommen werden könne, sei für den Sohn für den Zeitraum Jänner 2019 bis März 2025 die erhöhte Familienbeihilfe zuerkannt worden. Es sei daher nicht nachvollziehbar, warum im bekämpften Bescheid ausgeführt werde, dass kein Bezug einer erhöhten Familienbeihilfe vorliege. Zudem werde die Arbeitskraft durch die Pflege des Kindes überwiegend beansprucht. Der Sohn wäre 11 Jahre alt, schulpflichtig und nicht von der Schulpflicht befreit. Aufgrund seiner Behinderung (ADHS) bedürfe er der ständigen persönlichen Hilfe und besonderen Pflege durch die Beschwerdeführerin. Die belangte Behörde führte dazu im Bescheid aus, dass „aufgrund des fachärztlichen Begutachtungsergebnisses die Arbeitskraft der Beschwerdeführerin durch die Pflege ihres Kindes nicht überwiegend beansprucht wäre“. Das von der belangten Behörde zitierte „fachärztliche Begutachtungsergebnis“ sei der Beschwerdeführerin nicht bekannt und es werde hiermit die Übermittlung desselben beantragt. Folgt man den weiteren Ausführungen, dann dürfte es ein derartiges „fachärztliches Begutachtungsergebnis“ im gegenständlichen Verfahren aber schlichtweg nicht gegeben. Die Beschwerdeführerin behalte sich diesbezüglich eine Ergänzung der Beschwerdeausführungen vor, sobald Gewissheit bestehe.
Was es gäbe, sei das in der Anlage zur Vorlage gebrachte Sachverständigengutachten von Dr. XXXX vom 03.03.2022. Diesem Gutachten könne entnommen werden, dass der Sohn der Beschwerdeführerin ständiger persönlicher Hilfe und Pflege bedürfe. Zum besseren Verständnis der Besonderheit des Sohnes der Beschwerdeführerin werde auf das ausführliche Vorbringen in der beiliegenden Beschwerde vom 08.06.2021 hingewiesen, welche beim Finanzamt Österreich aufgrund der ursprünglichen Ablehnung des Antrages auf Erhöhung der Familienbeihilfe ausgeführt werde. Seither habe sich die Lebenssituation auch nicht geändert, außer dass die Familie mit der Situation mittlerweile gut zurechtkomme (insbesondere auch aufgrund der regelmäßigen Medikamentengabe). Dies sei hauptsächlich der Beschwerdeführerin zu verdanken.
Die Beschwerdeführerin beantrage die Stattgabe der Beschwerde ab dem Zeitpunkt der Zuerkennung der erhöhten Familienbeihilfe.
4. Am 07.06.2023 einlangend, legte die belangte Behörde die Beschwerde, ohne eine Beschwerdevorentscheidung erlassen zu haben, unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
In einer beigefügten Äußerung wies die belangte Behörde darauf hin, dass die Beschwerdeführerin laut ihrem Antrag eine unselbstständige Erwerbstätigkeit im Ausmaß von 24 wöchentlichen Arbeitsstunden ausübe. Entsprechend der Auskunft aus der Familienbeihilfedatenbank werde für das Kind eine erhöhte Familienbeihilfe im Zeitraum vom 01.01.2019 bis 31.03.2025 gewährt. Das Kind habe keinen Anspruch auf Pflegegeld. Entsprechend der chefärztlichen Stellungnahme vom 03.11.2022 liege als Hauptdiagnose bei XXXX ein Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom vor. Aus chefärztlicher Sicht sei eine ständige persönliche Hilfe und besondere Pflege nicht vorliegend. Als Entscheidungsgrundlage seien der klinisch-psychologische Befund von XXXX vom 01.02.2019, wonach eine mäßige soziale Beeinträchtigung vorliege, der ambulante Kurzbrief vom psychosozialen Versorgungs- und Beratungszentrum Ambulatorium vom 01.03.2019, wonach eine Gruppentherapie empfohlen sei und der Arztbericht der Lebenshilfe Salzburg vom 29.07.2021, in welchem anamnestisch angegeben wurde, dass der Sohn der Beschwerdeführerin sozial recht gut zurechtkäme, herangezogen. Das SV-Gutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen von XXXX vom 03.03.2022 sei ebenfalls in die chefärztliche Beurteilung miteinbezogen worden. In diesem Gutachten sei der Gesamtgrad der Behinderung mit 50% festgelegt worden. Von einem Erfordernis ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege müsse dann gesprochen werden, wenn der Grad der Behinderung ein solches Ausmaß erreicht habe, dass das Kind auf Grund seiner Behinderung zwar nicht körperlich hinfällig sei, aber aus anderen Gründen (insbesondere auf Grund einer geistigen Behinderung) rund um die Uhr einer intensiven persönlichen Betreuung bedarf, ohne die es gänzlich außer Standes wäre, seinen Tagesablauf zu bewältigen (vgl. VwGH vom 21.09.1999, Zl. 99/08/0053 mwN). Wie oben dargelegt bedürfe es entsprechend der chefärztlichen Stellungnahme nicht der ständigen persönlichen Hilfe und besonderen Pflege. Es komme dadurch auch nicht zu einer überwiegenden Beanspruchung der Arbeitskraft der Beschwerdeführerin. Von einer Begutachtung wurde seitens der chefärztlichen Dienstes abgesehen, zumal davon keine weitergehenden Informationen zu erwarten gewesen seien.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A) Zur Behebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung:
1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:
§ 414 Abs. 1 ASVG normiert die Zuständigkeit des BVwG zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide eines Versicherungsträgers.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. § 414 Abs. 2 ASVG sieht in den in § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG aufgezählten Angelegenheiten die Entscheidung durch einen Senat unter Laienrichterbeteiligung vor, wenn dies von einer Partei beantragt wird. Im gegenständlichen Fall handelt es sich um eine derartige Angelegenheit (Z 1). Mangels eines derartigen Antrages liegt jedoch Einzelrichterzuständigkeit vor.
2. Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3. Prüfungsumfang und Entscheidungsbefugnis des Bundesverwaltungsgerichts:
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid und die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Die zentrale Regelung zur Frage der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG. Die vorliegend relevanten Abs. 1, 2 und 3 dieser Bestimmung lauten wie folgt:
"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist."
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Voraussetzungen, unter denen das Verwaltungsgericht von der in § 28 Abs. 3 VwGVG festgelegten Befugnis zur Aufhebung und Zurückverweisung Gebrauch machen darf, im Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, näher präzisiert.
Danach hat die meritorische Entscheidungspflicht des Verwaltungsgerichts Vorrang und bildet die Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme, deren Inanspruchnahme begründungspflichtig ist und die strikt auf den ihr gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist. Zur Aufhebung und Zurückverweisung ist das Verwaltungsgericht bei „krassen oder besonders gravierenden Ermittlungslücken“ befugt, was insbesondere dann der Fall ist, wenn die Verwaltungsbehörde „jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat“, „lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt“ oder „bloß ansatzweise ermittelt“ hat oder wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden ("Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).
Hat die Behörde erforderliche Ermittlungen zwar vorgenommen, die Ermittlungsergebnisse aber nicht ausreichend gewürdigt oder überhaupt davon abgesehen, diese in der Begründung des angefochtenen Bescheides darzulegen, so kommt eine Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG nicht in Betracht. Dies ist etwa der Fall, wenn zwar die Bescheidbegründung dürftig ist, jedoch brauchbare Ermittlungsergebnisse vorliegen (vgl. VwGH 10.09.2014, Zl. RA 2014/08/0005 und 17.02.2015, Zl. Ra 2014/09/0037, 27.01.2016, Ra 2015/08/0171 sowie zuletzt 09.03.2016, Ra 2015/08/0025).
Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes ist der oben dargelegte Maßstab betreffend die Anwendung von § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG im vorliegenden Fall erfüllt, da – wie aus den im Folgenden dargestellten Umständen ersichtlich – davon auszugehen ist, dass die belangte Behörde zum Teil bloß ansatzweise ermittelt hat bzw. maßgebende Ermittlungsschritte delegiert hat.
4. Vorliegend gelangen folgende maßgebende Bestimmungen zur Anwendung:
§ 18a ASVG idF BGBl. I Nr. 2/2015 lautet:
(1) Personen, die ein behindertes Kind, für das erhöhte Familienbeihilfe im Sinne des § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376, gewährt wird, unter überwiegender Beanspruchung ihrer Arbeitskraft in häuslicher Umgebung pflegen, können sich, solange sie während dieses Zeitraumes ihren Wohnsitz im Inland haben, längstens jedoch bis zur Vollendung des 40. Lebensjahres des Kindes, in der Pensionsversicherung selbstversichern. Der gemeinsame Haushalt besteht weiter, wenn sich das behinderte Kind nur zeitweilig wegen Heilbehandlung außerhalb der Hausgemeinschaft aufhält. Eine Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes kann jeweils nur für eine Person bestehen.
(2) Die Selbstversicherung ist für eine Zeit ausgeschlossen, während der
1. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 2/2015)
2. eine Ausnahme von der Vollversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Z 3 besteht oder auf Grund eines der dort genannten Dienstverhältnisse ein Ruhegenuß bezogen wird oder
3. eine Ersatzzeit gemäß § 227 Abs. 1 Z 3 bis 6 oder § 227a vorliegt.
(3) Eine überwiegende Beanspruchung der Arbeitskraft im Sinne des Abs. 1 wird jedenfalls dann angenommen, wenn und so lange das behinderte Kind
1. das Alter für den Beginn der allgemeinen Schulpflicht (§ 2 des Schulpflichtgesetzes 1985, BGBl. Nr. 76/1985) noch nicht erreicht hat und ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege bedarf,
2. während der Dauer der allgemeinen Schulpflicht wegen Schulunfähigkeit (§ 15 des Schulpflichtgesetzes 1985) entweder von der allgemeinen Schulpflicht befreit ist oder ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege bedarf,
3. nach Vollendung der allgemeinen Schulpflicht und vor Vollendung des 40. Lebensjahres dauernd bettlägrig ist oder ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege bedarf.
(4) Die Selbstversicherung ist in dem Zweig der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz zulässig, in dem der (die) Versicherungsberechtigte zuletzt Versicherungszeiten erworben hat. Werden keine Versicherungszeiten in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz nachgewiesen oder richtet sich deren Zuordnung nach der ersten nachfolgenden Versicherungszeit, so ist die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung der Angestellten zulässig.
(5) Die Selbstversicherung beginnt mit dem Zeitpunkt, den der (die) Versicherte wählt, frühestens mit dem Monatsersten, ab dem die erhöhte Familienbeihilfe (Abs. 1) gewährt wird, spätestens jedoch mit dem Monatsersten, der auf die Antragstellung folgt.
(6) Die Selbstversicherung endet mit dem Ende des Kalendermonates,
1. in dem die erhöhte Familienbeihilfe oder eine sonstige Voraussetzung (Abs. 1) weggefallen ist,
2. in dem der (die) Versicherte seinen (ihren) Austritt erklärt hat.
Ab dem erstmaligen Beginn der Selbstversicherung (Abs. 5) gelten die Voraussetzungen bis zum Ablauf des nächstfolgenden Kalenderjahres als erfüllt; in weiterer Folge hat der Versicherungsträger jeweils jährlich einmal festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Selbstversicherung nach Abs. 1 gegeben sind. Der Versicherte ist verpflichtet, den Wegfall der erhöhten Familienbeihilfe dem Träger der Pensionsversicherung binnen zwei Wochen anzuzeigen.
(7) Das Ende der Selbstversicherung steht hinsichtlich der Berechtigung zur Weiterversicherung in der Pensionsversicherung dem Ausscheiden aus der Pflichtversicherung im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 1 lit. a gleich.“
§ 669 Abs. 3 ASVG idF BGBl. I Nr. 125/2017:
(1) bis (2) … (…)
(3) Die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung nach § 18a kann auf Antrag von Personen, die irgendwann in der Zeit seit dem 1. Jänner 1988 die zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Voraussetzungen für diese Selbstversicherung erfüllt haben, nachträglich beansprucht werden, und zwar für alle oder einzelne Monate, längstens jedoch für 120 Monate, in denen die genannten Voraussetzungen vorlagen. § 18 Abs. 2 ist sinngemäß anzuwenden.
(4) bis (8) …“
5. Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:
5.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer eheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat. Diese Voraussetzungen treffen im gegenständlichen Fall zu.
5.2. Unstrittig ist im gegenständlichen Fall, dass die Beschwerdeführerin und ihr Sohn während des relevanten Zeitraumes ihren Wohnsitz im Inland gehabt haben bzw. haben und dass die Pflege des Sohnes in „häuslicher Umgebung“ stattfindet.
Diese Voraussetzungen des § 18a ASVG liegen daher vor.
Die Beschwerdeführerin legte mit ihrer Beschwerde auch eine Mitteilung des Finanzamtes über den Bezug der Familienbeihilfe vom 07.03.2022 vor. Daraus geht hervor, dass für den Sohn der Beschwerdeführerin von 01.01.2019 bis 31.03.2025 erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird.
Entgegen der Ansicht der belangten Behörde im Bescheid vom 26.04.2023 liegt daher das Erfordernis des Bezuges einer erhöhten Familienbeihilfe im Sinne des § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376, und somit eine weitere Tatbestandsvoraussetzung des § 18a ASVG vor.
5.3. Im Beschwerdefall ist strittig, ob die Arbeitskraft der Beschwerdeführerin durch die Pflege ihres behinderten Sohnes im fraglichen Zeitraum (01.01.2019 bis laufend) überwiegend beansprucht wurde.
5.3.1. Gemäß § 669 Abs. 3 ASVG idF BGBl. I Nr. 125/2017 kann die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung iSd § 18a Abs. 1 ASVG auf Antrag von Personen, die irgendwann in der Zeit seit dem 1. Jänner 1988 die zum Zeitpunkt der Antragstellung (hier: 09.03.2022) geltenden Voraussetzungen für diese Selbstversicherung erfüllt hätten, nachträglich beansprucht werden.
§ 669 Abs. 3 ASVG in der genannten Fassung stellt darauf ab, dass die betreffenden Personen die zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung geltenden Voraussetzungen für diese Selbstversicherung erfüllen müssen, im vorliegenden Fall sohin die im § 18a ASVG in der Fassung BGBl. I Nr. 2/2015 festgelegten Voraussetzungen. Auf die im zu erwerbenden Zeitraum der betreffenden Selbstversicherung früher in Geltung gestandenen Voraussetzungen für eine Selbstversicherung kommt es gemäß § 669 Abs. 3 ASVG nicht an (vgl. VwGH 05.06.2019 Ra 2019/08/0051).
Gemäß § 18a Abs. 1 ASVG (in der gegenständlich anzuwendenden Fassung des BGBl. I Nr. 2/2015) muss die Arbeitskraft überwiegend beansprucht werden, um den Anspruch anerkennen zu können. Dies ist gemäß § 18a Abs. 3 Z 2 ASVG jedenfalls dann der Fall, solange das behinderte Kind während der Dauer der allgemeinen Schulpflicht wegen Schulunfähigkeit (§ 15 des Schulpflichtgesetzes 1985) entweder von der allgemeinen Schulpflicht befreit ist oder ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege bedarf.
Nach Vollendung der allgemeinen Schulpflicht und vor Vollendung des 40. Lebensjahres setzt dies voraus, dass das behinderte Kind entweder dauernd bettlägrig ist, oder ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege bedarf.
5.3.2. Im vorliegenden Fall ist für die Frage der überwiegenden Beanspruchung der Arbeitskraft somit relevant, ob das Kind im fraglichen Zeitraum der ständigen persönlichen Hilfe und besonderer Pflege bedarf.
Der am 18.05.2012 geborene Sohn der Beschwerdeführerin war im verfahrensgegenständlichen Zeitraum von 01.01.2019 bis laufend nicht von der allgemeinen Schulpflicht befreit und augenscheinlich auch nicht bettlägrig.
Aus diesem Grund hatte die belangte Behörde daher im Wege eines Sachverständigengutachtens zu klären, ob (und in welchem Umfang) unter Berücksichtigung des Alters und der spezifischen Behinderung des Kindes dessen ständige Betreuung (auch außerhalb der Zeit des Schulbesuches) erforderlich war und ob bei Unterbleiben dieser Betreuung die Entwicklung des Kindes im Verhältnis zu einem ähnlich behinderten Kind, dem diese Zuwendung zuteilwurde, benachteiligt oder gefährdet gewesen wäre (vgl. VwGH 16.11.2005, 2003/08/0261).
Mit dem Wort „jedenfalls“ im Einleitungssatz des § 18a Abs. 3 ASVG idF BGBl. I Nr. 2/2015 hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass neben den in Z 1 bis 3 aufgezählten, speziell für behinderte Kinder zugeschnittenen Kriterien eine überwiegende Beanspruchung der Arbeitskraft auch auf andere Weise gegeben sein kann (so auch Pfeil in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 18a ASVG Rz 7/1, wonach die in Abs. 3 leg. cit. getroffenen Regelungen nicht mehr taxativ zu verstehen sind (so noch VwGH 99/08/0353, VwSlg 15.235 A), sondern gleichsam beispielhafte „Mindeststandards“ formulieren (arg „jedenfalls dann“), die – aber als solche wie bisher – als unwiderlegbare gesetzliche Vermutungen anzusehen sind (vgl. die ErläutRV zur Stammfassung dieser Bestimmung 324 BlgNR 17. GP 24 f.).
Insofern kann daher auch eine zeitliche Inanspruchnahme durch die Pflege in einem Ausmaß anspruchsbegründend wirken, das zwar nicht einer ständigen persönlichen Hilfe und besonderen Pflege iSd § 18a Abs. 3 ASVG entspricht, aber dennoch eine überwiegende Beanspruchung der Arbeitskraft der pflegenden Person bewirkt.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine überwiegende Beanspruchung der Arbeitskraft bereits in einem durchschnittlichen Pflegeaufwand ab 21 Stunden wöchentlich bzw. ab 90 Stunden monatlich (entspricht mehr als der halben Normalarbeitszeit) anzunehmen (vgl. VwGH 19.01.2017, Ro 2014/08/0084).
5.3.3. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass „aufgrund des fachärztlichen Begutachtungsergebnisses“ die Arbeitskraft durch die Pflege des Kindes nicht überwiegend beansprucht wird. Hauptdiagnose sei ein „Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom“. „Auf Basis des klinisch- psychologischen Befundes vom 01.02.2019, des Kurzbefundes vom Psychosozialen Versorgungs- und Beratungszentrum vom 01.03.2019 und des Arztberichtes der Lebenshilfe Salzburg vom 29.07.2021 wurde festgestellt, dass die Arbeitskraft des versorgenden Elternteils nicht zu 50% oder mehr beansprucht wird. Aufgrund des festgestellten Leidenszustandes ist eine Selbstversicherung nach § 18a ASVG wegen ständiger persönlicher Hilfe- und besonderer Pflege des behinderten Kindes nicht gerechtfertigt“.
Die Beschwerdeführerin monierte in ihrer Beschwerde, dass ihr dieses „fachärztliche Begutachtungsergebnis“ nicht bekannt sei, sie die Übermittelung desselben beantrage und davon ausgehe, dass es dieses Dokument gar nicht gebe.
5.3.4. Was vorliegt, ist ein Sachverständigengutachten nach der Einschätzungsverordnung einer Allgemeinmedizinerin vom 03.03.2022.
Dieses Gutachten wurde im Verfahren hinsichtlich dem Antrag auf erhöhte Familienbeihilfe erstellt.
Das Ergebnis ist die Funktionseinschränkung Pos. Nr. 03.02.02. „Aufmerksamkeitsdefizithyperaktivitätssyndrom mit psychoemotionaler Beeinträchtigung“, mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. Gewählt wurde der untere Rahmensatz auf Grund der Funktionsminderung exekutiver Funktionen und damit einhergehender psychoemotionaler Belastung. Diesem Gutachten ist nicht jedoch zu entnehmen, in welchen Belangen der Sohn der Beschwerdeführerin der persönlichen Hilfe und besonderen Pflege bedarf und ob bei Unterbleiben der Betreuung durch den pflegenden Elternteil das Kind im Verhältnis zu einem ähnlich behinderten Kind, dem diese Zuwendung zu Teil wurde, in seiner Entwicklung benachteiligt und gefährdet wäre.
Aussagen über den Pflegeaufwand sind diesem Gutachten nicht zu entnehmen.
5.3.5. Weiters liegt eine „Chefärztliche Stellungnahme zum Antrag auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes gemäß § 18a ASVG“ aufgrund „Aktenlage“ vom 03.11.2022 vor.
Diagnostiziert wurde „a) Hauptdiagnose: ICD-10: F900, Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom“. In der Stellungnahme wird ausgeführt, dass aufgrund des festgestellten Leidenszustandes eine Selbstversicherung nach § 18a ASVG wegen ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege des behinderten Kindes nicht gerechtfertigt sei. Basis sei der psychologische Befund 01.02.2019 (Intelligenz normal, „mäßige soziale Beeinträchtigung“, der Befund des Psychosozialen Beratungszentrum 01.03.2019 (ADS, „Gruppentherapie geplant“), der Befund der Lebenshilfe vom 29.07.2021 („sozial käme JOHANNES insgesamt recht gut zurecht“; SMS vom 03.02.22 (50% schlechte soziale Verträglichkeit, eFB seit 01/2019, kein PG). Abschließend ist in der Stellungnahme angeführt, dass gemäß vorliegender Infos die Arbeitskraft des versorgenden Elternteils nicht 50%ig oder mehr beansprucht wird. Somit ist die Selbstversicherung nach § 18a medizinischerseits nicht gerechtfertigt (NB: von einer Begutachtung sind keine weitergehenden Infos zu erwarten, wird deshalb nicht veranlasst).
Die belangte Behörde trifft– wie bereits oben dargelegt – im angefochtenen Bescheid zudem folgende Aussage:
„Auf Basis des klinisch- psychologischen Befundes vom 01.02.2019, des Kurzbefundes vom Psychosozialen Versorgungs- und Beratungszentrum vom 01.03.2019 und des Arztberichtes der Lebenshilfe Salzburg vom 29.07.2021 wurde festgestellt, dass die Arbeitskraft des versorgenden Elternteils nicht zu 50% oder mehr beansprucht wird. Aufgrund des festgestellten Leidenszustandes ist eine Selbstversicherung nach § 18a ASVG wegen ständiger persönlicher Hilfe- und besonderer Pflege des behinderten Kindes nicht gerechtfertigt“.
5.3.6. Die belangte Behörde gründet ihre Entscheidung daher (auch) auf drei ärztliche Befunde, die aber nicht die Kriterien eines Sachverständigengutachtens erfüllen. Die wesentlichen Sachverhaltsermittlungen betreffend den Bedarf des Kindes an persönlicher Hilfe und besonderer Pflege (insbesondere auch im Hinblick auf Lernhilfe durch die Mutter, sowie Begleitung zu Therapien oder Arztbesuche) hat die belangte Behörde zudem gänzlich unterlassen. Auch die vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16.11.20105, Zl. 2003/08/0261, aufgeworfene Frage, ob das behinderte Kind bei Unterbleiben der Betreuung durch die Beschwerdeführerin im Verhältnis zu einem ähnlich behinderten Kind, dem diese Zuwendung zu Teil wurde, in ihrer Entwicklung benachteiligt und gefährdet (gewesen) wäre, blieb gegenständlich unbeantwortet.
Außerdem wird im gegenständlichen Bescheid ausgeführt, dass aufgrund des „fachärztlichen Begutachtungsergebnisses“ die Arbeitskraft der Beschwerdeführerin durch die Pflege des Kindes nicht überwiegend beansprucht wird. Im gegenständlichen Fall handelt es sich aber – wie bereits dargelegt – um ein Gutachten einer Allgemeinmedizinerin, sowie einer ergänzenden Chefärztlichen Stellungnahme und nicht um ein fachärztliches Sachverständigengutachten.
Zwar liegen grundsätzliche Ermittlungsschritte vor, diese erweisen sich aber einerseits als unzureichend und andererseits, was die Feststellung des Chefärztlichen Dienstes anbelangt, dass eine Selbstversicherung der Beschwerdeführerin nach § 18a ASVG wegen ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege des behinderten Kindes nicht gerechtfertigt ist, als überschießend, weil dadurch der Chefärztliche Dienst aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes die rechtliche Beurteilung des Falles vorwegnimmt.
5.3.7. Ergänzend wird sich die belangte Behörde auch mit dem Kriterium der „Überwiegenden Beanspruchung der Arbeitskraft“ der Beschwerdeführerin im Sinne des § 18a ASVG auseinanderzusetzen haben, zumal die Beschwerdeführerin im Antragsformular angegeben hat, dass sie 24 Stunden pro Woche unselbständig erwerbstätig ist.
Dazu führt das erkennende Gericht Folgendes aus:
Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit neben der Pflege ist grundsätzlich zulässig.
Anders als bisher schließt freilich nicht nur die (Möglichkeit zur) Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung die Berechtigung zur Selbstversicherung nach § 18a nicht aus (so noch zur alten Fassung Teschner/Pöltner, ASVG § 18a Anm 7). Vielmehr ist eine solche neben jeder Beschäftigung möglich, die noch keine überwiegende Beanspruchung der Arbeitskraft der betreffenden Person zur Folge hat. Eine Pflichtversicherung aufgrund einer (oder mehrerer) Erwerbstätigkeit(en) im Ausmaß von insgesamt bis zu 20 Wochenstunden wird daher idR unproblematisch sein. Diese Sichtweise wird auch durch die Auslegung des Kriteriums „erheblicher Beanspruchung“ in § 18b Abs. 1 gestützt, die der VwGH ab einem durchschnittlichen Aufwand für die Pflege von zumindest 14 Stunden pro Woche annimmt (näher § 18b Rz 7; vgl. Pfeil in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 18a ASVG, Rz 10 (Stand 1.7.2018, rdb.at).
Die belangte Behörde wird im fortgesetzten Verfahren hinsichtlich der unselbständigen Tätigkeit der Beschwerdeführerin gegebenenfalls Ermittlungen durchzuführen haben und jedenfalls Aussagen darüber treffen müssen, ob die unselbständige Tätigkeit mit einer etwaigen Zuerkennung der Selbstversicherung gemäß § 18a ASVG in Einklang zu bringen ist, oder ob die unselbständige Tätigkeit die überwiegende Beanspruchung der Arbeitskraft für die Pflege des Sohnes ausschließt.
Die belangte Behörde wird bei der Entscheidungsfindung die Ergebnisse der Begutachtung unter Einbeziehung des Vorbringens der Beschwerdeführerin und sämtlicher (allenfalls noch nachgereichter) medizinischer Beweismittel zu berücksichtigen haben.
Von den Ergebnissen des weiteren Ermittlungsverfahrens wird die Beschwerdeführerin mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme in Wahrung des Parteiengehörs in Kenntnis zu setzen sein.
6. Zulässigkeit der Zurückweisung:
In Anbetracht der aufgezeigten Ungereimtheiten und Unvollständigkeiten der dem vorliegenden Bescheid zugrunde gelegten vorliegenden Gutachten bzw. der Chefärztlichen Stellungnahme besteht nach Ansicht des erkennenden Gerichtes hinreichender Grund zur Annahme, dass die belangte Behörde die erforderliche Ermittlungs- und Begründungstätigkeit unterließ, damit diese im Sinne einer "Delegierung" der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. VwGH 26.06.2014, Zl. 2014/03/0063).
Würde das Bundesverwaltungsgericht - jene Instanz, die zur eigentlichen Rechtskontrolle eingerichtet wurde - die Instanz sein, die im Verfahren erstmals einen begründeten Bescheid mit den Feststellungen des maßgeblichen Sachverhaltes erlässt, so wäre damit der Rechtsschutz der beschwerdeführenden Partei de facto eingeschränkt.
Es ist in erster Linie die Aufgabe der Erstbehörde als Tatsacheninstanz zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung sich sachgerecht mit dem Antrag auseinanderzusetzen, den maßgeblichen Sachverhalt vollständig festzustellen, ihre Begründung im Bescheid nachvollziehbar darzustellen und diese zentrale Aufgabe nicht an das Bundesverwaltungsgericht zu delegieren.
Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen (§ 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG). Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind hier nicht erfüllt, weil der Sachverhalt wie dargelegt weder feststeht noch seine Feststellung durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen, oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre.
Es gibt im Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Einholung eines ergänzenden Gutachtens und die allenfalls sonst noch erforderlichen Erhebungsschritte durch das Verwaltungsgericht selbst rascher oder kostengünstiger wären als die Vornahme dieser Schritte durch die belangte Behörde. Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
7. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Im vorliegenden Beschwerdefall nimmt das Bundesverwaltungsgericht von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG Abstand, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid "aufzuheben" war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen (s. dazu die in den rechtlichen Erwägungen zitierte VwGH-Judikatur). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
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