IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Maria Daniel in der Beschwerdesache Bf***, Bf-Adr***, über die Beschwerde vom 6. November 2024 gegen den Rückforderungsbescheid des Finanzamtes Österreich vom 16. Oktober 2024 betreffend Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für A*** sowie betreffend Familienbeihilfe für B***, jeweils für den Zeitraum September 2023 bis Juni 2024 (in Summe € 2.660,80) zu Recht:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensverlauf
Anlässlich einer Anspruchsüberprüfung betreffend Familienbeihilfe, teilte die Beschwerdeführerin der belangten Behörde mit, dass ihr Sohn A*** ab September 2023 ein Studium in London begonnen hat.
Mit Bescheid vom 16.10.2024 forderte die belangte Behörde Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für A*** und Familienbeihilfe (Geschwisterstaffel) für B*** für den Zeitraum September 2023 bis Juni 2024 zurück, da für Kinder, die sich ständig in einem Drittstaat aufhalten, kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe.
In der rechtzeitig eingebrachten Beschwerde vom 6.11.2024 vertritt die Beschwerdeführerin die Ansicht, dass sich ihr Sohn lediglich vorübergehend im Ausland aufhalte. Nach Abschluss des Auslandsstudiums beabsichtige ihr Sohn nach Österreich zurückzukehren. Der Lebensmittelpunkt des Sohnes liege weiterhin in Österreich, da er nach wie vor in Österreich gemeldet sei und sich auch seine sozialen Kontakte in Österreich befinden.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 23.1.2025 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In der Begründung verweist die belangte Behörde neben dem Ausschlussgrund des § 5 Abs 3 FLAG 1967 auf die Judikatur des VwGH, wonach bei der Frage des ständigen Aufenthaltes nicht auf subjektive Kriterien, sondern auf das objektive Kriterium der grundsätzlichen körperlichen Anwesenheit abzustellen sei.
Mit Schreiben vom 17.2.2025 beantragte die Beschwerdeführerin die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist strittig, ob der Bezug der Familienbeihilfe für den Zeitraum September 2023 bis Juni 2024 für A*** durch die Beschwerdeführerin zu Recht erfolgte.
Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin hat im Zeitraum September 2023 bis Juni 2024 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für ihren Sohn A*** (geb. TTMMJJJJ***) und den Erhöhungsbetrag gem § 8 Abs 3 FLAG 1967 für B*** (geb. TTMMJJJJ***) bezogen (in Summe € 2.660,80).
A*** hielt sich anlässlich eines Studiums seit September 2023 im Vereinten Königreich (UK) auf.
Die Ferien verbrachte der Sohn der Beschwerdeführerin in Österreich. Er hielt sich im Zeitraum September 2023 bis Juni 2024 an 102 Tagen in Österreich auf. Die restlichen Tage dieses Zeitraums (202 Tage) verbrachte er im Vereinigten Königreich (UK).
Nach Beendigung des Studiums (März 2026) hat A*** die Absicht, nach Österreich zurückzukehren.
Beweiswürdigung
Die Anwesenheiten in Österreich ergeben sich aus den vorgelegten Flugtickets und decken sich mit den Anmerkungen im Studienkalender. Der Sachverhalt ist zudem nicht strittig.
Rechtliche Würdigung
Gem § 5 Abs 3 FLAG 1967 besteht für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Zwar wird § 5 Abs 3 FLAG 1967 durch Art 67 VO (EG) 883/2004 verdrängt, jedoch handelt es sich hierbei um Ansprüche auf Familienleistung für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen.
Das Vereinigte Königreich (UK) ist am 31.1.2020 aus der Europäischen Union ausgetreten und gilt im Streitzeitraum jedenfalls als Drittland. Die VO (EG) 883/2004 ist daher nicht anwendbar.
Nach der Rechtsprechung des VwGH ist der ständige Aufenthalt im Sinne des § 5 Abs 3 FLAG 1967 unter den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs 2 BAO zu beurteilen. Danach hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne der Abgabenvorschriften dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. Diese nicht auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen abstellende Beurteilung ist nach objektiven Kriterien zu treffen. Ein Aufenthalt verlangt grundsätzlich körperliche Anwesenheit. Daraus folgt auch, dass eine Person nur einen gewöhnlichen Aufenthalt haben kann. Um einen gewöhnlichen Aufenthalt aufrechtzuerhalten, ist aber keine ununterbrochene Anwesenheit erforderlich. Abwesenheiten, die nach den Umständen des Falles nur als vorübergehend gewollt anzusehen sind, unterbrechen nicht den Zustand des Verweilens und daher auch nicht den gewöhnlichen Aufenthalt (vgl VwGH 20.6.2000, 98/15/0016 mwN).
Ein einjähriger Schulbesuch im Ausland führt zu einem ständigen Auslandsaufenthalt, der auch durch das etwaige Verbringen der Schulferien in Österreich im Haushalt der Eltern nicht unterbrochen wird. Ein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, besteht nur insoweit, als EU/EWR-Recht einen solchen Anspruch vorsieht (vgl. Reinalter in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 5 FLAG Rz 9).
Das Verbringen der Ferien in Österreich ist jeweils als vorübergehende Abwesenheit zu beurteilen, wodurch der ständige Aufenthalt des Sohnes der Beschwerdeführerin im Vereinten Königreich (UK) nicht unterbrochen wurde (vgl. hierzu VwGH vom 20.6.2000, 98/15/0016, VwGH vom 2.6.2004, 2001/13/0160, VwGH vom 8.6.1982, 82/14/0047, VwGH vom 28.11.2002, 2002/13/0079). Darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin selbst vorgebracht, dass ihr Sohn erst nach Beendigung des Studiums (März 2026) wieder nach Österreich zurückkehren wird. Der Aufenthalt anlässlich des Studiums im Ausland für den Zeitraum September 2023 bis März 2026 (lediglich unterbrochen von Aufhalten im Inland anlässlich der Ferien) führt jedenfalls zu einem ständigen Auslandsaufenthalt.
Kinder, welche im Ausland wohnen und nur in der Ferienzeit jeweils vorübergehend einen inländischen Wohnsitz benutzen, halten sich demnach iSd § 5 Abs 3 FLAG 1967 ständig im Ausland auf.
§ 26 Abs 1 FLAG 1967 bestimmt:
"Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen."
§ 33 Abs 3 Z 1 EStG 1988 bestimmt:
"Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 67,80 Euro (bzw gem BGBl. II Nr. 314/2024 für 2025 € 70,9) für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden."
Der Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für A*** steht daher im Zeitraum September 2023 bis Juni 2024 nicht zu. Folglich steht auch der Erhöhungsbetrag gem § 8 Abs 3 FLAG 1967 für B*** nicht zu.
Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.
Zur Unzulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, da die zu lösende Rechtsfrage einerseits durch das Gesetz und auch durch die im Erkenntnis zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet wurde. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.
Linz, am 5. Juni 2025