JudikaturBVwG

W252 2247268-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
13. Dezember 2022

Spruch

W252 2247268-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Elisabeth SCHMUT LL.M. als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichterinnen Dr.in Claudia ROSENMAYR-KLEMENZ und Mag.a Adriana MANDL als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch RA MMag. Clemens RAINER-THEURL, Wilhelm-Greil-Straße 9/4, 6020 Innsbruck, gegen das Straferkenntnis der Datenschutzbehörde vom 18.08.2021, GZ XXXX in einer datenschutzrechtlichen Angelegenheit, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird hinsichtlich des Ausspruchs über die verhängte Strafe teilweise stattgegeben, und die verhängte Geldstrafe wird auf gesamt EUR 400,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) reduziert; korrespondierend dazu reduziert sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde gemäß § 64 VStG auf EUR 40,--.

II. Gemäß § 52 Abs 8 VwGVG hat der BF keine Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

Text

Entscheidungsgründe

I. VERFAHRENSGANG

1. Mit E-Mail vom 15.10.2020 an die belangte Behörde brachte der Anzeiger (in Folge: „Nachbar“) vor, dass der gegenüber wohnende Beschwerdeführer (in Folge: „BF“) eine Videoüberwachungsanlage betreibe und diese nicht nur den Carport des BF erfasse, sondern auch die Gemeindestraße sowie Teile seines (gegenüberliegenden) Hauses, samt Einfahrt und Carport. Die Kamera sei vom 07.07.2020 bis 08.09.2020 montiert gewesen. Am 18.08.2020 habe ihm der BF eine Videosequenz per Whatsapp geschickt, auf welcher der Aufnahmebereich ersichtlich sei.

2. Die DSB richtete daraufhin am 05.01.2021 eine Aufforderung zur Rechtfertigung an den BF und führte darin aus, dass ihm als Verantwortlichen iSd Art. 4 Z 7 DSGVO zur Last gelegt werde, folgende Verwaltungsübertretung(en) begangen zu haben: Er stehe im Verdacht, „jedenfalls im Zeitraum vom 07.07.2020 bis 08.09.2020 unrechtmäßig personenbezogene Daten verarbeitet zu haben, indem Sie eine Bildverarbeitungsanlage (Videoüberwachung) am Standort in XXXX , betrieben haben. Der Aufnahmebereich der Videoüberwachungsanlage erfasste Teilbereiche des parallel gegenüberliegenden Nachbargrundstücks in XXXX , sowie der öffentlichen Gemeindestraße XXXX . Es besteht daher der Verdacht, dass die Videoüberwachung nicht auf Bereiche beschränkt war, welche in der ausschließlichen Verfügungsbefugnis des Verantwortlichen gestanden sind, diese daher nicht dem Zweck angemessen und nicht auf das notwendige Maß beschränkt war.“ Eine geeignete Kennzeichnung dieser Videoüberwachungsanlage sei zum angeführten Tatzeitraum am Tatort nicht vorhanden gewesen. Im Ergebnis bestehe daher der Verdacht, dass der BF die Grundsätze der DSGVO (Rechtmäßigkeit, Verarbeitung nach Treu und Glauben, Transparenz, Datenminimierung) verletzt habe. Die Verwaltungsübertretungen würden Art 5 Abs 1 lit a und c sowie Art 6 Abs 1 iVm Art 83 Abs 5 lit a DSGVO sowie Art 5 Abs 1 lit a iVm Art 12 und 13 iVm Art 83 Abs 5 lit a DSGVO betreffen.

3. Mit Rechtfertigung vom 22.01.2021 brachte der BF zusammengefasst vor, die Kamera für die Überwachung seiner Garage/Carport während eines zweimonatigen Auslandsaufenthalts installiert zu haben, da es in der Vergangenheit immer wieder zu Beschädigungen an seinen Autos durch spielende (Nachbars-)Kinder gekommen sei. Die Kamera sei eine Weitwinkelkamera und das Nachbarshaus mehrere Meter entfernt, weshalb sich mit dieser keine verwertbaren Aufnahmen anfertigen ließen. Die Kamera sei auf Bewegungsmeldung eingestellt und habe eine Aufnahmezeit von zehn Sekunden; der Speicher werde täglich um Mitternacht überschrieben. Lediglich am 18.08.2020 sei der Kamerawinkel ohne sein Wissen zu hoch eingestellt gewesen, weshalb unabsichtlich die Aufnahme, welche er seinem Nachbarn schickte, entstanden sei. Er habe daraufhin täglich die korrekte Einstellung der Kamera kontrolliert. Die Videoüberwachung habe er gut sichtbar mit einem Aufkleber, welcher die Aufschrift „ACHTUNG – VIDEOÜBERWACHUNG“ sowie eine Darstellung einer Überwachungskamera enthalte, gekennzeichnet.

3. Daraufhin erließ die belangte Behörde das gegenständlich angefochtene Straferkenntnis vom 18.08.2021 und legte dem BF folgende Übertretungen zur Last (Fehler im Original):

„Sie haben als Verantwortlicher im Sinne des Art. 4 Z 7 der Verordnung (EU) 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, im Folgenden: „DSGVO“), ABl. Nr. L 119 vom 04.05.2016 S. 1, nachstehenden Sachverhalt verwirklicht und dadurch folgende Verwaltungsübertretung(en) begangen:

I. Sie haben im Zeitraum vom 07.07.2020 bis 08.09.2020 (im Folgenden „Tatzeitraum“) unrechtmäßig personenbezogene Daten verarbeitet, indem Sie eine Bildverarbeitungsanlage (Videoüberwachungsanlage) am Standort in XXXX (im Folgenden „Tatort“), betrieben haben. Der Aufnahmebereich der Videoüberwachungsanlage erfasste Teilbereiche des parallel gegenüberliegenden Nachbargrundstücks in XXXX , sowie der (öffentlichen) Gemeindestraße XXXX . Die Datenverarbeitung war aufgrund des konkreten Aufnahmebereichs der Anlage nicht dem Zweck angemessen und jedenfalls nicht auf das notwendige Maß beschränkt und somit im Ergebnis unrechtmäßig.

II. Sie haben als Verantwortlicher zudem zur Tatzeit am Tatort gegen Ihre Informationspflicht nach Art. 13 DSGVO verstoßen, indem Sie keine geeignete Kennzeichnung in Bezug auf die Videoüberwachungsanlage am Tatort anbrachten, welche die Betroffenen vor Erhebung ihrer personenbezogenen Daten über die Bildverarbeitung im Sinne der Art. 12 und 13 DSGVO informiert.

Sie haben daher im Ergebnis folgende Grundsätze der DSGVO verletzt:

Grundsatz der Verarbeitung von personenbezogenen Daten auf rechtmäßige Weise, nach Treu und Glauben und in einer für die betroffene Person nachvollziehbaren Weise („Rechtmäßigkeit, Verarbeitung nach Treu und Glauben, Transparenz“)

Grundsatz der dem Zweck angemessenen und erheblichen sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkte Verarbeitung von personenbezogenen Daten („Datenminimierung)

Verwaltungsübertretung(en) nach:

Ad. I.: Art. 5 Abs. 1 lit. a und c sowie Art. 6 Abs. 1 iVm Art. 83 Abs. 5 lit. a DSGVO

Ad. II.: Art. 5 Abs. 1 lit. a iVm Art. 12 und 13 iVm Art. 83 Abs. 5 lit. a DSGVO

DSGVO jeweils in der Fassung ABl L 2016/119, 1 idF L 2021/074, 35

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird folgende Strafe verhängt:

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG zu zahlen:

60,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, mindestens jedoch 10 Euro;

Euro als Ersatz der Barauslagen für

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

660,00 Euro (in Worten: sechshundertsechszig Euro)“

Die belangte Behörde begründete das Straferkenntnis zusammengefasst damit, dass sich der Tatzeitraum aus dem vom BF dargestellten Zweck (Schutz seiner Fahrzeuge vor Beschädigungen, ua durch spielende (Nachbars-)Kinder) sowie seinen Äußerungen (er habe auch Aufzeichnungen von Corona-Partys des Nachbarn) ergebe. Der Begriff der personenbezogenen Daten sei weit auszulegen, weshalb es nicht darauf ankomme, ob Betroffene rein aufgrund des Bildmaterials identifizierbar seien. Der BF kenne seine Nachbarn, weshalb er diese (zB Bei Ankunft und Abfahrt von Zuhause) erkennen könne. Hinsichtlich der Videoüberwachung liege somit eine Verarbeitung personenbezogener Daten vor. Im vorliegenden Fall überwiege das Interesse der BF (Eigentumsschutz) nicht, weshalb keine Rechtsgrundlage für die Verarbeitung vorliege. Die Kennzeichnung als auch die Positionierung der Kamera sei unzureichend, da sie nicht die nach Art 13 DSGVO geforderten Informationen enthalte. Die verhängte Strafe sei im Hinblick auf den verwirklichten Tatunwert gemessen am Strafrahmen tat- und schuldangemessen.

4. Gegen das Straferkenntnis brachte der BF am 07.10.2021 per E-Mail eine Beschwerde bei der belangten Behörde ein und führte darin im Wesentlichen aus, dass die Überwachung lediglich zehn Sekunden gedauert habe. Die ihm vorgeworfene Kameraposition sei zufällig und unabsichtlich entstanden, weshalb ihm kein Vorsatz vorzuwerfen sei.

5. Mit Schreiben vom 08.10.2021, hg eingelangt am 12.10.2021, legte die belangte Behörde die Beschwerde unter Anschluss des Verwaltungsakts vor und verwies auf das angefochtene Straferkenntnis.

Beweise wurden erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt.

II. DAS BUNDESVERWALTUNGSGERICHT HAT ERWOGEN:

1. FESTSTELLUNGEN

Zum vorliegenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt ist hinsichtlich des Verfahrensgangs auf die unter I. getroffenen Ausführungen zu verweisen.

Aufgrund des von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens sowie der Stellungnahmen des BF vor dem Verwaltungsgericht steht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:

1.1. Zum Betrieb und Zweck der gegenständlichen Videoüberwachungsanlage

1.1.1. Am 07.07.2020 montierte der BF am Standort in XXXX (in Folge auch: „Tatort“) eine Überwachungskamera, nahm sie in Betrieb und richtete sie aus. Die gegenständliche Anlage war mit einem Bewegungsmelder ausgestattet und zeichnete nur bei entsprechender Erkennung auf. Die Aufnahmezeit betrug bei Auslösung des Bewegungsmelders zehn Sekunden. Die Aufnahmen der Anlage wurden nach 24 Stunden gelöscht bzw wurde das integrierte Speichermedium überschrieben. Am 18.08.2020 um 00:57 Uhr löste der Bewegungsmelder aus und die Kamera zeichnete eine zehn-sekündige Videosequenz auf. Am 08.09.2020 baute der BF die Kamera ab (Der Zeitraum vom 07.07.2020 bis 08.09.2020 wird in Folge auch als „Tatzeitraum“ bezeichnet.).

Wie oft genau der Bewegungsmelder im oben beschriebenen Zeitraum Videoaufnahmen auslöste, kann nicht festgestellt werden. Der BF nahm die Videokamera im Tatzeitraum auch manuell über sein Smartphone in Betrieb. Wie oft genau er dies tat, konnte nicht festgestellt werden.

1.1.2. Der Aufnahmebereich der gegenständlichen Anlage umfasste während des gesamten Tatzeitraums Teilbereiche des parallel gegenüberliegenden Nachbargrundstücks in XXXX , sowie der (öffentlichen) Gemeindestraße XXXX . Auf den Aufnahmen waren die Zufahrt, den Eingangsbereich, zwei Fenster sowie ein Teilbereich des Gartens/der Terrasse des gegenüberliegenden Nachbargründstücks/-hauses sowie die dazwischenliegende Gemeindestraße ersichtlich. Die Einstellung des Aufnahmebereichs (Kamerawinkel) stellte sich im Tatzeitraum konkret wie folgt dar:

1.1.3. Die gegenständliche Videoüberwachungsanlage konnte vom BF mittels einer Applikation von seinem Smartphone aus gesteuert werden. Darüber hinaus waren im Rahmen dieser Applikation auch der konkrete Aufnahmebereich sowie die angefertigten Aufzeichnungen ersichtlich. Die Aufzeichnungen konnte der BF mittels der Applikation auf sein Endgerät herunterladen bzw auf dieses speichern. Die Verwaltung der Videoüberwachungsanlage erfolgte somit durch diese Applikation.

1.1.4. Zum Zweck der Videoüberwachungsanlage:

Der Zweck der Videoüberwachungsanlage bestand darin, die Garage bzw den Carport des BF während eines zweimonatigen Auslandsaufenthalts des BF zu überwachen. In der Vergangenheit sei es immer wieder zu zerkratzten Autos durch spielende (Nachbars-)Kinder gekommen, da die Garage/Carport mit darin befindlichen Autos direkt an der Gemeindestrasse liege, wo „die sehr umtriebigen Nachbarskinder“ täglich mit Roller, Skateboard etc. ohne Aufsicht unterwegs seien. Der BF wollte mit der Videoüberwachungsanlage sein Eigentum (insbesondere sein KFZ) vor Schäden schützen bzw die schädigenden Personen identifizieren, indem er den oben beschriebenen und dargestellten Aufnahmebereich überwachte/aufzeichnete.

1.1.5. Der BF und seine (gegenüberliegenden) Nachbarn kannten sich gegenseitig. Es lag im Tatzeitraum keine Einwilligung der betroffenen Nachbarn zur Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten vor.

1.1.6. Dem BF war die Rechtswidrigkeit der Datenverarbeitung vom 07.07.2020 bis 19.08.2020 nicht bewusst. Er ging davon aus, dass die Videoüberwachungsanlage rechtskonform sei bzw dass er überhaupt keine Daten verarbeite. Vom 19.08.2020 bis 08.09.2020 hielt es der BF ernstlich für möglich, dass der von ihm gewählte Kamerawinkel gegen Datenschutzvorschriften verstoße und fand sich damit ab.

1.2. Zur Kennzeichnung der Videoüberwachungsanlage im Tatzeitraum am Tatort

1.2.1. Der Beschuldigte kennzeichnete die Kamera, indem er an der rechten Türe innerhalb der Garage einen Aufkleber (links oben an der Türe) mit der Aufschrift „ACHTUNG – VIDEOÜBERWACHUNG“ sowie der Darstellung einer Überwachungskamera anbrachte. Die Kennzeichnung der Anlage stellte sich konkret wie folgt dar (die Hervorhebung mittels rotem Kreis erfolgte durch die belangte Behörde):

1.2.2. Während des gesamten Tatzeitraums ging der BF davon aus, dass der von ihm angebrachte Aufkleber eine ausreichende Kennzeichnung darstelle.

1.3. Zum Einkommen, Vermögen und den Sorgepflichten des Beschuldigten:

1.3.1. Der Beschuldigte ist als Verkaufsleiter tätig und bezieht monatlich EUR 2.600,-- (netto) aus nicht selbstständiger Arbeit. Der Beschuldigte verfügt über kein Vermögen. Der Beschuldigte ist für ein minderjähriges Kind sorgepflichtig und bezahlt monatlich EUR 700,-- Unterhalt an seine Ex-Gattin.

1.4. Zu den Anfragen des BF:

Am 02.09.2022 beantragte der BF die mündliche Verhandlung vor der Außenstelle des Bundesverwaltungsgerichts in Innsbruck durchzuführen.

Der Beschwerdeführer stellte am 13.09.2022 den Antrag iSd § 3 des 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz unter Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel zur Wort- und Bildübertragung an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen bzw vernommen zu werden (OZ 7). Für den Fall, dass diesem Antrag „aus welchem Grund auch immer“ nicht entsprochen werden sollte, verzichtete er auf die von ihm (im Schreiben vom 17.05.2022; OZ 3) beantragte mündliche Verhandlung.

Der BF bescheinigte weder für sich noch für Personen, mit denen er in notwendigem privaten oder beruflichen Kontakt steht, eine erhöhte Gesundheitsgefährdung durch Covid-19.

2. BEWEISWÜRDIGUNG

2.1. Zum Betrieb und Zweck der gegenständlichen Videoüberwachungsanlage

2.1.1. Der Auf- und Abbau der Kamera sowie deren Standort ergibt sich aus dem Vorbringen des BF, wonach er die Videoüberwachungsanlage (Kamera mit integriertem Bewegungsmelder) am 07.07.2020 in seiner Garage installierte und am 08.09.2020 wieder abmontierte sowie aus einer dem Akt beiliegenden ZMR-Abfrage (ZMR-Auszug vom 05.01.2021; OZ 1, S 38 f; Rechtfertigung des BF vom 22.01.2021; OZ 1, S 50 f).

Der BF brachte in seiner Bescheidbeschwerde vor, dass er nach Montage der Kamera einen Kamerawinkel (dazu weiter unten) einstellte (Bescheidbeschwerde vom 07.10.2021; OZ 1, S 98). Zu diesem Zeitpunkt wurde somit zum ersten Mal Videomaterial angefertigt. Ab diesem Zeitpunkt war die mit einem Bewegungsmelder ausgestattete Videoüberwachungsanlage somit „scharf“ gestellt. Dies stimmt auch mit dem vom BF angegebenen Zweck der Überwachung, seine Garage/Carport während seines zweimonatigen Auslandsaufenthalts zu überwachen, überein (Rechtfertigung des BF vom 22.01.2021; OZ 1, S 50).

Die technische Funktionsweise der Videoüberwachungsanlage (Bewegungsmelder, Aufnahmedauer, Speicherdauer) ergibt sich ebenfalls aus dem soweit unbestrittenem Vorbringen des BF. Dass die Aufnahmen nicht, wie vom BF ursprünglich behauptet, täglich um Mitternacht, sondern nach 24 Stunden überschrieben wurden, ergibt sich daraus, dass dies widersinnig wäre, da ansonsten eine Aufnahme von 23:59 Uhr nicht mehr verwertbar wäre. Der BF stellte die Speicherdauer von 24 Stunden auch in seiner Bescheidbeschwerde klar (Rechtfertigung des BF vom 22.01.2021; OZ 1, S 50 f; sowie Bescheidbeschwerde vom 07.10.2021; OZ 1, S 98).

Es ergibt sich aus der allgemeinen Lebenserfahrung, dass der BF unmittelbar nach Montage der Kamera diese auf ihre Funktionsfähigkeit prüfte und zu diesem Zweck Videoaufnahmen auslöste. Dass lediglich am 18.08.2020 um 00:57 Uhr eine konkrete Videoaufzeichnung erfolgte, kann dem BF schon deshalb nicht geglaubt werden, da er selbst angab den Kamerawinkel nach der Montage eingestellt zu haben. Es ist in diesem Zusammenhang daher jedenfalls von einer Funktionsprüfung durch den BF auszugehen.

Da der BF zu keinem Zeitpunkt angab, die Kamera erst nach seiner Abreise „scharf“ gestellt zu haben, ist ebenso davon auszugehen, dass die Anlage bis zur Rückkehr des BF und Demontage der Kamera, nach Erhalt des anwaltlichen Schreibens des Nachbarn, in Betrieb war. Der BF behauptete keine softwareseitige Außerbetriebnahme der Kamera über die Applikation auf seinem Smartphone vorgenommen zu haben.

Die zehn-sekündige Videoaufzeichnung vom 18.08.2020 um 00:57 Uhr ergibt sich zweifelsfrei aus der dem Gericht vorliegenden Videoaufzeichnung und wird vom BF auch nicht bestritten.

Wie oft der Bewegungsmelder im Tatzeitraum, insbesondere aufgrund von Bewegungen bzw Lichtveränderungen am Nachbarsgrundstück (wie am 18.08.2020) oder aber auch aufgrund von Bewegungen auf der Gemeindestraße tatsächlich auslöste, konnte nicht mehr festgestellt werden. Entgegen den Ausführungen des BF ist allerdings davon auszugehen, dass mehrere tatsächliche Aufnahmen stattgefunden haben. Am 18.08.2020 um 00:57 Uhr löste der Bewegungsmelder der Anlage bereits aufgrund von Bewegungen/Lichtänderungen am Nachbargrundstück aus. Dass das Licht des Nachbarhauses im Tatzeitraum nur in jener Nacht eingeschaltet wurde bzw dies in Kombination mit dortigen Bewegungen geschah, ist ebenso nicht plausibel. Der Nachbar bewohnte das gegenüberliegende Grundstück und es ist daher davon auszugehen, dass dieser durchaus mit seinem Auto (ein solches ist auf der Aufnahme zu sehen) sein Haus verließ. Aufgrund des Kamerawinkels hätten auch Spaziergänger*innen und Anrainer*innen wohl den Bewegungsmelder ausgelöst. Da der BF selbst angab „keinen weiteren Beitrag zur Wahrheitsfindung“ leisten zu können (Antrag des BF vom 13.09.2022; OZ 7), ist nicht anzunehmen, dass die genaue Anzahl an Aufzeichnungen nachträglich noch eruiert werden kann. Von weiteren Erhebungen konnte daher abgesehen werden.

Selbiges gilt für die konkrete Anzahl der manuellen Aktivierungen der Kamera. Der BF gab an, mehrfach den Kamerawinkel über sein Smartphone kontrolliert zu haben, was darauf schließen lässt, dass der BF diese Funktion nutzte. Die konkrete Anzahl manuell ausgelöster (live-)Videoaufzeichnungen ist nachträglich jedoch nicht mehr feststellbar.

2.1.2. Der durch den Kamerawinkel eingestellte Aufnahmebereich ergibt sich aus der vorliegenden Aufnahme vom 18.08.2020 und ist darauf ersichtlich. Beispielhaft wurde ein Bildausschnitt aus der Videoaufnahme den Feststellungen beigefügt.

Die Feststellung, dass der Aufnahmebereich während des gesamten Tatzeitraums insbesondere Teilbereiche der öffentlichen Gemeindestraße sowie des Nachbargrundstücks zeigte, ergibt sich – wie die belangte Behörde bereits zutreffend ausführte – insbesondere aus dem vom BF angeführten Zweck der Videoüberwachung (siehe dazu die Rechtfertigung des BF vom 22.01.2021; OZ 1, S 50).

In seiner Rechtfertigung führte der BF aus, dass er durch die Anlage weitere Schäden an seinem Fahrzeug vermeiden bzw zumindest den Täter identifizieren wollte. Im ersten Absatz seiner Rechtfertigung ist zu erkennen, dass der Beschuldigte davon ausgeht, dass die „umtriebigen Nachbarskinder“, die mit Roller und Skateboards die Gemeindestraße an seiner Garage entlangfuhren, für bisherige Schäden verantwortlich sind („immer wieder zu zerkratzten Autos durch spielende Kinder gekommen ist“). Daher wollte er für seinen zweimonatigen Auslandsaufenthalt eine Kamera innerhalb seiner Garage anbringen. Wenn der BF zum Aufnahmebereich ausführt, dass dieser nur seine Garage und bis auf den Vorfall vom 18.08.2020 weder die unmittelbar angrenzende (öffentliche) Gemeindestraße, noch das Nachbargrundstück erfasst hätte, so kann es sich dabei nur um eine Schutzbehauptung des BF handeln. Dies gilt auch für die Behauptung des BF, er hätte nach dem Vorfall täglich den Kamerawinkel kontrolliert (Rechtfertigung des BF vom 22.01.2021; OZ 1, S 50). Würde man den Kamerawinkel – wie vom BF behauptet – „datenschutzkonform“ absenken, würde sich dieser wie folgt darstellen und nur die Bereiche unterhalb der vom Gericht eingefügten Linie/Pfeile erfassen:

Dass der BF den Winkel im Tatzeitraum tatsächlich derart weit nach unten ausrichtete, dass dabei die Hälfte seines Autos nicht mehr vom Aufnahmebereich erfasst wäre, ist nicht plausibel. Der BF gab selbst an die Kamera so eingestellt zu haben, dass nur sein Carport und die dazugehörige Einfahrt überwacht worden sei (Bescheidbeschwerde vom 07.10.2021; OZ 1, S 98).

Es ist offensichtlich, dass sich der Beschuldigte durch die minderjährigen Kinder seiner Nachbarn, die an seiner Garage entlangfuhren, gestört fühlte und daher die Kamera anbrachte. Wenn der Beschuldigte tatsächlich nur seine Garage aufzeichnen wollte, hätte er eine andere Kameraposition gewählt, indem er die Kamera vom Eingang der Garage aus in Richtung Innenbereich der Garage und nicht vom Innenbereich der Garage aus in Richtung Ausgang/Gemeindestraße und Grundstücke der Nachbarn ausrichtete. Es mag zwar sein, dass lediglich am hinteren Garagenende ausreichender WLAN Empfang sowie eine Stromquelle vorhanden waren (Bescheidbeschwerde vom 07.10.2021; OZ 1, S 98), dennoch würde eine datenschutzfreundlichere Absenkung des Kamerawinkels aus dieser Position nicht mehr den vom BF gewünschten Zweck erfüllen. Aus der vom BF gewählten Position würde eine Absenkung des Kamerawinkels – wie oben dargestellt – nämlich dazu führen, dass große Teile des Autos, wie auch das Heck als der wohl exponierteste Bereich nicht mehr vom Aufnahmebereich erfasst wären. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass der BF im Tatzeitraum einen Kamerawinkel wählte, mit dem er seinen Zweck nicht zielbringend erreichen kann.

Es ist darüber hinaus nicht glaubhaft, dass der Kamerawinkel lediglich am 18.08.2020 unabsichtlich Teile der Gemeindestraße und des Nachbargrundstücks erfasste. Wenn der Winkel tatsächlich nur an diesem Tag aus Versehen verschoben gewesen wäre, hätte er dies seinem Nachbar erklärt, den Winkel geändert und dies seinem Nachbarn mitgeteilt, um weitere Konfrontationen zu vermeiden. Der BF weigerte sich jedoch offenkundig den Kamerawinkel zu verändern und „drohte“ seinem Nachbarn mit – wohl frei erfundenen – weiteren Aufzeichnungen von Corona-Partys und Paketdiebstählen (siehe dazu den vorgelegten Chatverlauf des BF mit seinem Nachbarn; OZ 1, S 7). Erst als der Nachbar den BF mittels anwaltlichem Schreiben dazu aufforderte die Kamera in eine datenschutzkonforme Position zu bringen, montierte er die Kamera ersatzlos ab, statt den Winkel bzw Aufnahmebereich zu verändern.

2.1.3. Der Funktionsumfang der Kamera sowie die Verwaltung über eine Applikation auf dem Smartphone des BF ergibt sich aus seinem Vorbringen sowie einem vorgelegten Bild des BF von dieser App (Rechtfertigung des BF vom 22.01.2021; OZ 1, S 47, 50; Bescheidbeschwerde vom 07.10.2021; OZ 1, S 98).

2.1.4. Die Angaben zum Zweck der Datenverarbeitung ergeben sich aus der Rechtfertigung des BF vom 22.01.2021:

„Wie von unserem Nachbarn […] gemeldet, haben wir am 7. Juli eine Weitwinkelkamera zur Überwachung unserer Garage bzw. Carport installiert, da wir einen 2-monatigen Aufenthalt im Ausland geplant hatten und auch tätigten, und es in der Vergangenheit bei uns, und anderen Nachbarn immer wieder zu zerkratzten Autos durch spielende Kinder gekommen ist. Unsere Garage liegt noch dazu direkt an der Gemeindestrasse wo die sehr umtriebigen Nachbarskinder speziell die der Fam. […] täglich mit Roller, Skateboard etc. ohne Aufsicht unterwegs sind.“ (Rechtfertigung des BF vom 22.01.2021; OZ 1, S 50).

2.1.5. Die Feststellung, dass sich der BF und sein Nachbar kannten ist schon aufgrund der örtlichen Nähe naheliegend, aber auch aus dem übrigen Vorbringen ersichtlich, so hatten diese auch jeweils die Telefonnummer des Anderen (siehe die vorgelegten Screenshots von WhatsApp; OZ 1, S 7, 49).

2.1.6. Aus dem Vorbringen des BF ist ersichtlich, dass sich dieser nicht über die geltenden Datenschutzvorschriften informiert hat. Er ging davon aus, dass gar keine Datenverarbeitung vorliege, da er ja keine Aufzeichnungen „gespeichert“ habe. Im Übrigen ergibt sich aus seinem Vorbringe, dass er davon überzeugt war, dass er für seinen Zweck (Eigentumsschutz) berechtigt sei, den gewählten Aufnahmebereich zu überwachen.

Zumindest seit der Aufforderung des Nachbarn am 19.08.2020 ist jedenfalls davon auszugehen, dass sich der BF über die Datenschutzkonformität der Videoüberwachungsanlage Gedanken gemacht hat und es durchaus für möglich hielt, dass diese rechtswidrig sei. Wie oben bereits ausgeführt, veränderte der BF den Aufnahmewinkel trotz dieser Überlegungen nicht und montierte die Kamera erst am 08.09.2020 ab. Den Ausführungen des BF hinsichtlich seiner Schuld, war daher nur zum Teil (07.07.2020 bis 19.08.2020) Glauben zu schenken (siehe dazu auch die Bescheidbeschwerde vom 07.10.2021; OZ 1, S 98).

2.2. Die Kennzeichnung der Videoüberwachung ergibt sich aus den vorgelegten Lichtbildern (OZ 1, S 45 f; OZ 3, Beilage ./1).

Es gab im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür, dass der BF jemals daran zweifelte, dass der von ihm angebrachte Aufkleber unzureichend sei.

2.3. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie Sorgepflichten des BF ergeben sich aus seinen glaubwürdigen Angaben im Rahmen der Rechtfertigung vom 22.01.2021 (OZ 1, S 44).

2.4. Die beiden vor dem Bundesverwaltungsgericht gestellten Anträge ergeben sich aus den jeweiligen Schreiben des BF (OZ 3; OZ 7). Das Gericht hatte im gegenständlichen Fall bereits eine Verhandlung, wie vom BF in seiner Stellungnahme vom 17.05.2022 (OZ 3) beantragt, ausgeschrieben und entsprechende Ladungen verschickt (siehe OZ 5). Aus den Anträgen des BF sowie der Korrespondenz mit dem Vertreter des BF ist jedoch ersichtlich, dass dieser nicht zu einer Verhandlung an den Hauptsitz des Bundesverwaltungsgerichts in Wien, wo sich auch der Dienstort der zuständigen Gerichtsabteilung befindet, kommen wollte. So regte er „aus Kosten- und Zeitgründen bzw. der Verfahrensökonomie“ an, die Verhandlung an der Außenstelle des Bundesverwaltungsgerichtes in Innsbruck durchzuführen und gab an, aufgrund eines Termins seiner Ehegattin im Ausland, an diesem Tag verhindert zu sein (OZ 6).

Dass der BF nicht nach Wien kommen wollte, ergibt sich zuletzt auch aus seinem Antrag nach § 3 des 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetzes, ohne die dafür notwendige Gefährdung durch Covid-19 nachzuweisen. Eine solche kam auch sonst nicht hervor.

3. RECHTLICHE BEURTEILUNG

ZU A)

Zu Spruchpunkt I.

3.1. ZU DEN RECHTSGRUNDLAGEN:

3.1.1. Die gesetzlichen Grundlagen nach der DSGVO lauten auszugsweise wie folgt:

Art 4 Z 2 und 7 DSGVO:

Artikel 4 DSGVO

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck: […]

2. „Verarbeitung“ jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung; […]

7. „Verantwortlicher“ die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet; sind die Zwecke und Mittel dieser Verarbeitung durch das Unionsrecht oder das Recht der Mitgliedstaaten vorgegeben, so kann der Verantwortliche beziehungsweise können die bestimmten Kriterien seiner Benennung nach dem Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedstaaten vorgesehen werden; […]

Art 5 Abs 1 lit a und c DSGVO:

Artikel 5 DSGVO

Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten

1) Personenbezogene Daten müssen

a) auf rechtmäßige Weise, nach Treu und Glauben und in einer für die betroffene Person nachvollziehbaren Weise verarbeitet werden („Rechtmäßigkeit, Verarbeitung nach Treu und Glauben, Transparenz“); […]

c) dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein („Datenminimierung“); […]

Art 6 Abs 1 DSGVO:

Artikel 6 DSGVO

Rechtmäßigkeit der Verarbeitung

(1) Die Verarbeitung ist nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der nachstehenden Bedingungen erfüllt ist:

a) Die betroffene Person hat ihre Einwilligung zu der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten für einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben;

b) die Verarbeitung ist für die Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, oder zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich, die auf Anfrage der betroffenen Person erfolgen;

c) die Verarbeitung ist zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich, der der Verantwortliche unterliegt;

d) die Verarbeitung ist erforderlich, um lebenswichtige Interessen der betroffenen Person oder einer anderen natürlichen Person zu schützen;

e) die Verarbeitung ist für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde;

f) die Verarbeitung ist zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt. […]

Art 12 und 13 DSGVO:

Artikel 12 DSGVO

Transparente Information, Kommunikation und Modalitäten für die Ausübung der Rechte der betroffenen Person

(1) Der Verantwortliche trifft geeignete Maßnahmen, um der betroffenen Person alle Informationen gemäß den Artikeln 13 und 14 und alle Mitteilungen gemäß den Artikeln 15 bis 22 und Artikel 34, die sich auf die Verarbeitung beziehen, in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache zu übermitteln; dies gilt insbesondere für Informationen, die sich speziell an Kinder richten. Die Übermittlung der Informationen erfolgt schriftlich oder in anderer Form, gegebenenfalls auch elektronisch. Falls von der betroffenen Person verlangt, kann die Information mündlich erteilt werden, sofern die Identität der betroffenen Person in anderer Form nachgewiesen wurde.

(2) Der Verantwortliche erleichtert der betroffenen Person die Ausübung ihrer Rechte gemäß den Artikeln 15 bis 22. In den in Artikel 11 Absatz 2 genannten Fällen darf sich der Verantwortliche nur dann weigern, aufgrund des Antrags der betroffenen Person auf Wahrnehmung ihrer Rechte gemäß den Artikeln 15 bis 22 tätig zu werden, wenn er glaubhaft macht, dass er nicht in der Lage ist, die betroffene Person zu identifizieren.

(3) Der Verantwortliche stellt der betroffenen Person Informationen über die auf Antrag gemäß den Artikeln 15 bis 22 ergriffenen Maßnahmen unverzüglich, in jedem Fall aber innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags zur Verfügung. Diese Frist kann um weitere zwei Monate verlängert werden, wenn dies unter Berücksichtigung der Komplexität und der Anzahl von Anträgen erforderlich ist. Der Verantwortliche unterrichtet die betroffene Person innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags über eine Fristverlängerung, zusammen mit den Gründen für die Verzögerung. Stellt die betroffene Person den Antrag elektronisch, so ist sie nach Möglichkeit auf elektronischem Weg zu unterrichten, sofern sie nichts anderes angibt.

(4) Wird der Verantwortliche auf den Antrag der betroffenen Person hin nicht tätig, so unterrichtet er die betroffene Person ohne Verzögerung, spätestens aber innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags über die Gründe hierfür und über die Möglichkeit, bei einer Aufsichtsbehörde Beschwerde einzulegen oder einen gerichtlichen Rechtsbehelf einzulegen.

(5) Informationen gemäß den Artikeln 13 und 14 sowie alle Mitteilungen und Maßnahmen gemäß den Artikeln 15 bis 22 und Artikel 34 werden unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Bei offenkundig unbegründeten oder — insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung — exzessiven Anträgen einer betroffenen Person kann der Verantwortliche entweder

a) ein angemessenes Entgelt verlangen, bei dem die Verwaltungskosten für die Unterrichtung oder die Mitteilung oder die Durchführung der beantragten Maßnahme berücksichtigt werden, oder

b) sich weigern, aufgrund des Antrags tätig zu werden.

Der Verantwortliche hat den Nachweis für den offenkundig unbegründeten oder exzessiven Charakter des Antrags zu erbringen.

(6) Hat der Verantwortliche begründete Zweifel an der Identität der natürlichen Person, die den Antrag gemäß den Artikeln 15 bis 21 stellt, so kann er unbeschadet des Artikels 11 zusätzliche Informationen anfordern, die zur Bestätigung der Identität der betroffenen Person erforderlich sind.

(7) Die Informationen, die den betroffenen Personen gemäß den Artikeln 13 und 14 bereitzustellen sind, können in Kombination mit standardisierten Bildsymbolen bereitgestellt werden, um in leicht wahrnehmbarer, verständlicher und klar nachvollziehbarer Form einen aussagekräftigen Überblick über die beabsichtigte Verarbeitung zu vermitteln. Werden die Bildsymbole in elektronischer Form dargestellt, müssen sie maschinenlesbar sein.

(8) Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 92 delegierte Rechtsakte zur Bestimmung der Informationen, die durch Bildsymbole darzustellen sind, und der Verfahren für die Bereitstellung standardisierter Bildsymbole zu erlassen.

Artikel 13 DSGVO

Informationspflicht bei Erhebung von personenbezogenen Daten bei der betroffenen Person

(1) Werden personenbezogene Daten bei der betroffenen Person erhoben, so teilt der Verantwortliche der betroffenen Person zum Zeitpunkt der Erhebung dieser Daten Folgendes mit:

a) den Namen und die Kontaktdaten des Verantwortlichen sowie gegebenenfalls seines Vertreters;

b) gegebenenfalls die Kontaktdaten des Datenschutzbeauftragten;

c) die Zwecke, für die die personenbezogenen Daten verarbeitet werden sollen, sowie die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung;

d) wenn die Verarbeitung auf Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f beruht, die berechtigten Interessen, die von dem Verantwortlichen oder einem Dritten verfolgt werden;

e) gegebenenfalls die Empfänger oder Kategorien von Empfängern der personenbezogenen Daten und

f) gegebenenfalls die Absicht des Verantwortlichen, die personenbezogenen Daten an ein Drittland oder eine internationale Organisation zu übermitteln, sowie das Vorhandensein oder das Fehlen eines Angemessenheitsbeschlusses der Kommission oder im Falle von Übermittlungen gemäß Artikel 46 oder Artikel 47 oder Artikel 49 Absatz 1 Unterabsatz 2 einen Verweis auf die geeigneten oder angemessenen Garantien und die Möglichkeit, wie eine Kopie von ihnen zu erhalten ist, oder wo sie verfügbar sind.

(2) Zusätzlich zu den Informationen gemäß Absatz 1 stellt der Verantwortliche der betroffenen Person zum Zeitpunkt der Erhebung dieser Daten folgende weitere Informationen zur Verfügung, die notwendig sind, um eine faire und transparente Verarbeitung zu gewährleisten:

a) die Dauer, für die die personenbezogenen Daten gespeichert werden oder, falls dies nicht möglich ist, die Kriterien für die Festlegung dieser Dauer;

b) das Bestehen eines Rechts auf Auskunft seitens des Verantwortlichen über die betreffenden personenbezogenen Daten sowie auf Berichtigung oder Löschung oder auf Einschränkung der Verarbeitung oder eines Widerspruchsrechts gegen die Verarbeitung sowie des Rechts auf Datenübertragbarkeit;

c) wenn die Verarbeitung auf Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a oder Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a beruht, das Bestehen eines Rechts, die Einwilligung jederzeit zu widerrufen, ohne dass die Rechtmäßigkeit der aufgrund der Einwilligung bis zum Widerruf erfolgten Verarbeitung berührt wird;

d) das Bestehen eines Beschwerderechts bei einer Aufsichtsbehörde;

e) ob die Bereitstellung der personenbezogenen Daten gesetzlich oder vertraglich vorgeschrieben oder für einen Vertragsabschluss erforderlich ist, ob die betroffene Person verpflichtet ist, die personenbezogenen Daten bereitzustellen, und welche mögliche Folgen die Nichtbereitstellung hätte und

f) das Bestehen einer automatisierten Entscheidungsfindung einschließlich Profiling gemäß Artikel 22 Absätze 1 und 4 und — zumindest in diesen Fällen — aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik sowie die Tragweite und die angestrebten Auswirkungen einer derartigen Verarbeitung für die betroffene Person.

(3) Beabsichtigt der Verantwortliche, die personenbezogenen Daten für einen anderen Zweck weiterzuverarbeiten als den, für den die personenbezogenen Daten erhoben wurden, so stellt er der betroffenen Person vor dieser Weiterverarbeitung Informationen über diesen anderen Zweck und alle anderen maßgeblichen Informationen gemäß Absatz 2 zur Verfügung.

(4) Die Absätze 1, 2 und 3 finden keine Anwendung, wenn und soweit die betroffene Person bereits über die Informationen verfügt.

Art 83 Abs 5 lit a und b DSGVO:

Artikel 83 DSGVO

Allgemeine Bedingungen für die Verhängung von Geldbußen […]

(5) Bei Verstößen gegen die folgenden Bestimmungen werden im Einklang mit Absatz 2 Geldbußen von bis zu 20 000 000 EUR oder im Fall eines Unternehmens von bis zu 4 % seines gesamten weltweit erzielten Jahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahrs verhängt, je nachdem, welcher der Beträge höher ist:

a) die Grundsätze für die Verarbeitung, einschließlich der Bedingungen für die Einwilligung, gemäß den Artikeln 5, 6, 7 und 9,

b) die Rechte der betroffenen Person gemäß den Artikeln 12 bis 22; […]

3.1.2. Die gesetzlichen Grundlagen nach dem VStG lauten:

Schuld

§ 5. (1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

(1a) Abs. 1 zweiter Satz gilt nicht, wenn die Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von über 50 000 Euro bedroht ist.

(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

Strafen

§ 10. (1) Strafart und Strafsatz richten sich nach den Verwaltungsvorschriften, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist.

(2) Soweit für Verwaltungsübertretungen, insbesondere auch für die Übertretung ortspolizeilicher Vorschriften, keine besondere Strafe festgesetzt ist, werden sie mit Geldstrafe bis zu 218 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen bestraft.

Ersatzfreiheitsstrafe

§ 16. (1) Wird eine Geldstrafe verhängt, so ist zugleich für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen.

(2) Die Ersatzfreiheitsstrafe darf das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen. Eine Ersatzfreiheitsstrafe von mehr als sechs Wochen ist nicht zulässig. Sie ist ohne Bedachtnahme auf § 12 nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.

Strafbemessung

§ 19. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

3.2. ZUM VERFAHREN VOR DEM BUNDESVERWALTUNGSGERICHT:

Nach § 27 Abs 1 DSG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Senat unter anderem über Beschwerden gegen Bescheide der Datenschutzbehörde.

3.3. ZUR ERFÜLLUNG DES OBJEKTIVEN TATBESTANDS:

3.3.1. ZUR VERARBEITUNG:

Zur Verantwortlichkeit iSd DSGVO:

Die gegenständliche Videoüberwachungsanlage hat der BF in seiner Garage/Carport selbst montiert und in Betrieb genommen. Die belangte Behörde ging zutreffend davon aus, dass der BF Verantwortlicher iSd Art 4 Z 7 DSGVO war, was dieser auch nicht bestritt.

Als Verantwortlicher ist der Beschwerdeführer Adressat der Pflichten aus der DSGVO in Bezug auf den Datenschutz im Zusammenhang mit der in Frage stehenden Videoüberwachungsanlage.

Zur Verarbeitung iSd DSGVO:

Entgegen der Auffassung des BF umfasst der Begriff der „Verarbeitung“ nach Art 4 Z 2 DSGVO nicht nur das Speichern, sondern bereits das Erheben bzw Erfassen von personenbezogenen Daten. Generell ist der Begriff der Verarbeitung äußerst weit gefasst und umfasst nicht nur einzelne Vorgänge, sondern auch sogenannte „Vorgangsreihen“, somit mehrere aneinandergereihte Verarbeitungsvorgänge. Die DSGVO unterscheidet weder hinsichtlich der Intensität oder Dauer einer jeweiligen Verarbeitung, noch wird im Zusammenhang mit der für die Verarbeitung eingesetzten Technik eine Differenzierung vorgenommen (Jahnel, Kommentar zur Datenschutz-Grundverordnung Art 4 Z 2 DSGVO Rz 5, 18). Es kommt bereits deshalb nicht darauf an, dass der BF lediglich eine der Aufnahmen auf seinem Smartphone gespeichert bzw weiterversendet hat. Das automatisierte Erfassen von Teilbereichen des Nachbargrundstücks sowie der Gemeindestraße ist für eine Verarbeitung iSd DSGVO bereits ausreichend.

Zum Personenbezug:

Das von einer Kamera aufgezeichnete Bild einer Person fällt unter den Begriff der personenbezogenen Daten, sofern es die Identifikation der betroffenen Person ermöglicht (EuGH 11.12.2014 C-212/13 [Ryneš] Rz 2).

Im Fall von Bilddaten muss die abgebildete Person zumindest erkennbar sein; dafür reicht es auch aus, dass die Betroffenen im Nachhinein bestimmbar sind. Außerdem ist eine Identifikation einer Person möglich, wenn zwar die Information für sich genommen nicht ausreicht, um sie einer Person zuzuordnen, jedoch dies möglich ist, sobald man diese Information mit anderen Informationen verknüpft (OGH 27.11.2020, 6 Ob 150/19 f).

Der BF führte mehrfach aus, dass die gegenständlich installierte Kamera eine geringe Tiefenschärfe habe, bloß schwarz-weiß Aufnahmen liefere und eine Verpixelung im Gesichtsbereich vornehme, weshalb mit dem verwendeten Modell überhaupt keine Verarbeitung personenbezogener Daten möglich gewesen sei. Es mag zwar sein, dass mit der vom BF verwendeten Kamera eine „direkte“ Identifizierung von betroffenen Personen nicht möglich ist (dies sei dahingestellt), es reicht allerdings – wie die belangte Behörde bereits ausführte – bereits die indirekte Identifizierung für den Begriff der Verarbeitung aus. Für die Einstufung einer Information als personenbezogenes Datum ist es nicht erforderlich, dass die Information für sich genommen die Identifizierung der betreffenden Person ermöglicht (EuGH 19.10.2016, C-582/14 [Breyer] Rz 41). Indirekt identifizierbar bedeutet daher, dass der Verantwortliche (oder eine andere Person) durch Verknüpfung einzelner nur schwach ausgeprägter personenbezogener Merkmale oder aus dem Kontext einer Information die betroffene Person nach allgemeinem Ermessen unter Berücksichtigung aller zur Verfügung stehender Mittel wahrscheinlich bestimmen könnte (Bergauer in Jahnel, Kommentar zur Datenschutz-Grundverordnung Art 4 Z 1 DSGVO Rz 19).

Wie festgestellt, kennt der BF seinen Nachbarn und dessen Familie und weiß, dass dieser gegenüber wohnt. Dem BF ist es selbst ohne klare Erkennbarkeit des Gesichts möglich, seine Nachbarsfamilie auf der Aufnahme zu erkennen (beispielsweise, wenn der Nachbar sein Haus verlässt oder dessen Kinder mit Rollern und Skateboards die Straße entlangfahren). Generell ist der Begriff der personenbezogenen Daten derart weit gefasst, dass selbst Informationen darüber, ob der Nachbar zuhause ist, wie lange dieser wach ist (anhand des Lichts erkennbar), wann dieser mit seinem Auto in die Arbeit fährt bzw von dieser zurückkommt, oder wenn die Kinder des Nachbarn mit Rollern oder Skateboards die Gemeindestraße entlangfahren etc (somit Informationen über die Lebensgewohnheiten der Nachbarsfamilie), unter den Begriff der personenbezogenen Daten zu subsumieren ist (siehe zum weiten Verständnis der personenbezogenen Daten auch Hödl in Knyrim, DatKomm Art 4 DSGVO Rz 9). Wenn der Aufnahmebereich somit Teilbereiche des gegenüberliegenden Nachbarhauses und der dazwischenliegenden Gemeindestraße umfasst, liegen personenbezogene Daten vor.

Wie in der Beweiswürdigung unter Punkt II.2.1.2. dargestellt, umfasste der Aufnahmebereich während des gesamten Zeitraums vom 07.07.2020 bis 08.09.2020 Teilbereiche des parallel gegenüberliegenden Nachbargrundstücks sowie der öffentlichen Gemeindestraße.

Zum Tatzeitraum:

Der EuGH führte zu Videoüberwachungen folgendes aus:

Eine Überwachung mittels einer Videoaufzeichnung von Personen auf einer kontinuierlichen Speichervorrichtung, der Festplatte, stellt eine automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten dar. Somit ist ein kamerabasiertes Videoüberwachungssystem als automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne dieser Bestimmung einzustufen, wenn sich durch die installierte Vorrichtung personenbezogene Daten wie etwa Bilder, anhand derer natürliche Personen identifiziert werden können, aufzeichnen und speichern lassen (siehe EuGH 11.12.2019, C-708/18 [Asociatia de Proprietari bloc M5A-ScaraA] Rz 34 f).

Für den gegenständlichen Fall bedeutet das:

Aus der Funktionsweise der gegenständlichen Kamera, welche sich nur bei entsprechender Erkennung durch den Bewegungsmelder aktiviert, folgt, dass keine durchgehende Videoaufzeichnung auf einer kontinuierlichen Speichervorrichtung erfolgte. Allerdings ermöglichte die vom BF installierte Kamera durchaus Bilder/Videos aufzuzeichnen und zu speichern anhand derer natürliche Personen (zB der Nachbar des BF, oder dessen Kinder) identifiziert werden können. Die vom EuGH gewählte Formulierung legt nahe, dass bei der automatisierten Verarbeitung durch ein kamerabasiertes Videoüberwachungssystem bereits die „Fähigkeit“ personenbezogene Daten zu erfassen ausreichend ist, um von einer Verarbeitung zu sprechen (vergleiche hierzu auch die englische Fassung „[…] where the device installed enables personal data […] to be recorded and stored“; EuGH 11.12.2019, C-708/18 [Asociatia de Proprietari bloc M5A-ScaraA] Rz 35). Dieses Verständnis deckt sich auch mit der weiten Definition von Art 4 Z 2 DSGVO, welcher auch Vorgangsreihen umfasst. Wenn nun also ein kamerabasiertes Videoüberwachungssystem (wie im gegenständlichen Fall mit Bewegungsmelder) „scharf“ gestellt ist, liegt während des gesamten Betriebszeitraums ein automatisierter Verarbeitungsvorgang bzw eine Vorgangsreihe vor, unabhängig davon, wie oft genau der Bewegungsmelder eine konkrete Videoaufnahme auslöste. Der eingestellte Aufnahmebereich wird über den Bewegungsmelder durchgehend überwacht, wodurch sämtliche Bewegungen (oder auch Lichtveränderungen) aufgezeichnet werden.

Die belangte Behörde hat den „Tatzeitraum“ somit zu Recht von 07.07.2020 bis 08.09.2020 angenommen, da es bei einem kamerabasierten Videoüberwachungssystem nicht notwendig ist, dass eine durchgehende Videoaufzeichnung stattfindet. Es ist ausreichend, wenn die einzelnen konkreten Aufnahmen (allesamt gleichartig und ähnlich) im Rahmen eines Gesamtkonzepts (Überwachung des eingestellten Aufnahmebereichs) zu einer Einheit zusammentreten. Dadurch liegt ein einheitlicher/durchgehender automatisierter Verarbeitungsvorgang von 07.07.2020 bis 08.09.2020 vor.

3.3.2. Zur Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung (Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheids):

Gemäß den Verarbeitungsgrundsätzen nach Art 5 DSGVO müssen personenbezogene Daten – soweit verfahrensrelevant – auf rechtmäßige Weise, nach Treu und Glauben und in einer für die betroffene Person nachvollziehbaren Weise verarbeitet werden („Rechtmäßigkeit, Verarbeitung nach Treu und Glauben, Transparenz“; siehe Art 5 Abs 1 lit a DSGVO) sowie dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein („Datenminimierung“; sie Art 5 Abs 1 lit c DSGVO).

Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist ua gemäß Art 6 Abs 1 lit f DSGVO dann rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung berechtigter Interessen des Verantwortlichen (oder eines Dritten) erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt. Es ist eine einzelfallbezogene Interessensabwägung durchzuführen, bei der die berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten für die Verarbeitung den Interessen oder Grundrechten und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, gegenüberzustellen sind (zur vergleichbaren Vorgängerbestimmung des Art 7 lit f Datenschutzrichtlinie 95/46/EG vgl EuGH 04.05.2017, C-13/16 [Rīgas satiksme] Rz 31). Dabei sind einerseits die Interessen des Verantwortlichen und von Dritten (mögliche Geschäftspartner der mitbeteiligten Partei) sowie andererseits die Interessen, Rechte und Erwartungen der betroffenen Person zu berücksichtigen (ErwG 47 DSGVO).

Wie die belangte Behörde bereits zutreffend ausführte ist eine Verarbeitung nach Art 6 Abs 1 lit f DSGVO unter drei kumulativen Voraussetzungen zulässig: 1. Wahrnehmung eines berechtigten Interesses des Verantwortlichen, 2. Erforderlichkeit der Verarbeitung und 3. kein Überwiegen der Grundrechte und Grundfreiheiten der Betroffenen (vgl EuGH 11.12.2019, C-708/18 [Asociatia de Proprietari bloc M5A-ScaraA] Rz 40 mwN).

Für den gegenständlichen Fall bedeutet das:

Der BF verfolgte mit der Datenverarbeitung das berechtigte Interesse sein Eigentum vor Beschädigungen zu schützen und die Täter zu identifizieren (siehe dazu auch die Ausführungen hinsichtlich des Zwecks der Datenverarbeitung).

Das Kriterium der Erforderlichkeit ist eng mit dem Grundsatz der Datenminimierung (Art 5 Abs 1 lit c DSGVO) verbunden. Die verarbeiteten Daten müssen demnach dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein (siehe Jahnel, Kommentar zur Datenschutz-Grundverordnung Art 6 DSGVO Rz 14, 76). Es ist denkbar, dass die Überwachung des Nachbargrundstücks sowie der Gemeindestraße zur Erreichung des Zwecks notwendig war, schließlich wollte der BF die Nachbarskinder bei etwaigen Beschädigungen seiner Autos während seiner Abwesenheit identifizieren. Es kann jedoch nicht erblickt werden, inwiefern die zweimonatige Überwachung von Teilbereichen des parallel gegenüberliegenden Nachbargrundstücks sowie der öffentlichen Gemeindestraße diesbezüglich angemessen waren. Insofern geht die Datenverarbeitung über das zur Erreichung des Zwecks erforderliche Maß hinaus und ist daher nicht erforderlich. Der BF hätte einen anderen Kamerawinkel sowie allenfalls eine andere Montageposition wählen müssen, selbst wenn dies allenfalls mit Hürden (Stromversorgung, WLAN-Empfang) verbunden gewesen wäre.

Der belangten Behörde ist dahingehend recht zu geben, dass das Geheimhaltungsinteresse der Nachbarn des BF (sowie auch allenfalls auf der Gemeindestraße vorbeikommenden Passanten oder Besuchern der Nachbarn) höher wiegt, als jenes des BF. Die gegenständliche Videoüberwachungsanlage löste bereits bei Bewegungen am Nachbargrundstück sowie auf der Gemeindestraße vor der Garage des BF aus und überwachte diesen Bereich über zwei Monate hinweg. Wie unter Punkt II.3.3.1. dargestellt, kann aus dem Datenmaterial auf zahlreiche Lebensgewohnheiten insbesondere der gegenüberliegenden Nachbarsfamilie geschlossen werden, was im Vergleich zum vom BF angestrebten Zweck einen unverhältnismäßigen Eingriff in deren Privat- und Geheimhaltungssphäre darstellt.

Darüber hinaus kann an dieser Stelle auf die Leitlinien der EDSA zur Videoüberwachung verwiesen werden, wonach vor Inbetriebnahme zu prüfen ist, ob Videoüberwachungsmaßnahmen unbedingt erforderlich sind. Zu denken ist hier insbesondere an ein klärendes Gespräch mit dem Nachbarn über die Spielgewohnheiten seiner Kinder. Ferner sollten alternative Sicherheitsmaßnahmen angedacht werden, wie beispielsweise die Anbringung einer Kette oder ähnlichem am Garageneingang, um Personen (hier spielende Kinder) während der Abwesenheit des BF daran zu hindern in die Nähe der Autos zu kommen oder auch das Umparken des KFZ während der Abwesenheit (weiter in die Garage hinein), um die Gefahr etwaiger Beschädigungen durch Unachtsamkeiten zu minimieren. Selbst wenn eine Videoüberwachung unbedingt erforderlich erscheint, müssen Maßnahmen zur Einschränkung des Erfassungsbereichs, wie das Anbringen einer physischen Blende, oder das Verpixeln nicht relevanter Bereiche, getroffen werden (siehe dazu die EDSA Leitlinien 3/2019 zur Verarbeitung personenbezogener Daten durch Videogeräte, Version 2.1., Rz 25-27).

Im Ergebnis ist die vom BF betriebene Videoüberwachungsanlage weder unbedingt erforderlich, noch überwiegen die Interessen des BF jenen der Betroffenen (insb. Nachbarn) und es wurden keine alternativen Maßnahmen gesetzt. Art 6 Abs 1 lit f DSGVO kommt daher als Verarbeitungsgrundlage nicht in Frage.

Einen darüberhinausgehenden Tatbestand für die Rechtmäßigkeit der Videoüberwachungsanlage (vgl Art 6 Abs 1 lit. a. – e. DSGVO) brachte der Beschwerdeführer nicht vor. Es lag auch keine Einwilligung der Nachbarn des BF vor. Der Umstand, dass diese den Einbau beobachteten und keinerlei Bedenken äußerten, ist nicht als Zustimmung zu werten (siehe zu den Kriterien der Einwilligung in eine Datenverarbeitung Art 7 DSGVO sowie ErwGr 32 DSGVO). Ein sonstiger Rechtfertigungstatbestand ergibt sich auch sonst nicht aus dem Verfahren.

Damit ist der objektive Tatbestand eines Verstoßes gegen die Grundsätze für die Verarbeitung des Art 5 Abs 1 lit a und c und des Art 6 Abs 1 DSGVO erfüllt, da weder dem Grundsatz der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung, noch dem Grundsatz der Datenminimierung gefolgt wurde, noch ein ausreichend berechtigtes Interesse des Beschwerdeführers gegeben war.

Die Strafbarkeit dieses Verstoßes gründet sich auf Art 83 Abs 5 lit a DSGVO.

3.3.3. Zur Informationspflicht (Spruchpunkt II. des bekämpften Bescheids):

Die Grundsätze einer fairen und transparenten Verarbeitung machen es erforderlich, dass die betroffene Person über die Existenz des Verarbeitungsvorgangs und seine Zwecke unterrichtet wird. Der Verantwortliche sollte der betroffenen Person alle weiteren Informationen zur Verfügung stellen, die unter Berücksichtigung der besonderen Umstände und Rahmenbedingungen, unter denen die personenbezogenen Daten verarbeitet werden, notwendig sind, um eine faire und transparente Verarbeitung zu gewährleisten (siehe ErwGr 60 DSGVO). Die Informationspflicht nach Art 13 DSGVO steht außerdem im engen Zusammenhang mit Art 5 Abs 1 lit a DSGVO, der eine Verarbeitung „in einer für die betroffene Person nachvollziehbaren Weise“ (Grundsatz der Transparenz) fordert (Jahnel, Kommentar zur Datenschutz-Grundverordnung Art 13 DSGVO Rz 1).

Der EDSA ist der Ansicht, dass die Informationen des Art 13 DSGVO auf zwei Ebenen erteilt werden können. Zu den wichtigsten Informationen (erste Ebene) zählen demnach die Angaben zur Identität bzw die Kontaktdaten des Verantwortlichen, der Zweck der Verarbeitung sowie das Bestehen von Betroffenenrechten. Hinzu kommt, dass diese Informationen jedenfalls so angebracht sein sollten, dass sie bereits leicht erkannt werden können, bevor der überwachte Bereich betreten wird (siehe die EDSA Leitlinien 3/2019 zur Verarbeitung personenbezogener Daten durch Videogeräte, Version 2.1., Rz 112 ff).

Der BF hat die Videoüberwachungsanlage lediglich mit einem Aufkleber mit der Abbildung einer Kamera und den Worten „ACHTUNG VIDEOÜBERWACHUNG“ gekennzeichnet (siehe Punkt II.1.2.). Weitere Informationen fehlten gänzlich. Es bleibt nicht unberücksichtigt, dass die Nachbarsfamilie den BF kannte und auch der Anbringungsort in einer privaten Garage Aufschluss über die Identität des Verantwortlichen gibt, allerdings dachte der Nachbar des BF bis zum Erhalt der Aufnahme vom 18.08.2020, dass es sich bei der Kamera um eine Attrappe handelt (siehe die Stellungnahme des Nachbarn vom 15.10.2020; OZ 1, S 6). Unabhängig davon, ob der Nachbar nun tatsächlich von einer Attrappe ausging, so hätte er jedenfalls nicht damit rechnen müssen, dass Teilbereiche seines Hauses erfasst sind. Selbiges gilt für all jene Personen, die den vom Aufnahmebereich erfassten Teil der Gemeindestraße betreten haben (siehe diesbezüglich auch die Anforderungen an eine transparente Information nach Art 12 DSGVO). Insofern kann die Kenntnis von Namen und Kontaktdaten des Nachbars nicht ins Gewicht fallen. Zentraler Grundsatz für eine Verarbeitung ist nämlich, dass Betroffene Personen rechtzeitig über die Existenz einer Verarbeitung Bescheid wissen, was gegenständlich – insbesondere durch die Positionierung des Aufklebers und den mangelhaften Informationen darauf – nicht der Fall war.

Der Aufkleber des BF war somit mangelhaft angebracht und enthielt keine der von Art 13 DSGVO geforderten Informationen, wie etwa Namen und Kontaktdaten des Verantwortlichen, Zwecke, berechtigte Interessen, Dauer der Verarbeitung, oder Informationen über die Betroffenenrechte. Es erfolgte somit keine geeignete Kennzeichnung zum festgestellten Betriebszeitraum der Videoüberwachungsanlage, weshalb der BF gegen das Transparenzgebot bzw die Informationspflicht des Art 5 Abs 1 lit a iVm Art 12 und Art 13 DSGVO verstoßen hat.

Die Strafbarkeit dieses Verstoßes gründet sich auf Art 83 Abs 5 lit a und b DSGVO.

3.4. ZUR ERFÜLLUNG DES SUBJEKTIVEN TATBESTANDS:

Wie dargestellt, richtete der BF als Verantwortlicher die Kamera selbst aus und kontrollierte deren Einstellung. Der BF kannte somit den festgestellten Aufnahmebereich. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist dies jedoch für die Annahme des Vorsatzes nicht ausreichend. Der Tatbestand des Art 83 Abs 5 lit a bzw b DSGVO setzt (vereinfacht gesagt) einen Verstoß gegen die Grundsätze für die Verarbeitung nach Art 5 DSGVO bzw die Rechte der betroffenen Person gemäß Art 12 bis 22 DSGVO voraus. Objektiv liegen diese wie dargestellt vor.

Allerdings zeigt sich im gegenständlichen Fall anhand der Ausführungen des BF, dass dieser einem Verbotsirrtum hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung sowie der Informationspflicht unterlag. Dem BF ist die Verbotsunkenntnis allerdings vorwerfbar, wenn er sich – trotz Veranlassung hierzu – über den Inhalt der einschlägigen Normen nicht näher informiert hat. Es besteht also insoweit eine Erkundungspflicht. Der VwGH bejaht eine solche Erkundungspflicht praktisch durchgehend, wenn die Existenz einschlägiger Regeln für die jeweilige Tätigkeit erkennbar ist (vgl Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 5 Rz 18). Dem BF musste es bekannt sein, dass es einschlägige Datenschutzvorschriften gibt, umso mehr, als über die DSGVO seit deren Wirksamwerden im Jahre 2018 breit in der Öffentlichkeit informiert und diskutiert wurde, eine große Anzahl von medialen Beiträgen zu diesem Thema erschienen ist und Datenschutz durch das Internet und die Digitalisierung ein ständiger Begleiter ist (man denke hierbei an Datenschutzerklärungen und Cookie-Einwilligungen im Internet). Unterlässt der Beschuldigte bei gebotener Informationspflicht derartige Erkundigungen, ist der Verbotsirrtum vorwerfbar (VwGH 10.02.1999, 98/09/0298).

Entgegen der Ausführungen der belangten Behörde ist nicht davon auszugehen, dass der BF die Rechtswidrigkeit der Datenverarbeitung sowie die unzureichende Kennzeichnung der Videoüberwachungsanalage und die damit einhergehende Verletzung der Informationspflicht während des gesamten Tatzeitraums ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat (Eventualvorsatz) bzw diese sogar bewusst begangen hat. Selbst wenn dem BF bewusst war, dass der Aufnahmebereich seiner Kamera auch das Nachbargrundstück und die Gemeindestraße mitumfasste – diesbezüglich ist der belangten Behörde beizupflichten – so dachte der BF vom 07.07.2020 bis 19.08.2020 irrtümlich, dass die Datenverarbeitung für seine Zwecke (Eigentumsschutz) gerechtfertigt sei bzw dass überhaupt keine Datenverarbeitung vorliege. In diesem Zeitraum handelte der BF daher fahrlässig (vorwerfbarer Verbotsirrtum), da er sich trotz Veranlassung dazu nicht über die geltenden Datenschutzvorschriften informierte. Zumindest seit dem 19.08.2020 nach der Aufforderung seines Nachbarn, die Kamera in eine datenschutzkonforme Position zu bringen, muss es der BF allerdings ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden haben, dass der Kamerawinkel zu hoch eingestellt ist und er damit gegen Datenschutzvorschriften verstößt. Da er den Kamerawinkel – wie festgestellt – jedoch nicht verändert hat und die Kamera erst am 08.09.2020 abmontierte handelte der BF vom 19.08.2020 bis 08.09.2020 diesbezüglich vorsätzlich.

Hinsichtlich der Kennzeichnung der Kamera dachte der BF, dass der von ihm angebrachte Aufkleber ausreichend sei. Hinsichtlich der Kennzeichnung liegt daher für den gesamten Tatzeitraum vom 07.07.2020 bis 08.09.2020 Fahrlässigkeit (vorwerfbarer Verbotsirrtum) vor.

Im Ergebnis liegt daher auf der subjektiven Tatseite Verschulden in Form von vorsätzlichem und fahrlässigem Verhalten iSd Art 83 Abs 2 lit b DSGVO vor.

3.5. ZUR STRAFBEMESSUNG:

Der BF machte im Beschwerdeverfahren aktuelle Angaben zu seinen Einkommensverhältnissen (siehe die Beilage zur Aufforderung zur Rechtfertigung vom 20.01.2021; OZ 1, S 44), womit diese den Überlegungen zur Strafbemessung zugrunde gelegt werden.

Durch Art 83 Abs 3 DSGVO wird in Abweichung zu dem mit § 22 Abs 2 VStG normierten Kumulationsprinzip angeordnet, dass in Fällen gleicher oder miteinander verbundener Verarbeitungsvorgänge, durch die vorsätzlich oder fahrlässig gegen mehrere Bestimmungen der DSGVO verstoßen wird, der Gesamtbetrag der Geldbuße nicht den Betrag für den schwerwiegendsten Verstoß übersteigt. Somit gilt im Anwendungsbereich der DSGVO – wie im vorliegenden Fall zur Anwendung gebracht – das Absorptionsprinzip des Art 83 Abs 3 DSGVO. Die Geldbuße war daher anhand der Strafdrohung des Art 83 Abs 5 DSGVO zu bemessen. Der Strafrahmen reicht gemäß Art 83 Abs 5 DSGVO bis zu einem Betrag von EUR 20.000.000,--.

Die Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist (VwGH 05.09.2013, 2013/09/0106).

Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat (§ 19 Abs 1 VStG). Überdies sind die in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögens-verhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen (§ 19 Abs 2 VStG).

Art 83 Abs 2 DSGVO sieht im Rahmen der Strafbemessung die folgenden Kriterien vor:

(2) Geldbußen werden je nach den Umständen des Einzelfalls zusätzlich zu oder anstelle von Maßnahmen nach Artikel 58 Absatz 2 Buchstaben a bis h und j verhängt. Bei der Entscheidung über die Verhängung einer Geldbuße und über deren Betrag wird in jedem Einzelfall Folgendes gebührend berücksichtigt:

a) Art, Schwere und Dauer des Verstoßes unter Berücksichtigung der Art, des Umfangs oder des Zwecks der betreffenden Verarbeitung sowie der Zahl der von der Verarbeitung betroffenen Personen und des Ausmaßes des von ihnen erlittenen Schadens;

b) Vorsätzlichkeit oder Fahrlässigkeit des Verstoßes;

c) jegliche von dem Verantwortlichen oder dem Auftragsverarbeiter getroffenen Maßnahmen zur Minderung des den betroffenen Personen entstandenen Schadens;

d) Grad der Verantwortung des Verantwortlichen oder des Auftragsverarbeiters unter Berücksichtigung der von ihnen gemäß den Artikeln 25 und 32 getroffenen technischen und organisatorischen Maßnahmen;

e) etwaige einschlägige frühere Verstöße des Verantwortlichen oder des Auftragsverarbeiters;

f) Umfang der Zusammenarbeit mit der Aufsichtsbehörde, um dem Verstoß abzuhelfen und seine möglichen nachteiligen Auswirkungen zu mindern;

g) Kategorien personenbezogener Daten, die von dem Verstoß betroffen sind;

h) Art und Weise, wie der Verstoß der Aufsichtsbehörde bekannt wurde, insbesondere ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Verantwortliche oder der Auftragsverarbeiter den Verstoß mitgeteilt hat;

i) Einhaltung der nach Artikel 58 Absatz 2 früher gegen den für den betreffenden Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter in Bezug auf denselben Gegenstand angeordneten Maßnahmen, wenn solche Maßnahmen angeordnet wurden;

j) Einhaltung von genehmigten Verhaltensregeln nach Artikel 40 oder genehmigten Zertifizierungsverfahren nach Artikel 42 und

k) jegliche anderen erschwerenden oder mildernden Umstände im jeweiligen Fall, wie unmittelbar oder mittelbar durch den Verstoß erlangte finanzielle Vorteile oder vermiedene Verluste.

Bezogen auf den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt wurde von ihr bei der Strafbemessung Folgendes erschwerend berücksichtigt:

Art, Dauer und Schwere des Verstoßes:

– Der unrechtmäßige Betrieb der Videoüberwachungsanlage hat im Tatzeitraum (somit zwei Monate lang) insbesondere die grundrechtlich geschützten Rechte der gegenüberliegenden Nachbarn (vor allem deren Recht auf Geheimhaltung nach § 1 Abs 1 DSG sowie die Achtung des Privat- und Familienlebens und das Recht auf Schutz personenbezogener Daten nach Art 7 und 8 EU-GRC verletzt,

– Außerdem wurde die Videoüberwachungsanlage rund um die Uhr über zwei Monate lang betrieben bzw war diese stets betriebsbereit (sobald eine betroffene Person den Aufnahmebereich betrat, wurde – unabhängig von der Uhrzeit – die Aufzeichnung gestartet und der Beschuldigte über die Aktivität (zB wenn die Nachbarn die Zufahrt zu ihrem Grundstück nutzten oder sich auf der Terrasse befanden) am Mobiltelefon oder sonstigem Endgerät informiert.

– Der Verstoß wurde vom Beschuldigten vorsätzlich begangen

Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu erwogen:

Die von der Behörde angeführten erschwerenden Umstände der Tat (Art, Dauer, Schwere des Verstoßes) sieht der erkennende Senat weiterhin als gegeben vor.

Hinsichtlich der Schuld konnte jedoch – abweichend zum Straferkenntnis der belangten Behörde – hinsichtlich des Spruchpunkt I. (Videoüberwachung) Vorsatz nur hinsichtlich eines Teils des Tatzeitraums (vom 07.07.2020 bis 19.08.2020) angenommen werden. Für den übrigen Tatzeitraum sowie hinsichtlich des Spruchpunkt II. des angefochtenen Straferkenntnisses (Kennzeichnung) wurde generell nur Fahrlässigkeit festgestellt.

Somit liegt der von der belangten Behörde als erschwerend gewertete Grund der Vorsätzlichkeit hinsichtlich des ersten Vorwurfs für einen erheblichen Teil des Tatzeitraums (rund zwei Drittel) nicht vor und hinsichtlich des zweiten Vorwurfs generell nur Fahrlässigkeit vor.

Die als mildernd gewerteten Gründe, wie das Fehlen von einschlägigen Vorstrafen bzw. Verstöße gegen die DSGVO, der Beitrag zur Wahrheitsfindung und die Entfernung der Kamera liegen nach Ansicht des erkennenden Senats weiterhin vor.

Unberücksichtigt blieb allerdings der Milderungsgrund, dass der BF die Tat zum Teil in einem die Schuld nicht ausschließenden Rechtsirrtum begangen hat (siehe dazu §§ 34 Abs 1 Z 12 iVm 9 StGB).

Die von der Behörde als mildernd berücksichtigten finanziellen Auswirkungen der Covid-19 Pandemie stellen zwar keinen Milderungsgrund dar, waren jedoch bei der Bemessung der Strafhöhe, ebenso wie die Sorgfalts- und Unterhaltspflichten des BF entsprechend zu berücksichtigen.

Es scheint daher in diesem Fall aufgrund des geringeren Grades des Verschuldens und des unberücksichtigt gebliebenen Milderungsgrundes des Rechtsirrtums eine niedrige Geldstrafe aus spezialpräventiver Sicht ausreichend, um den unbescholtenen BF in Zukunft wirksam von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten (siehe dazu auch die Rechtsprechung des VwGH beim Wegfallen von Erschwerungsgründen: VwGH 07.03.2016, Ra 2015/02/0225).

Die von der belangten Behörde festgesetzte Strafe war daher entsprechend herabzusetzen.

3.5.1. ZU DEN KOSTEN DES VERWALTUNGSSTRAFVERFAHRENS SOWIE DES BESCHWERDEVERFAHRENS:

Gemäß § 64 Abs 1 VStG ist im Straferkenntnis auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Gemäß § 64 Abs 2 VStG ist dieser Beitrag für das Verfahren erster Instanz mit 10% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen. Der Beitrag zu den Kosten war aufgrund der Herabsetzung der verhängten Strafe entsprechend zu reduzieren.

Aus den vorgenannten Gründen war der Beschwerde hinsichtlich des Ausspruchs über die verhängte Strafe teilweise Folge zu geben. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht waren dem BF gemäß § 52 Abs 1 und Abs 2 VwGVG nicht aufzuerlegen, weil seiner Beschwerde teilweise Folge gegeben wurde.

3.6. ES WAR DAHER SPRUCHGEMÄSS ZU ENTSCHEIDEN.

3.7. ZUR ZULÄSSIGKEIT VON VSTG VERFAHREN WÄHREND STRAFVERFAHREN (SIEHE DAZU DAS VORBRINGEN DES BF IN DER STELLUNGNAHME VOM 17.05.2022; OZ 3, S 3):

GEMÄSS § 30 VSTG SIND IN FÄLLEN, IN DENEN EINEM BESCHULDIGTEN EINE VERWALTUNGSÜBERTRETUNG UND EINE VON EINEM GERICHT ZU AHNDENDE STRAFBARE HANDLUNG ZUR LAST GELEGT WERDEN, DIESE UNABHÄNGIG VONEINANDER ZU VERFOLGEN UND ZWAR IN DER REGEL AUCH DANN, WENN DIE STRAFBAREN HANDLUNGEN DURCH EIN UND DIESELBE TAT BEGANGEN WORDEN SIND.

DARÜBER HINAUS IST DER UNRECHTSGEHALT DER VOM BF ANGEFÜHRTEN DELIKTE, WIE BEISPIELSWEISE JENER DES § 207A STGB (KINDERPORNOGRAFIE) EIN ANDERER, ALS EINER UNRECHTMÄSSIGEN DATENVERARBEITUNG BZW INFORMATIONSPFLICHTVERLETZUNG. AUSSERDEM WURDEN DIE VOM BF ANGEFÜHRTEN GERICHTLICHEN STRAFTATEN BEREITS IM STADIUM DES ERMITTLUNGSVERFAHRENS EINGESTELLT.

Das Verwaltungsstrafverfahren war daher zulässig.

3.8. ZUR VERHANDLUNGSPFLICHT:

Gemäß § 44 Abs 1 VwGVG, welcher in Verwaltungsstrafverfahren heranzuziehen ist (VwGH 31.07.2014, Ra 2014/02/0011), hat das Verwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die in § 44 Abs 3 VwGVG aufgezählten Gründe für das Absehen von der Verhandlung liegen insbesondere aufgrund der Strafhöhe und des Anfechtungsumfangs nicht vor.

Allerdings hat der anwaltlich vertretene BF in seinem Schriftsatz vom 13.09.2022 (OZ 7) auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ausdrücklich verzichtet, sofern seinem Antrag auf eine fernmündliche Verhandlung „aus welchem Grund auch immer“ nicht stattgegeben wird. Der BF legte keinerlei Nachweise für eine Gefährdung durch Covid-19 vor und solche kamen auch sonst nicht hervor, weshalb von einer fernmündlichen Verhandlung Abstand genommen wurde. Die Lage stellte sich vielmehr so dar, dass der BF schlichtweg nicht zur mündlichen Verhandlung nach Wien kommen wollte. Außerdem gab der BF bekannt, dass er durch seine eigene Parteiaussage „keinen weiteren Beitrag zur Wahrheitsfindung leisten kann“, weshalb eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war.

Aufgrund des Verzichts auf die mündliche Verhandlung, konnte das Verwaltungsgericht von der Durchführung einer Verhandlung iSd § 44 Abs 5 VwGVG absehen.

ZU B) ZULÄSSIGKEIT DER REVISION:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt und es dazu keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs gibt, nämlich zum Verarbeitungsbegriff einer Videoüberwachung welche durch Bewegungsmelder auslöst, sowie den Strafbestimmungen der DSGVO.

3.9. Zahlungsinformation

Sie haben den Gesamtbetrag von EUR 440,-- (Strafe, Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens) binnen 2 Wochen auf das Konto des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) mit dem IBAN AT84 0100 0000 0501 0167 (BIC BUNDATWW) unter Angabe der Verfahrenszahl spesenfrei für den Empfänger oder unter Mitnahme dieses Erkenntnisses beim Bundesverwaltungsgericht einzuzahlen. Bei Verzug muss damit gerechnet werden, dass der Betrag nach erfolgter Mahnung zwangsweise eingetrieben und im Fall seiner Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt werden wird.

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