IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Grazer Treuhand Steuerberatung GmbH & Partner KG, Petersgasse 128a, 8010 Graz, über die Beschwerde vom 25. November 2022 gegen den Rückforderungsbescheid des Finanzamtes Österreich vom 25. Oktober 2022 betreffend Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für Kind, geb. xx.xx.2002, für die Monate Jänner 2022 bis September 2022, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
Aufgrund des von der Tochter Kind am 01.10.2021 begonnen Bachelorstudiums Bank- und Versicherungswirtschaft an der FH ***1*** wurde der Beschwerdeführerin (Bf.) für ihr volljähriges Kind Familienbeihilfe gewährt. Im ersten Studienjahr 2021/2022 hat die Tochter lt. dem vorgelegten Prüfungsnachweis der FH ***1*** vom 30.06.2022 Prüfungen im Ausmaß von 42 ECTS abgelegt.
Mit Antrag vom 08.07.2022 über FinanzOnline wurde von der Bf. die Abmeldung der Familienbeihilfe ab 31.08.2022 aufgrund Überschreitung der Einkommensgrenze gemeldet.
Der Familienbeihilfenbezug für dieses Kind wurde daraufhin vom Finanzamt eingestellt und für die Monate Jänner 2022 bis September 2022 wurde mit Bescheid vom 25.10.2022 die ausbezahlte Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag (auch für die "Geschwisterstaffel") rückgefordert. In der Begründung des Bescheides wurde ausgeführt:"Hat ein Kind ab dem Kalenderjahr seines 20. Geburtstages ein zu versteuerndes Einkommen von mehr als 15.000 Euro, wird die Familienbeihilfe gekürzt oder fällt weg (§ 5 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in Verbindung mit § 33 Abs. 1 Einkommensteuergesetz 1988; gültig für Anspruchszeiträume ab Jänner 2020). Das zu versteuernde Einkommen von Ihrer Tochter Kind übersteigt im Kalenderjahr 2022 die maßgebliche Grenze von Euro 15.000,-. Somit besteht ab Jänner 2022 kein Anspruch auf Familienbeihilfe."
Gegen diesen Bescheid erhob die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin fristgerecht die Beschwerde und führte in der Begründung aus:"Die Kindesmutter hat nachweislich über Finanz Online die Abmeldung der Familienbeihilfe für Kind per 01.09.2022 angegeben, da es zu einer Erhöhung der Einkünfte ab dem 01.09.2022 gekommen ist. Die entsprechende Meldung über Finanz Online legen wir dem Schreiben bei. Gemäß § 5 Abs. 1 FLAG darf das Einkommen in einem Jahr den Betrag von EUR 15.000,00 nicht überschreiten. Gemäß § 5 Abs. 1 lit. a) FLAG bleibt bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens aber jenes Einkommen außer Betracht, das nach Zeiträumen erzielt wird, für die kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht. Nachdem die Abmeldung von der Familienbeihilfe mit Wirksamkeit 01.09.2022 vorgenommen wurde, bleibt das ab September 2022 erzielte Einkommen außer Betracht und ist daher nicht an die Grenze EUR 15.000,00 einzurechnen. Auf Grund des oben angeführten Sachverhaltes ersuchen wir daher um entsprechende Bescheidberichtigung. Ausdrücklich wird angemerkt, dass Frau Kind ein Studium betreibt, in dem es keine Abschnittsgliederung gibt und der grundsätzliche Anspruch auf Familienbeihilfe daher nur für 1 Studienjahr besteht, da für den Weiterbezug ein Studienerfolg erbracht werden muss. Es wurde daher die Familienbeihilfe ab Oktober 2021 beantragt und wurde diese bis September 2022 bewilligt. Das belegt auch die Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom 06.06.2022. Dies wurde auch noch durch die Meldung der Abmeldung per 01.09.2022 weiter eingeschränkt. Schon aus diesem Grund kann keine Jahresbetrachtung erfolgen. Gleichzeitig wurde für das Kind Kind 2 in Folge der Streichung der Familienbeihilfe für Kind die anteilige Geschwisterstaffel nicht berücksichtigt und ist daher zu einer Rückforderung von EUR 525,60 gekommen. Da wie oben angeführt die Streichung der Familienbeihilfe für Kind zu Unrecht erfolgt ist. Wird auch hier die Berichtigung des Bescheides dahingehend beantragt, dass die anteilige Geschwisterstaffel berücksichtigt wird."
Mit Schreiben vom 20.12.2022 ersuchte das Finanzamt um Vorlage folgender Unterlagen:"- Einkommensnachweis für das Jahr 2022 von Kind. Entscheidend ist nur, ob im betreffenden Jahr grundsätzlich ein Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden hat (§ 5 Abs. 1 FLAG) und nicht ob dieser auch beantragt wurde. - Studienerfolgsnachweis für das WS 2022 von Kind."
In der Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom 10.01.2023 führte die steuerliche Vertretung der Bf. aus:"Bezüglich der Vorlage eines Einkommensnachweises sind wir der Ansicht, dass der grundsätzliche Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nur für das erste Studienjahr besteht, da laut § 2 FLAG der Anspruch ab dem zweiten Studienjahr nur dann besteht, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Dies bestätigt auch die Mitteilung des Finanzamtes über den Bezug der Familienbeihilfe vom 06.06.2022, in welcher der Anspruch der Familienbeihilfe für Kind bis September 2022 ausgewiesen ist. Da der Studiennachweis erbracht wurde, liegen die Voraussetzungen für den Anspruch auf Familienbeihilfe im ersten Studienjahr vor. Der Einkommensnachweis ist somit unserer Ansicht nach nur für die Monate Jänner bis September 2022 zu erbringen. Da mit den Einkünften von September 2022 eine Überschreitung der Zuverdienstgrenze von € 15.000,00 erfolgt, ist die Rückforderung für die Familienbeihilfe für September 2022 rechtskonform, nicht aber die Rückforderung für das gesamte Kalenderjahr 2022.Ausdrücklich bemerken möchten wir: Gemäß § 5 Abs. 1 FLAG darf das Einkommen in einem Jahr den Betrag von EUR 15.000,00 nicht überschreiten. Gemäß § 5 Abs. 1 lit. a) FLAG bleibt bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens aber jenes Einkommen außer Betracht, das nach Zeiträumen erzielt wird, für die kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht. Nachdem die Abmeldung von der Familienbeihilfe mit Wirksamkeit 01.09.2022 vorgenommen wurde, dies aber seitens der Finanzverwaltung erst mit Ende September 2022 durchgeführt worden ist, kann auf keinen Fall das Jahreseinkommen 2022 herangezogen werden. Beiliegend übermitteln wir mit diesem Schreiben die Lohnzettel für die Monate Jänner bis September 2022."
Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 15.02.2023 ab. In der Begründung wurde unter Zitierung des § 5 Abs. 1 FLAG 1967 ausgeführt:"Ihre Tochter Kind absolviert seit dem Wintersemester 2021 das Bachelorstudium Bank- und Versicherungswirtschaft an der FH ***1***. Die Familienbeihilfe wurde vorerst bis zum Nachweis des Studienerfolgs für das erste Studienjahr zuerkannt. Da der Studienerfolg für das erste Studienjahr 2021/22 nachgewiesen wurde, besteht auch im Anschluss an das erste Studienjahr weiterer Anspruch auf Familienbeihilfe. Ein Studienerfolgsnachweis für das Wintersemester 2022 wurde trotz Aufforderung nicht vorgelegt. Lt. Aktenlage ist Ihre Tochter aber laufend bis einschließlich dem Sommersemester 2023 für dieses Studium inskribiert, weshalb auch weiterhin von einem zielstrebigen Studium auszugehen ist. Mit Ihrem Antrag vom 8.7.2022 erfolgte die Abmeldung der Familienbeihilfe mit 31.8.2022. Gemäß dem Lohnzettel L16 Ihrer Tochter für das Jahr 2022 betrugen die steuerpflichtigen Bezüge € 22.063,35. Da die Tochter seit dem Wintersemester 2021 laufend für das Bachelorstudium Bank- und Versicherungswirtschaft an der FH ***1*** inskribiert ist, bestand dem Grunde nach für das gesamte Kalenderjahr 2022 ein Anspruch auf Familienbeihilfe. Es ist daher auch das gesamte Einkommen 2022 für die Prüfung des Ausschließungsgrundes nach § 5 Abs. 1 FLAG 1967 heranzuziehen (vgl. BGF v. 29.9.2022, GZ. RV/7104880/2020). Die vorzeitige Abmeldung einer grundsätzlich weiterhin zustehenden Familienbeihilfe ändert nichts an dem Wegfall des Familienbeihilfeanspruches, da gemäß der Formulierung des § 5 Abs. 1 FLAG 1967 von einer Jahresbetrachtung auszugehen ist. Auf Grund der deutlichen Überschreitung der Einkommensgrenze von € 15.000,-, muss Ihre Beschwerde als unbegründet abgewiesen werden."
Nach zwei Fristverlängerungsansuchen stellte die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). In der Begründung wurde das Vorbringen der Beschwerde wiederholt.
Lt. Familienbeihilfe-Datenbank des Finanzamtes war die Tochter der Bf. auch im zweiten Studienjahr 2022/2023 zum genannten Studium gemeldet.
Die Tochter der Bf. erzielte lt. dem rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2022 vom 21.03.2023 ein zu versteuerndes Jahreseinkommen mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit von 21.73,94 €.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt stützt sich auf den Inhalt des Verwaltungsaktes, auf die dem Gericht vorgelegten Unterlagen der belangten Behörde bzw. der Beschwerdeführerin sowie auf die Ergebnisse der vom Gericht durchgeführten Abfragen in der Finanzamtsdatenbank.
2. Rechtliche Beurteilung
2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) idgF haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe […]lit. b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß.
Nach § 5 Abs. 1 lit. a FLAG 1967 führt ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes bis zu einem Betrag von 15.000 € in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe. Übersteigt das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes in einem Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem das Kind das 19. Lebensjahr vollendet hat, den Betrag von 15.000 €, so verringert sich die Familienbeihilfe, die für dieses Kind nach § 8 Abs. 2 einschließlich § 8 Abs. 4 gewährt wird, für dieses Kalenderjahr um den 15.000 € übersteigenden Betrag. § 10 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) des Kindes bleiben außer Betracht:- das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht.
§ 26 Abs. 1 FLAG 1967 bestimmt: Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Nach § 33 Abs. 3 EStG 1988 idF BGBl. I 108/2022 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag zu. […] Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.
Anders als bei der Frage nach dem Abschluss einer Berufsausbildung ist für die Antwort auf die Frage, ob die Einkommensgrenze des § 5 Abs 1 überschritten wurde, zufolge der gesetzlichen Anordnung, dass § 10 Abs 2 dabei nicht anzuwenden ist, hier eine Ex-post-Betrachtung zum Ende des jeweiligen Kalenderjahres anzustellen. Dabei sind alle in dieses Kalenderjahr fallenden Zeiten zu berücksichtigen, für die Anspruch auf Familienbeihilfe (etwa nach § 2 Abs 1 lit b) besteht, auch wenn diese Zeiten verschiedene Berufsausbildungen betreffen (VwGH 29.9.2011, 2011/16/0086).
Aufgrund der ausdrücklichen Anordnung des § 5 Abs. 1 FLAG, wonach § 10 Abs. 2 FLAG nicht anzuwenden ist, erlischt der Anspruch auf Familienbeihilfe dem Grunde nach nicht, sodass es für die Zuerkennung der Familienbeihilfe für spätere Zeiträume keines neuerlichen Antrags bedarf (vgl. VwGH 20.04.2023, Ro 2021/16/0003).
In der Literatur (Herzog in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG, § 33 Rz 58/2) wird zur Einkommensgrenze des § 5 Abs. 1 FLAG 1967 im Hinblick auf ein berufsbegleitendes Studium ausgeführt:"Steht das Kind hingegen das gesamte Jahr in Berufsausbildung und überschreitet es den Einkommensgrenzbetrag, besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe (UFS 23.2.2009, RV/3925-W/08). Der Beobachtungszeitraum ist vom Gesetz determiniert und kann auch nicht durch "Verzicht" auf Familienbeihilfe für grundsätzliche Anspruchszeiträume einer Berufsausbildung ein Unterschreiten der Einkunftsgrenze erreicht werden (UFS 30.12.2008, RV/1726-W/08). Vgl dazu auch Kanduth-Kristen/Komarek in taxlex 2012, 5 ff."
Maßgeblich ist das zu versteuernde Einkommen, das in Zeiträumen erzielt wird, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht (vgl. Reinalter in Lenneis/Wanke (Hrsg) FLAG2 § 5 Rz 5).
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis VwGH 13.12.2012, 2009/16/0256, zu dem damals zu entscheidenden Fall festgehalten, dass aufgrund des Überschreitens der Einkommensgrenze des § 5 Abs. 1 FLAG im November 2007 die gesamte Familienbeihilfe für das Jahr 2007 zu Unrecht bezogen worden sei. Es konnte daher seitens des Verwaltungsgerichtshofes nicht als rechtswidrig erachtet werden, wenn die belangte Behörde im Instanzenzug die für dieses Jahr gewährte Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge zurückgefordert hat.
Dies liegt daran, dass bei Anwendung des § 5 Abs. 1 FLAG (Einkommensgrenze) nach ausdrücklicher Anordnung des Gesetzgebers gerade die ansonsten bestehende Grundregel des § 10 Abs. 2 FLAG nicht anzuwenden ist. Das bedeutet, dass die Grundregel, wonach der Anspruch auf Familienbeihilfe erst mit Ablauf des Monats erlischt, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt, dann nicht gilt, wenn die Jahresbetrachtung des § 5 Abs. 1 FLAG 1967 anzustellen ist. Es soll dadurch erreicht werden, dass der Anspruch auf Familienbeihilfe nicht erst mit Ablauf des Monats wegfällt bzw. reduziert wird, in dem die Einkommensgrenze des § 5 Abs. 1 FLAG erstmals überschritten wird, sondern bereits rückwirkend mit Beginn des jeweiligen Kalenderjahres, in dem die Einkommensgrenze überschritten wird (UFS 03.07.2013, RV/0536-W/13 mit Verweis auf UFS 08.01.2013, RV/1065-L/10; 24.09.2009, RV/1741-W/09; 06.10.2009, RV/0302-F/09).
In diesem Sinne erging auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20.04.2023, Ro 2021/16/0003: "Da die Regelung des § 5 Abs. 1 FLAG aufgrund der unstrittigen Feststellung des Bundesfinanzgerichts über das Einkommen des Sohns der Revisionswerberin im Jahr 2019 dazu führt, dass für dieses Jahr keine Familienbeihilfe zusteht, hätte das Bundesfinanzgericht jedoch die Beschwerde auch hinsichtlich des Zeitraums Jänner bis Dezember 2019 abweisen müssen."
Bereits im Jahr 2009 hat der Unabhängige Finanzsenat wie folgt entschieden (UFS 24.09.2009, RV/1741-W/09): "Wird der Betrag gemäß § 5 Abs.1 FLAG idF 2007 von € 8.725 in dem Zeitraum für den ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, überschritten, besteht für das ganze Jahr kein Anspruch auf Familienbeihilfe." Die Behandlung der gegen diese Entscheidung eingebrachten Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof wurde mit Beschluss vom 30.11.2009, B 1327/09, abgelehnt und auch der Verwaltungsgerichtshof hat die Bescheidbeschwerde mit Erkenntnis vom 13.12.2012, 2009/16/0256, als unbegründet abgewiesen.
Im vorliegenden Fall ist daher zunächst zu prüfen, ob die Tochter der Beschwerdeführerin unter Außerachtlassung der Einkommensgrenze des § 5 Abs. 1 FLAG 1967 im Jahr 2022 dem Grunde nach Anspruch auf Familienbeihilfe hatte (vgl. VwGH 20.04.2023, Ro 2021/16/0003).
Nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 gilt die Aufnahme als ordentlicher Hörer als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr.
Die Tochter der Bf. absolvierte das erste Studienjahr im Wintersemester 2021/2022 und im Sommersemester 2022.
Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird.
Im ersten Studienjahr 2021/2022 hat die Tochter der Bf. lt. dem Prüfungsnachweis der FH ***1*** vom 30.06.2022 Prüfungen im Ausmaß von 42 ECTS nachgewiesen.Daher bestand der Anspruch auf Familienbeihilfe dem Grunde nach nicht nur für das erste Studienjahr, sondern auch für das zweite Studienjahr. Das Beschwerdevorbringen, dass die Tochter ein Studium betreibe, in dem es keine Abschnittsgliederung gebe, ist hier nicht relevant, da Prüfungen im Ausmaß von mindestens 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wurden.
Die Einkommensgrenze des § 5 Abs. 1 FLAG 1967 ist erst in einem zweiten Schritt zu prüfen:Da im ggst. Beschwerdefall unter Ausblendung der Einkommensgrenze dem Grunde nach der Beschwerdeführerin für ihre Tochter im gesamten Jahr 2022 ein Anspruch auf Familienbeihilfe zustand, war bei der Berechnung des maßgeblichen Betrages der Einkünfte, der der Einkommensgrenze gegenüberzustellen ist, das Einkommen der Tochter für das gesamte Jahr 2022 heranzuziehen (vgl. auch VwGH 29.04.2013, 2011/16/0173, wonach bei Überschreiten der Einkommensgrenze gem. § 5 FLAG 1967 im zweiten Halbjahr auch der Anspruch für das erste Halbjahr gemäß § 5 Abs. 1 FLAG wegfällt).
Auch wenn die Bf. ab September 2022 die Familienbeihilfe "abgemeldet" hat, ist für die Ausmessung des Grenzbetrages nicht nur das bis August 2022 erzielte, sondern das Gesamtjahreseinkommen 2022 maßgeblich. Für eine Verkürzung des maßgeblichen Beobachtungszeitraumes bzw. die Nicht-Einbeziehung der Einkünfte gewisser Monate des Jahres 2022 bleibt dem Beschwerdevorbringen aufgrund der ganzjährigen Berufsausbildung der Tochter und des damit zusammenhängenden Anspruches auf Familienbeihilfe dem Grunde nach entgegen den Ausführungen in der Beschwerde und im Vorlageantrag kein Raum.
Das Bundesfinanzgericht geht daher auch im ggst. Beschwerdefall im Einklang mit der angeführten höchstgerichtlichen Judikatur und bisheriger einschlägigen Entscheidungen des Unabhängigen Finanzsenates (UFS 24.09.2009, RV/1741-W/09; 06.10.2009, RV/0302-F/09 [mit Verweis auf UFS RV/3925-W/08, RV/1726-W/08, RV/2897-W/07]; UFS 08.01.2013, RV/1065-L/10) und entsprechend der einheitlichen Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts (BFG 02.07.2015, RV/5100890/2013; BFG 23.09.2020, RV/7104493/2019; BFG 23.01.2023, RV/7100042/2023; BFG 24.03.2023, RV/7100642/2023, BFG 23.08.2024, RV/1100143/2023) davon aus, dass zwar aufgrund des Bestehens eines ganzjährigen Anspruchs auf Familienbeihilfe dem Grunde nach, aber durch das Überschreiten der Einkommensgrenze für das gesamte Jahr 2022 die Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag nicht zusteht, da auch unter Berücksichtigung der Einschleifregelung des § 5 Abs. 1 FLAG 1967 kein Restbetrag an Familienbeihilfe für die Tochter verblieb. Bei Überschreiten der Einkommensgrenze einschließlich der Einschleifregelung ist bei dementsprechender Auszahlung von Null Euro an Familienbeihilfe aufgrund der Rückforderung auch kein Kinderabsetzbetrag auszuzahlen (BFG 23.01.2023, RV/7100042/2023).
Die dennoch erfolgte Auszahlung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages erfolgte somit zu Unrecht, weshalb der im Bescheid berechnete Betrag gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 vom Finanzamt zurückzufordern war. Die Rückforderung gemäß § 26 Abs. 1 bis 3 FLAG 1967 ist keine Ermessensentscheidung, sondern beruht auf objektiven Kriterien.
Daher war wie im Spruch zu entscheiden.
2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.Da im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt, insbesonders weil der als erwiesen anzunehmende Sachverhalt in freier Beweiswürdigung festgestellt wurde und das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht (siehe zitierte VwGH-Judikatur), ist eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.
Graz, am 8. Oktober 2025